Melissa KuscheckDas Psycho-Spiel

Falls Sie ein schwaches Herz haben, sollten Sie die nächsten Seiten lieber nicht lesen.

Sie denken also, dass Sie wissen, was es bedeutet richtig Angst zu haben? Und ich spreche hier nicht von dieser Angst, die man nach Beendigung eines Horrorfilms hat. Nein.

Ich glaube nicht, dass Sie diese Angst kennen, von der ich spreche. Doch wenn sie meiner Warnung bis jetzt immer noch keine Beachtung geschenkt haben, kann ich Ihnen nur noch einen gut gemeinten Rat mit auf den Weg geben.       

Passen Sie jetzt lieber gut auf sich, ihre Gedanken und ganz besonders, auf ihre Umgebung auf. Schauen Sie sich lieber zwei oder drei Mal mehr um, wenn sie eine Straßenseite überqueren oder eine Treppe hinunter gehen.

Denn das was Sie auf den nächsten Seiten lesen werden, wird Ihnen eine ganz neue Bedeutung des Begriffs „Angst“ lehren.

Heute möchte ich Ihnen, meine Geschichte erzählen.

Ich weiß nicht wo ich war, aber es war dunkel, bitterkalt und ich trug keine Jacke und auch keine Schuhe. Unter meinen Füßen konnte ich deutlich den groben, matschigen und steinigen Boden spüren, als ich mich fortbewegen wollte. Zuerst lief ich ganz langsam, weil ich nichts sehen konnte und weil ich Angst hatte, mich zu verletzen. Doch da drangen auf einmal von hinten oder vielleicht auch von der Seite, andere und hastigere Schritte an mein Ohr. Ich bekam es mit der Angst zu tun und rannte los. Jedoch nicht weit, da ich dann über etwas Dickes und hartes stolperte und hinfiel. Ich tastete im Dunkeln mein Bein ab, wobei ich feststellte, dass ich mich beim Sturz wohl verletzt haben musste. Plötzlich tauchte eine Gestalt über mir auf…

Diese griff nach meinem Arm, rüttelte mich und rief meinen Namen. Charlotte. Charlotte. Charlotte. Mach deine Augen auf, aber ich hatte Angst davor. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, als ich endlich meine Augen öffnete. Das einzige was ich sofort wiedererkannte, war das Gesicht meiner Schwester Joana. Das konnte doch nur ein grauenhafter Traum sein oder mein Gedächtnis, wollte mir einen wirklich kranken Scherz spielen. Ich wälzte mich hin und her. Plötzlich tauchte eine Stimme neben mir auf. „Cassy? Cassy?  Es ist alles in Ordnung. Du hattest nur wieder einen Albtraum. Öffne einfach deine Augen, dann wirst du es sehen. Ich öffnete langsam meine Augen.

Und da lag ich. Schweißgebadet und im ersten Augenblick Orientierungslos, in einem zerknüllten Bettlaken. Doch bevor ich meine Nerven noch ein zweites Mal verlieren konnte, trat Schwester Lilly in mein Sichtfeld. Sie lächelte mich liebevoll an, doch das Lächeln erreichte leider nie ihre Augen. Traurig. „Ich halte diese Albträume einfach nicht mehr aus, flüsterte ich eher zu mir selbst, anstatt zu Schwester Lilly.“ Doch Schwester Lilly, antwortete mir. „Ach Cassy. Manchmal verarbeitet unser Bewusstsein Dinge oder Informationen, die es irgendwo mal visuell oder auditiv wahrgenommen hat. Und diese Informationen setzen sich am Ende, in unserem Gehirn fest. Als eine Erinnerung.“ Das kann ich auch nachvollziehen Schwester Lilly, aber meine Albträume fühlen sich so real an. So, als ob ich das selbst miterlebt hätte. Und dann sind da immer wieder diese Namen. Welche Namen denn, wollte Schwester Lilly wissen. Ich musste mich kurz konzentrieren, um auf die Namen zu kommen. Charlotte und Joana. Stille.

Wie gesagt Cassy, du hast nur schlecht geträumt. So und nun, wird es Zeit für deine Medikamente. Sie reichte mir in einem kleinen Becher, drei große Tabletten an. Einmal hatte ich Schwester Lilly gefragt für was die Tabletten wären und was für eine Wirkung sie haben. Daraufhin sagte sie, die weiße Tablette, soll mich ruhig stellen. Während die gelbe Tablette für meine Psyche verantwortlich wäre. Welche Wirkung die rosa Tablette hatte, wusste ich nicht mehr genau. Danach durfte ich ihr keine weiteren Fragen über die Tabletten stellen. Und wenn ich es doch mal in Erwägung zog, kam nur noch ihre Standard Antwort. Anordnung von oben. Damit war das Gespräch dann für sie beendet. Schwester Lilly war schon beinahe an der Tür, als sie sich noch einmal umdrehte. Bevor ich es vergesse Cassy, du hast heute Vormittag um 11 Uhr einen Termin bei Doktor Salzberg und gegen 12:30 Uhr, einen Termin bei Doktor Wessel. Sie hob ermahnend einen Finger und fuhr fort: „Und tu mir bitte den gefallen und vergiss nicht schon wieder absichtlich, deine Termine.“ Ich werde mein Bestes geben, versprach ich ihr Augenzwinkernd.

