wquell24Der Sohn

Dieses Jahr zeigte sich der Oktober von seiner besten Seite. Als Tajana kräftig am Gashahn zog, heulte der Motor ihrer Yamaha laut auf, während die Bäume am Straßenrand nur so vorbeiflogen.

Motor an, Kopf aus.

Alles verschwamm in einem Farbenmeer aus Rot-, Gelb- und Brauntönen, angestrahlt von der tief stehenden Nachmittagssonne. Doch das war Tajana gerade völlig egal.

Rattatatatatt – das Antiblockiersystem.

Sie hatte nur Augen für den zusammengequetschten, qualmenden roten Haufen, der –laut ihrem Rückspiegel- links hinter ihr an einem Baum klebte.

Als ihr der Golf entgegenkam, war er schon viel zu schnell für diese Kurve. Der Mann hinter dem Steuer wirkte schon fast erschrocken, als sich ihre Blicke kurz vor dem Aufprall kreuzten.

OK, jetzt ganz ruhig.

Nachdem Tajanas Hände nach der Vollbremsung nicht mehr verkrampft waren und sie sich etwas beruhigt hatte, drehte sie um. Adrenalin schoss durch ihren Körper.

Von nun an funktionierte sie nur noch. Als Krankenschwester in der Notaufnahme wusste sie, was zu tun war. Da war ihr Urlaub völlig nebensächlich.

An der Unfallstelle angekommen, stellte sie ihre Maschine an den Straßenrand, warf ihren Helm zur Seite und suchte hektisch nach ihrem Telefon. Ihre Finger zitterten vor Aufregung, als sie es in der Innentasche ihrer Jacke endlich gefunden hatte.

Scheiße, kein Netz!

Tajana eilte hastig zur Fahrertür: „Hallo! Hallo, können Sie mich hören?“ –Stille im Wageninneren.

Sie öffnete mit einem Ruck die Tür. Erst jetzt wurde ihr das ganze Ausmaß des Aufpralls bewusst. Der Kopf des Mannes war blutüberströmt. Das Hemd klebte ihm klitschnass auf der Brust – allerdings nicht nur vom Schweiß.

Er wird verbluten!

Seine Körperhaltung ließ Tajana schaudern. Schief und irgendwie in sich verdreht saß der ältere Mann zusammengerollt in seinem Sitz. Und doch kam er ihr vertraut vor.

Immerhin Puls hat er noch.

Tajana versuchte es noch einmal: „Hallo! Wenn Sie mich hören können, geben Sie mir bitte ein Zeichen!“

Plötzlich riss der Mann die Augen auf und bewegte seine linke Hand langsam zur Brusttasche seines Hemdes, an der ein Namensschild mit der Aufschrift „Achim“ hing.

„Achim? OK, Achim hören Sie mir zu. Sie dürfen sich auf keinen Fall bewegen! Hilfe ist unterwegs!“ Tajana wusste, dass dies nicht stimmte, aber sie wollte mit diesem Satz sich und vor allem Achim beruhigen.

Er entgegnete ihr nur ein mühsames Stöhnen. Seine Kräfte schienen zu schwinden. Dennoch kramte er etwas aus seiner Tasche und drückte es ihr in die Hand – ein Handy!

„Achim, was …“ Weiter kam Tajana nicht. Er unterbrach sie:

„Du wirst bald sterben, Tajana. Finde ihn, bevor er dich

findet!“

Das waren Achims letzte Worte.

***

War das gestern wirklich passiert?

Als Tajana ihre Beine aus dem Bett hievte, wünschte sie sich, es wäre nur ein schlechter Traum gewesen. Aber warum lag dann das Handy, an dem noch etwas von Achims Blut klebte, auf ihrer Kommode?

Ihr wurde übel. Sie hatte gestern Nachmittag tatsächlich Achims Leiche zurückgelassen und ist einfach nach Hause gefahren.

Aber Tajana war so schockiert über die Nachricht des Fremden, dass sie nicht anders konnte.

Du wirst bald sterben, Tajana.

Woher kannte er ihren Namen? Was hatte er gewusst, was sie nicht wusste? Achim war in einer Ausnahmesituation gewesen. Sicherlich hat er nur wirres Zeug geredet. Aber was wenn nicht? Was, wenn wirklich jemand Tajana umbringen wollte?

Bei dem Gedanken daran, zog sich ihr Magen noch mehr zusammen. Sie hatte das Gefühl, nur das Handy könnte sie an weitere Informationen bringen. Aber eigentlich wollte sie es nicht mehr anfassen. Tajana wollte einfach nur mit der Sache abschließen.

Was tue ich hier eigentlich?

Es war eh schon zu spät. Wahrscheinlich würde man sie morgen als Mörderin verhaften, da man ihre DNA am Unfallort gefunden hatte.

Also setzte sich Tajana an ihren Esszimmertisch, das Handy direkt vor sich liegend. Ihr Puls beschleunigte sich.

