NatyJBDas verpasste Leben

 

„Hallo Mädels“, freudig begrüßte Hanna ihre Freundinnen Sandra und Lisa und gesellte sich zu ihnen an den Tisch. Wie jeden Freitag trafen sich die drei Frauen nach der Arbeit in ihrem Lieblingspub „Zum Fleetenkieker“ in der Hamburger Innenstadt um gemütlich die Arbeitswoche ausklingen zu lassen.

 

Eins der momentanen Hauptthemen der Freundinnen war Hannas Hochzeit, die in diesem Sommer anstand. Hanna war mittlerweile seit drei Jahren mit Richard zusammen und in ihrem letzten gemeinsamen Urlaub auf Kreta hat er ihr dann überraschend einen Heiratsantrag gemacht. Seitdem schwebte Hanna auf Wolke 7 und konnte es kaum erwarten Richards Frau zu werden.

 

Dieser war vor Kurzem in das sehr erfolgreiche Wirtschaftsprüfungsunternehmen seines Vaters eingestiegen. Dort hatte Hanna Richard damals auch kennengelernt, als er während der Semesterferien versuchte sein Taschengeld etwas aufzubessern.

 

Hanna hingegen arbeitet nun seit sechs Jahren in dem Unternehmen als persönliche Assistentin der Geschäftsleitung. Auch wenn ihre Eltern es damals lieber gesehen hätten, wenn Hanna Jura studiert hätte und Rechtsanwältin geworden wäre. Allerdings war das nie ihr Traum gewesen und sie war bis heute froh, dass sie sich damals durchgesetzt und sich nach dem Abitur gegen ein Jurastudium entschieden hatte.

 

Sie liebte ihren Job, sie liebte Richard und auch die Tatsache, dass sie im Betrieb keine Extrawurst erhielt, auch wenn sie mit einem der Geschäftsführer verlobt war.

 

Ihr Vater wäre sicherlich sehr erfreut darüber gewesen, dass der erfolgreiche Richard Hanna einen Heiratsantrag gemacht hatte und sein kleines Mädchen somit ein privilegiertes Leben würde führen können.

 

Da das Geld bei Hannas Eltern nie besonders locker gesessen hatte, war es für ihren Vater immer sehr wichtig gewesen, dass Hanna etwas aus ihrem Leben machen würde. Sie konnte diesen Gedanken allerdings bis zum heutigen Tage nicht wirklich nachvollziehen. Sie hatte eine glückliche Kindheit gehabt und es hatte sie nie gestört, dass sie nicht immer die allerneusten Klamotten besessen hatte oder in den Genuss von außergewöhnlichen Urlauben gekommen war.

 

Ihr Lebensmotto war eher: „Geld beruhigt zwar, macht aber nicht glücklich“.  Emotionaler Reichtum auf ihr auf jeden Fall wichtiger, als jede Menge Geld auf der Bank.

 

Leider würden Hannas Eltern die Hochzeit mit Richard nicht miterleben können. Ihr Vater war vor einem halben Jahr unerwartet an einem Herzinfarkt gestorben und ihre Mutter hatte sie schon vor ein paar Jahren nach und nach an Alzheimer verloren. Irgendwann war es weder Hanna noch ihrem Vater mehr möglich gewesen, sich ausreichend um ihre Mutter zu kümmern und deshalb blieb ihnen nichts anderes übrig, als Hannas Mutter vor zwei Jahren in ein Demenzzentrum in der Nähe von Hamburg einliefern zu lassen.

 

Während sie gedanklich bei ihren Eltern war, ließ Hanna seufzend den Blick durch den Pub schweifen. Doch dann hielt sie abrupt inne. Sandra bemerkte Hannas Irritation und fragte: „Was ist los?“ Hanna erwiderte: „Siehst du diese Frau an dem Tisch dort drüben? Die kommt mir total bekannt vor, irgendwie habe ich das Gefühl, dass sie mir in den letzten Wochen immer mal wieder über den Weg gelaufen ist. Das ist echt merkwürdig.“

 

Unauffällig beobachteten die drei Freundinnen die unbekannte Frau, die sich intensiv mit ihrem Handy zu beschäftigen schien. Schließlich sagte Lisa: „Das bildest du dir bestimmt nur ein. Ich habe die Frau jedenfalls noch nie gesehen. Du bist halt total im Hochzeitsstress.“ Hanna lächelte: „Du hast sicherlich recht, ich dreh wohl langsam durch.“

 

Die drei Frauen wandten sich wieder interessanteren Themen zu, bis Hanna nach einiger Zeit plötzlich zischte: „Von wegen ich bilde mir das ein. Die Frau hat gerade mit ihrem Handy ein Foto von uns gemacht. Da stimmt doch irgendetwas nicht, die knöpf ich mir jetzt vor!“

 

In dem Moment, als Hanna sich vom Tisch erhob, sprang auch die unbekannte Frau auf und schlängelte sich in einer atemberaubenden Geschwindigkeit durch die Tische auf den Ausgang zur. Hanna rief hinter ihr her, doch die Frau reagierte nicht und als Hanna schließlich auf die Straße trat, war die Unbekannte von der Menschenmenge vor dem Pub verschluckt worden.

 

Lisa und Sandra blickten Hanna bestürzt an, als diese schließlich frustriet zu ihrem Tisch zurückkehrte. Als sie sich mit fragendem Blick setzte, hielt Sandra ihr ein Handy unter die Nase und sagte: „Die Tussi hat es bei ihrer Flucht wohl nicht mehr so schnell geschafft, ihr Handy einzustecken. Es lag offen auf dem Tisch, da haben wir es uns geschnappt. Außerdem hat sie anscheinend schon damit gerechnet, dass sie eventuell schnell abhauen müsste. Das Geld für ihr Getränk lag abgezählt auf dem Tisch.“ „Aber deshalb schaut ihr beiden bestimmt nicht so entsetzt, oder?“ erwiderte Hanna. „Nein, deshalb nicht. Wir haben uns gerade das Handy genauer angeschaut und diese Verrückte hat vorhin nicht uns fotografiert, sondern nur dich und das nicht nur heute.“

 

Ungläubig nahm Hanna Sandra das Handy ab und klickte sich durch die Fotos. Übelkeit stieg in ihr auf, als sie sah, dass sie auf jedem einzelnen dieser Bilder abgebildet war. Neben dem heutigen gab es Fotos von ihr in der Straßenbahn, in der kleinen Bäckerei, in der sie sich vor der Arbeit immer einen Kaffee holte, wie sie das Bürogebäude nach der Arbeit verließ, wie sie mit Richard an Alster spazieren ging und sogar eins auf dem sie im Brautladen ihr Hochzeitskleid anprobierte.

 

Alles was Hanna daran hinderte komplett durchzudrehen war die Tatsache, dass sich kein Foto auf dem Handy befand, das Hanna in der Nähe ihrer Wohnung zeigte. Sie konnte nur hoffen, dass diese verrückte Frau nicht wusste, wo Hanna wohnte. Aber dennoch schien diese Person sie eindeutig zu stalken.

 

Nachdem Hanna sich wieder einigermaßen beruhigt hatte, versuchte sie Anhaltspunkte über die Besitzerin des Handys zu erlangen. Doch auf dem Handy befanden sich keinerlei Kontakte. Es gab weder eingehende noch ausgehende Anrufe. Außerdem schien es sich eindeutig um ein Prepaid-Gerät zu handeln.