Kopfschüttelnd aber lächelnd drehte sie sich zur Tür, wobei sie wieder einmal flüsternd zu sich selbst sagte: „Ich kann nicht verstehen, dass so ein lieber, verständnisvoller und schlauer Mensch, einem anderen Menschen so etwas grausames antun kann. Aber da sieht man mal wieder, dass man den Menschen nur vor den Kopf gucken kann.“ Mit diesen Worten verließ Schwester Lilly das Zimmer.

Ich blieb zurück. Alleine. In einem viereckigen, weißen, sterilen und kahlen Raum. Nur ich und mein Bett. Und meine Gedanken. Meine Gedanken. Davon hatte ich furchtbar viele im Kopf, doch ich konnte sie nicht notieren. Denn man gestattete mir nicht, ein Blattpapier und einen Stift zu benutzen. Aus Angst, dass ich jemandem etwas damit antun könnte. So saß ich, tag ein, tag aus, alleine und mit meinen unzähligen Gedanken im Kopf, gefangen in diesem Zimmer.

In Zimmer 210. Seit genau 5 Jahren.

Kurz vor elf, klopfte es von außen an meine Zimmertür, das war das Zeichen für meine morgendlichen Arztbesuche und Therapiestunden. Ich rappelte mich vom Bett hoch und ging zur Tür. Schwester Lilly schloss die Tür von außen auf. Danach wurde ich von oben nach unten abgetastet, ob ich irgendwelche Spitzen Gegenstände bei mir habe. Negativ. Es konnte losgehen. Jedoch war es immer dasselbe. Sobald wir uns auf den Weg zu den Arztbesuchen oder Therapiestunden begaben, sprach Schwester Lilly kein Wort mehr mit mir. Stattdessen herrschte eisige stille. Heute kam mir der Weg zu Professor. Doktor Salzbergers Büro noch länger, als sonst vor. Beinahe hätten mich meine nach mir rufenden Gedanken, wieder in ihren Bann gezogen. Doch zum Glück blieben wir in diesem Augenblick vor dem Büro des Professors stehen. Schwester Lilly warf mir noch mal einen ihrer strengen Blicke über die Schuler zu, um dann zu klopfen. „Kommen sie nur herein, ertönte eine tiefe, raue aber sexy klingende Männerstimme, aus dem Büro.“ Es war die Stimme von Professor Doktor Paul Salzberg. Oder auch Mister Sexy genannt. Aber auch nur von mir und auch nur in meinen Gedanken. Naja egal. Ich bekam von hinten einen kleinen schups verpasst, ansonsten hätte ich vor der Tür noch Wurzeln geschlagen.

„Hallo Cassy. Setz dich doch, dabei deutete er auf die Couch vor seinem imposanten Schreibtisch.  Möchtest du etwas trinken? Nein? Ich lehnte dankend ab. Anschließend setze sich P.D Salzberg hinter seinen Schreibtisch, um direkt mit der ersten Frage zu starten. Wie geht es dir heute? Eine Antwort konnte ich ihm jedoch nicht geben, da er die Frage selber beantwortete. Ich habe von Schwester Lilly erfahren, dass du wieder einmal unter einem Albtraum gelitten hast. Das kennen wir ja bereits schon. Jedoch hat sie mir auch mitgeteilt, dass du wohl geäußert hast das du das Gefühl hattest, diese Szene schon einmal in echt erlebt zu haben. Er lehnte sich ein Stück über seinen Schreibtisch, um mich besser fixieren zu können. Ich kann dir versichern, dass ich in meiner Laufbahn als Professor und diesen Beruf übe ich schon seit mehr als 30 Jahren aus, noch nie so einen Fall bearbeitet habe. Deswegen kannst du mir glauben, wenn ich dir sage dass dein Traum nur ein normaler Traum war. Aber vielleicht fängt dein Gehirn jetzt langsam damit an, den Mord den du vor 5 Jahren begangen hast, zu verarbeiten. So eine gravierende Straftat verarbeitet man nicht von jetzt auf gleich. Stille. Nach einer Weile fand ich meine Stimme wieder, doch in meinen Ohren klang sie fremd. Wissen sie Professor, ich habe zwar keinen Doktortitel aber ich frage mich häufig, was vor 5 Jahren wirklich passiert ist. Damals hatte man mich Blut überströmt mit einem Messer in der Hand, mitten in Berlin auf der Straße des 17 Junis, auf der großen Kreuzung umzingelt. Überall standen SEK- Einheiten mit Pistolen auf mich gerichtet. Und dann war da dieser Kommissar, der mit einem Megafon in der Hand zu mir rüber brüllte: „Lassen sie sofort das Messer fallen. Und ich will die Hände sehen. Hände nach oben.“ Augenblicklich ließ ich das Messer fallen und streckte meine Hände nach oben. Danach ging alles sehr schnell. Eine Gruppe von SEK- Männern kam auf mich zu gestürmt, um mich kurz danach mit dem Gesicht zu Boden zu drücken. Wiederstand war zwecklos. Obwohl ich auch keinen Wiederstand geleistet hätte. Man brachte mich, wie eine Schwerverbrecherin, in ein außerhalb gelegenes Gefängnis. Von außen wirkte das Gebäude schon ziemlich angsteinflößend. Doch als wir den Gang entlang liefen, in dem es zum Zellenblock D- Mörder ging, hatte ich das Gefühl das ich den Tod bereits schon riechen und spüren konnte. Da musste ich nicht mehr auf mein Gerichtsverfahren warten. Oder vielleicht doch?

