MareikeLaAusgetauscht

Das kleine, leise „Pling“ weckte ihn aus seinem Schlaf. Er schaute nach rechts, aber die Bettseite seiner Frau war leer. Verena war eine Frühaufsteherin und sie stand wahrscheinlich schon in der Küche und bereitete das Frühstück zu. Es war Sonntag, also gab es Pfannkuchen und Rührei – eine Tradition, die sie eingeführt hatten, als Tim ein Jahr alt geworden war.

 

Er suchte nach seinem Smartphone und fand es auf dem Nachttisch. Hier war allerdings keine Nachricht eingegangen. Wahrscheinlich hatte er den Benachrichtigungston nur geträumt. Er legte das Handy auf die Seite und schloss noch einmal die Augen; in fünf Minuten wollte er aufstehen.

 

„Pling“. Da war es schon wieder. Er öffente die Augen und setzte sich auf. Er schielte auf sein Handy, aber der Display war schwarz und es blinkte auch kein Licht in der oberen linken Ecke. Er stand auf und sah sich im Schlafzimmer um. Wo mochte das Geräusch herkommen? Seine Frau hatte ihr Telefon mit in die Küche genommen. Sie hörte immer Musik, während sie das Frühstück machte. Er hörte den Benachrichtigungston ein drittes Mal und konnte nun die Richtung ausmachen. Er ging zur Kommode an der gegenüberliegenden Schlafzimmerwand und hob einige Kleidungsstücke an, die dort lagen. Und dort lage es – ein schwarzes Telefon, das er noch nie gesehen hatte.

 

Er deaktivierte die Bildschirmsperre und inspizierte das Smartphone. Es waren keine Kontakte gespeichert und keine Apps installiert. Auch das Telefonverzeichnis war leer. Alles, was angezeigt wurde, war ein kleiner Briefumschlag in der Benachrichtigungszeile – eine E-Mail war eingegangen. Er wollte die E-Mail gerade öffnen, als er seine Frau rufen hörte. „Liebling, bist du wach? Das Frühstück ist fertig.“ „Ja, ich bin wach. Ich bin gleich unten.“ Er legte das Gerät in seine Nachttischschublade und ging ins angrenzende Badezimmer.

Auf der Toilette sitzend fragte er sich, woher das Telefon wohl kam, verschwendete aber keinen weiteren Gedanken mehr daran, als es leise an der Badezimmertür klopfte. Er spülte und rief Tim herein. „Guten Morgen, Papa. Hast du gut geschlafen?“ Tim, sein kleiner Sohn, sprang an ihm herauf. „Guten Morgen, Großer. Ja, ich habe sehr gut geschlafen. Und du?“ Er drückte ihm einen Kuss auf die Stirn. „Ich habe auch gut geschlafen, Papa. Kommst du frühstücken? Es gibt Pfannkuchen.“ Damit sprang Tim aus dem Badezimmer und ließ seinen Papa allein zurück. Dieser schüttelte lachend den Kopf und schaute sich im Spiegel an. Der Dreitage-Bart könnte mal wieder gestutzt werden und die dunklen, kurzen Haare wurden an manchen Stellen schon grau. Und trotzdem war er trotz seiner 48 Jahre ein gut aussehender Mann – zumindest dachte er das von sich selber.

 

Er ging die Treppe hinunter und betrat das Esszimmer. Verena saß schon mit Tim am Tisch und sie schnitt ihm die Pfannkuchen in kleine Stücke. „Guten Morgen, Liebling“, sagte er und gab seiner Frau einen leidenschaftlichen Kuss. Tim verzog das Gesicht, sagte aber nichts. „Es riecht köstlich.“ „Dann setz dich hin und iss, bevor dein Rührei kalt wird“, erwiderte Verena mit einem Lächeln.

 

Während er sein Frühstück aß, beobachtete er seine Frau und seinen drei Jahre alten Sohn. Was für ein Glück er doch hatte. Verena und er hatten sich vor fünf Jahren bei einer Gala kennen gelernt. Sie trug ein grünes, langes Kleid, was ihren kupferroten, langen Haaren schmeichelte und ihre blauen Augen betonte. Sie hatten sich sofort ineinander verliebt und sehr bald geheiratet. Sie wurde kurz nach der Hochzeit schwanger und bekam den kleinen Tim. Ein Leben ohne Verena und Tim konnte er sich einfach nicht mehr vorstellen.

 

Nach dem Frühstück ging er zurück ins Schlafzimmer, um sich das Smartphone genauer anzusehen. Er setzte sich aufs Bett und öffnete die eingegangene E-Mail. „Seltsam“, mumelte er. Die E-Mail besaß keinen Betreff und keinen Text und die Absenderadresse bestand nur aus ein paar Zahlen.

Lediglich ein Anhang war beigefügt. Er öffenete diesen und ließ vor Schreck beinahe das Telefon fallen. Er erkannte sich sofort wieder auf dem Foto. Der teure Anzug, die Rolex-Uhr, die grau melierten Haare. Aber wie konnte das sein? Wer hat das Foto gemacht? Und wie konnte jemand davon wissen?

