TauschiDie Auferstehung

 

1

 

Die brütende Mittagshitze des alten Ägyptens röstet die kleine Gruppe, der ich mich angeschlossen habe. Es hat eine gewisse Zeit gedauert Shamal Nazari, dem Anführer der sonderbaren Zusammenstellung, zu überreden, mich an ihrer Unternehmung teilnehmen zu lassen. Den Ausschlag machte sicherlich nicht meine Argumentation, sondern vielmehr das kleine Vermögen, welches ich ihm anbot. Nichtsdestotrotz gehöre ich jetzt dem Team an, welches von Zara Sharpe und Samuel Connor komplettiert wird.

 

Die drei Arbeitskollegen forschen seit zwei Jahrzehnten an einem verschollenen Pharao und stehen kurz vor dem Fund seines Grabes. Ich selbst bin kein Archäologe. Andere würden mich als ein Art von Magier bezeichnen. Ich selbst sehe mich als Verlorener, der zu einer falschen Zeit an einem falschen Ort war. Mein erstes Abenteuer ist der Grund, weshalb sich mein Leben drastisch veränderte. Es war in Rumänien, als ich das Lorbosdicon in die Hände bekam. Hierbei handelt es sich um ein Buch des Okkulten. Es dient als Wegweiser und Aufspürer für das Übernatürliche. Es lässt sich erst lesen, wenn es der Meinung ist, dass die Informationen gebraucht werden, wie es vor ein paar Tagen war, als es sich selbst aufgeschlagen hat und mir die Karte von Ägypten sowie den unbekannten Pharao Saroth zeigte. Die Karte hat mich zu den Archäologen gebracht, die ihr Leben der Suche nach Saroths Totenstätte gewidmet haben.

 

Vor uns liegt ein gewaltiger Sandsturm, der sich nicht von der Stelle zu bewegen scheint. „Hier ist es!“, höre ich den kräftigen Bariton Shamals vor mir ausrufen. Er steigt von seinem Kamel ab und klopft mir auf die Schulter. „Wir müssen in das Auge des Sturms. Deutscher, jetzt bist du dran!“ Das habe ich mir schon denken können. Ich hatte ihm gesagt, dass ich mich um die Fallen kümmern werde. Ich schlage das Lorbosdicon auf und es blättert alleine zu einer leeren Seite. Sie ist anders, als die bisherigen. Es scheint, als bestünde sie aus Papyrus. Hieroglyphen überfallen die Seite. „Mit einem Buch willst diese Naturgewalt aufhalten? Wenn ich nicht lache. Ich habe es euch doch gesagt, unser kleiner Freund hier ist verrückt.“

 

Lass es ihn doch wenigstens versuchen. Wir haben nichts zu verlieren.“

 

Wenigstens halten die anderen beiden mich nicht für vollkommen zurückgeblieben. Ich sehe weiterhin auf die Papyrusseite, nur verstehe ich kein Wort. „Wir sollen einfach durch die Sandmassen laufen? Shamal, ich denke, du hattest recht. Dieser Trittbrettfahrer möchte uns direkt ins Apophis Maul schicken.“

 

Samuel hat mir über die Schulter gesehen und muss die Schriftzeichen übersetzt haben. Apophis, die Schlange des Chaos, die in der Mythologie jede Nacht von Re besiegt werden musste, um die Sonne aufgehen zu lassen. Nach der alten Geschichte geschah dies nachts in der Unterwelt auf Res Sonnenbarke. Nachdem Apophis, mithilfe seines Blickes, die Schiffscrew hypnotisierte, lag es an Seth, den Gott des Verderbens, Apophis zu besiegen, da er der einzige war, der dem Blick standhalten konnte, und die Sonne aufgehen zu lassen.

 

Also müssen wir nur den Gott des Verderbens heraufbeschwören und ihn um Hilfe zu bitten. Dies könnte kompliziert werden. Ich muss wissen, was genau auf dem Papyrus steht.

 

Samuel, könntest du mir bitte genau sagen, was hier geschrieben steht?“

 

Übersetzen lässt es sich ungefähr so:

 

Finde den Weg der Schlange.

 

Warte bis die Sonnenbarke hinab gleitet.

 

Durchschreite das Chaos mit ihr.

 

Entdecke, was du suchst.