Drei Tage später wurde ich im Gefängnis von einem renommierten Anwalt aufgesucht. Dieser erzählte mir, dass er durch Zufall auf meinen Fall, aufmerksam wurde. Deswegen hatte er sich direkt mit meinem Gefängnisdirektor in Verbindungen gesetzt, um ihm mitzuteilen, dass er meine Mandantschaft übernehmen möchte. Bevor ich irgendeinen nullachtfünfzehn Strafverteidiger vor die Nase gesetzt bekommen hätte. Ich sollte ihm jedes noch so winzige Detail, der Mordnacht schildern. Ich versuchte die Nacht zu rekonstruieren, aber das war schwerer als gedacht. Denn ich konnte mich an die Nacht überhaupt nicht erinnern. Als ob ich ein Blackout gehabt hätte.

14 Tage später, fand die Gerichtsverhandlung statt. Es war grauenhaft. Das Getuschel. Die anklagenden Gesichter. Die Schuld, die ich verspürte. Oh ja, ich verspürte Schuld. So heftig, dass ich das Gefühl hatte, dass sie mich von innen nach außen verätzen würde. Mir wurde schlecht. Der Staatsanwalt plädierte auf Schuldig und auf einen lebenslangen Aufenthalt im Gefängnis. Nun war mein Anwalt an der Reihe. Er stellte sich hin und begann.

„Ich plädiere auf Unzurechnungsfähigkeit, da meine Mandantin Cassy Walters, keinerlei stichhaltige Fakten von dem Abend, des Tathergangs adäquat schildern kann. Nach acht Stunden Gerichtsverhandlung wurde dann gegen 18 Uhr, das Urteil bekannt gegeben.

„Bitte erheben Sie sich. Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil: „Die hier anwesende Cassy Walters, wird aufgrund mangelnder Beweislage zu einem lebenslangen Aufenthalt in einer Psychiatrischen Einrichtung verurteilt. Bitte setzen sie sich.“ Fassungslosigkeit im kompletten Gerichtssaal. Der Staatsanwalt und die Kläger, aber auch ich, hatten eine andere Strafe erwartet. Stattdessen  das. Wie hatte mein Anwalt das bloß geschafft? Verständnislosigkeit und Wut bei der gegenüberliegenden Partei. Ich konnte ihre Wut nachvollziehen. Konnte ich das tatsächlich? Vielleicht in einem anderen Leben. Jetzt war ich nur halbwegs erleichtert, dass man mich nicht ins Gefängnis, sondern in eine Psychiatrische Institution stecken wollte. Mein Gedankengang wurde jäh unterbrochen, als der Richter die Gerichtsverhandlung für beendet erklärte. Der Richter, die Geschworenen und die Kläger erhoben sich, um den Gerichtssaal zu verlassen. Doch vorher wandte sich der Vater des Opfers noch mal an mich. „Ich hoffe dass Ihnen so etwas Grausames wie uns, erspart bleiben wird.“ Mit diesen Worten, ließ er mich stehen. Ich musste den Kloß runter schlucken, der sich gebildet hatte. Lächelnd drehte sich Herr Schmitt, mein Anwalt zu mir um. Wir haben es tatsächlich geschafft, Frau Walters. Haben wir das, fragte ich ihn skeptisch. Werden die Leute jetzt nicht denken, dass ich verrückt bin? Aber nein, sie machen sich zu viele Sorgen. Sie werden schon sehen, es wird alles gut.