 

Ratlos legte Hanna es in die Mitte des Tisches: „Was verdammt nochmal soll das? Bis auf die Fotos ist das Ding absolut leer. Keine Kontakte, keine Anrufe, keine Whatsapp-Nachrichten und nicht einmal ein verdammter E-Mail-Account ist hinterlegt. Was mache ich denn jetzt nur?“

 

„Ich rufe jetzt Peter an und frage ihn was du unternehmen kannst.“ sagte Lisa. Dankbar lächelte Hanna Lisa an, während diese aufstand um sich in einen ruhigeren Bereich des Pubs zurückzuziehen, von dem aus sie ihren Mann Peter anrufen wollte, der glücklicherweise als Polizist tätig war.

 

Etwa zehn Minuten später kehrte Lisa zurück und ließ sich zwischen Sandra und Hanna auf ihren Stuhl fallen. „Tja, schlechte Nachrichten. Peter meinte, dass man da wohl erstmal nicht viel machen kann. Da das Handy keinerlei Informationen enthält und ein Prepaid-Gerät ist, ist es nahezu unmöglich die Besitzerin ausfindig zu machen. Er meinte allerdings, dass er sich das Handy gerne trotzdem anschauen würde. Auf jeden Fall solltest du der Sache nicht zu viel Bedeutung beimessen. Es gibt viele frustrierte und einsame Menschen, die auf der Suche nach dem ultimativen Nervenkitzel versuchen ihr Leben interessanter zu gestalten. Wahrscheinlich bist du einfach in den Fokus einer solchen Person geraten. Aber solche Menschen sind in der Regel nicht gefährlich und jetzt nachdem sie aufgeflogen ist, wird sich die Frau bestimmt einfach von dir fernhalten. Trotzdem sollst du in nächste Zeit die Augen offen-halten und falls du bemerkst, dass sie dir dennoch weiter auflauerst, sollst du Peter sofort anrufen.“

 

Erleichtert drückte Hanna Lisa das Handy der Unbekannten in die Hand: „Sag Peter, dass ich ihm sehr dankbar bin und dass mich seine Einschätzung der Lage wirklich beruhigt.“

 

Als Hanna sich an diesem Abend neben Richard ins Bett gekuschelt hatte, dachte sie noch kurz darüber nach, ihm von dem Vorfall in dem Pub zu erzählen, ließ es dann aber doch bleiben. Richard hatte sowieso schon immer ein schlechtes Gewissen, weil er sooft geschäftlich unterwegs war und da er sich in der nächsten Woche wieder komplett im Außendienst in Nürnberg befinden würde, wollte sie nicht, dass er sich während seiner Abwesenheit unnötig Sorgen um Hanna machen müsste.

 

Tatsächlich hatte Hanna, als Richard sich am Montag von ihr verabschiedete, den Vorfall vom Freitag schon fast vergessen und schaffte es auch schnell wieder zur Normalität zurückzukehren.

 

Am Mittwochnachmittag war Hanna bei der Arbeit gerade dabei einige E-Mails von Mandanten zu beantworten, als Herr Müller, einer der Geschäftsführer, zu ihr kam: „Hanna, kann ich Sie vielleicht um einen Gefallen bitten?“ „Natürlich Herr Müller, was kann ich für Sie tun?“ „Diese Berichte hier“, Herr Müller deutete auf einen Stapel von etwa fünfundzwanzig Prüfberichten, die er auf Hannas Schreibtisch abgelegt hatte, „müssen heute unbedingt noch zum Mandanten gebracht werden. Wir betreuen den Mandanten erst seit kurzer Zeit und wenn wir uns gut anstellen, dann wäre das sehr gewinnbringen für uns.  Wäre es also vielleicht möglich, dass sie gleich schon Feierabend machen und die Berichte direkt dort hinbringen? Sie können natürlich den Firmenwagen dafür nutzen.“ „Das ist kein Problem. Das mache ich doch gerne“, antwortete Hanna.

 

Kurze Zeit später machte sie sich also auf den Weg um die Berichte abzugeben Die entsprechende Firma lag ungefähr zwanzig Kilometer vor Hamburg. Dank Navigationsgerät war die Fahrt dorthin kein Problem. Aufgrund des unerwartet frühen Feierabends betrat Hanna gutgelaunt den Eingang des Gebäudes. Das was oder vielmehr wenn sie dann erblickt, ließ sie vor Schreck allerdings leichenblass werden.  

 

Am Empfangstresen saß doch tatsächlich die verrückte Stalkerin, die im Pub heimlich Fotos von ihr gemacht hatte. So einen Zufall konnte es doch gar nicht geben.

 

Fieberhaft überlegte sie, wie sie sich verhalten sollte. Da die Frau in ein Telefonat vertieft war, hatte sie Hanna noch nicht bemerkt.

 

Hanna realisierte, dass die Situation eigentlich perfekt war. Die Unbekannte konnte nicht flüchten und selbst wenn, Hanna wusste jetzt wo sie arbeitete und somit sollte es ein Leichtes sein mehr über ihre Stalkerin herauszufinden.

 

Mit zitternden Knien näherte Hanna sich dem Empfangstresen und knallte die Berichte darauf. Genervt blickte die unbekannte Frau auf, nur um gleich danach mindestens genauso leichenblass zu werden wie Hanna es noch vor einer Minute war. Mit einer festen Stimme, die Hanna selbst überraschte, sagte sie: „Damit haben Sie wohl nicht gerechnet, was?! Ich will jetzt sofort wissen, warum sie diese Fotos von mir gemacht haben und versuchen Sie erst gar nicht wieder abzuhauen. Sonst drehe ich den Spieß um und stalke Sie.“

 

Einen kurzen Augenblick lang sah es so aus, als würde die Frau wirklich die Flucht ergreifen, doch dann begriff sie, dass das keinen Sinn machen würde und hob resigniert die Hände: „Bitte glaube Sie mir, ich wollte das nicht. Es tut mir so leid, aber ich hatte keine andere Wahl.“

 

Hanna wollte sie schon anschreien und ihr sagen, dass sie sich ihre billigen Ausreden sonst wo hinstecken sollte, als sie sah, dass der Frau tatsächlich Tränen über die Wange liefen ehe sie leise weitersprach: „Jetzt ist sowieso schon alles egal. Mein Leben ist eh vorbei. Bitte geben Sie mir wenigstens die Gelegenheit Ihnen alles zu erklären. Mein Name ist übrigens Maria, Maria Rosenheim.“

 

Misstrauisch sah Hanna die Frau an, die sich gerade als Maria vorgestellt hatte. Konnte sie ihr ihre Verzweiflung wirklich glauben oder führte sie sie nur an der Nase rum.

 

Aus einem Anflug von Mitleid und auch aus dem Impuls der Neugier heraus antwortete Hanna schließlich: „Gut, ich gebe Ihnen die Gelegenheit mir die ganze Sache zu erklären. Ich warte in dem kleinen Café hier an der Straße auf Sie. Ich gebe Ihnen zwanzig Minuten um dort aufzutauchen. Sollten Sie mich verarschen, dann komme ich wieder und bringe die Polizei mit und dann sind Sie nicht nur Ihren Job los.“ Maria nickte kleinlaut: „Ich werde da sein, versprochen.“

 

Tatsächlich betrat Maria pünktlich das Café und setzte sich zu Hanna an einen kleinen Tisch in einer ruhigen Ecke. Wütend blickte Hanna sie an: „Ich höre.“

 

Zögerlich sagte Maria: „Zuallererst sollte ich Ihnen wohl erzählen, dass Sie eine Zwillingsschwester haben.“

 

Hanna schnappte nach Luft: „Ich wusste, dass das hier Zeitverwendung ist. Ich hätte mich gar nicht darauf einlassen sollen mich mit Ihnen zu treffen. Nur zu Ihrer Information: Ich bin ein Einzelkind und habe garantiert keine Zwillingsschwester. Also was soll der Mist. Ich habe einen Freund bei der Polizei und wenn Sie jetzt nicht sofort mit der Wahrheit rausrücken, dann rufe ich ihn direkt an und Sie bekommen jede Menge Schwierigkeiten, das schwöre ich Ihnen.“ Drohend hielt Hanna Maria ihr Handy unter die Nase, doch diese blieb bei ihrer Aussage: „Das ist die Wahrheit und ich kann es auch beweisen.“

 

Maria zog ihrerseits ihr Handy aus ihrer Tasche. „Ihr wirkliches Handy“, dachte Hanna, „nicht das mit dem sie mich gestalkt hat.“

 

„Schauen Sie sich dieses Foto an,“ Maria hielt Hanna das Handy hin, ehe sie weitersprach: „das ist Penny!“ Ungläubig starrte Hanna das Foto an.