Mit einem Tastendruck erweckte sie das Smartphone zum Leben. Ein blauer Bildschirm leuchtete sie an, auf dem sich lediglich die Uhrzeit und der Akkustand in großer weißer Schrift abzeichneten.

Zum Entsperren wischen.

Mit zittrigem Finger folgte sie der simplen Anweisung auf dem Display. Doch was Tajana dann erblickte, ließ ihren Atem stocken.

Das war sie selbst, als sie gerade ihr Haus verlassen hatte und zu ihrem Motorrad ging. Und noch ein Bild, auf dem sie in einer Nahaufnahme gerade aus dem Krankenhaus kam.

Oh mein Gott!

Ihr Herz bebte vor Aufregung. Aber es wurde noch schlimmer.

Plötzlich zeigte das Handy ein kleines Mädchen im Vorschulalter mit einer Zahnlücke genau neben dem linken Schneidezahn. Das war Tajana!

Ihre Hände begannen zu zittern. Sie waren nass und kalt.

Nun war auf einmal Achim zu sehen, wie er auf einer Parkbank saß. Es folgte ein Bild von einem Mehrfamilienhaus mit genauer Adresse:

Achim Richter

Dorfstraße 34C

06237 Leuna/ OT Dölkau

 

Hatte Achim Tajana gestalkt? Aber warum waren dann auch ähnliche Bilder von ihm auf seinem Telefon?

Ein kalter Schauer lief Tajana über den Rücken. Mittlerweile zitterte sie am ganzen Körper.

Das kann doch alles nicht wahr sein!

Sie musste sich ablenken, so viel stand fest. Also brühte sie sich eine heiße Tasse Kaffee auf und beschloss erst einmal die morgendliche Zeitung zu durchstöbern.

Aber Ablenkung fand sie damit keine. Ganz im Gegenteil:

Der große Artikel auf Seite zwei stach ihr direkt ins Auge. Vor Schreck verschüttete sie ihren Kaffee über dem halben Tisch.

„Parkhausschlägerei Nova Eventis – Täter flüchtet, weiterer Mann verletzt in Uni-Klinik“

Doch weniger die Überschrift zog Tajana an, sondern der rote Golf im Hintergrund des Bildes mit der grünen Kofferraumklappe. Das war eindeutig Achims Auto!

Was ist dein Geheimnis, Achim? Wieso beobachtest du mich und mit wem und warum prügelst du dich in einem Parkhaus?

Doch der Einzige, der ihr auf all diese Fragen eine Antwort geben konnte, war bereits tot.

Moment mal…

„Ulli!“ Na klar! Das war Tajanas Chance, um an mehr Informationen zu gelangen. Ihre beste Freundin und langjährige Kollegin Ulrike (von allen nur Ulli genannt) würde Bescheid wissen, wer gestern ins Krankenhaus eingeliefert wurde.

Also griff Tajana nach ihrem eigenen Handy und wählte schleunigst die Nummer von Ullis Mobiltelefon.

Düüt…düüt…düüt. Komm schon Ulli geh ran!

Tajana wollte gerade auflegen, als es am anderen Ende der Leitung knackte: „Hallo? Tajana, was gibt’s?“

„Ulli, du musst mir einen Gefallen tun.“

„OK, und was bekomme ich dafür?“, witzelte Ulrike. „Bitte Ulli, ich meine es ernst.“

„Na gut, war doch nur ein Spaß, du Spielverderber. Also was kann ich für dich tun?“

„Ich weiß, es klingt komisch, aber kannst du für mich herausfinden, ob gestern ein Parkhausschläger eingeliefert wurde?“, entgegnete Tajana. „Äh ja, klingt komisch, lässt sich aber einrichten.“, bemerkte Ulli etwas verwirrt, „Ich ruf dich gleich zurück.“

***

Während Ulli sich erkundigte, konnte auch Tajana nicht still sitzen und einfach bloß warten. Folglich zückte sie ihr Handy erneut, und gab den Namen „Achim Richter“ in die Suchzeile ihres Browsers ein. Sofort ploppten zahlreiche Anzeigen von Ärzten, Anwälten und Co. auf. Aber das war nicht, wonach sie suchte. Sie verfeinerte ihre Anfrage:

„Achim Richter Nova Eventis“.

Schon bei dem ersten Treffer stieg das Gefühl von Unwohlsein wieder in ihr auf. Zu sehen war ein Bild von Achim auf dem er exakt dasselbe Hemd trug, wie gestern im Auto. Zögernd klickte Tajana auf den blau leuchtenden Link.

Sie wurde weitergeleitet zur Internetseite des Nova Eventis, einem großen Einkaufszentrum direkt an der A9. Hier fand Tajana eine Liste aller Geschäfte, die dort ansässig waren.

Sie scrollte über den Bildschrim, bis sie wieder Achim erblickte. Neben ihm war der Name des Unternehmens genannt, von dem er offensichtlich der Chef war: „Hot Dog Bude“.