Das war vor 5 Jahren, beendete ich meinen Rückblick. Und jetzt sagen sie mir Professor Doktor Salzberg, wie würde es ihnen gehen, wenn sie wissen das sie ein Menschenleben auf dem Gewissen haben? Nun ja…. Also…. Ich würde…..Ich glaube…. Ach herrje Cassy, diese Frage kann ich dir nicht beantworten. Da ich noch nie in so einer Situation gesteckt habe. Am besten vergessen wir die Frage. Nimmst du denn noch regelmäßig deine Tabletten? Ich nickte. Sehr gut. Die wirst du auch niemals absetzen. Anordnung von oben. Er lachte, also von mir. Beiläufig schaute er auf die Uhr. So und nun wird es Zeit für deinen Termin bei Doktor Wessel. Er stand auf und begleitete mich zur Tür. Wir sehen uns dann am Mittwoch um 10 Uhr. Vor der Tür stand schon Schwester Lilly, die mich direkt zu meinem nächsten Termin bringen sollte. Dafür mussten wir den schier endlosen Gang mit seinen Kurven und Winkeln entlang laufen. Eine gefühlte Ewigkeit später, saß ich endlich in Doktor Wessels Büro. Alleine. Nur das ticken einer Uhr und mein regelmäßiger Atem waren zu hören. Aber weit und breit, kein Doktor Wessel. Nachdem ich lange genug gewartet hatte, wollte ich gerade das Büro verlassen, als auf dem Flur plötzlich laute Männerstimmen ertönten. Es waren die Stimmen von P.D Salzberg und von Doktor Wessel. Zunächst konnte ich die Unterhaltung der beiden nicht richtig verstehen, erst als sie vor der Tür ankamen. Da hörte ich es. Sie stritten. Und das nicht gerade leise. Wie sollte ich jetzt bloß das Zimmer unbemerkt verlassen? Ich saß fest. Scheiße. Ich wäre vor Schreck beinahe von der Couch gefallen, denn in diesem Augenblick schrie Doktor Wessel P.D. Salzberg an. „Wirst du nachts nicht, wieder und wieder von quälenden Albträumen heimgesucht? Vielleicht war ich damals auch verrückt, als ich mich auf so ein krankes Psycho- Spiel eingelassen habe. Ansonsten kann ich mir mein eigenes Verhalten und Handeln nicht erklären. Verdammt Paul, wir sind Ärzte. Du weißt ganz genau, was wir für einen Eid geleistet haben. Wir sollen Menschen helfen. Helfen. Kennst du das Wort? Nein? Das was wir hier machen ist ethisch einfach nicht vertretbar. Wir haben einem unschuldigen Menschen ohne sein Wissen, eine neue Identität verpasst, in der sie angeblich ein Menschenleben auf dem Gewissen hat. Mit der Intention, dass man sie am Ende, in unsere Psychiatrie einweist, damit man an ihr, irgendwelche Verhaltensexperimente durchführen kann. Verdammte scheiße, Paul? Du kannst mir doch nicht weismachen, dass du das mit deinem Gewissen vereinbaren kannst. Ich kann das definitiv nicht mehr. Ich bin am Ende.“ Eisige Stille. Jedoch nur für ein paar Sekunden, denn da erklang die Stimme von P.D. Salzberg. Leise. Kalt. Bedrohlich. „Pass mal auf Steffan, ich bin dein ewiges rum Geheule wegen dem was mir machen, langsam sowas von leid. Es hat dich keiner gezwungen, bei dem Experiment von mir und Karla mitzumachen. Du hast dich freiwillig angeboten. Also musst du auch mit den Konsequenzen leben. Das müssen wir alle. Okay okay, schau mich nicht so anklagend an. Nicht alle von uns.“ Weißt du was ich nicht verstehe, Paul? Wie eine Mutter nur ihr eigenes Kind verkaufen kann. Auf diese Frage, kann ich dir leider keine Antwort geben, Steffan. Aber um jetzt noch mal auf deinen kurzen Gefühlsausbruch zurück zu kommen, mein lieber und ältester Freund. Wenn du aus der ganzen Sache aussteigen willst, werde ich dich nicht davon abhalten. Ich möchte dich lediglich an deinen Schweigepflichtsvertrag erinnern, indem festgehalten wurde, dass du keiner Menschenseele von diesem Verhaltensexperiment erzählen darfst. Niemanden. Das bedeutet auch nicht Cassy oder eher gesagt Charlotte. Mir wurde übel, als ich die letzten Worte vernommen hatte. Dann hatten meine Albträume ja doch etwas zu bedeuten. Und keiner wollte mir helfen, weil sonst ihr abgekartetes Psycho- Spiel aufgefallen wäre. Und meine eigene.. ich konnte das Wort nicht aussprechen. Ansonsten hätte ich mich vor ekel, Wut und Hass übergeben. Und Karla? Karla war in die ganze Sache involviert. Obwohl? Vielleicht hatte sie das auch alles inszeniert. Und für was? Für das beschissene Geld. Ich hoffe sie ist daran erstickt. Langsam aber sicher formte sich ein Plan in meinem Kopf zu Recht, wie ich die ganze Sache zu meinen Gunsten nutzen konnte. Die beiden verabschiedeten sich. Dann wurde die Tür geöffnet. „Hoppala. Wer bist du denn?“ Doktor Wessel kam auf mich zu. Ach du bist es. Cassy? Cassy? Ist alles in Ordnung bei dir? Sag doch etwas. Ich begann mich zu räkeln. Und zu gähnen. Langsam öffnete ich mein rechtes Auge, um die Situation abzuschätzen. Dann öffnete ich ganz langsam, dass linke Auge. Oh Entschuldigung Doktor Wessel. Wir hatten heute um 12:30 Uhr eigentlich einen Termin. Deswegen habe ich hier auf sie gewartet und gewartet und gewartet. Leider bin ich von dem ganzen warten müde geworden und eingeschlafen. Es tut mir wahnsinnig leid, sagte ich und schaute Doktor Wessel dabei mit meinem unschuldigsten Gesichtsausdruck an. Es funktionierte. Es ist allein meine Schuld. Er wollte gerade aufstehen, als ich ihn überraschend in den Arm nahm. „Was machst du da, Cassy? Du weißt doch ganz genau, dass Körperkontakt nicht gestattet ist?“ Tut mir Leid, nuschelte ich in seine Schulter. Dabei entwendete ich ihm sein Mobiltelefon und den Universalschlüssel der Institution, aus seiner Kitteltasche. Meine Dankbarkeit hat mich in diesem Moment einfach übermannt. Ich bin ihnen einfach für alles dankbar. Sie haben aus mir einen neuen Menschen gemacht. Nach diesen Worten stand ich auf und ließ ihn verdutzt in seinem Büro zurück. Der Tag neigte sich langsam dem Ende entgegen. Endlich. Denn von Minute zu Minute, wuchs meine Nervosität und die Angst erwischt zu werden. Immer wieder bildete sich ein Schweißfilm auf meiner Stirn und in meinen Händen, den ich dann ungeduldig weg wischte. Endlich war es soweit. Bettruhe oder eher gesagt Schlafenszeit. Überall im Haus, wurden die Lichter gelöscht. Ich musste nur den ersten Kontrollgang von Schwester Lilly und von Pfleger Axel überstehen und dann konnte ich mich raus schleichen. Eine viertel Stunde später, schlich ich auf Zehenspitzen durch das wirklich furchteinflößende Gebäude. Vor allem sahen die Gänge im Dunkeln alle identisch aus, wodurch sich meine Suche nach dem vergessenen Notausgang im Kellergewölbe wirklich schwierig gestaltete. Die Uhr auf dem Handydisplay zeigte 21:55 Uhr an. Mist. Nur noch fünf Minuten, bis der nächste Kontrollgang beginnt. Mein Herz begann zu rasen. Scheiße. Ich muss hier raus. Bevor sie mich wieder weg sperren. Das schaffe nie im Leben. Doch wie der Zufall es so wollte, tauchte direkt vor mir eine Tür mit dem Hinweisschild, „Keller“ auf. Vor Freude hätte ich gerne einen Purzelbaum geschlagen aber mir reichte der Gedanke, dass ich in wenigen Minuten ein freier Mensch bin. Eher gesagt ein entflohener Mensch aus der Psychiatrie, meldete sich plötzlich das Engelchen auf meiner rechten Schulter. Papperlapapp. Das nenn ich mal Action. Zieh es durch. Du musst die Wahrheit, ans Licht bringen, meldete sich von der linken Schulter der Teufel. Ich entschied mich für den Teufel und öffnete die Tür zum Keller. Es war dunkel. Bitterkalt. Nass. Und es roch modrig. Einige Zeit später hatte ich den Ausgang endlich gefunden, jedoch hingen jetzt überall an meinem Körper Spinnenweben. Kurz darauf ertönte der Alarm. Sie hatten also mein leeres Zimmer aufgefunden. Höchste Zeit, dass ich von hier verschwinde. Sogleich rannte ich los. Nach einer halben Ewigkeit erreichte ich endlich, eine belebte Straße. Pass doch auf, schnauzte mich ein Fahrradfahrer an, als ich mich gerade wieder in Bewegung setzen wollte. `Tschuldigung` nuschelte ich. Doch er schüttelte bloß angeekelt und abwertend seinen Kopf. Immer diese ekeligen Penner. Am Ende der Straße befindet sich doch ein Obdachlosenheim, muss man sich dann ausgerechnet hier aufhalten? Während er das von sich gab, fuhr er glücklicherweise mit seinem Fahrrad weiter. Ansonsten hätte ich für nichts garantieren können. Schleppend setzte ich meine Suche, nach dem Obdachlosenheim fort. Dort angekommen, wurden mir einige Fragen gestellt. Die letzte Frage lautete: „Wie ist dein Name?“ Ich musste schlucken. Verdammt, damit hatte ich nicht gerechnet. Ich…ich…ich heiße…ich heiße…ich… Na mach schon, wir wollen die Tür vom Obdachlosenheim abschließen. Mein Name ist äh… Charly. Na geht doch. Komm, ich zeige dir dein Nachtlager. Es war zwar nicht groß und ich hatte es auch nicht für mich alleine, aber ich wurde zum ersten mal wieder, wie ein normaler Mensch behandelt. Das tat verdammt gut. Mit diesem Gefühl fiel ich in einen seelenruhigen schlaf.