 

Es zeigte eine junge Frau und diese Frau sah genauso aus wie Hanna. Es gab nur zwei offensichtliche Unterschiede zwischen Hanna und der Person auf dem Foto. Die Frau trug im Gegensatz zu Hanna keine Brille und außerdem waren ihre Haare viel länger als die von Hanna, die diese schulterlang trug. Aber ansonsten hatte Hanna das Gefühl in einen Spiegel zu schauen.

 

Absolut geschockt flüsterte Hanna: „Das kann doch nicht sein, was hat das zu bedeuten? Bitte Maria, ich muss wissen, was hier los ist.“

 

Dann begann Maria Hanna die ganze Geschichte zu erzählen. Maria und Penny hatten sich vor etwa zehn Jahren in Berlin in einem Bordell kennengelernt. Beide waren zu diesem Zeitpunkt achtzehn Jahre alt, gezeichnet und enttäuscht vom Leben.

 

Maria war nach dem Tod ihrer Mutter vor ihrem tyrannischen Vater geflüchtet und Penny war mit sechzehn Jahren aus dem Kinderheim abgehauen in dem sie seit ihrer Geburt lebte. Genau wie Maria war sie nach ihrer Flucht auf der schiefen Bahn geraten, was beide dazu zwang, ihren Lebensunterhalt auf eine sehr unkonventionelle Weise zu bestreiten.

 

Schnell freundeten Maria und Penny sich an, obwohl sie sehr unterschiedliche Ansichten von ihrer Zukunft hatten. Penny schien ihr derzeitiges Leben in gewisser Weise akzeptiert zu haben. Maria hingegen war fest entschlossen ihr Schicksal nicht zu akzeptieren.

 

Bis spät in die Nacht arbeiteten sie im Bordell und tagsüber ging sie zur Schule. Nach einem langen Weg, der immer wieder von Rückschlägen geprägt war, schaffte Maria es mit viel Mühe, Ehrgeiz und Fleiß schließlich tatsächlich dem Bordell den Rücken zu kehren.

 

Penny gefiel Marias Strebsamkeit und der Wunsch auf ein anderes Leben überhaupt nicht. Für sie kam Marias Ehrgeiz, dem Bordell zu entkommen, in gewisser Weise einem Verrat gleich. Als Maria dann eines Tages auch noch ihren jetzigen Mann Stefan kennenlernte und sich Hals über Kopf in ihn verliebte, bekam die Freundschaft zwischen Maria und Penny immer mehr Risse. Nachdem Stefan beruflich die Gelegenheit bekommen hatte nach Hamburg zu gehen und er Maria fragte, ob sie mit ihm gehen wollte, musste sie nicht lange überlegen. Dadurch versetzte Maria der Freundschaft zwischen den beiden Frauen den Todesstoß.

 

Das dachte Maria jedenfalls, doch vor ein paar Wochen meldete sich Penny dann überraschend bei ihr und verkündete, dass sie in Hamburg wäre und sie sich unbedingt mit Maria treffen wollte.

 

Maria freute sich sehr über Pennys Anruf und war natürlich sofort bereit, sich mit ihr zu treffen. Penny erzählte ihr, dass sie tolle Neuigkeiten hatte und dass sich auch ihr Leben bald zum Besseren wenden würde. „Du errätst nie, wer vor ein paar Monaten im Bordell aufgetaucht ist. Mein alter Heimleiter Markus aus dem Kinderheim, in dem ich aufgewachsen bin. Angeblich ist er nur ganz zufällig in unserem Bordell gelandet, aber habe wirklich schon immer gewusst, dass er scharf auf mich ist.“ Penny zwinkerte Maria zu.

 

Amüsiert erwiderte diese: „Ok, das ist ja eine interessante Neuigkeit, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass du den weiten Weg von Berlin nach Hamburg gekommen bist, nur um mir das zu erzählen.“

 

„Das stimmt, nicht, es gibt nämlich noch ein unglaubliches Geheimnis, was Markus in einem schwachen Moment ausgeplaudert hat.“ Neugierig beugte Maria sich vor: „Mach es nicht so spannend. Sag schon, was hat er dir erzählt?“

 

„Trommelwirbel bitte“, Penny trommelte mit ihren Fingern auf die Tischplatte: „Es sieht wohl so aus, als wäre ich nicht alleine aus der Gebärmutter meiner Mutter geschlüpft. Stell dir vor, ich habe eine Zwillingsschwester!“

 

Ungläubig schaute Maria sie an: „Ist das dein Ernst?! Das ist ja echt heftig.“ „Ja und weißt du was ich noch erfahren habe? Meine liebe Zwillingsschwester lebt hier in Hamburg.“

 

Obwohl Maria zugeben musste, dass sie für einen kurzen Moment etwas enttäuscht war, dass Penny nicht wegen ihr nach Hamburg gekommen war, siegte ganz schnell die Freude darüber, dass Penny endlich etwas über ihre Familie herausgefunden hatte: „Deshalb bist du also hier. Das ist ja großartig. Hast du schon Kontakt zu ihr aufgenommen?“ „Nein und das werde ich auch nicht. Meine Zwillingsschwester, ihr Name ist übrigens Hanna, darf nie erfahren, dass es mich gibt.“

 

Verwirrt sagte Maria: „Warum das denn? Willst du sie denn nicht kennenlernen? Vielleicht weiß sie mehr über eure Eltern.“ „Nein“, erwiderte Penny bestimmt, „und das ist im Moment auch nicht wichtig. Viel wichtiger ist allerdings der Gefallen, den du mir tun musst. Du musst Hanna beobachten. Du musst alles über ihren Tagesablauf herausfinden. Ob sie einen Freund hat, verheiratet ist, wo sie arbeitet, wer ihre Freunde sind. Solche Sachen halt. Ihre Wohnanschrift habe ich schon rausgefunden, der Rest liegt an dir.“

 

Belustigt antwortete Maria: „Warum sollte ich das machen? Ich stalke doch nicht deine Zwillingsschwester. Wenn du etwas von ihrem Leben wissen möchtest, dann nimm doch einfach Kontakt mit ihr auf.“

 

Schlagartig änderte sich Pennys Mine und ihre Stimme wurde eisig: „Hanna wird nicht erfahren, dass es mich gibt und du wirst mir die Informationen beschaffen die ich benötige oder sag bloß, du hast deinem geliebten Göttergatten und seiner Familie mittlerweile von deiner dunklen Vergangenheit erzählt?! Wenn du dich nicht traust, dann könnte ich das auch gerne für dich übernehmen.“

 

Ungläubig starrte Maria Penny an: „Du erpresst mich?! Nach allem was wir miteinander durchgestanden haben? Ich dachte wir sind Freundinnen.“ Scheinheilig erwiderte Penny: „Das sind wir doch und deshalb tust du mir ja auch diesen kleinen Gefallen. Aber ich fürchte, wenn du dich weigerst, dann können wir keine Freundinnen mehr sein und wenn wir keine Freundinnen mehr sind, gibt es auch keinen Grund für mich, deine Geheimnisse für mich zu behalten.“