Deshalb war Achim im Parkhaus. Aber wer war sein Kontrahent?

Gerade als sich Tajana diese Frage stellte, klingelte ihr Telefon. Erschrocken, so als hätte man sie bei etwas Verbotenem ertappt, nahm sie Ulli’s Anruf an:

„Und, hast du was herausgefunden?“

„Ja, hier in der Akte steht, dass gestern ein gewisser Achim Richter offensichtlich nach einer Schlägerei eingeliefert wurde. Ich weiß noch, der wollte nicht lange bleiben. Hat sich gleich wieder selbst entlassen.“

Tajana wurde kreidebleich im Gesicht.

Dann ist er womöglich schon angeschlagen Auto gefahren und hat deswegen den Unfall gebaut.

„Hallo? Bist du noch dran?“, erkundigte sich Ulli. Daraufhin meldete sich Tajana wieder zu Wort: „Ja entschuldige. Weißt du auch, wann er eingeliefert wurde?“

„Am Nachmittag so gegen 15 Uhr. Sag mal, wieso willst du das eigentlich alles wissen?“

Tajana zögerte, bevor sie antwortete: „Weil dieser Mann mittlerweile tot ist und mir prophezeit hat, dass ich auch bald sterben werde.“

Erneut verkrampfte sich ihr Magen. Tajana ging einfach nicht aus dem Kopf, dass Achim ihr so bekannt vorkam.

„Was erzählst du da? Hast du dir den Kopf gestoßen oder bist du mit dem falschen Bein aufgestanden?“, Ulli war jetzt gänzlich verwirrt.

Wenn es doch nur das wäre.

„Nein, Ulrike kannst du nach Dienstschluss vielleicht einfach bei mir vorbeikommen?“

„Klaro. Bin in ‘ner halben Stunde da.“, Ulli wusste, wenn Tajana sie bei ihrem richtigen Namen nannte, dann ist es wirklich etwas Ernstes.

***

„OK, nochmal langsam. Dieser Achim hat dir das Handy gegeben und ist danach verstorben?“, Ulli konnte die Geschichte immer noch nicht glauben, die ihr Tajana nun schon zum zweiten Mal erzählt hatte.

„Ja so war es. Er hat sich offensichtlich nach der Arbeit mit jemandem im Parkhaus beim Nova geprügelt, wurde dann in die Uni-Klinik eingeliefert und hat anschließend den Unfall gebaut.“ Während Tajana antwortete, bebte ihre Stimme. Sie atmete tief ein und wieder aus. Währenddessen versuchte Ulli verständnisvoll zu klingen: „Hey beruhig‘ dich. Das war nur ein Spinner, der dir Angst einjagen wollte. Der war schon im Krankenhaus so komisch, als er sein schwarzes Muskelshirt nicht ausziehen wollte. Hatte wohl Angst, ich würde ihm was abgucken.“

Tajanas Herz schien einen kurzen Moment stehen zu bleiben. „Was hast du da gerade gesagt?“

„Äh, dass er Angst hatte…“ Tajana unterbrach sie. „Nein, nein davor. Was hatte er an?“

„Ein schwarzes Muskelshirt, wieso? Soll ich dir lieber von seinen kurzen, braunen Locken erzählen oder doch der Augenfarbe?“, begann Ulli erneut witzig zu werden. Doch Tajana hörte ihr schon gar nicht mehr zu. Sie griff sofort zu dem fremden Handy, entsperrte es und hielt es Ulli direkt vor’s Gesicht. „Hey, was soll…“

„Hast du diesen Mann gesehen? War er im Krankenhaus?“, fragte Tajana völlig außer sich.

Ulli war ganz bestürzt: „Nein und komm‘ mal runter. Wer soll das überhaupt sein?“

„Das ist Achim, der Mann der jetzt tot ist.“

„Ich weiß ja nicht, wer das dann in der Notaufnahme war, aber er definitiv nicht“, beteuerte Ulli.

Finde ihn, bevor er dich findet.

Tajana wurde kalt am ganzen Körper. Sie spürte, wie ihr Herz in ihrem Brustkorb pulsierte.

„Dann war das vielleicht doch kein Unfall und jemand hat Achim im Parkhaus aufgelauert und wollte auch ihn umbringen!“ Als Tajana diesen Satz aussprach, wurde auch ihr auf einmal die Gefahr für sie selbst bewusst. Sie bekam Gänsehaut.

„OK, das reicht. Ich rufe jetzt die Polizei“, sagte Ulli, während sie zu ihrem Telefon griff.

Aus Tajana schoss es nur so heraus: „Nein, keine Polizei! Ich will nicht, dass man uns verhaftet oder gar für verrückt erklärt.“ Ulli steckte ihr Handy wieder in die Hosentasche. „Wir müssen die Sache selbst in die Hand nehmen und herausfinden, was es mit Achim auf sich hatte. Irgendeine Verbindung besteht zwischen mir und ihm. Sonst würde uns nicht jemand umbringen wollen.“

Finde ihn, bevor er dich findet.