 

Leben wirst du nur, wenn du wiedergeboren wirst.

 

Über unseren Köpfen breitet sich eine drückende Stille aus, die von Zaras Worten durchschnitten wird. „Aber, was soll das heißen?“ Die Frage, die in unser allen Köpfen schwebt. „Es scheint ein Rätsel zu sein“, überlege ich laut. „Grabkammern wurden oft mit einem hinterlassen. Wir müssen versuchen es zu lösen, um an unser Ziel zu gelangen.“

 

Schwachsinn!“, brüllt Shamal. „Wir hätten niemals zu lassen sollen, dass du dich uns anschließt.“

 

Hast du denn eine bessere Idee?“, antworte ich ihm barsch.

 

Shamal, wir sollten es wenigstens versuchen. Sonst werden wir dem Sandsturm auch nicht trotzen können“, greift mir Samuel unter die Arme.

 

Also gut, Fremder, dann erzähle uns doch einmal, wie man das entschlüsseln soll.“

 

Wir sollten zuerst Zeile für Zeile betrachten.“

 

Finde den Weg der Schlange“, flüstert Zara vor sich hin. „Apophis lebt in der Duat, der Unterwelt des alten Ägyptens. Re durchquerte nachts die Gewässer der Unterwelt. Vielleicht müssen wir durch die Duat reisen.“

 

Sehr unwahrscheinlich, Zara. Das sind doch alles nur Legenden.“

 

Ein gutes Argument von Samuel. Allerdings muss etwas Wahres an den Ausführungen dran sein. „Was ist, wenn der Weg der Schlange nur eine Metapher ist? Zara hat uns von den Gewässern der Duat erzählt. Es könnte möglich sein, dass wir selbst ein Gewässer finden müssen, wenn nicht gar ein Fluss, der sich schlangenförmig durch die Wüste bewegt?“

 

Ihr solltet euch beeilen, denn die Geier fliegen schon über unseren Köpfen“, wirft Shamal lachend ein. Ich kann ihn nicht mehr hören. Wie konnte einer zum Anführer ernannt werden, der keine weiteren Meinungen akzeptiert, wenn die sich zu seinen unterscheiden? Hoffentlich holen die Geier zu erst ihn. Die Geier… Sie müssen doch auch von etwas leben. „Shamal, du hast es auf den Punkt gebracht. Wenn es hier Vögel gibt, dann muss es in der Gegend auch einen Ort geben, an denen sie Flüssigkeiten zu sich nehmen können. Also los. Wir müssen diesen Ort finden.“

 

Auch wenn ich das für pure Zeitverschwendung halte, sollten wir uns aufteilen, um schneller zu sein. Ich suche mit Zara. Samuel, du kannst dich dem Verrückten anschließen. Wir rufen die anderen, wenn wir etwas entdeckt haben. Auf geht es!“ Wenigstens denkt er noch immer logisch.

 

 

2

 

So kommt es nun dazu, dass wir uns trennen. Shamal und Zara wenden sich links an den Sandsturm vorbei, während Samuel und ich rechts herum gehen. Wir reden kaum, laufen einfach weiter. Die Geier sind aus unserem Sichtfeld verschwunden. „Sag Mal, glaubst du wirklich daran, was in deinem merkwürdigen Buch steht?“, unterbricht Samuel die Stille.

 

Wenn du das erlebt hättest, was mir widerfahren ist, dann bleibt dir gar nichts anderes übrig.“

 

Was ist denn geschehen?“

 

Ich bin in einen Zwischenfall geraten. Sagen wir einfach, ohne dieses Buch hätte es dieses nicht gegeben. Allerdings hat es mir auch mein Leben gerettet. Du musst wissen, dieses Buch ist älter, als der Pharao, nach dem wir suchen. Es beherbergt eine große Macht und in den falschen Händen, kann es zum Untergang dieser Welt kommen.“

 

Wie kann ein denn ein Buch das Leben eines Menschen retten?“

 

Die Information auf einer dieser Seiten hat mir geholfen. Während des Zwischenfalls habe ich mir etwas Gefährliches eingefangen. Da es mich gerettet hat, habe ich mich dazu entschlossen die Magie des Unheils zu bekämpfen.“

 

Und du bist hier, weil dein Buch etwas Unnatürliches über Saroth herausgefunden hat und dich beauftragt hat, zu erforschen, was nicht stimmt. Sehe ich das richtig?“

 

So ähnlich könnte man es beschreiben. Nur solltest du dieses Wissen für dich behalten. Nur Re selbst weiß, was Shamal dazu sagen…“

 

AAHHHH!!!“ Ein markerschütternder Schrei von der anderen Seite des Sturmes durchdringt unsere Fasern und beendet die Unterhaltung.