 

Er ging erst einmal unter die Dusche, um in Ruhe nachzudenken. Wenn jemand dieses Foto entdeckte, war sein Leben vorbei. Diese E-Mail konnte sein ganzes Leben zestören. Und wie sollte er das Verena erklären? Er musste unbedingt herausfinden, wer der Absender der E-Mail war.

 

Er duschte zu Ende, trocknete sich ab und zog sich an. Er eilte die Treppe hinunter und erklärte Verena, dass er schnell ins Büro müsse. „Heute? Es ist Sonntag. Was ist passiert? Du siehst ganz blass aus. Ist alles in Ordnung?“ „Ja, Liebling. Mach dir keine Sorgen. Der Wachmann rief an und sagte, dass es einen Einbruch gab.“ „Okay, aber pass auf dich auf.“ Er gab Verena einen Abschiedskuss und verließ das Haus.

 

Da Sonntag war, war auf den Straßen nicht viel los und er parkte keine halbe Stunde später seinen Volvo in der Tiefgarage der Firma „Berger Solutions“. Er fuhr mit dem Fahrstuhl ins oberste Geschoss und ging schnurstracks auf das Büro mit dem Schild „Stefan Berger“ an der Tür zu. Er gab den PIN ein und die Tür zu seinem Büro öffnete sich.

 

Stefan war Leiter einer Computerfirma, die Sicherheitsprogramme an andere Firmen verkaufte. Er war ein richtiger „Nerd“ – Passwörter und PINs knacken, Programme hacken und Computerprogramme schreiben waren kein Problem für ihn. Er fuhr seinen Computer hoch und öffnete ein selbstgeschriebenes Progamm, mit dem er E-Mail-Absender entschlüsseln konnte. Das Handy verband er via USB-Kabel mit dem Computer und ließ das Programm laufen – ohne Erfolg.

 

 

Wer auch immer ihm diese E-Mail geschickt hatte, war ein Profi, denn das Programm konnte den Absender nicht herausfinden.

Stefan raufte sich die Haare. Das konnte doch nicht wahr sein. Wer zum Teufel hat ihm das Handy zugespielt und wie ist derjenige in sein Haus gekommen? Er hatte Angst. Wer hat das Foto sonst noch zu Gesicht bekommen? Er musste herausfinden, wer das Foto gemacht hatte und was derjenige von ihm wollte.

 

Er drehte sich um und sah aus dem Fenster. Die Sonne schien endlich mal wieder. Es war ein verregneter April, aber ab jetzt sollte das Wetter besser werden. Stefan konnte weit in die Ferne sehen. Normalerweise beruhigte ihn die Aussicht aus seinem Büro und er konnte besser nachdenken, aber heute kreisten seine Gedanken wild durcheinander. Plötzlich klingelte das Telefon auf seinem Schreibtisch hinter ihm. Er drehte sich zu dem Telefon und blieb unentschlossen stehen. Es war Sonntag. Wer sollte ihn denn an einem Sonntag im Büro anrufen? Das Telefon hörte aber nicht auf zu klingeln. Stefan hatte das Gefühl, dass das Klingeln unerträglich laut ist. Also beschloss er, abzunehmen.

 

„Hallo?“ „Wo steckst du?“ Verena klang besorgt. „Kommst du bald wieder nach Hause? Wir wollten heute doch noch zu meinen Eltern.“ „Hallo, Liebling. Ja, ich bin schon fast auf dem Sprung. Der Einbruch war nur Fehlalarm. Ich bin gleich bei euch.“

 

Stefan legte das Handy in seinen Schreibtisch. Er wollte den Tag mit seiner Familie genießen – oder es zumindest versuchen. Er schloss die Tür zu seinem Büro und ging den Flur entlang Richtung Fahrstuhl. Er spürte, dass er nicht alleine war. Er ging etwas schneller und drehte sich abrupt um. Auf dem langen Flur mit dem weißen Fußboden und den hellblau gestrichenen Wänden war er alleine. „Ich werde schon paranoid“, dachte er und ging kopfschüttelnd weiter, betrat den Fahrstuhl, fuhr hinunter in die Tiefgarage, stieg ins Auto und fuhr nach Hause zu Verena und Tim. Der restliche Tag verging ohne Vorkommnisse.

Am Abend fuhren Verena und Stefan nach Hause; Tim blieb bei seinen Großeltern. Es waren Ferien und er und Stefans Schwiegereltern wollten den morgigen Tag zusammen verbringen.

 

Zu Hause angekommen, ging Stefan durchs Haus und kontrollierte jedes Zimmer und sogar den Keller und die Garage. Er hatte das Gefühl, als sei jemand hier gewesen, aber er konnte nicht feststellen, dass etwas fehlte oder dass jemand etwas gesucht hätte oder Ähnliches. Verena schaute ihn mit großen, ängstlichen Augen an. „Was ist denn los mit dir? Du bist seit heute Morgen so komisch. Ist alles in Ordnung?“ Stefan kam auf sie zu und nahm sie in den Arm. „Ja, Liebling. Es ist alles in Ordnung. Der vermeintliche Einbruch heute Morgen hat mich wohl etwas aus dem Konzept gebracht. Tut mir Leid. Ich wollte dir keine Angst machen.“ Er zog sie noch fester in seine Arme und küsste sie innig. Aus einem unerklärlichen Grund wollte er ihr näher sein als sonst und sie am liebsten nie wieder loslassen, aber das konnte er ihr nicht sagen, sonst hätte sie sich noch mehr Sorgen gemacht. Sie verstand seine Suche nach Nähe als Lust und zog ihn ins Schlafzimmer. Schließlich hatten sie das Haus die ganze Nacht für sich alleine.