 

Tränen füllten Marias Augen, als sie an das Treffen mit Penny zurückdachte und sie sagte zu Hanna, die sie mittlerweile duzte: „Verstehst du jetzt, warum ich das tun musste? Ich hatte keine andere Wahl.“

 

Stirnrunzelnd rührte Hanna in ihrem Kaffee und erwiderte: „Ich verstehe das trotzdem alles nicht. Wenn Penny dir tatsächlich die Wahrheit erzählt hat und sie meine Zwillingsschwester ist, dann kann das ja nur bedeuten, dass meine Eltern mich adoptiert haben. Warum haben Sie mir nie ein Sterbenswörtchen davon gesagt.“

 

Mittleidig sah Maria Hanna an: “Ich weiß, dass du sie auch nicht mehr danach fragen kannst. Das tut mir übrigens sehr leid.“

 

„Schon ok, spar dir dein Mitleid. Aber genau aus diesem Grund muss ich mit Penny sprechen. Ich habe keine Großeltern mehr und meine Eltern waren beide Einzelkinder, wahrscheinlich ist Penny neben dem Heimleiter die einzige Person, die die Wahrheit kennt bzw. sich an die Wahrheit erinnert. Ich gehe nicht davon aus, dass du den Nachnamen von diesem Markus kennst oder noch besser ihn sogar persönlich kennst, oder?“

 

„Es tut mir leid Hanna, ich kenne den Heimleiter nicht. Ich weiß nicht mal, in welcher Stadt geschweige denn in welchem Kinderheim Penny aufgewachsen ist. Sie wollte nie darüber reden.“

 

„Und genau deshalb muss ich mir Penny sprechen. Du musst mir sagen, wo ich sie finden kann.“ Entschlossen antwortete Maria: „Das kann ich dir einfach nicht sagen. Ich weiß, dass Stefan mich auch lieben würde, wenn er von meiner Vergangenheit wüsste. Dennoch hat er eine einflussreiche Familie und ich weiß, dass die Beziehung zwischen uns seiner Mutter von Anfang an ein Dorn im Auge war. Sie würden alles dafür tun, dass Stefan sich von mir trennt. Wenn sie von meiner Vergangenheit wüsste, dann hätten sie endlich etwas Konkretes in der Hand.“ Ein paar Sekunden schwieg Maria und zupfte nervös an einer Serviette, ehe sie fortfuhr: „Penny hat sich verändert. Ich weiß nicht warum, aber irgendwie habe ich das Gefühl, sie trägt etwas Böses in sich. Es tut mir leid, aber ich kann dir nicht helfen.“

 

Entschlossen erwiderte Hanna: „Was willst du jetzt machen? Was willst du Penny erzählen, warum du ihr keine Fotos mehr von mir liefern kannst oder meinst du, ich lasse mich weiterhin von dir beschatten? Es muss doch einen Grund für Pennys Verhalten geben. Bestimmt täuscht du dich und sie ist nicht böse, sondern hat einfach nur Angst vor einem Treffen mit mir. Vielleicht schämt sie sich dafür, wie sie ihr Geld verdient und denkt ich würde es nicht verstehen. Aber das ist Unsinn. Ich möchte einfach nur von ihr wissen, warum sie sich so verhält und warum wir nicht vernünftig miteinander reden können. Du willst doch garantiert dein ruhiges Leben nicht verlieren und ich will die Wahrheit über meine Vergangenheit erfahre. Also sollten wir zusammenarbeiten und uns überlegen, wie wir rausbekommen, was hier gespielt wird. Ich würde vorschlagen, dass ich zuerst nochmal alle Unterlagen meiner Eltern genau durchgehe. Ich habe sie in einer Kiste bei mir im Büro gelagert. Sollte ich dort nichts finden, werde ich ein paar alte Freunde und Bekannte meiner Eltern kontaktieren. Wenn ich wirklich adoptiert bin, dann muss das doch jemand wissen. Sowas kann man doch nicht verheimlichen. Du hingegen musst Penny bei Laune halten und sie unauffällig befragen. Vielleicht liefert sie dir ja doch noch ein paar Anhaltspunkte für ihr Verhalten.“

 

Nach einigem Hin und Her ließ Maria sich schließlich widerwillig auf Hannas Vorschlag ein. Die beiden Frauen beschlossen, sich zwei Tage später wieder in dem Café zu treffen um sich über ihre gewonnenen Erkenntnisse auszutauschen.

 

Als sie sich zwei Tage später wieder mit Maria in dem Café traf, war Hanna ziemlich frustriert. In den Unterlagen ihrer Eltern fand sich nicht der geringste Hinweis auf eine Adoption. Alles sah ganz normal aus und auch auf ihrer Geburtsurkunde konnte Hanna nichts Ungewöhnliches feststellen. Ihre beiden Eltern waren als leibliche Eltern eingetragen. Die Gespräche mit alten Freunden und Bekannten ihrer Eltern brachte Hanna ebenfalls kein Stück weiter, ganz im Gegenteil, alle Freundinnen ihrer Mutter bestätigten Hanna, dass ihre Mutter definitiv mit ihr schwanger gewesen war.

 

Also blieb ihr als letzte Möglichkeit nur noch der Besuch ihrer Mutter im Demenzzentrum. Alzheimerpatienten lebten oft in der Vergangenheit, vielleicht würde Hannas Mutter ihr ja bei konkreter Nachfrage dieses große Geheimnis verraten. Vorausgesetzt es gab überhaupt ein Geheimnis.

 

Am Donnerstag macht Hanna sich daher nach der Arbeit auf den Weg zu ihrer Mutter. Als Hanna das Zimmer, das ihre Mutter im Demenzzentrum bewohnte, betrat, saß sie wie so oft auf einem Stuhl am Fenster und starrte nach draußen. Langsam näherte Hanna sich und sagte leise: „Hallo Mama, ich bin es, Hanna. Wie fühlst du dich heute?“

 

Hannas Mutter zeigte keinerlei Reaktion und starrte weiterhin aus dem Fenster ohne dabei aber anscheinend irgendetwas wahrzunehmen.  

 

Hanna seufzte. Ihre Mutter schien keinen guten Tag zu haben. Trotzdem hatte Hanna das Bedürfnis mit ihr zu sprechen und so erzählte sie ihr alles über das Stalken von Maria bis hin zu der Tatsache, dass es eine Frau gab, die Hanna zum Verwechseln ähnlich sah und die noch dazu behauptete ihr Zwillingsschwester zu sein. „Mama, ich möchte doch nur von dir wissen, ob ich adoptiert worden bin. Es ist ok. Ich bin dir auch ganz sicher nicht böse.“

 

Als Hanna nun hochblickte, sah sie überrascht, dass ihre Mutter sie direkt anblickte. Tränen liefen ihr über die Wangen, als sie leise flüsterte: „Caroline ist tot.“ Mehr sagte Hannas Mutter nicht, sondern wandte sich erneut dem Fenster zu und entglitt wieder in ihre eigene Welt.

 

Hannas Herz raste, verzweifelt versuchte sie von ihrer Mutter zu erfahren, was sie damit gemeint hatte und wer Caroline war. Nach einer halben Stunde gab Hanna es jedoch endgültig auf. In dem Moment in dem Hannas Mutter dem Satz ausgesprochen hatte, hatte sie so klar gewirkt, doch seitdem brachte sie kein weiteres Wort mehr raus. Hanna fürchtete, dass sie sich die Klarheit ihrer Mutter nur eingebildet hatte und Caroline wahrscheinlich bloß eine Figur aus irgendeiner Seifenoper war, die ihre Mutter so liebte.