 

Das war Zara! Sie müssen auf etwas gestoßen sein“, ruft Samuel aus, während wir anfangen zu rennen.

 

Als wir die beiden erreichen, ist unser Schrecken Erleichterung gewichen. Ihnen ist nichts dramatisches geschehen. Während Zara sich die Haare auswringt, versucht sie uns zu erklären, wie es zu diesem Missgeschick und dem Schrei kam: „Ich habe kurz nicht auf den Weg geachtet, da ich die wehenden Sandmassen genauer untersuchen wollte, als der Boden unter meinen Füßen verschwand und ich in den Fluss gefallen bin. Vor Schreck habe ich dann aufgeschrien. Das scheint unsere Schlange zu sein, nicht wahr?“

 

Es scheint der einzige Fluss zu sein. Samuel und ich haben auf der anderen Seite kein Anzeichen von Wasser entdeckt.“

 

Wie geht es denn nun weiter, Fremder? Ich habe keine Lust mehr auf deine Versteckspielchen.“

 

Mir fällt wieder ein, wen ich in der Suchzeit nicht vermisst habe: Shamal. „Komm doch erst einmal runter. Die zweite ging wie folgt: Warte bis die Sonnenbarke hinab gleitet.“

 

Und was soll das bedeutet, Mr. Neunmalklug?“ Darauf antwortet Zara: „Die Sonnenbarke ist das Schiff des großes Res, mit der der Sonnengott nachts durch die Unterwelt fuhr. Also müssen wir wahrscheinlich noch ein wenig warten bis die Sonne untergegangen ist, um dann dem Flusslauf zu folgen.“

 

Ich sehe es genauso. Es bleibt uns nichts anderes übrig als zu warten“, steuert Samuel bei. So warteten wir ab. Shamal versuchte gegen den Sandsturm anzukämpfen, ohne Erfolg.

 

 

3

 

Da geht eure verdammte Sonne endlich unter. Wenn ich mich richtig entsinne, sollten wir nun das Chaos durchschreiten, oder?“

 

Shamal, du scheinst dem Ganzen doch langsam zu glauben“, stichele ich ihn.

 

Papperlapapp! Du wirst uns noch alle umbringen. Da ich das natürlich nicht gutheißen kann, wirst du zuerst gehen!“

 

Wir stehen vor den türmenden Sandmassen. Nachdem die Sonne vollends untergegangen ist, entscheide ich mich ins Wasser zu steigen. Ich gehe auf den Sandsturm zu und wie von Geisteshand öffnet er sich über dem Fluss. Die Mündung ist groß genug, um hindurch zu gehen. Shamal, der sich hinter mir lustig gemacht hat, ist verstummt. Die drei Archäologen folgen mir durch das Tor des Chaos. Als Samuel die Öffnung als letzter passiert, schließt sie sich und wir sind gefangen.

 

 

Wir stehen vor einem riesigen Loch. Nein, es ist kein richtiges Loch. Es wurde ausgehoben. Vor uns liegt eine negative Pyramide, als hätte man hieraus die Steine für die Cheops-Pyramide genutzt. Uns fehlt allen die Sprache. Überraschenderweise ist es Shamal, der das Schweigen bricht: „Da ist es. Wie viele Jahre haben wir danach gesucht und heute stehen wir vor Saroths Grab.“ Es ist das erste Mal, dass ich ihn so menschlich wahrnehme, obwohl das noch nicht der Gipfel ist. „Samuel, Zara, kommt her und helft mir seinen Sarkophag zu bergen. Fremder, für deine Hilfe gestatte ich dir einen Gegenstand aus der Grabstätte zu entwenden und für deine Zwecke zu nutzen.“

 

Während sich die Archäologen um die Mumie kümmern, suche ich nach etwas Auffälligem, weshalb mich das Lorbosdicon hierher bestellt hat, doch ich finde nichts.