Ulli brauchte einen Moment, um das ganze zu verarbeiten. Schließlich fragte sie: „OK, und was schlägst du jetzt vor?“

„Wir fahren zu Achims Haus. Mal sehen, wen wir dort antreffen.“

***

Als die beiden mit Ullis altem BMW M3 auf der B181 stadtauswärts fuhren und gerade die A9 überquerten, verdunkelte sich langsam der Himmel. Es würde wohl bald regnen.

Nachdem sie das Nova Eventis passiert hatten, bog Ulli auf eine schmalere Straße nach rechts ab, die sie schließlich nach Dölkau führte. Die ganze Fahrt über herrschte eine gespenstische Stille im Wagen. Erst jetzt meldete sich Tajana zu Wort: „Stell‘ dein Auto hier ab. Den Rest laufen wir lieber.“ Ulli gehorchte.

Als Tajana ausstieg, fingerte sie noch einmal Achims Handy aus ihrem Rucksack und verglich das Bild mit dem Mehrfamilienhaus am Ende der Straße. „Dorfstraße 34C. Da hinten ist es.“

Vor dem Haus angekommen, kam sich Tajana völlig fehl am Platz vor. Auch Ulli verkniff sich eine blöde Bemerkung, als sie etwas aufgeregt ihren Daumen auf das Klingelschild presste.

Auch nach mehrmaligem Versuchen zeigte sich immer noch keine Reaktion. Ulli begann sich etwas umzusehen, als sich plötzlich ein Fenster im ersten Stock öffnete: „Zu wem wollt ihr zwei Beiden denn?“ Eine ältere Dame, vermutlich Mitte 70, wenn man nach den Falten und den grauen Haaren ging, sprach zu ihnen. „Zu Achim Richter. Wir sind Freunde von ihm“, antwortete ihr Ulli.

„Freunde? Also Achim hat mir noch nie erzählt, dass er Freunde hat. Er hat ja noch nicht einmal Familie.“, erklärte die Frau, „Außerdem ist er eh nicht da. Die Polizei war heute Morgen bei mir: er hatte einen Autounfall.“

Tajana schritt ein: „Hören Sie, wir wissen, dass er einen tödlichen Unfall hatte. Allerdings glauben wir, dass es gar kein Unfall war, sondern ihn jemand umbringen wollte.“

„Können wir vielleicht reinkommen?“, wendete sich auch Ulli an die ältere Dame. „Na schön.“ Daraufhin summte die Eingangstür.

***

„Wisst ihr, Achim lag mir sehr am Herzen. Er hatte ja sonst niemanden außer mir. Seit er hier eingezogen war, verhielt er sich immer sehr zurückhaltend aber dennoch stets freundlich. Ich wüsste nicht, wer ihm etwas Böses wollte. Er hatte das Herz einfach am rechten Fleck.“ Achims Nachbarin flossen die Tränen übers Gesicht, während Ulli und Tajana in ihrem Wohnzimmer dicht beieinander auf der Couch saßen. „Wenn das wirklich stimmt, was ihr da sagt, dann hoffe ich, dass ihr seinen Mörder findet. Er muss dafür bestraft werden!“

„OK, haben Sie vielleicht einen Zweitschlüssel für seine Wohnung? Wir müssten uns da mal umsehen“, erklärte ihr Ulli.

„Das nicht. Aber Achim hat einen unter seiner Fußmatte vor der Eingangstür.“

Perfekt.

„Sie wissen gar nicht, wie dankbar wir Ihnen sind.“ Mit diesen Worten verabschiedete sich Tajana von der älteren Dame und ging die Treppe rauf in den zweiten Stock, wo Ulli bereits die Tür geöffnet hatte.

Als Tajana ihren Fuß über die Schwelle hob, stieg ihr ein Geruch von altem, massivem Holz in die Nase. Achims Wohnung war sparsam möbliert, aber dennoch irgendwie gemütlich.

Sie betätigte den Lichtschalter und begann sich im Wohnzimmer umzusehen, während Ulli die Küche unter die Lupe nahm.

Tajana war etwas mulmig zu Mute, da ihr immer noch nicht aus dem Kopf ging, wie bekannt ihr Achims Gesichtszüge vorkamen.

Sie versuchte den Gedanken abzuschütteln, indem sie zahlreiche Schubläden und Schränke öffnete, in der Hoffnung irgendeinen Hinweis zu finden.

„Also die Alte war schon irgendwie komisch, oder? Noch zehn Minuten länger hätte ich nicht bei ihr auf dem Sofa si…“ Tajana hörte nur noch ein lautes Rumpeln, als Ulli plötzlich verstummte. „Ulli? Alles ok? Wo bist du?“, fragte Tajana ängstlich und rannte auf den Flur.