 

Umso größer war die Hoffnung, dass Maria etwas rausgefunden hatte, aber auch diese musste Hannas Hoffnungen im Keim ersticken: „Ich konnte leider keine Erkenntnisse gewinnen, ganz im Gegenteil. Penny war ziemlich angepisst, dass ich ihr keine neuen Fotos und Informationen geliefert habe. Ich habe ihr gesagt, dass du außer arbeiten und Sport in den letzten Tagen nichts Besonderes unternommen hast und ich deshalb auch keine Fotos habe. Ewig kann ich sie so aber nicht hinhalten. Hast du nicht wenigstens irgendwelche Hinweise auf eine Adoption finden können. Es müssen doch Dokumente darüber existieren.“

 

Entmutigt antwortete Hanna: „Nein, absolut nichts. Außer meiner Geburtsurkunde, auf der meine Eltern als leibliche Eltern eingetragen sind, habe ich nichts gefunden. Alle Bekannte und Freunde meiner Eltern schwören mir, dass meine Mutter mit mir schwanger war. Aus lauter Verzweiflung habe ich sogar versucht mit meiner Mutter zu sprechen. Doch alles was ich aus ihr herausbekommen konnte war: „Caroline ist tot“.

 

Ungläubig sah Maria Hanna an: „Was hast du gerade gesagt? Caroline ist tot?“

 

„Ja, das hat sie gesagt. Ich habe diesen Namen aber noch nie gehört. Meine Mutter bringt in ihrem Zustand oft Realität und Fiktion durcheinander. Wahrscheinlich war sie gerade einfach nur tieftraurig darüber, dass eine der Darstellerinnen ihrer heißgeliebten Seifenoper den Serientod sterben musste.“

 

Aufgeregt beugte Maria sich ein Stück vor: “Mir sagt der Name aber was. Vor ein paar Wochen war ich bei Penny in ihrer Wohnung, die sie derzeit hier bewohnt. Dort ist mir ein kleiner Stein aufgefallen, der auf ihrem Sideboard lag. Auf diesem Stein war der Name Caroline geschrieben und ein Herz gemalt.“

 

Hanna schnappte nach Luft: „Ist das dein Ernst? Das kann doch kein Zufall sein.“

 

„Das denke ich auch nicht. Du musst nochmal mit deiner Mutter sprechen. Sie muss dir Antworten liefern.“

 

„Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass das etwas bringt. Sie lebt schon lange in ihrer eigenen Welt. Selbst wenn sie mir etwas sagt, dann sind das Informationen, die in ihrem verdrehten Gedächtnis haften geblieben sind. Da muss noch lange nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben.“

 

Hanna dachte ein paar Sekunden nach, ehe sie weitersprach: „Es tut mir leid Maria, ich weiß ich bringe dich damit in Schwierigkeiten, aber es gibt nur eine Lösung. Ich muss und werde jetzt mit Penny sprechen.“

 

„Da muss ich dich leider enttäuschen, Penny ist zurzeit nicht in Hamburg. Sie sagte mir, dass sie heute ein paar Dinge in Berlin regeln muss.“ Maria schwieg einen Augenblick und sagte dann: “Vielleicht sollten wir die Tatsache, dass Penny in Berlin ist zu unserem Vorteil nutzen. Ich weiß, dass sie früher immer akribisch Tagebuch geführt hat und ich würde mal vermuten, dass sie das immer noch macht. Wenn wir Glück haben, hat sie es nicht mir nach Berlin genommen und es liegt in ihrer Wohnung.“

 

Panisch blickte Hanna Maria an: „Du meinst wir sollen bei Penny einbrechen. Das ist doch verrückt.“ Maria grinste: „Vielleicht müssen wir das gar nicht. Penny ist ein ziemlich chaotischer Mensch. Früher hat sie andauernd ihren Wohnungsschlüssel verbummelt und sich regelmäßig ausgesperrt. Deshalb hatte sie sich etwas überlegt. Sie hatte einen Türkranz vor ihrer Wohnungstür hängen, der auf der Rückseite eine kleine Ausbuchtung hatte, in dem sie einen Ersatzschlüssel für den Notfall deponiert hatte. Zufällig hängt so ein ähnlicher Kranz auch an ihrer jetzigen Wohnungstür hier in Hamburg.“

 

„Du meinst also, wir sollen einfach so in Pennys Wohnung spazieren und diese nach Hinweisen durchsuchen? Das kommt mir ziemlich riskant vor.“

 

„Du bist doch diejenige, die Antworten haben will, oder? Meiner Meinung nach ist das die schnellste Art um etwas herauszufinden.“

 

Je länger Hanna darüber nachdachte, desto mehr musste sie Maria zustimmen. Die Tatsache, dass Penny nicht in Hamburg war und sie sich ohne wirklich einbrechen zu müssen Zutritt zu ihrer Wohnung verschaffen konnten, sollten sie nicht ungenutzt verstreichen lassen.

 

Hanna konnte es einfach nicht fassen, vor einer Woche noch kreisten ihre Gedanken ausschließlich um solche Sachen wie die Menüauswahl und die Tischverteilung bei ihrer Hochzeit und jetzt schmiedete sie mit einer nahezu fremden Frau Pläne um unauffällig eine Wohnung zu durchsuchen.

 

Hanna und Maria beschlossen kurz nach Hause zu fahren um sich umzuziehen und sich dann um 21 Uhr an der S-Bahn-Station Horneburg zu treffen, da sich Pennys Wohnung nur ein paar Gehminuten von dieser Station entfernt befand.

 

Zum Glück lag die Station etwa außerhalb und war um diese Uhrzeit nicht so gut besucht, so dass Hanna Maria, die kurze Zeit vor ihr dort angekommen war, schnell entdeckte.

 

Unsicher ging Hanna auf Maria zu: „Machen wir das jetzt wirklich?“ Maria hingegen schien keinerlei Skrupel zu haben. Es schien eher den Anschein zu haben, als erlebte sie endlich mal wieder ein Abenteuer: „Ja, wir ziehen das jetzt durch. Stell dir einfach vor es wäre ein Spiel. So eine Art Schnitzeljagd.“ „Ich hasse Spiele“, entgegnete Hanna, ehe sie Maria folgte.

 

Ein paar Minuten später erreichten sie das Gebäude in dem sich Pennys Wohnung befand und traten auf die Eingangstür zu. „Tolles Spiel, Maria. Die Eingangstür ist verschlossen. Wir kommen also nicht mal ins Gebäude. Game over.“

 

Hanna wollte sich schon wieder umdrehen und ihr Vorhaben als gescheitert erklären, als Maria sie zurückhielt: „Lebst du eigentlich hinterm Mond? Sag mir nicht, du hast nicht mal wenigstens im Fernsehen gesehen, wie man in so ein Hochhaus reinkommt.“ Dann drückte Maria wahllos auf einige Knöpfe auf dem großen Klingelschild neben der Eingangstür. Nachdem mehrmals ein „Hallo“ aus der Gegensprechanlage ertönte wurde schließlich auch der Türsummer aktiviert und Maria stieß schnell die Tür auf. Grinsend drehte sie sich zu Hanna um: „Eh voilá!“

 

Pennys Wohnung befand sich im ersten Stock und Maria hatte tatsächlich recht gehabt mit ihrer Vermutung. Sie drehte den Türkranz um und hielt ein paar Sekunden später einen Schlüssel in der Hand. Schnell schloss sie die Tür auf und die beiden Frauen verschwanden unbemerkt ins Innere.