 

Nach einigen Stunden und der Bergung des Sarkophags fällt mir die letzte Zeile des Textes ein: Leben wirst du nur, wenn du wiedergeboren wirst. Das Rätsel scheint noch immer nicht entschlüsselt zu sein. Zu erst mussten wir den Fluss finden, der uns in das Chaos führt. Um das Chaos zu durchqueren brauchten wir den richtigen Zeitpunkt, den Sonnenuntergang, da zu diesem Zeitpunkt Re in die Unterwelt hinabstieg. Re ist doch ägyptisch für die Sonne. Das ist es, wir müssen zum Sonnenaufgang, zur Wiedergeburt des Lichts aus dem Chaos verschwinden, sonst bleiben wir hier und werden sterben… Wie spät ist es? 10 Minuten vor Sonnenaufgang. Ich muss umgehend die anderen warnen. „Wir müssen sofort raus hier, sonst werden wir sterben!“

 

Hört euch den doch einmal an. Jetzt scheint er uns den Erfolg nicht zu gönnen.“

 

Du verstehst es nicht, oder? Die letzte Zeile bezieht sich auf den Sonnenaufgang, die Wiedergeburt Res!“

 

Ich sag dir was, Kleiner. Ich lasse mein Lebenswerk doch nicht von so einem beschissenen Text ruinieren. Du kannst dich gerne verpissen. Nimm die zwei da drüben ruhig mit, aber ich werde nicht gehen!“

 

Shamal, das kannst du doch nicht machen. Der Text hat bis hierher gestimmt, warum sollte es dieses Mal eine leere Drohung sein? Außerdem ist es auch unser Lebensziel gewesen Saroth zu finden!“

 

Es hat keinen Sinn mehr zu diskutieren, Zara. Er scheint besessen zu sein. Ich habe einige Steine und Platten eingepackt, die wir im Labor untersuchen können. Lass uns dennoch jetzt gehen.“

 

Dies geht noch einige Male hin und her, bis ich mir die beiden packe und hinter mir herziehe.

 

 

4

 

Wir sind im Labor angekommen und versuchen über verschiedenste Wege Shamal zu erreichen. Wir kommen nicht an ihn ran. Nicht einmal das Lorbosdicon kann uns helfen. Jetzt bleibt nur noch hoffen. Nebenbei untersuchen Samuel und Zara die Mitbringsel mit verschiedenen Maschinen. Eine Steintafel mit ihren Hieroglyphen lässt sich nicht entschlüsseln. Zara reicht sie mir. In der Nähe des Buches beginnen die Schriftzeichen zu leuchten und das Lorbosdicon schlägt eine neue, mir vorher unbekannte, Seite auf. Sie zeigt eine Art Tabelle. In der linken Spalte stehen uralte Hieroglyphen, die den auf der Steintafel ähneln und in der rechten Spalte steht die jeweilige Übersetzung. Da es schon spät geworden ist, schicke ich die beiden ins Bett, da ich für mich arbeiten möchte.

 

Am Morgen habe ich die Schriftzeichen übersetzt und bin entgeistert. Das kann doch gar nicht sein! Auf dem Jahrtausend Jahre alten Stein steht eine Nachricht, die an mich gerichtet ist. Eine Nachricht, die von meinem letzten Abenteuer handelt und von dem Parasiten, der seit dem in mir lebt.

 

In diesem Moment fliegt die Tür auf und im Türrahmen steht Shamal. „Wie hast du es aus dem Sturm geschafft?“

 

Das hat dich nicht zu interessieren! Gib mir einfach diese Platte!“ Er rennt auf mich zu und versucht das alte Gestein aus meinen Händen zu reißen. Dabei fallen wir zu Boden und der Stein zerbricht. Aus ihm dringt ein dunkler Rauch, der Shamal in Nase und Mund fliegt und in ihm verschwindet. Ein animalischer Schrei entfährt seiner Kehle. Sein Körper fällt in sich zusammen. Auf einmal streckt sich sein gesamter Körper und er beginnt zu schweben. Eine tiefere Stimme, die auf jeden Fall nicht zu Shamal gehört, spricht aus seinem Körper zu mir: „Endlich können wir miteinander reden, Fremder. Komisch, dass mein Gastkörper deinen Namen nicht kannte, nicht wahr Luke?“