 

Stefan wachte mitten in der Nacht auf mit einem Gefühl, beobachtet zu werden. Er befreite sich vorsichtig aus der Umarmung seiner Frau und verließ leise das Schlafzimmer. Auf dem Flur des oberen Geschosses des Hauses hielt er die Luft an und lauschte. Es war nichts zu hören, kein Licht brannte. Beruhigt atmete er ein und ging hinunter in die Küche. Er hatte Durst. Als er das Glas Wasser in einem Zug geleert hatte und gerade wieder ins Bett gehen wollte, hörte er Schritte hinter sich. Er wagte es nicht, sich zu bewegen, als eine kalte Hand ihn an der Schulter berührte. Er drehte sich um und wollte den Angreifer gerade abwehren, da erkannte er seine Frau, die auch durstig in die Küche geschlichen kam. „Mein Gott, hast du mich erschreckt“, sagte Stefan und küsste Verena erleichtert. „Entschuldigung, das wollte ich nicht. Ich trink eben etwas und dann lass uns wieder ins Bett gehen. Ich bin richtig müde, nach unserer Sporteinheit.“ Verführerisch zwinkerte sie ihm zu, trank ein Glas Wasser und Hand in Hand gingen sie wieder nach oben. Verena schlief sehr schnell wieder ein, aber Stefan lag noch lange wach, beobachtete seine schlafende Frau und musste wieder an das fremde Handy und das Foto denken. Wie nur sollte er ihr das alles erklären? Ob sie ihn dann wohl verlässt? Sie und Tim zu verlieren, wäre das Schlimmste, das ihm passieren könnte. Schließlich schlief er doch ein, träumte aber schlecht und wachte früh wieder auf. Heute musste er herausfinden, was es mit dem Telefon auf sich hatte.

 

Nach einem schnellen Frühstück fuhr er zur Arbeit. Im Büro angekommen, gab er seiner Sekretärin die Anweisung, alle Termine für heute zu verschieben und keine Telefonate durchzustellen. Die Bürotür schloss er von innen zu, damit ihn niemand stören konnte. Er öffnete seinen Schreibtisch und zog das Handy hervor. Das Display zeigte den Eingang von zwei weiteren E-Mails an. Mit schwitzigen Händen tippte er auf das Icon, um die E-Mails zu öffnen. Die erste Nachricht kam gestern um 16:32 Uhr an:

 

Absender: 748473628492749237409

Betreff: ohne

 

ICH MACHE DICH FERTIG! ICH NEHME DIR ALLES, WAS DU MIR GENOMMEN HAST. JEDER WIRD DIE WAHRHEIT ERFAHREN! ALLE MÜSSEN WISSEN, DASS DU EIN BETRÜGER BIST, DU VERLOGENER DRECKSACK!

 

Stefan wurde schlecht. Jetzt wusste er immerhin, wer der Absender dieser Nachrichten ist. Aber wie war das möglich? Das konnte nicht sein. „Ich muss Harald anrufen“, dachte Stefan. Er hatte Angst, die zweite Nachricht zu öffnen, aber die Neugier war doch zu groß. Empfangen hatte er die E-Mail um 23:56 Uhr gestern Nacht. Es war wieder kein Betreff und kein Text vorhanden, wieder nur ein Bild. Es zeigte, wie er und Verena im Bett liegen.

Beide nackt und ineinander geschlungen. Stefan starrte auf das Bild. Er konnte nicht glauben, was er da sah. Wie hat das Schwein es geschafft, eine Kamera in seinem Schlafzimmer zu installieren? Stefan holte sein eigenes Handy aus seiner Hosentasche und wählte Harald’s Nummer. Es klingelte sechs Mal, dann ging die Maibox an. Er hinterließ eine Nachricht: „Ich bin’s. Ruf mich sofort zurück, wenn du das hörst. Es ist wichtig.“ Stefan legte auf. Er ging in seinem Büro auf und ab. „Was geht hier vor? Wie ist das alles möglich? Wie konnte er das Bild von mir und Harald machen?“ Er dachte an das erste Bild, das er bekommen hatte. Das Bild zeigte ihn, wie er Harald einen Umschlag in die Hand drückt. Und jeder, der nicht ganz blind und dumm ist, konnte erkennen, dass sich in dem Umschlag ein dicker Batzen Bargeld befindet. Wie ein Mantra stellte er sich immer wieder dieselben Fragen. Stefan konnte einfach nicht glauben, dass das gerade passiert. Er wählte noch einmal Harald’s Nummer. Wieder nur die Mailbox. Da stimmte etwas nicht, da stimmte etwas ganz und gar nicht. Ein leises „Pling“ riss ihn aus seinen Gedanken. Eine weitere E-Mail war eingegangen.