Ulli meldete sich wieder: „Hier hinten im Schlafzimmer. Mir geht’s gut. Bin nur gestolpert.“

Als Tajana das kleine Zimmer am Ende des Flures erreichte, entdeckte sie auch den Grund für Ullis Sturz: ein Dielenbrett ragte aus dem Fußboden. Nachdem sie Ulli aufgeholfen hatte, hoben die beiden gemeinsam das Brett an. Alles, was sie fanden, war ein alter, bereits vergilbter Zeitungsartikel und ein Schlüssel. „Hat man hier nicht normalerweise sein Erspartes versteckt?“, fragte Ulli. Doch als Tajana das qualmende Haus und das Datum sah, zog es ihr förmlich den Boden unter den Füßen weg. Sie musste sich an der Kommode stützen, so übel wurde ihr.

05.03.1991

„Alles ok bei dir? Was ist denn los?“ Ulli war ganz überrascht von der heftigen Reaktion. Tajana musste sich erst sammeln, bevor sie sprechen konnte: „Ich kannte Achim doch!“ „Wie bitte?“ Ulli verstand nun gar nichts mehr. Mit zittriger Stimme fuhr Tajana fort: „Er hat früher der Mutter von meinem besten Kindergartenfreund geholfen. Immer wenn ich zum Spielen bei Ruben war, war Achim auch da…bis zum 5. März 1991.“

Ulli hatte den Artikel bereits überflogen und wusste, dass an diesem Tag eine verrostete Gasleitung im Keller des Hauses zur Explosion führte. „Oh mein Gott! Seine Mutter ist dabei ums Leben gekommen“, stellte Ulli fest. Tajana wirkte in sich gekehrt und nickte nur schweigsam.

Bisher hatte Tajana die Erinnerungen an diesen Tag und auch an Ruben erfolgreich verdrängt. Doch nun ereilte sie eine ganze Welle an Bildern in ihrem Kopf. Sie begann zu weinen.

„Hey, ich wusste nicht, dass dich das so hart mitnimmt, entschuldige. Willst du darüber reden?“ Tajana wischte sich eine Träne von der Wange und schluchzte: „Nein ist schon OK. Denkst du, der Schlüssel könnte an Rubens Elternhaus passen?“

Ulli hob den Schlüssel vom Boden auf und betrachtete ihn kritisch. „Ist etwas klein, könnte aber durchaus gehen.“ Das bekräftigte Tajanas Entschluss: „OK gut. Ich hoffe dein BMW hat noch genug Sprit im Tank, denn wir fahren jetzt nach Thüringen und probieren, ob er passt.“

***

Während sie auf der A9 Richtung Süden unterwegs waren, setzte der Regen ein. Tajana wusste nicht, was sie in dem kleinen Ort hinter Rudolstadt erwarten würde. Das machte ihr Angst.

Finde ihn, bevor er dich findet.

Wieso besaß Achim einen Schlüssel für das Haus? Hatte der Parkhausschläger etwas damit zu tun?

Mittlerweile wurde es dunkel. Während Ulli die Autobahn verließ und auf eine Landstraße wechselte, wurde Tajana das Gefühl nicht los, verfolgt zu werden. Ihr Magen verkrampfte sich erneut. Ulli erkannte Tajanas Unbehagen: „Hey, alles gut bei dir? Du bist so blass?“

„Ja, ich brauche glaube ein wenig Ablenkung. Kannst du das Radio doch anmachen?“, bat Tajana. „Ja klar!“ Ulli ging gern auf Tajanas Wünsche ein, da sie sie noch nie in so einem Zustand erlebt hatte. Also drehte sie an den Knöpfen herum bis laute Musik zu hören war.

…I’m on the Highway to Hell…

Tajana war Erschrocken von den plötzlichen Klängen, aber ihr Humor war das definitiv nicht.

„Schalt das aus! Sofort!“, befahl sie Ulli. Diese fingerte hektisch am Radio und fand vor Aufregung nicht gleich den richtigen Knopf.

Endlich! Stille.

Tajana wollte sich gerade beruhigen, als vor ihnen in der Dunkelheit ein schwarzer Pkw am Straßenrand auftauchte. „Pass auf!“ Ulli hatte sich wohl immer noch zu sehr auf das Radio konzentriert. Doch dank Tajanas Warnung konnte sie noch rechtzeitig bremsen und ausweichen. „Ach du meine Güte! Wer parkt den bitte hier draußen und noch dazu ohne Licht?“ Ullis Herz pochte, so als wäre sie gerade einen Marathon gelaufen. Tajana hielt sich verkrampft an ihren Gurt fest.

„Weißt du was? Ich glaube es ist besser, wenn wir das Radio auslassen“, schlug Ulli vor. Auch Tajana fand ihre Sprache wieder: „Ja das denke ich auch.“

***

Als sie nach drei Stunden ihr Ziel erreicht hatten, wurde der Regen kräftiger. Es schüttete wie aus Eimern. Ulli stieg zuerst aus dem Wagen aus und wurde von völliger Dunkelheit umhüllt. Tajana brauchte noch einen Moment, bevor auch sie, mit Taschenlampe bewaffnet, das Auto verließ.