 

Wer bist du und was willst du von mir?“

 

Ich möchte dir die Wahrheit über dich und den Pharao Saroth erzählen. Alter vor Schönheit würde ich sagen. Unser kleiner Pharao wollte damals eine neue Dynastie aufbauen. Ihm ging alles zu langsam, deshalb hat er einen Hexenmeister zu sich gerufen, der mich beschwört hat. Saroth dachte, dass er mittels Krieg seine Herrschaftsgebiete weiter ausbauen kann. Jetzt müsstest du langsam wissen, wer ich bin.“ Die Stimme verändert sich. Sie wird weiblicher. „Ich bin es, die Kriegsgöttin, Neith. Es war eine willkommene Abwechslung. Saroth und ich schlossen einen Pakt. Sollte sein Name über die Grenzen des alten Ägyptens gehen, dann wurde er zum Wild und ich zum Jäger. Ich wusste, dass ich nicht verlieren könne. Zuerst starte ich den Krieg, dann gewinne ich ihn in Saroths Namen und danach hängt er wie eine Jagdtrophäe in meinem Wohnzimmer. Allerdings haben wir nicht mit Ramses II. gerechnet. Die Geschichtsschreibung wurde in dieser Hinsicht gefälscht. Sethos I. ernannte eigentlich Saroth zum Mitregenden. Du musst wissen, dass Sethos I. der älteste Sohn Ramses I. war, danach kam jedoch nicht Ramses II., sondern Saroth. Das war die Zeit als ich beschworen wurde. Ramses II. hatte sich ebenfalls einen Hexenmeister besorgt, um einen anderen Kriegsgott zu beschwören: Anat, die Schwester des mächtigen Baals aus Babylon. Durch Ramses II. kam sie nach Ägypten. Sie hat unsere Streitkräfte niedergemetzelt. Saroth wurde aufgeschlitzt an seinen Gedärmen hängend in einem Baum gefunden. Daraufhin wurde er in dieses Grab gesteckt und aus der Geschichtsschreibung getilgt. Wir haben zwar nicht damit gerechnet, dass unser Plan vereitelt werden könnte, dennoch wurde eine Hintertür in unseren Vertrag verankert. Sollte ich versagen und Saroth fallen, dann müsste ich warten. Jahrzehnte. Jahrhunderte. Jahrtausende. Bis es einen Menschen gibt, der nach Saroth sucht. Dieser Mensch, besser gesagt dieser Körper soll Saroths neues Gefäß werden, um mit meiner Hilfe die Welt zu unterwerfen. Von den Archäologen kommt keiner infrage. Sie sind zu schwach. Doch mithilfe des Buches steht Saroth nichts mehr im Wege. Ich habe dieses Buch die Jahre wie meinen Augapfel bewacht. Ich weiß genau, wie du in dessen Besitz gekommen bist. Um für Saroths Herrschaft zu sorgen, habe ich dich hierher geführt.“

 

Meine Gedanken fahren Achterbahn. Diese ganzen Information zu bearbeiten und zu verkraften zieht mir unendliche Kraft, dabei hat sie noch gar nicht zu Ende gesprochen.

 

Ich kenne dein Geheimnis, Luke. Der Parasit in deinem Körper ist ein besonderer Skarabäus, den jeder ägyptische Gott besitzt. Deinen habe ich von Anat, nachdem ich sie in die Duat verband habe. Ein solcher Käfer ist verantwortlich für unsere Unsterblichkeit. Man muss ihn nur in ein gesundes Immunsystem stecken und er zieht die Lebenskraft aus einem heraus. Der Skarabäus befindet sich gerade an deinem linken Unterarm. Dort hat er sich festgebissen und saugt dich leer. Deine Lebensenergie erhält Saroth. Dir bleibt höchstens noch eine Stunde.“ Mit diesem Satz erstirbt die tote Gestalt Shamals und kippt endgültig weg.

 

 

5

 

Samuel und Zara treten in das chaotische Labor. Ich gebe ihnen einen kurzen Abriss von der letzten Nacht, wie ich die Hieroglyphen übersetzt habe, als Shamal mich und die Steintafel zu Boden riss sowie von dem Gespräch mit der ägyptischen Jagdgöttin, die meinen Tod und die Herrschaft eines Pharaos prophezeit.