 

Absender: 748473628492749237409

Betreff: Hübsch

 

Kein Text, nur ein Bild. Stefan klickte auf den Anhang und was er sah, ließ ihn das Blut in den Adern gefrieren. Er stümte aus seinem Büro, rief seiner Sekretärin zu, dass er von zu Hause aus arbeiten würde und eilte zum Aufzug. Er haute gefühlte hundert Mal auf den Knopf und schrie den Aufzug an, er sollte doch schneller machen. Im Aufzg versuchte er, Verena zu erreichen. Sie arbeitete von zu Hause aus, damit sie sich nebenbei um Tim kümmern konnte, wenn dieser aus dem Kindergarten kommt. Natürlich hatte Stefan im Aufzug kein Netz und bekam keine Verbindung. Er schloss die Augen und sah das letzte Bild vor sich. Verena, wie sie mit geschlossenen Augen auf dem Sofa liegt. Es war untypisch für sie, sich am helllichten Tag hinzulegen. Leise betete er, dass es Verena gut ging. Er war froh, dass Tim bei seinen Großeltern war.

Endlich in der Tiefgarage angekommen sprang er ins Auto und startete den Motor. Er legte dein Telefon in die Mittelkonsole; sofort wurde die Bluetooth-Verbindung zu seinem Smartphone hergstellt. Er fuhr los und sagte seinem Telefon, es solle Verena anrufen. Es klingelte und klingelte, doch sie nahm nicht ab. Er versuchte es immer wieder und fuhr viel zu schnell durch die Stadt. Er übersah einige rote Ampeln, aber das war im egal. Sein Herz pochte wie wild, er hatte Angst und wollte nur noch nach Hause zu seiner Frau. Das fremde Handy signalisierte wieder den Eingang einer E-Mail. Stefan öffnete während der Fahrt die Nachricht und das angehängte Foto. Dieses Mal zeigte das Foto ihn selber am Steuer seines Volvos – gerade erst aufgenommen. Er steckte das Handy in seine Jacketttasche und ignorierte die Tatsache, dass auch in seinem Auto eine Kamera installiert wurde. Noch einmal links abbiegen, dann war er endlich zu Hause. Er parkte das Auto vorm Haus und eilte in das Wohnzimmer, wo seine Frau immer noch auf dem Sofo lag. Er rief „Verena, Verena! Wach auf!“ Er schüttelte sie, aber sie reagierte nicht. Stefan legte zwei Finger an ihren Hals. Sie hatte einen Puls und sie atmete. Er trug sie in die Küche und spritzte einen Schwall kaltes Wasser in ihr Gesicht. Erschrocken riss Verena die Augen auf. „Wa…was soll das?! Was tust du denn hier?“ Sebasitan drückte Verena an sich und hauchte „Gott sei Dank“ in ihre Haare. Er sah sie an und wollte ihr gerade erklären, was passiert war, da sah er aus dem Augenwinkel, dass jemand im Garten war und ums Haus schlich. Er nahm Verena an die Hand und lief aus dem Haus. „Stefan, was geht hier vor?“ „Ich weiß es nicht, aber wir müssen hier weg.“ Kaum hatte er den Satz beendet, hörte er aus dem Haus Glas zersplittern. „Lauf!“ befahl er Verena und rannte los.

 

Mit dem Auto konnte er nicht fliehen, das wurde überwacht, also musste er sich etwas anderes einfallen lassen. Mit Verena an der Hand lief er immer weiter die Straße herunter. Ein paar Meter weiter sah er eine Haltestelle für die Straßenbahn. Er wies Verena an, schneller zu laufen und eilte zur Haltestelle, an der gerade eine Bahn hielt. Sie sprangen in den Zug und dieser fuhr an – gerade rechtzeitig, um ihrem Verfolger zu entkommen. „Stefan, wer war das? Und was wollte er von dir?“ „Ich weiß es nicht, Liebling“, antwortete Stefan. Er hatte einen Verdacht, war sich jedoch nicht sicher und wollte diesen daher für sich behalten. Außerdem wusste er nicht, wo er anfangen sollte, zu erklären.

 

Verena und Stefan saßen schweigend nebeneinander und lauschten dem monotonen Rattern der Bahn auf den Gleisen. Stefan musste nachdenken, sich den nächsten Schritt überlegen. Die Bahn kam an der Endstation an und Verena und Stefan stiegen aus. „Und was jetzt?“ Verena schaute ihn erwartungsvoll an. Stefan fuhr sich durch die Haare und überlegte angestrengt. Die letzte halbe Stunde ist ihm nicht eingefallen, wie sie aus dieser Situation herauskommen sollten. Nach Hause konnten sie vorerst nicht, denn dort wurden sie bestimmt erwartet. Auch das Büro war keine Alternative. Dort würde bestimmt auch jemand auf sie warten. Dann fiel es ihm ein. „Komm mit“, sagte er zu seiner Frau und zog sie mit sich. „Ich weiß, wo wir hinkönnen.“ Verena ließ sich wortlos von ihm mitführen. Stefan hielt ein Taxi an und gab dem Fahrer die Adresse. Wenn sie erst einmal dort waren, waren sie vorerst sicher und er konnte in Ruhe nachdenken. Die Fahrt dauerte länger als gedacht, denn viele Spaziergänger wollten das schöne Wetter ausnutzen und der Fahrer musste ständig anhalten, um niemanden zu überfahren.