 

Die Wohnung war sehr klein. Vom dunklen Flur ging nur ein Badezimmer und ein weiterer Raum ab. Dieser Raum diente sowohl als Schlafzimmer, Wohnzimmer, Arbeitszimmer und Küche. Deshalb entdeckte Hanna auch sofort das kleine Sideboard auf dem der Stein lag, den Maria ihr beschrieben hatte. Vorsichtig nahm sie ihn in die Hand. Tränen füllten ihre Augen. Maria sah sie verwundert an: „Was ist los?“

 

„Dieser Name – Caroline – den hat meine Mutter geschrieben. Siehst du wie das „C“ und das „r“ in altdeutscher Schrift geschrieben wurden? Das ist eindeutig die Handschrift meiner Mutter. Ich versteh das alles einfach nicht. Ich wünschte so sehr, ich könnte mit ihr darüber sprechen.“

 

Mitleidig drückte Maria kurz Hannas Schulter ehe sie sagte: „Aber weil du das nicht kannst, müssen wir Pennys Tagebuch finden. Also los jetzt, fangen wir an zu suchen.“

 

Tatsächlich dauerte es nicht lange bis Maria einen kleinen Freudenschrei ausstieß.

 

Sie hatte Pennys Kleiderschrank unter die Lupe genommen und ganz hinten im Schrank einen kleinen Koffer entdeckt. In diesem Koffer lagen mehrere Tagebücher. „Ich habe sie gefunden!“, aufgeregt setzte Maria sich mitsamt der Tagebücher auf Pennys Bett und nachdem Hanna sich zu ihr gesellt hatte, fuhr sie fort: „Wir sollten strukturiert vorgehen. Fangen wir am besten an dem Tag an, an dem Penny sich das erste Mal mit mir getroffen hat. Vielleicht bringt uns das schon weiter.“ Hanna nickte und Maria blätterte zu dem entsprechenden Datum zurück.

 

 

 

24. März 2019

 

Heute habe ich den ersten Schritt getan, um meinen Plan endlich in die Tat umzusetzen. Ich habe mich mit Maria getroffen. Seitdem Markus mir von meiner Familie erzählt hat, wollte ich nur dazugehören. Ich wollte nur wieder bei meiner Zwillingsschwester und unseren Eltern sein. Dort gehörte ich doch schließlich hin. Doch mein Vater hat mir diese Chance zum zweiten Mal verwehrt. Aber jetzt, da er tot ist, habe ich endlich die Gelegenheit das zu bekommen, was mir zusteht. Ich habe alles genau durchdacht und wenn ich mich ausreichend vorbereitet habe, dann kann nicht schiefgehen. Ich werde ein großartiges Leben haben…“

 

 

 

Die beiden Frauen waren wie gebannt von den Seiten des Tagebuches, sodass sie nicht mitbekamen, wie leise die Wohnungstür geöffnet wurde und eine Frau durch den kleinen Flur Richtung Wohnraum schlich.

 

Erst als Penny das Wort direkt an sie richtete, fuhren Hanna und Maria erschrocken zusammen: „Hallo Maria. Das ist ja eine Überraschung. Weißt du, nachdem wir uns das letzte Mal getroffen haben, ahnte ich, dass irgendetwas nicht stimmte und du etwas im Schilde führst. Aber das du mit dieser kleinen Schlampe unter einer Decke steckst, hätte ich nicht gedacht.“

 

Immer noch zutiefst entsetzt von Pennys plötzlichen Auftauchen sagte Maria nur: “Ich dachte, du wärst heute in Berlin!“

 

Sarkastisch erwiderte Penny: „Und ich dachte wir wären Freundinnen. Aber wie gesagt, dein merkwürdiges Verhalten hat mich stutzig gemacht. Also habe ich beschlossen deine Loyalität zu testen. Dazu brauchte ich nicht mehr als die kleine Lüge, dass ich heute nach Berlin fahren würde und eine versteckte Webcam in meiner Wohnung und siehe da, du tappst mir direkt in die Falle.“

 

Schuldbewusst warf Maria Hanna einen Blick zu. Hanna formte ein lautloses „Schon ok“ in Marias Richtung bevor sie sich an Penny wandte: „Gib nicht Maria die Schuld dafür. Sie hat doch mit der ganzen Sache hier eigentlich nicht zu tun und ich möchte doch nur wissen, was hier los ist und warum du nicht einfach mit mir sprichst, sondern mich stattdessen ausspionieren lässt.“

 

Wütend funkelte Penny Hanna an: „Vielleicht weil du dreckige Schlampe mein Leben zerstört hast.“

 

Pennys unverschämten Worte ließen Hanna ebenfalls wütend werden und sie erwiderte: „Wie bitte schön soll ich denn dein Leben zerstört haben. Ich wusste ja noch nicht einmal, dass es dich gibt oder dass ich adoptiert worden bin.“

 

Bitter erwiderte Penny: „Du wurdest nicht adoptiert meine Liebe.“ „Aber wie können wir dann Schwestern sein? Das ergibt doch keinen Sinn.“

 

Resigniert verdrehte Penny die Augen: „Also gut, du wirst ja eh keine Ruhe geben. Dann erzähl ich dir halt, was unser Vater für ein Arschloch war. Ja, ich weiß, was du jetzt sagen willst, dich hat er immer wie eine Prinzessin behandelt. Schon klar. Nur leider hatte er keinen Bock auf zwei Prinzessinnen. Denn während er dir den Himmel auf Erden bereitet hat, hat er mich wie Abfall weggeworfen. Aber am besten fange ich von vorne an. Geboren wurde ich, genau wie du liebe Hanna, am 24. August 1992 als Caroline Martha Schmidt. Mein Pech war leider nur, dass ich um 8.15 Uhr und du um 8.10 Uhr geboren wurdest. Als unser Vater das unsere Mutter Zwillinge erwartete, hat er beschlossen, dass er keinen Bock darauf hat, zwei Mäuler zu stopfen also musste er eine von uns loswerden. Aber wie trifft man in so einem Fall die richtige Entscheidung welches dieser Blagen man loswird? Für unseren Vater wir die Lösung ganz einfach. Die Erstgeborene durfte bleiben und die Nr. 2 musste gehen. Ihm war natürlich bewusst, dass unsere Mutter das niemals zugelassen hätte, aber wie der Zufall es so wollte, gab es in der Klinik, in der wir geboren wurden einen Arzt, der unserem Vater anscheinend noch einen Gefallen schuldig war. Der Arzt erklärte mich nach der Geburt offiziell für Tod, unser Vater fand einen korrupten Heimleiter, der mich ohne groß Fragen zu stellen in seinem Kinderheim aufnahm und schon war sein Problem gelöst. Frag mich nicht, wie er es hinbekommen hat, aber er hat es außerdem geschafft unsere Mutter davon zu überzeugen, nie zu erwähnen, dass du eigentlich noch eine Zwillingsschwester hattest. Wahrscheinlich hat er ihr irgendeinen Mist darüber erzählt, dass sie nie über meinem Tod hinwegkommen würde, wenn sie dauernd jemand auf ihre tote Tochter ansprechen würde und dass sie sich doch auf ihr lebendes Kind konzentrieren muss. Auf jeden Fall hat so niemand von mir erfahren und unsere Eltern gaben sich nach unserer Geburt nur als stolze Eltern von einer wunderschönen Tochter aus. Dass ich allerdings eines Tages die Wahrheit herausfinden würde, damit hat unser Vater wohl nicht gerechnet. Du hättest sein Gesicht sehen sollen, als ich plötzlich vor seiner Tür aufgetaucht bin.“

 

Hanna schnappte nach Luft: „Du warst bei uns Zuhause und hast mit unserem Vater gesprochen? Aber warum weiß ich davon nichts.“

 