Am nächsten Tag. Ich durfte duschen gehen und mir wurden frische Anziehsachen zur Verfügung gestellt. Tränen schossen mir in die Augen. Ich fühlte mich endlich wieder, wie ein normaler Mensch. Abschließend bekam ich sogar ein bisschen Taschengeld auf die Hand. Mit der Ermahnung kein Quatsch damit anzufangen. Ich schnappte mir eine Stadtkarte und lief los. Mein erster Anlaufpunkt war ein Elektronikgeschäft. Dort kaufte ich mir ein Mobiltelefon und noch ein paar andere Dinge, die ich gut gebrauchen konnte. Anschließend begab ich mich auf die Suche nach einem Internetcafé, in dem ich ohne neugierige Blicke das neu erworbene Mobiltelefon einrichten konnte. Zunächst wollte ich auf dem neu gekauften Handy einige der Beweisbilder deponieren, die ich auf dem Handy von Doktor Wessel entdeckt hatte. Das wäre aber zu simpel gewesen und vielleicht hätte Karla gedacht, dass er sie nun erpressen will. Nein, diese Idee fiel weg. Ebenfalls dachte ich darüber nach auf dem Handy Chatverläufe zwischen P.D Salzberg, Doktor Wessel und ihr zu hinterlassen aber auch das wäre zu eintönig gewesen. Und sie hätte keine Angst bekommen. Und sie sollte Angst bekommen. Sie sollte lernen, was es bedeutet richtige Angst in seinem Leben zu spüren. Während ich also hin und her überlegte, was ich am besten machen könnte traf mich die Idee wie ein Blitz. Ich hab’s jubelte ich laut. Woraufhin sich alle im Internetcafé zu mir umdrehten. Pssssscht. Sorry, murmelte ich verlegen. Sogleich steckte ich meinen Kopf wieder hinter den Computer, um an dem feinschliff meines brillanten Plans zu arbeiten. Hierzu gehörte eine Mikrowanze und Kamera, die ich im Smartphone deponiert hatte. Nachdem ich das beendet hatte, verließ ich kurz das Internetcafé um ein Paket und Füllmaterial zu besorgen. Anschließend ging ich wieder zurück, um mich an den Computer in der hintersten Ecke zu setzen. Zwischenzeitlich hatte ich per E-Mail einen Fahrradkurier kontaktiert, der mein Paket bei mir abholen und zu der genannten Adresse liefern sollte. Er wirkte zunächst überrascht aber er behielt seine Gedanken zum Glück für sich.