 

Das Taxi hielt und Verena und Stefan stiegen aus. „Ich weiß, das ist nicht besonders einladend, aber eine andere Idee habe ich im Moment nicht.“ Stefan führte Verena in eine leer stehende Lagerhalle inmitten eines Industriegebietes, das schon seit Jahren verlassen war. Abrupt blieb Verena stehen und funkelte ihren Mann finster an. „Stefan, was soll das? Was sollen wir hier? Ich will nach Hause!“ „Das geht aber nicht…“ „Warum nicht? Wer war dieser Typ? Wir sollten zur Polizei gehen! Ich will endlich eine Erklärung!“ „Liebling, die bekommst du, versprochen, aber lass uns erst rein gehen. Da sind wir vorerst sicher.“

 

 

Er ging auf die Halle zu, Verena folgte ihm widerwillig. Er öffnete eine Tür und erklärte Verena: „Ich war früher schon einige Mal hier.“ Kleinlaut fügte er „um mich vor der Polizei zu verstecken“ hinzu. Verena sah ihn ungläubig an. „Hör zu. Es gibt Dinge, die du nicht von mir weißt, aber ich liebe dich mehr als mein Leben und ich werde dir alles erklären.“

 

Irgendwo ertönte ein Klatschen und aus dem Dunkeln schälte sich eine Silhoutte. „Wie rührend. Mir kommen gleich die Tränen.“ Die Person trat ins Licht. Verenas Augen weiteten sich und sie sah zwischen Stefan und der fremden Person hin und her. „Wie…wie ist das möglich?“ „Hast du es ihr etwa nicht erzähl, Stefan? Oder sollte ich dich lieber bei deinem richtigen Namen nennen, Julian?“ Verena sah ihren Mann an und fragte mit Tränen in den Augen: „Stefan, was wird hier gespielt? Wieso nennt dich dieser Mann Julian? Und wieso sieht er so aus wie du?“ „Ich sagte doch, es gibt Dinge, die du nicht von mir weißt. Und es ist wahr, ich bin nicht Stefan Berger. Mein Name ist Julian – Julian Geiger. Stefan ist mein Zwillingsbruder.“ Julian sah betrübt zu Boden. Er konnte seiner Frau nicht in die Augen sehen. „Aber ich wusste gar nicht, dass du einen Bruder hast.“ Verena trat nah an Stefan heran und zwang ihn, sie anzusehen. „Bitte erkläre mir alles.“ „Ja, Julian. Erkläre es ihr. Erzähl ihr, was du für ein dreckiger Lügner bist.“ Julian holte tief Luft. Er musste sich kurz sammeln, dann fing er an: „Das ist jetzt ungefähr fünf Jahre her. Kurz bevor wir uns kennen lernten. Ich hatte gerade erst davon erfahren, dass ich einen Zwillingsbruder habe. Wir wurden als Kinder getrennt und wuchsen in unterschiedlichen Familien auf. Ich bin damals von einer Pflegefamilie zur anderen gegeben worden. Ich war wohl nicht besonders einfach…“ Sein Blick wurde traurig und er stockte kurz. „Ich hatte die falschen Freunde, viel Kontakt mit der Polizei und bin dann irgendwann an einen Typen geraten, der mir einen Job anbot. Es war nur ein kleiner Hacker-Job, aber meine Arbeit hat ihm so gut gefallen, dass ich weitere Aufträge für ihn erledigen sollte. Erst fand ich das ganz toll und das Geld, das er mir jedes Mal zahlte, konnte ich gut gebrauchen, aber als ich aussteigen wollte, ließ er mich nicht.

Bei meinem letzten Job stellte ich ihm eine Falle und ließ seine Konten leer räumen und alarmierte die Polizei. Doch er konnte fliehen und verlangte von mir, dass ich ihm sein Geld wieder zurückzahlte. Das konnte ich aber nicht, denn das Geld, das ich ihm gestohlen hatte, habe ich an einen wohltätigen Verein weitergeleitet. Also flieh ich und versteckte mich vor ihm. In einer Zeitung sah ich dann das Foto von Stefan und las den Artikel über ihn. Stefan Berger, Jungunternehmer, verkauft Computerlösungen…ich dachte mir, der hat bestimmt einen Haufen Geld und hilft mir garantiert, wenn er erfährt, dass er einen Bruder hat. Also schrieb ich ihm eine E-Mail und bat ihn, sich mit mir zu treffen – und zwar genau hier. Er kam dann auch tatsächlich. Ich legte all meine Hoffnung in ihn. Aber er lachte mich nur aus und sagte, ich soll mich davon machen. Er wollte nie einen Bruder und brauche auch jetzt keinen. Daraufhin bin ich so wütend geworden, dass ich mir ein Stück Holz, das hier herumlag, geschnappt und ihm eins übergezogen habe. Er war bewusstlos, aber nicht tot und ich rief einen Freund von mir an, der mir helfen sollte, ihn wegzuschaffen und ruhig zu stellen. Das hat er auch getan und ich habe ihm im Gegenzug dazu monatlich 3.000,00 € gezahlt. Es war mir auch egal, wie er ihn ruhig stellt; ich wollte es einfach nicht wissen. Ich habe mich dann als Stefan Berger ausgegeben. Schließlich wusste niemand, dass Stefan einen Zwillingsbruder hat und da ich mich auch mit Computern und Computerprogrammen auskenne, hat niemand etwas gemerkt. Und den Rest kennst du.“