Jetzt lachte Penny hysterisch: „Unser Vater war verständlicherweise überhaupt nicht begeistert mich zu sehen. Hatte er doch gerade unsere Mutter in ein Demenzzentrum gesteckt und dich schon gut versorgt bei diesem reichen Macker gesehen. Da passte es ihm natürlich gar nicht, dass seine abgebrannte Prostituiertentochter vor der Tür stand. Aber weißt du Hanna, ich wollte doch gar kein Geld oder sowas. Ich wollte nur zu meiner Familie zurück. Hätte er gesagt, dass es ihm leid täte, dass er es jeden Tag bereuen würde, mich damals wegegeben zu haben, dann hätte ich ihm verzeihen können. Ganz bestimmt Hanna, das musst du mir glauben. Leider zeigte unser Vater aber nicht das kleinste bisschen Reue, ganz im Gegenteil. Denn statt mich zu dir oder zu unserer Mutter zu bringen, wie er es mir versprochen hatte, brachte er mich zu einem kleinen abgelegenen Friedhof. Dort führte mich zu einer kleinen Grabstelle und sagte: „Als meine Frau immer mehr in die Demenz abzugleiten drohte, da hat sie manchmal im Traum von ihrer Tochter Caroline gesprochen. Da habe ich diese kleine Grabstelle gekauft und sie oft hierhergebracht, damit sie einen Ort zum Trauern hat.“

 

Ich dachte mir, dass das eine sehr schöne Geste ist, die unser Vater für unser Mutter gemacht hatte und dass er dieses Grab jetzt nicht mehr brauchen würde, da ich ja jetzt da bin. Doch dann sagte er mit einer festen Stimme und ohne jede Emotion: „Du bist nicht meine Tochter, du warst es nie und du wirst es auch niemals sein. Für mich liegst du in diesem Grab. Du bist für mich gestorben. Also verschwinde aus meinem Leben und wage es ja nicht, hier noch einmal aufzutauchen, sonst wirst du es bitter bereuen.“ Mit diesen Worten ließ er mich auf dem Friedhof stehen.“

 

„Auf der Grabstelle lag der Stein von unserer Mutter mit deinem Namen drauf, oder?“ Hanna deutete traurig auf das Sideboard, wo sie den Stein wieder hingelegt hatte. „Caroline das tut mir alles so leid, aber ich verspreche dir, dass ich dich nicht zurückweisen werde. Ich werde dir helfen.“ 

 

Pennys Stimme wurde lauter, als sie sagte: „Mein Name ist nicht Caroline, schon lange nicht mehr. Nachdem ich aus dem Kinderheim abgehauen bin, habe ich den Namen für immer abgelegt. Seitdem heiße ich Penny, aber auch diesen Namen werde ich nicht mehr lange tragen müssen. Als ich da so an diesem leeren Grab stand und den Stein in meiner Hand hielt, da kam mir eine Idee. Warum solltest du eigentlich immer nur die diejenige sein, die auf der Sonnenseite des Lebens stand. Ich bin ja schließlich auch mal dran und alles, was dafür nötig war, war es unseren lieben Vater aus dem Weg zu räumen.“

 

Verständnislos stieß Hanna aus: “Was meinst du damit, ihn aus dem Weg zu räumen? Unser Vater ist an einem Herzinfarkt gestorben.“ Wieder lachte Penny hysterisch: „Ich habe ein paar Nachforschungen angestellt und die Tatsache, dass er an einem schwachen Herzen litt, kam mir sehr zugute. Stell dir vor Schwesterherz, ich habe viele Bekannte, die nichts Gutes im Schilde führen und somit war es ein Leichtes, mir eine Spritze mit einem Medikament zu beschaffen, das bei einem schwachen Herzen ganz leicht einen Herzinfarkt auslösen kann.“

 

Entsetzt schrie Hanna:“ Du hast unseren Vater umgebracht?! Wie konntest du das nur tun. Ich werde jetzt sofort die Polizei rufen.“

 

Erst in diesem Augenblick realisierten Hanna und Maria das große Messer, das Penny anscheinend die ganze Zeit hinter ihrem Rücken versteckt hatte. Dieses Messer richtete sie jetzt drohend auf Hanna.

 

„Das würde ich an deiner Stelle mal schön bleiben lassen. Ich habe dir doch gesagt, dass ich einen Plan habe und der beinhaltet sicher nicht, mich verhaften zu lassen.“ Vorsichtig ließ Hanna ihr Handy sinken, das sie eilig aus ihrer Hosentasche gezogen hatte.

 

Maria, die inzwischen etwas abseits von Hanna und Penny stand, sah Penny eindringlich an: „Was soll das Penny? Das bist doch gar nicht du. Was hast du nur vor?“ Penny wandte sich Maria zu: „Weißt du, eigentlich wollte ich dich in diese Sache hier gar nicht mit reinziehen. Du solltest nur Hannas Leben für mich dokumentieren, ihre Alltagsgewohnheiten, wer ihre Freunde sind, was sie so für Sachen mit ihrem Verlobten unternahm. Solche Dinge halt. Damit es mir später leichter fallen würde, ihr Leben zu übernehmen. Aber du hast dich von Hanna um den Finger wickeln lassen,“ bevor Penny weitersprach, wandte sie sich wieder an Hanna, „es reichte dir wohl nicht, mir mein Leben zu stehlen. Du musstest auch noch versuchen mir meine Freundin zu nehmen. Dafür liebe Hanna musst du allerdings leider jetzt sterben.“

 

„Was“, schrien Hanna und Maria gleichzeitig aus. Maria sah Penny flehend an: “Penny, das kannst du doch nicht wirklich wollen. Das ist verrückt. Dir ist doch klar, dass du damit niemals durchkommen wirst.“ Penny lachte: „Und wie ich das werde. Ich hätte natürlich gerne noch etwas mehr Zeit gehabt um mich besser vorbereiten zu können. Dann hätte ich mich perfekter in Hannas Leben einfinden können, aber es wird schon gehen. Da du mir Hanna so schön auf dem Präsentierteller serviert hast, werde ich es gleich hier erledigen. Danke Maria jedenfalls für deine Hilfe. Du bist mir immer eine gute Freundin gewesen. Genau genommen sogar die einzige Freundin, die ich im Leben wirklich hatte. Es tut mir leid, dass du jetzt ansehen musst, wie Hanna das Zeitliche segnet, aber wenn ich erstmal meinen rechtmäßigen Platz eingenommen habe, dann können wir wieder richtige Freundinnen sein. Wenn ich Richard geheiratet habe, dann werden wir dafür sorgen, dass unsere Männer sich auch anfreunden. Stell dir vor Maria, wir vier zusammen. Das wird super.“

 

Hanna und Maria sahen Penny ungläubig an und Maria sagte leise: „Penny, bitte, sei doch vernünftig. Das kannst du nicht machen.“

 

Fast mitfühlend blickte Penny Maria an: „Ich weiß, du willst immer nur das Richtige tun, aber manchmal gibt es halt keinen anderen Weg, als erstmal etwas Falsches zu machen, damit daraus dann etwas Richtiges entsteht.“

 

Penny war Maria noch einen liebevollen Blick zu ehe sie sich abrupt wieder an Hanna wandte und sie zornig anfunkelte: „Du hast mir mein Leben gestohlen und es wird an der Zeit, es mir endlich wiederzuholen.“

 

Wahnsinn blitzte plötzlich in Pennys Augen auf und sie hob entschlossen das Messer in der Absicht sich auf Hanna zu stürzen.

 

Dann ging alles blitzschnell. Hanna versuchte Pennys Attacke auszuweichen. Da sie aber noch immer auf Pennys Bett saß, hatte sie keine Chance der Attacke schnell genug auszuweichen.