 

Das kann doch nicht die Wirklichkeit sein, oder doch? Ich glaube, ich träume noch.“ Ich kann Zaras Empfindungen vollkommen nachvollziehen. Samuel scheint einen klareren Kopf zu bewahren. „Wir sollten uns die Steinplatte nochmal genauer ansehen. Vielleicht entdecken wir irgendwelche Spuren.“ Als ich die zerbrochenen Stücke der Steintafel aufheben möchte, fällt aus den Trümmern eine Rolle Papyrus.

 

Was haben wir denn hier? Samuel, ließ du sie bitte. Ich kann diese alten Schriftzeichen noch immer nicht entschlüsseln.“

 

Samuel beginnt zu übersetzen:

 

Das Leben der Götter – der Goldene Skarabäus

 

Die Götter laben sich meist an der Lebenskraft der Pharaonen. Der Skarabäus saugt noch nach dem Tod seines Wirtes, um seine Seele davon abzuhalten Ruhe zu finden. Um den Geist des Pharaos zu schützen, begann man mit der Einbalsamierung. Danach musste der Skarabäus den Körper verlassen und zu seinem Herr zurückkehren. Ein geraubtes Leben verlängert das Leben des Gottes um ein Jahrtausend. Wenn dieses aufgebraucht ist, kann der goldene Skarabäus erst wieder auf Reise geschickt werden.“

 

Das war es? Sollen wir Luke etwa mumifizieren, um ihn zu retten? Dadurch kann man nur die Auferstehung Saroths verhindern. Luke würde dennoch sterben.“ In diesem Augenblick schlägt das Lorbosdicon eine neue Seite auf. Ich lese die Überschrift vor: „Mumifizieren einzelner Körperteile & wie man sie weiterhin nutzen kann“

 

Das ist jetzt nicht dein Ernst?“ Samuels Mundwinkel beschleicht ein Lächeln.

 

Das scheint unsere einzige Möglichkeit zu sein. Ihr müsst mir helfen. Wir brauchen verschiedene Materialien, wie trockenes Natron, erhitztes Salböl und Binden.“

 

 

Nachdem wir alles zusammen gesucht und vorbereitet haben, ist die Spannung im Raum fühlbar. Samuel hält das Lorbosdicon und wird Zara genaue Anweisungen geben, wie sie meinen linken Unterarm zu mumifizieren hat. Zuerst werden mir starke Opiate verabreicht, um die bevorstehenden Schmerzen etwas zu lindern. Danach werden mein Unterarm sowie die dazugehörige Hand mit dem trockenen Natron behandelt. Dies dient für den Wasserentzug. Ein weiteres Gerät, dessen Namen mir unbekannt ist, wird hinzugezogen, um den Prozess zu beschleunigen. Nachdem mein Unterarm für tot erklärt wurde, beginnt Zara ihn mit erhitztem Salböl einzureiben. Dieser Vorgang soll die Elastizität zurückbringen. Für den nächsten Schritt benötigt sie Samuels Hilfe nicht mehr. Er hat eine ganz andere Aufgabe. Während Zara meinen Unterarm in Binden einwickelt, verliere ich das Bewusstsein.

 

Es kann jedoch nicht lange angedauert haben. Vor Schmerzen schrecke ich auf und spüre meinen Unterarm sowie meine Hand nicht mehr. Allerdings kann ich sie auch nicht mehr sehen, zumindest die Haut nicht mehr. Ich sehe wie eine vergessene Mumie aus, die nicht zu Ende einbalsamiert wurde.

 

Jetzt ist keine Zeit für eine Pause, auch wenn mein Körper eine bräuchte. Samuel, bist du mit dem wichtigen Schritt fertig?“

 