 

Verena liefen Tränen das Gesicht herunter. „Ich kann nicht glauben, dass du mich fünf Jahre lang belogen hast.“ „Aber nur, was meine Identität angeht. Alles andere ist wahr: meine Gefühle für dich, meine Liebe zu Tim. Das ist alles echt.“ Verena wandte sich ab. „Das ist ja rührend“, sagte Stefan. „Mir wird gleich schlecht. Schluss jetzt mit dem Geschmalze.“ Julian funkelte ihn böse an. „Wie konntest du aus der Gefangenschaft von Harald entkommen?“ „Du hättest dir wirklich einen klügeren Helfer aussuchen sollen. Der Muskelprotz hat echt nix im Hirn. Vor etwa einem Jahr hatte er einmal vergessen, mir meine Dosis zu verabreichen, weil er mit so ‘ner Tussi rumgemacht hat.

Und ab da kam ich geistig langsam wieder zu mir. Ich tat natürlich weiter so, als würde ich die Tabletten fleißig weiter schlucken, die mir dein Hulk verabreichte, aber wenn er nicht hinsah, spuckte ich sie aus. Er merkte nicht, dass ich immer klarer wurde – ich spielte das Spiel mit. Bei der letzten Geldübergabe bin ich ihm heimlich gefolgt und konnte das Foto machen, das du ja schon kennst. Ich nutzte dazu eine Kamera, die ich in Harald’s Wohnung gefunden hatte. Das Fehlen der Speicherkarte hätte er nie gemerkt. Und bevor der Trottel merkte, dass ich ausgebüchst war, war ich schon wieder zurück in seiner Wohnung und stellte mich benommen und hilflos. Eines Tages konnte ich diesen Idioten dann überlisten und schlug ihn k. o. Das verschaffte mir genug Zeit, um seine Bude zu durchsuchen und dort fand ich dann auch dieses hübsche Teil.“ Stefan zog eine Pistole aus seinem Hosenbund, die gefährlich im Licht blitzte. Verena erschrak bei dem Anblick und drückte sich an Julian. „Leider wurde Harald wach und überraschte mich, da musste ich ihn erschießen.“ „Deshalb konnte ich ihn nicht mehr erreichen.“ „Hey, einen ganz Schlauen haben wir hier.“ Stefan lachte hämisch. „Und was willst du nun von mir,“ fragte Julian. „Soll ich zugeben, dass ich mich für dich ausgegeben habe und mich der Polizei stellen?“ „Das wäre zu einfach. Ich werde dir alles wegnehmen, was mir hätte gehören sollen. Mein Leben, eine Frau, eine Familie.“ Kaum hatte er den Satz beendet, ertönten zwei Schüsse aus seiner Pistole. Julian erschrak so sehr, dass er erst nicht merkte, dass Verena nicht mehr an seiner Seite stand. Erst als sie leise seinen Namen nannte, sah er sich nach ihr um. Sie lag blutend am Boden. Julian stürzte auf sie zu. Sie hatte zwei Schussverletzungen im Bauch und die Blutlache, in der sie lag, wurde immer größer. Julian zog sein Jackett aus und drückte es auf ihren Bauch. „Liebling, bleib wach. Ich werde Hilfe holen.“ Er suchte nach seinem Handy. Das hatte er aber im Auto liegen lassen, als er nach Verena schaute. Er fand nur das fremde Handy. Und das ließ sich aus irgendeinem Grund nicht einschalten. „Mist,“ flüsterte er leise. Er drückte Verena an sich. „Liebling, es tut mir alles so Leid. Bitte halte noch etwas durch. Jemand hat bestimmt den Schuss gehört und wird Hilfe holen, genug Spaziergänger hat der Taxifahrer ja beinahe über den Haufen gefahren.“

Er versuchte, ein Lächeln aufzubringen und legte wieder vorsichtig seine Finger an ihren Hals – genauso wie vorhin –  und merkte, dass ihr Herzschlag immer langsamer wurde. Verenas Stimme war kaum noch zu hören. „Ich liebe dich, Ste…Julian. Und ich verzeihe dir.“ Ihr Blick wurde leer, ihr Körper schlapp und ihr Herz hatte aufgehört zu schlagen. Julian hatte die Liebe seines Lebens verloren. Sein Kopf sank auf ihren leblosen Körper und er schluchzte leise. Nur einmal. Dann sah er sich nach Stefan um. Er stand nur da und grinste befriedigt. Der Anblick, wie sich Stefan an seinem Leid aufgeilte, war zu viel. Julian wurde rasend vor Wut. Er stand auf und ballte die Fäuste. „Du verdammter Dreckskerl. Verena konnte nichts dafür und du hast sie mir genommen. Das wirst du bereuen.“ Stefan hob unbeeindruckt die Pistole und zielte auf Julian. „Ich wollte dich leiden sehen. Und die Genugtuung hast du mir gegeben. Jetzt werde ich dir ins Bein schießen, mich davon machen und mir deinen Sohn holen. Ich hoffe, er genießt den Tag im Zoo.“