Zu Rubens Elternhaus führte ein schmaler Pfad, gesäumt von Büschen und kleineren Bäumen. Das Haus am Ende des Weges wirkte verlassen und einsam. Im Dunkeln waren die Spuren der Explosion kaum zu erkennen.

Als sie näher kamen, zeichneten sich tiefe Risse im Mauerwerk ab. Die Fenster waren zugenagelt. Tajanas Schein der Taschenlampe fiel auf die große Eingangstür. Mit nassen Händen fischte sie den Schlüssel aus ihrem Rucksack und gab ihn Ulli. Diese probierte, damit im strömenden Regen den linken Türflügel zu öffnen. „Mist. Der Schlüssel müsste größer sein und die Tür klemmt.“ „Lass mich mal.“ Tajana wollte gerade übernehmen, als es hinter ihnen im Gebüsch raschelte. „Was war das?“, fragte Tajana und dreht sich hektisch um. Im Lichtkegel der Taschenlampe war nichts zu sehen.

Plötzlich knackte es erneut und ein Fuchs tauchte auf dem schlammigen Pfad auf. Tajana atmete tief durch.

„Na siehst du, da hast du den Übeltäter“, versuchte Ulli sie zu beruhigen, „Lass uns mal nachsehen, ob noch ein anderer Weg ins Haus führt.“

Daraufhin begannen sie, die rechte Seite abzusuchen. „Sieh mal da!“ Ulli entdeckte das einzige nicht verschlossene Fenster zuerst. Mittlereile waren beide völlig durchtränkt vom Regen. Tajana warf ihren Rucksack ab und gab ihn Ulli. „Was hast du vor?“ „Ich werde da durchklettern und dir die Tür von innen aufmachen“, antwortete Tajana entschlossen. „OK, aber pass auf dich auf. Wenn du in fünf Minuten nicht an der Eingangstür bist, rufe ich die Polizei.“

„In Ordnung.“ Ulli half Tajana noch rauf, um das kleine Fenster zu erreichen. Sie hätte da nicht durchgepasst. Tajana war die schlankere von beiden. Mit ihrer Taschenlampe hebelte sie das angekippte Fenster auf und zwängte sich durch die schmale Öffnung. Von nun an war sie auf sich allein gestellt.

Als sie auf den Boden sprang, knickte Tajana mit dem linken Fuß um.

Scheiße! Egal, du musst weiter!

Humpelnd kämpfte sie sich in die Richtung voran, in der sie die Eingangstür vermutete. Hier drinnen roch es modrig und alt, aber auch irgendwie verbrannt.

Doch das einzige was Tajana roch, als sie sich am Türrahmen festhielt, um ins nächste Zimmer zu gelangen, war ein süßlicher Geruch in der Nase, der offenbar von einem Lappen direkt vor ihrem Gesicht kam. Danach wurde sie ohnmächtig.

***

Holz, weiches Holz. Das war das Erste, was Tajana spürte, als sie langsam wieder zu sich kam. Sie öffnete angestrengt ihre Augen und erkannte, dass sie in Sägespänen saß.

„Schön, dass du wach bist, Tajana. Dann kann’s ja endlich losgehen!“ Die Männerstimme sprach von oben zu ihr herab. Tajana musste sich erst orientieren, bevor sie ihn erblickte.

Finde ihn bevor er dich findet.

„Na, erkennst du mich noch?“, fragte der Mann in dem schwarzen Muskelshirt. Das Zimmer – laut Fliesen und Waschbecken offensichtlich das Bad – war nur spärlich beleuchtet, aber Tajana wusste auch so mit wem sie es zu tun hatte: „Ruben!“ „Genau, der bin ich. Schön, dich endlich wiederzusehen. Deine Freundin hab ich auch schon kennengelernt“, sprach Ruben voller Stolz und zeigte zu Tajana ihrer Rechten. Diese hatte immer noch mit den Nachwirkungen des Chloroform zu kämpfen, erkannte aber Ulli zusammengekauert an ein Rohr gefesselt.

Oh Gott, Ulli!

Tajana wollte sich losreißen, doch auch sie war an eine alte Rohrleitung gebunden, die Hände hinter dem Rücken. „Na, na, na. Du kannst doch jetzt noch nicht gehen. Der Spaß fängt doch gerade erst an“, meldete sich Ruben mit einem wahnsinnigem Grinsen im Gesicht.

„Wieso tust du das, Ruben?“ „Du willst also wissen, wieso ich dich umbringen will? Kommst du dir denn gar nicht schuldig vor?“, fragte er, „Fühlst du dich überhaupt nicht mitverantwortlich für den Tod meiner Mutter?“ Diese Frage schrie er ihr regelrecht ins Gesicht. Wieder überkamen Tajana Erinnerungen, diesmal noch stärker, als in Achims Wohnung. Sie versuchte die Tränen zu unterdrücken, doch es gelang ihr nicht.