Ich habe die Falkenstatue wie auf dem Bild aus dem Buch aufgestellt. Unter ihr steht das Becken mit Königswasser.“ Bevor wir unser weiteres Vorgehen besprechen können, geschieht es. Der kleine Skarabäus krabbelt aus den Binden hervor, um zu seiner Meisterin zurückzukehren. Ich bewege meinen Oberkörper so, dass mein Unterarm vor der Statue auftaucht. Es hätte keine bessere Abbildung geben können. Zum einen sind Vögel die natürlichen Fressfeinde der Skarabäen und zum anderen verkörpert der Falke Horus. Der Skarabäus fällt von meinem toten Unterarm in das vorbereitete Becken mit Königswasser. Königswasser ist ein Gemisch aus verschiedenen Säuren, die Gold zersetzen. Auf diese Weise können wir den Skarabäus von seiner Rückkehr aufhalten und ihn gleichzeitig töten. Ich schwebe nämlich noch immer in Lebensgefahr. Ich muss meine Lebensenergie zurückgewinnen. Indem wir den toten Skarabäenkörper in Palmwein erhitzen, können wir einige Tropfen der Energie destillieren und auf meinen Arm geben. Ich werde ihn wie meine Hand bald wieder bewegen können, nur die Binden müssen bleiben. Die Haut darunter bleibt tot.

 

Wenigstens haben wir damit den verrückten Plan Neiths verhindern können und wer kann bitte von sich behaupten, dass er eine Mumifizierung überlebt hat?

5 thoughts on “Die Auferstehung

  1. Danke für die Entführung ins alte Ägypten!

    Zuerst dachte ich an eine Geschichte ähnlich wie „ Constantin „ dann an Lara Croft oder Indiana Jones. Und zum Ende wurde es eine Geschichtsstunde.

    Was mir auffiel, kann es sein das du sehr jung bist? Einige Wörter die du benutzt, passen irgendwie nicht zu dem was sie eigentlich aussagen sollen.
    Hier z.b.

    „ Wie konnte einer zum Anführer ernannt werden, der keine weiteren Meinungen akzeptiert, wenn die sich zu seinen unterscheiden?“

    Ich würde da eher sowas schreiben.
    „ wie kann man jemanden zum Anführer ernennen , den die Meinungen anderer nicht interessiert, nur weil diese nicht seine eigene wieder spiegelt „

    Deine Idee ist toll…sowas hat bestimmt kein anderer. Für deine Idee bekommst du von mir ein Like. Bleib dran…

    LG Frank aka leonjoestick ( Geschichte: Der Ponyjäger)

  2. hi, ein wirklich wichtiges Thema sprichst du da mit deiner Geschichte an. ich finde man merkt zwar, das du noch am Anfang stehst, aber auf einem sehr guten Wege bist, was deinen Schreibstil und die Konstruktionen angeht. an Kreativität mangelt es dir auf jeden Fall schon mal nicht! mein Like hast du und ich hoffe es kommen noch ein paar dazu! wenn du magst lass mir doch auch ein Feedback und bei Gefallen ein Like da. Beste Grüße, Patricia.

    https://wirschreibenzuhause.de/geschichten/hinter-den-kulissen

  3. Hi,
    zuerst ein großes Kompliment zu Deiner Geschichte!
    Auch wenn Du die Randparameter mehr oder weniger ignoriert hast, gefällt mir die Idee sehr.
    Stilistisch scheinst Du noch am Anfang zu dein, aber man merkt mit jedem Ansatz, welche Kreativität in Dir steckt. Die Story würde sich, meiner Meinung nach ehre für einen großen Roman eignen, hier könnte auch viel mehr ausgeschmückt werden, die Handlungen würden dann nicht mehr so “abgehackt ” wirken. Der Verweis auf das vorherige Abenteuer Lukes lässt darauf schließen, dass Du bereits eine Geschichte/Buch vorher geschrieben hast?! Wenn nicht, kann das der Auftakt zu einer Reihe werden.
    Arbeite weiter an deinem Stil an dieser Geschichte, die hat unheimlich Potenzial!

    Für die Idee und das Potenzial und natürlich auch, weil mir die Geschichte gefallen hat, hast Du mein Like!

    P.S. vielleicht hast Du ja Zeit und Lust, auch meine Geschichte zu lesen und ein Feedback da zu lassen…
    https://wirschreibenzuhause.de/geschichten/glasauge

  4. Deine Geschichte ist so ganz anders als die Krimis, die man hier aufgrund der eigentlichen Vorgaben erwartet. Aber ehrlich, es macht Spaß sie zu lesen. Ich finde, dass Du Dir einen schönen Plot ausgedacht hast. Ich gebe Dir gerne mein “Like” für Deine Geschichte.
    LG
    L. Paul (Die Mutprobe)

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