 

Julian musste sich etwas einfallen lassen. Er durfte nicht zulassen, dass Tim auch noch etwas zustößt. Er musste Stefan ablenken und griff in seine Hosentasche. Er holte das seltsame Telefon heraus und fragte seinen Zwillingsburder: „Wie hast du das gemacht? Wie hast du das Telefon in meine Wohnung bekommen? Und warum konnte ich es jetzt nicht einschalten?“ Eigentlich kannte er die Antworten – ein Hacker weiß so etwas – aber er versuchte, Stefan in ein Gespräch zu verwickeln. Dieser lachte auf. „Das war so einfach, wie einem Kind den Lutscher weg zu nehmen. Erst einmal…“  Da kam etwas auf ihn zugeflogen. Julian hatte das Handy in seine Richtung geworfen. Dieser Moment reichte aus – Stefan war für einen Bruchteil einer Sekunde abgelenkt – und Julian stürmte auf ihn los. Er riss seinen Bruder zu Boden und es gab eine Rangelei. Stefan ließ die Pistole fallen. Julian stürzte darauf zu, aber Stefan konnte ihn festhalten. Von weitem ertönten Sirenen. Julian musste versuchen, seinen Bruder so lange von der Waffe fern zu halten, bis die Polizei dort war. Er schlug Stefan ins Gesicht, dieser konnte jedoch ausweichen und konterte. Seine Faust traf Julian direkt am Kinn und ihm wurde schwarz vor Augen. Er taumelte und ging zu Boden.

Stefan eilte zur Pistole am Boden und richtete diese auf seinen Bruder, der langsam wieder zu sich kam. „Du dummer kleiner Junge. Hast du wirklich gedacht, du könntest es mit mir aufnehmen?“ Stefan lachte wieder sein hämisches Lachen. „Du hast keine Chance, Stefan! Die Polizei wird gleich hier sein.“ „Bis dahin bin ich über alle Berge“, sagte Stefan und drückte ab.

 

Der Schuss hallte durch den gesamten Lagerraum. Julian zuckte zusammen, spürte aber keinen Schmerz. Er öffnete die Augen, die er vor Schreck geschlossen hatte und sah an sich herunter. Er konnte klein Blut sehen, keine Einschusswunde, nicht einmal einen Kratzer. Er kam auf die Beine und sah sich um. Sein Bruder lag vor ihm auf dem Boden und rührte sich nicht. Der Schuss, der abgefeuert wurde, kam nicht aus Stefan’s Pistole. Eine junge Polizistin stand einige Meter entfernt und hatte ihre Waffe noch im Anschlag. Erst als ihre Kollegen zu ihr aufgeschlossen und die Halle gesichert hatten, ließ sie die Pistole sinken und kam auf Julian zu. „Wir haben einen Notruf erhalten und sind sofort los gefahren – anscheinend noch rechtzeitig.“

 

Nachdem Julian seine Aussage bei der Polizei gemachte hatte, durfte er nach Hause gehen. Er öffnete seine Haustür und sah sich um. Es sah eigentlich genauso so aus, wie immer – von der zersprungenen Terrassentür einmal abgesehen. Aber es war so still ohne Verena’s Stimme. Julian setzte sich auf das Sofa, auf dem vor ein paar Stunden noch seine Frau gelegen hatte; Stunden, die ihm wie Tage vorkamen. Dann wurde die Stille durchbrochen durch ein leises, aber durchdringendes „Pling“.

12 thoughts on “Ausgetauscht

  1. Liebe Mareike,
    mir hat deine Geschichte sehr gut gefallen und ich wollte beim lesen immer wissen wie es weitergeht. Vor allem als der “Unbekannte” Stefan weitere Nachrichten geschickt hat und auch dein Ende, mit viel Raum für Interpretation war spannend gestaltet. Einen kleinen Verbesserungstipp/ Anmerkung habe ich dennoch: Manche Szenen waren mir zu schnell, zum Beispiel als Stefan das Haus durchsucht und von seiner Frau in der Küche erschreckt wird. Da hätte man vielleicht noch mehr draus machen können. Aber ansonsten wirklich Top!
    Mach auf jeden Fall weiter.
    Liebe Grüße

  2. Hey Mareike,
    du hast eine wirklich spannende Geschichte geschrieben und alle Parameter sehr gut umgesetzt!

    Mir waren es z.T. zu viele kurze Szenerien. Vielleicht das nächste Mal lieber weniger und dafür etwas detaillierter beschreiben bzw. mehr aus einer Szene herausholen (Z.B. die Szene im Büro).

    Ansonsten hat mich die Geschichte wirklich gepackt und der Twist war überraschend und gut gewählt! Auch der Titel passt perfekt!