„Ja richtig. Genau hier in diesem Haus ist meine Mutter vor 28 Jahren wegen dir und Achim gestorben!“ Ruben klang jetzt wirklich wahnsinnig.

Was ist nur aus dir geworden?

„Und nun wirst auch du dafür büßen! Eigentlich sollte hier Achim sitzen und nicht diese Möchtegern-Krankenschwester, aber als er mir gestern begegnet ist, musste ich leider spontan handeln“, erklärte Ruben, „Aber wie ich sehe, hat er es doch tatsächlich noch geschafft, dich zu warnen.“ Während er diese Worte sprach, hielt er ihr das fremde Handy vor’s Gesicht.

Dann war das Rubens Telefon und Achim hat es ihm entwendet!

Ruben fuhr fort: „Du wolltest, dass wir am 5. März 1991 im Keller Verstecken spielten. Doch nachdem uns schlecht wurde, wolltest du ja unbedingt das Waschmittel trinken. Ganz schön dumme Idee was?“ Tajana blieb stumm. Die Bilder in ihrem Kopf überschlugen sich. Aber Ruben redete unbeirrt weiter: „Danach musste uns Achim ins Krankenhaus fahren, weil du schon gekotzt hast. Meine Mutter musste ja wegen ihrer Krankheit zuhause bleiben, da draußen noch die Sonne schien.“ Ruben wirkte kurz nachdenklich.

Xeroderma pigmentosum – die Mondscheinkrankheit, bei der Betroffene nur nachts raus können. Deshalb kam Achim so oft und half Rubens Mutter!

Früher war das Tajana nie bewusst. Erst jetzt verstand sie, warum Rubens Mutter tagsüber immer drinnen blieb. Sie begann zu zittern.

Ruben setzte seine Anschuldigungen fort: „Und weil sie ein schlechtes Gewissen hatte, wollte sie das Waschmittel besser im Keller verstauen. Doch als sie den Lichtschalter auf der Kellertreppe betätigte – BUMM! Der Funke hat ausgereicht, um das Gas zu entzünden.“ Auch Ruben flossen jetzt die Tränen über’s Gesicht. Er verlor völlig die Beherrschung. „Alles nur wegen dir und Achim! Du sollst brennen, wie meine Mutter auch!“ Ruben spuckte ihr die Worte nur so entgegen als er einen Benzinkanister aus der Ecke nahm.

Deswegen die Sägespäne!

Tajana spürte, wie Adrenalin durch ihren Körper schoss. Panik stieg in ihr auf. „Ruben hör zu. Es tut mir schrecklich leid, was damals passiert ist, aber ich schwöre dir, wir konnten nichts dafür. Bitte beruig‘ dich. Wir können das hier klären!“ „Klären?! Was willst du denn noch klären? Meine Mutter ist tot und daran seid ihr Schuld! Ihr habt sie allein gelassen!“ Tränenüberströmt und kreischend verlor er diese Worte bevor er das Benzin über den Sägespänen ergoss. „Nein, Ruben bitte. Wir werden eine Lösung finden.“ Tajana versuchte ihm von seinen perfiden Plan abzuhalten, doch ohne Erfolg. Ruben zückte bereits ein Streichholz, zündete es an und warf es auf den Boden.

Scheiße, nein!

Dank des Benzins wurden die Flammen schnell größer und Tajana musste husten. Als das Feuer schon fast zu ihr vorgedrungen war, drehte sich Ruben um und verließ das Badezimmer mit einem breiten Grinsen. Tajana konnte noch erkennen, wie sich die Flammen in seinen glasigen Augen spiegelten, bevor der Wahnsinn sie ablöste.

Wir müssen hier raus!

„Ulli? Ulli hörst du mich? Bitte, du musst aufwachen!“ – Keine Reaktion. Ulrike war immer noch bewusstlos.

Der kleine Raum sammelte sich mit Rauch und Tajana musste so kräftig husten, dass es ihr im Brustkorb schmerzte. Außerdem kam das Feuer immer näher.

Verdammt!

Es schien ausweglos. Auch das hektische Hin- und Herreißen befreite sie nicht von ihren Fesseln. Sie würden in diesem Haus sterben, so wie Rubens Mutter.

Mittlerweile konnte Tajana die unglaubliche Hitze der Flammen auf ihren Wangen spüren. Sie waren nur noch wenige Zentimeter von ihr und Ulli entfernt. Jeder Atemzug schmerzte noch mehr als der vorherige. Tajana spürte, wie ihr Kopf langsam schwerer wurde und sich ein grauer Schleier vor ihre Augen legte.

Nein…nicht einschlafen…Ulli…Hilfe…

Doch es war bereits zu spät. Sie verlor das Bewusstsein. Alles, was sie noch hörte, bevor sie die tiefe Schwärze der Ohnmacht überwältigte, waren zwei Schüsse.

***

„Hallo Tajana, können Sie mich hören?“ Mühsam versuchte Tajana ihre Augen zu öffnen und gegen das grelle Licht anzukämpfen.