Eine Stunde später.

Ich war gerade damit beschäftigt, eine Beobachtung auszuwerten, als mein Handy piepte. Genervt hob ich das Handy an. Mein Display zeigte mir, einen Entgangener Anruf von meinem Mann an. Was wollte er denn schon wieder? Ich rief meine Mailbox an. „Hallo Schatz, bist du immer noch im Büro? Wir waren doch heute mit Johannes und Joana zum Essen verabredet. Hast du das schon wieder vergessen? Falls ja, leg doch mal bitte für einen Abend die Arbeit zur Seite und komm nach Hause. Ich liebe dich!“ Verdammt. Ich hatte das Essen tatsächlich schon wieder vergessen. Ich speicherte mein bearbeitetes Dokument, fuhr den Computer herunter, schnappte mir meinen Mantel und meine Tasche. Danach lief ich zur Tür und löschte das Licht. Ich war wieder einmal die letzte im Institut. Danach fuhr ich mit dem Aufzug, runter ins Parkhaus. Unten im Parkhaus angekommen, begann ich zu frösteln. Zielstrebig machte ich mich auf den Weg zu meinem Auto, denn ich wollte mich hier unten nicht länger aufhalten, als nötig. Beinahe wäre ich über ein kleines Paket gestolpert, was direkt vor meinem Auto lag. Huch. Sogleich suchte ich das Parkhaus nach Personen ab, die das Paket vor meinem Auto, hingelegt haben könnten. Schließlich gab ich die Suche auf. Ich war die einzige, weit und breit. Zuerst wollte ich das Paket liegen lassen, doch dann hob ich es trotzdem auf. Zum Glück. Denn das Paket war an mich adressiert. Jedoch fehlte der Absender. Vielleicht hatte Clemens ja eine Überraschung für mich, kam es mir freudig in den Sinn. Neugierig und aufgeregt, stieg ich mit dem leichten Paket in mein BMW. Mit zittrigen Fingern öffnete ich das kleine Paket. Doch der Inhalt, war nicht wirklich spektakulär. Es befand sich bloß ein gebrauchtes Smartphone in dem Paket. Trotzdem nahm ich es vorsichtig heraus.

Plötzlich flackerte der Bildschirm auf. Eine rote Schrift erschien.

„Höchste Zeit, dass endlich mal jemand mit dir abrechnet. Hast du Angst? Nein? Das solltest du aber lieber. Ich weiß nämlich wer du bist und was du getan hast. Hast du jetzt Angst? Ja? Gut so. Was nun kommen wird? Deine persönliche Hölle. Wer ich bin? Das spielt keine Rolle. Und falls du jetzt mit dem Gedanken spielen solltest, die Polizei einzuschalten, werde ich weitere Schritte einleiten die dir nicht gefallen werden. Also verwirf den Gedanken. Bist du bereit?“ Nein, schrie ich panisch. Nein. Ich bin nicht bereit. Was soll das Ganze? Sind hier irgendwo versteckte Kameras? Der Bildschirm fing erneut an zu flackern. Mein Herz setzte aus. „Du hast ab jetzt 24 Stunden Zeit. Genau 24 Stunden. Nicht mehr und nicht weniger! Während dieser Zeit, werde ich dich in bestimmten Zeitabschnitten kontaktieren und dir Anweisungen durchgeben. Du hast jedoch nur anderthalb Stunden Zeit, um die Anweisungen zu befolgen und die 15 Hinweise zu lösen. Danach ist die Zeit abgelaufen und du erhältst neue Anweisungen von mir. Am besten begehst du keine Fehler, denn dann wird dir und deiner Familie  nichts passieren. Und wenn doch? Oh, dass möchtest du lieber nicht erleben. Ich kann nämlich jeden deiner Schritte überwachen. Der Countdown beginnt.