    Like ist gegeben 🙂

    LG, Ani
    http://www.wirschreibenzuhause.de/geschichten/der-schwur

    1. Hallo, Ani,

      vielen Dank, dass du meine Geschichte gelesen hast und einen Like da gelassen hast 🙂 Freut mich, dass sie dir gefallen hat…und danke auch für deine Kritik. Ich werde mir das Herzen nehmen und bei meiner nächsten Geschichte berücksichtigen 🙂

      Lg Mareike

  3. Moin Mareike,

    eine tolle Kurzgeschichte hast du dir da ausgedacht! Guter Plot und das Ende finde ich richtig gut. Endlich kommt die Polizei mal rechtzeitig. Dein Schreibstil war sehr flüssig und ich hab‘s in einem Rutsch durchgelesen! Hat mir gut gefallen…

    LG Frank aka leonjoestick ( Der Ponyjäger)

  4. Spannend, gut konstruiert rund um das Thema „Zwillinge“, die beide ziemlich was auf dem Kerbholz haben. Deiner Erzählweise kann man gut folgen, wobei ich etwas verwirrt war, als Stefan plötzlich Julian war, und beim Zusammentreffen der beiden ein paarmal kurz einen „welcher Stefan jetzt?“ Moment hatte – aber so wird es Verena auch gegangen sein 😉. Der Schluss hat mich richtig neugierig gemacht – ich hoffe auf eine Fortsetzung 👍

  5. Guten Abend

    Du hast eine sehr gute Geschichte geschrieben.
    Mit interessanten Wendungen, Überraschungen und tollen Personen.
    Und geschrieben wurde sie von dir auch sehr gut.
    Insgesamt bin ich von deiner Geschichte überrascht worden und sie hat mir sehr gut gefallen.
    Viel Glück für den Wettbewerb.
    Gerne lasse ich dir meine Stimme hier.

    Mit freundlichen Grüßen, Jerome

  6. Liebe Mareike,

    mir hat deine Geschichte gut gefallen! Dein Schreibstil ist flüssig und das Ende ließ mich schmunzeln 😆

    Bei den Namen kam ich kurz mal durcheinander, als sie Stefan um eine Erklärung bittet (sollte das nicht eigentlich Julian sein?) aber dann ging es auch schon wieder.

    Mein Like hast du, ich wünsche dir viel Glück fürs Voting und weiterhin viel Freude am Schreiben!

    LG Yvonne / voll.kreativ (Der goldene Pokal)

  7. Liebe Mareike!
    Zunächst einmal: Den Zwillings-Plot finde ich gut, auch die Umnsetzung ist Dir weitgehend gelungen.

    Allerdings kann ich mich den bisher geäußerten Kritiken auch nicht verschließen. Leider gibts manschmal ein wenig too much für den Leser und man stolpert über Logiklücken bzw. Fragestellungen à la “Würde man das so machen?” . Beispiel: Harald sollte dafür sorgen, dass Stefan von der Bildfläche verschwindet, damit Julian seine Rolle einnehmen kann. Er entscheidet sich dafür, Stefan bei sich zu Hause mit Drogen ruhigzustellen. Fünf Jahre lang. Ernsthaft? Bei sich zu Hause? Ist das logisch? Würde man dafür nicht einen einsamen Raum anmieten, irgendeinen Keller oder so – und den vielleicht auch mal wechseln (zumal er dafür ja auch die monatliche stattliche Summe kassiert)? Das war so der größte Stolperstein in der Story.
    Ein anderer war die Überwachung im Auto: Die ignorierte er nämlich, als er Montag Vormittag aus der Firma zu seiner Frau nach Hause raste. Wenige Augenblicke später aber weiß er, dass er das Auto nicht nutzen kann, weil er darin überwacht wird, weswegen er mit Verena in die Bahn flieht. Btw: Wieso wird er eigentlich nicht auch in der Firma überwacht? Nerd, der er ist, hätte Stefan (also, der richtige), das doch sicher hinbekommen.

    Bezogen auf die Polizei: Ich tippe mal auf eine sehr junge und sehr nervöse Kollegin, die die Situation falsch eingeschätzt und Stefan deswegen erschossen hat; denn normalerweise hätten sie sich ja zum Einen bemerkbar machen und zum Anderen bspw ins Bein schießen müssen.

    Jetzt aber genug fiese Kritik geübt! Ist allerdings nicht fies gemeint, sind nur Hinweise auf das, was mir beim Lesen so durch den Kopf ging und was man besser machen könnte. Könnte, nicht muss! Ist Deine Geschichte!

    Was ich gut finde und den Leser gewissermaßen mit einem “Hääääääää ?????”-Effekt sitzen lässt, ist das letzte “Pling”. Da hat man nun die Auswahl zwischen: “Ach, das kann ja nur eine normale Mail sein.” und “Doch nicht tot, nur schnell berappelt?” Da sitzt man dann quasi mit seinem Talent. Und sowas mag ich auch!

    Mal schauen, was Du daraus machst!
    Liebe Grüße! Kathrin aka scripturine / Die Nacht, in der das Fürchten wohnt

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