 

Maria schrie, als sie bemerkte, dass Hanna es auf keinen Fall schaffen würde, sich schnell genug in Sicherheit zu bringen. Maria sah nur einen Ausweg um Hannas Leben zu retten. Ohne darüber nachzudenken stürzte sie los und schob sich somit zwischen Hanna und ihre Angreiferin. Penny, die das Messer ausgestreckt vor ihrem Oberkörper hielt und schnellen Schrittes auf Hanna zu rannte, sah entsetzt, wie Maria sich zwischen sie und Hanna warf. Sie versuchte in ihrer Bewegung innezuhalten, konnte aber nicht mehr stoppen und rammte Maria das Messer ungebremst in den Bauch.

 

Ungläubig fing Penny Maria auf, als diese in ihren Armen zusammenbrach und schrie: „Maria, nein! Warum hast du das gemacht. Ich wollte dich doch nicht verletzten. Warum hast du das nur gemacht.“

 

Maria war mittlerweile blutüberströmt auf den Boden gesunken.

 

Penny war außer sich. Sie konnte nicht fassen, was sie ihrer einzigen Freundin da gerade angetan hatte. Sie ließ das blutige Messer fallen, kniete sich neben Maria, streichelte ihr immer wieder über den Kopf und flüsterte leise weinend: „Das wollte ich nicht. Du bist doch meine Freundin. Maria bitte, verzeih mir.“

 

Maria krümmte sich vor Schmerzen, hielt sich die unaufhörlich blutende Wunde und gab rasselnde Atemgeräusche von sich.

 

Sekundenlang war Hanna wie betäubt und starrte auf die brutale Szene, die sich gerade vor ihren Augen abgespielt hat. Doch schließlich setzte ihr Verstand langsam wieder ein. Ihr Überlebensinstinkt schrie sie regelrecht an, dass sie die Wohnung sofort verlassen und sich in Sicherheit bringen sollte, doch Hanna konnte Maria nicht einfach dort zurücklassen. Schließlich hatte diese gerade ihr Leben für sie riskiert.

 

Penny schien Hanna allerdings auch gar nicht mehr wahrzunehmen, sie hatte nur noch Augen für die schwer verletzte Maria.

 

So brachte Hanna erstmal die Tatwaffe außer Reichweite von Penny, ehe sie die Polizei und einen Krankenwagen rief.

 

Dann kniete Hanna sich ebenfalls neben Maria und flüsterte: „Halte durch Maria, bitte halte durch. Der Krankenwagen ist unterwegs. Alles wird gut.“

 

 

 

Zwei Wochen später:

 

 

 

Langsam öffnete Hanna die Tür zum Krankenzimmer und trat leise ein.

 

Als Maria sie entdeckte, strahlte sie Hanna freudig an: „Ich hatte so gehofft, dass du mich besuchen würdest.“

 

Verlegen erwiderte Hanna: „Es tut mir leid, dass ich nicht schon eher gekommen bin. Aber irgendwie musste ich die ganze Sache erstmal für mich auf die Reihe bekommen.“

 

„Das kann ich sehr gut verstehen. Nach der ganzen Geschichte wollte und konnte ich Stefan und seine Familie nicht weiter anlügen. Ich habe ihm und auch seiner Familie die Wahrheit über meine Vergangenheit erzählt und stell dir vor sie haben sich nicht von mir abgewandt. Natürlich ist Stefans Mutter alles andere als begeistert von meiner Vergangenheit, aber andererseits hat mir auch gesagt, dass sie sehr viel Respekt vor mir hat, dass ich es aus eigener Kraft geschafft habe meine Zukunft zu verbessern. Für ihre Verhältnisse ist das eines der größten Komplimente, die man bekommen kann und Stefan und ich sind uns jetzt noch näher als je zuvor.“

 

Hanna drückte Marias Hand: “Das freut mich so sehr für dich.“

 

Schuldbewusst sah Maria Hanna an; „Deshalb wollte ich mich auch nochmal bei dir entschuldigen. Hätte ich nicht soviel Angst davor gehabt, Stefan die Wahrheit zu sage, dann wäre es wahrscheinlich alles gar nicht so weit gekommen. Wenn ich nicht so damit beschäftigt gewesen wäre meine eigene Haut zu retten, hätte ich vielleicht eher erkannt was Penny vorhatte und ich hätte sie irgendwie aufhalten können. Es tut mir alles so leid.“

 

„Erstens glaube ich nicht, dass du Penny von ihrem Plan hättest abhalten können. Unser Vater hat sie mit seinem Verhalten unheimlich verletzt und dadurch krank gemacht. Wenn du ihr nicht geholfen hättest, dann hätte sie sich irgendetwas anderes überlegt. So oder so hätte sie niemand von ihrer Idee abhalten können. Ich hoffe sehr, dass man ihr in der Psychiatrie helfen kann und sie irgendwann versteht wie falsch ihr Vorhaben war. Und zweitens würde ich dir eh alles verzeihen. Immerhin hast du mir mit einer ziemlich beeindruckenden Superhelden-Aktion das Leben gerettet.“

 

Lachend nahmen die beiden Frauen sich in dem Arm und waren sich dabei beide ganz sicher, dass dieses Ereignis sie für immer zu Freundinnen gemacht hatte!

 

5 thoughts on “Das verpasste Leben

  1. Tolle Geschichte, gefällt mir richtig gut. Dein Schreibstil ist gut und flüssig zu lesen, mit sehr vielen Dialogen, die du klasse geschrieben hast. Ich war gespannt, wohin das ganze führen wird. Als ich dann von der Schwester las, konnte ich mir ein wenig denken, was diese vorhatte. Aber die Beweggründe und was damals war, haben mich schon ein wenig geschockt und sie tat mir sogar leid. Die Parameter hast du gut umgesetzt und ich lasse ein ❤ sehr gerne hier.
    Schau doch mal auf wir_schrieben_zuhause vorbei, da sind viele, die an diesem Projekt beteiligt waren. Dort kannst du deine Geschichte vorstellen und noch vieles mehr 😊
    Liebe Grüße frechdachs

  2. Moin Naty,

    schöne Geschichte die du uns hier präsentierst hast. Nicht wirklich eine KURZgeschichte, aber wenn man sich darauf einlässt, wird man nicht enttäuscht.

    Dein Schreibstil ist locker und souverän. Deine Geschichte lässt sich gut lesen und ist sehr unterhaltsam. Deine Dialoge sind super angelegt und toll skizziert.

    Man spürt deine Liebe zum Schreiben. Deine erste Geschichte? Mach auf alle Fälle weiter.

    Ich kann mich dem frechdachs nur anschließen. Die Gruppe ist klasse und genau das richtige für solche Geschichten wie deine, die gut sind, aber zu wenig Beachtung finden.

    Mein Like lass ich dir gerne da und wünsche dir alles Gute für’s Voting.

    LG Frank aka leonjoestick ( Geschichte: Der Ponyjäger)

    1. Hallo Frank,

      danke für deine lieben Worte. Ich habe mich wirklich sehr darüber gefreut. Ich habe schon immer gerne “für mich” geschrieben, aber dies ist meine erste wirkliche Geschichte und darum freue ich mich umso mehr über deinen Kommentar. Ich bin schon gespannt darauf deine Geschichte zu lesen.

      Liebe Grüße Naty

  3. Hej Naty,
    sehr schöne Geschichte. Man kann sie gespannt lesen und es wird auf keinen Fall langweilig. Wirklich kaum zu glauben, dass es deine erste Geschichte ist.
    Auf jeden Fall genau dein Ding; also weitermachen!! Alle Daumen hoch von mir!!! VLG Britta81

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