Wo bin ich?

Es gelang ihr, die Augenlider einen winzigen Spalt zu öffnen, so dass sie den Mann im weißen Kittel erkennen konnte. „Machen Sie ganz langsam. Sie sind im Krankenhaus. Man hat Sie gestern Abend zusammen mit einer weiteren Frau hier eingeliefert.“

Tajana versuchte zu sprechen, doch ihr Hals fühlte sich so trocken an, dass sie nur einen Satz herausbrachte: „Wie geht es Ulli?“ „Ihre Freundin liegt auf der Intensivstation. Sie hat eine schwere Rauchvergiftung. Aber sie wird es schaffen“, antwortete der Arzt.

Gott sei Dank!

Tajana wollte am liebsten Aufstehen, doch ein stechender Schmerz zog durch ihr linkes Bein. Auch ihre Lunge brannte immer noch vom eingeatmeten Rauch. „Sie müssen erstmal liegen bleiben. Ruhen Sie sich aus. Später wird noch die Polizei kommen und Ihnen ein paar Fragen stellen zu dem erschossenen Mann, der die Polizisten am Einsatzort mit einer Pistole bedroht hat.“

Ulli hatte es also wirklich geschafft, die Polizei zu rufen!

Mittlerweile konnte Tajana ihre Augen offen halten. Sie hatten sich an das künstliche Licht in dem weißen Zimmer gewöhnt. „Ich wollte Ihnen noch das hier geben. Das hat man  gefunden. Es hat den Brand überlebt.“ Während der Arzt diese Worte sagte, überreichte er Tajana eine kleine silberne Schatulle, die aufwändig verziert war. Danach verabschiedete er sich von Tajana und verließ den Raum.

Tajana setzte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf und versuchte die Schatulle zu öffnen.

Mist. Verschlossen.

Als sie mit ihrem Finger über das kleine Schloss fuhr, fiel ihr der Schlüssel aus Achims Wohnung wieder ein.

Mein Rucksack, ich brauche meinen Rucksack!

Sie blickte sich im Zimmer um und entdeckte ihn auf dem Stuhl neben ihrem Bett. Als sie ihren rechten Arm danach ausstreckte, schmerzte ihr ganzer Körper. Am schlimmsten war es im Brustkorb. Doch sie erwischte ihren Rucksack.

Völlig außer Atem tastete sie nach dem kleinen Schlüssel, bis sie ihn in einer Seitentasche endlich gefunden hatte.

Tatsächlich, er passt!

Als Tajana die Schatulle öffnete, fand sie einen Brief und begann zu lesen:

„Lieber Ruben, wenn du das hier liest, bin ich wahrscheinlich schon tot. Ich habe das Haus deiner Mutter gekauft, um dir das Geld zukommen zu lassen. Ich weiß, das Geld interessiert dich nicht. Du wirst nach mir suchen und mich töten wollen – das habe ich verdient. Nur bitte, lass‘ Tajana da raus. Sie trifft keinerlei Schuld. Ich wusste von der rostigen Gasleitung im Keller und hätte sie schnellstmöglich reparieren sollen, es wenigstens riechen müssen, als ich euch damals hochgetragen habe. Aber das habe ich nicht. Ich wollte es dir schon eher sagen, als ich dich danach im Heim besucht habe. Aber du warst mir und dem Personal gegenüber aggressiv und hast Bilder von brennenden Menschen gemalt, weshalb sie dich in die Psychiatrie gesteckt haben. Ich fühlte mich für dich verantwortlich und wollte dir doch nur helfen. Aber als du mich mit einem heimlich entwendeten Messer verletzt hast und sagtest, ich solle sterben, da hab ich mich von dir abgewandt. Man hat Besuche verboten. Das war ein großer Fehler. Aber da wusste ich noch nicht, wozu du fähig bist. Seit dem Tag, an dem sie dich entlassen haben, warte ich darauf, dass du mich tötest. Ich weiß, du wirst hierher zurückkehren. Deshalb sollst du wissen, dass deine Mutter und ich uns einmal sehr nahe standen – zu nah, um nur Freunde zu sein. Ich komme jedes Wochenende hierher, um bei ihr zu sein. Denn ihr Tod hat mir das Herz gebrochen und für immer grau gefärbt. Die Katastrophe am 5. März 1991 hat mich härter getroffen als dich Ruben. Denn damals habe ich nicht nur deine Mutter verloren, sondern auch dich, mein Sohn.“

2 thoughts on “Der Sohn

  1. Also im ersten Absatz hattest du mich schon mit dem Motorrad :), fahre selbst mit meinem Mann leidenschaftlich gern und kenne das Gefühl “Motor an, Kopf aus” nur zu gut.

    Aber auch sonst hat mir deine Story sehr gut gefallen. Du hast einen tollen Schreibstil und die Handlung spannend aufgebaut. Hoffe du schreibst weiter.
    LG
    Viktoria (“Fesseln”)

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