Die Schrift verblasste und zurück blieb nur ein schwarzer, leerer Bildschirm. Die Frage war nur: „Wie lange?“ Angespannt und verängstigt starrte ich auf den Bildschirm, doch es geschah nichts. Oh man, oh man Karla. Beruhig dich einfach. Schließlich bist du schon seit mehr als 12 Stunden auf den Beinen. Mit dieser Einstellung, verließ ich das Parkhaus. Da ich wieder einmal die Zeit im Institut vergessen hatte, war der Abend schon lange voran geschritten. Wodurch die Straßen, wie leer gefegt waren. Zum Glück. Ich war gerade auf dem Weg, Richtung Berlin-Mitte, als das gebrauchte Mobiltelefon eine eingehende Nachricht meldete. Ich bekam schwitzige Hände und mein Herz fing zu rasen an. Was sollte ich nur machen? Aus Angst das dieser kranke Mensch mir oder meiner Familie etwas antun könnte, fuhr ich an den nächsten Straßenrand. Zitternd öffnete ich die Nachricht. „Willkommen, zu deiner ersten Anweisung. Du hast anderthalb Stunden Zeit, um zum Alexanderplatz zu fahren, den Hinweis zu finden, den ich dort versteckt habe und zu lösen. Streng dich an. Denn nach anderthalb Stunden ist die Zeit abgelaufen und du erhältst neue Instruktionen von mir. Viel Glück. Haha! Angst stieg in mir hoch. Das schaffe ich nie im Leben, dafür war ich einfach noch zu weit vom Alexanderplatz entfernt. Und was ist, wenn ? Nein, diesen Gedanken musste ich sofort wiederverbannen. Keine Polizei! Ich muss das alleine schaffen. Dieser Gedanke verpasste mir einen Adrenalinkick mit dem ich mich direkt auf den Weg zum Alexanderplatz machte. Als ich dort ankam, war schon eine halbe Stunde von den anderthalb Stunden vergangen. Mist. Jetzt musste ich mich anstrengen. Nach 35 Minuten intensiven Suchens, fand ich endlich einen schmutzigen Briefumschlag. Ich öffnete den Briefumschlag um kurz darauf auf ein Rätsel zu starren. Es stellte sich heraus, dass das Rätsel schwerer war, als erwartet. Ich versuchte es zu lösen aber am Ende musste ich mir eingestehen, dass ich es wohl nicht lösen kann. Piep, piep. Neue Nachricht. Die anderthalb Stunden sind vorbei. Es geht weiter. Ich bekam immer und immer und immer wieder, neue Anweisungen von der unbekannten Person. Jede Anweisung führte mich zu einem neuen Platz in Berlin. Langsam schnürte mir die Angst den Atem weg, denn ich hatte von 15 Hinweisen bis jetzt nur 5 Hinweise lösen können. Tränen liefen mir über die Wange. Ich werde diese ganze Sache nicht lebend überstehen, kam es mir irgendwann in den Sinn. Zur gleichen Zeit bei Cassy. Ich hatte in meinem ganzen Leben, noch nie so ein erregendes Gefühl erlebt, wie jetzt. Die Angst in Karlas Augen, wenn sie meine Nachrichten erhielt, brachte mich fast um den Verstand. Während sie eine meiner Anweisungen befolgte, suchte ich im Internet, nach einer Psychiatrischen-Institution, in der man Verhaltensexperimente, an lebenden Personen durchführt. Jedoch musste sich diese Institution, außerhalb von Berlin befinden. Damit man sie nicht findet. Meine Suche war erfolgreich. Ich schilderte der Leiterin der Institution, mein Anliegen. Sie hatte größtes Verständnis für meine Situation und wollte mich unterstützen. Am Ende des Telefonats, gab ich ihr den letzten Treffpunkt durch, wo mein Höhepunkt stattfinden sollte. Danach beendeten wir das Gespräch. Es war Zeit für die letzte Nachricht.

Wieder eine Nachricht. Die 24 Stunden sind fast vorbei und du hast bis jetzt, nicht einmal die Hälfte der Hinweise lösen können. Nun denn. Deine letzte Anweisung lautet: „Du hast 45 Minuten Zeit um mich im Grunewald zu finden. Falls du es nicht schaffen solltest, wird deine Familie die Konsequenzen zu spüren bekommen!“ Ich bekam keine Luft. Ich musste mich beeilen, wenn ich meine Familie vor dieser kranken Person beschützen wollte. Ich war innerhalb von zehn Minuten am Grunewald. Jedoch gestaltete sich die Suche nach der unbekannten Person, in dem 3.000 Hektar großen Gebiet, schwieriger als erwartet. Denn mir blieben nur noch fünf Minuten, um die Person zu finden und meine Familie zu befreien. Plötzlich hörte ich ein merkwürdiges Geräusch, in dem Gebüsch neben mir. Mutig bewegte ich mich auf das Geräusch zu, obwohl ich es nicht unbedingt mutig, sondern lebensmüde nennen würde. Langsam und auf Zehenspitzen schlich ich durch das Dickicht, bis ich auf einmal auf einer wunderschönen Lichtung ankam. Den Anblick konnte ich aber leider nicht lange genug betrachten, denn auf der anderen Seite der Lichtung trat eine weitere Gestalt aus dem Dickicht. Zunächst blieb sie stehen, um mich zu beobachten. Doch dann bewegte sie sich wie ein Jaguar mit langsamen, selbstbewussten und sicheren Schritten auf mich zu. Ich versuchte irgendwelche Merkmale an der Person zu erkennen aber das war sinnlos. Sie war komplett in schwarz gekleidet und das Cappy war tief ins Gesicht gezogen, damit man das Gesicht nicht identifizieren konnte. Clever. Die Person blieb zehn Meter von mir entfernt stehen. Anfangs sprach keiner von uns ein Wort. Wir starrten uns nur durchdringlich an. Dann nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und richtete das Wort an die Person. Meine Stimme klang hilflos und weinerlich als ich meine Frage stellte. „Wo ist meine Familie?“ Nichts. Nur Stille. Plötzlich durchbrach ein klares, helles und grauenerregendes lachen, die Stille. Hahaha. Welche Familie? Du hast doch nicht wirklich geglaubt, dass ich deine Familie mit hier hin bringen würde oder? Ich habe dich cleverer eingeschätzt. Da lag ich wohl falsch. Ich fand meine Stimme wieder. Also hast du mich von Anfang an, an der Nase herumgeführt? Wenn du es so ausdrücken möchtest, gab ich ironisch zurück. Fassungslos und mit leerem Blick, starrte mich Karla an. Und wo befindet sich meine Familie, wenn sie nicht bei dir ist? Du bist doch sonst so ein schlauer Mensch, dann überleg doch mal, wo deine Familie sein könnte. Ruhe. Dann eine ganz zögerliche Antwort, die sich jedoch eher wie eine Frage anhörte. Zuhause? Meine Antwort triefte nur so vor Sarkasmus. Der Kandidat hat 100 Gummipunkt. Deine Familie hat sich nicht einen Augenblick in Gefahr befunden. Es geht hier ganz alleine um dich. Was habe ich dir denn getan, dass du mir so etwas Krankes antust? Ich kenne dich noch nicht mal. Ich musste husten. Du kennst mich nicht? Meine Güte diese Worte kamen dir aber verdammt leicht über die Lippen. Respekt. Das kann nur jemand behaupten, der seine eigene Vergangenheit aus seinem Leben radiert hat. Und du nennst dich Mutter? Was für ein Armutszeugnis. Weißt du jetzt, wer ich bin? Nein. Das kann nicht sein. Sie müsste doch…. Sie müsste…. Wie? Woher? Fragte sie mich mit dem panischsten Gesichtsausdruck, den ich je bei einem Menschen gesehen hatte. Das ist ganz einfach. Dein inszeniertes krankes Psycho-Spiel, wäre wahrscheinlich nie aufgeflogen, wenn ich nicht vor ein paar Tagen, deine Komplizen bei einem Gespräch belauscht hätte. Daraufhin hat sich dieser Plan in meinem Kopf entwickelt, indem ich mich bei dir für alles, was du mir angetan hast rächen wollte. Und hier stehen wir. Nur du und ich. Der Moment ist gekommen. Heute wird sich alles entscheiden. Einer von uns beiden, wird heute heile aus der Sache hinausgehen und der andere wiederum nicht. Glaub mir, ich werde nicht verlieren. Ich bin kein verlierertyp, sagte Karla.

Das werden wir noch sehen, sagte ich. Ich hatte das gerade ausgesprochen, als sie schon auf mich zu gerannt kam. Zuerst schleuderte sie mich mit voller Wucht auf den kalten, nassen und matschigen Boden. Kurz darauf fing sie an mich zu schlagen und das nicht zu knapp. Trotzdem setzte ich mich nicht zur Wehr, denn das gehörte immer noch zu meinem Plan. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich nicht mitbekommen hatte, wie sie plötzlich aus ihrer Tasche ein Messer gezogen hat. Mit dem attackierte sich mich und traf tatsächlich meinen Bauch. Ich fing direkt zu bluten an. Verdammt. Damit hätte ich nicht gerechnet. Blitzeschnell rollte ich mich unter ihr weg, um mich ein paar Meter von ihr hinzustellen. Ich versuchte die Wunde mit beiden Händen abzudrücken, jedoch quoll das Blut zwischen meinen Fingern hindurch. Es war soweit. Ich habe gewonnen, sagte Karla triumphierend. Gib einfach auf, dann kann ich dich wieder zurück bringen. Und niemand wird je wind davon bekommen. Mit langsamen schritten kam sie auf mich zu. Ich hustete zweimal laut. Das war das Zeichen für die Leiterin der Psychiatrischen- Institution. Zugleich kam sie mit zwei großen und muskulösen Pflegern aus dem Gebüsch gespurtet. Karla blieb kurz stehen, um mich daraufhin anzuschreien. Was sind das für Personen? Das wirst du noch früh genug sehen, antwortete ich. Und nun wird es Zeit. Ich gab den Pflegern ein Zeichen, damit sie Karla festhalten sollten. Diese zerrte und riss an den Armen. Verdammt Cassy, was soll der ganze scheiß? Lass mich los und wir vergessen die ganze Sache einfach. Ich lachte zynisch und trat einen Schritt auf sie zu. Und noch etwas. Ich heiße Charlotte. Mutter! Caaaaaassy. Ähm charlo…….
Mehr konnte sie nicht mehr sagen, denn da hatte die Leiterin ihr schon längst eine Beruhigungsspritze verpasst.

Einige Tage später.

Mein Gott brummte mir der Schädel, als ich meine Augen öffnete. Ich strich mir durch die Haare und dann noch dieser total abgedrehte Traum, indem Charlotte plötzlich vor mir stand. Plötzlich ertönte ein piepen. Verwirrt suchte ich mein Mobiltelefon. Fand jedoch nur ein Handy, was nicht meins war. Trotzdem öffnete ich die Nachricht. Was ich kurz darauf bereute.

„Du denkst, du hast in den vergangenen 24 Stunden schon deine persönliche Hölle erlebt? Falsch gedacht! Denn deine persönliche Hölle beginnt, erst jetzt. Genau wie meine vor 5 Jahren! Viel Spaß!

 

Melissa  Kuscheck

 

 

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