Antonia3012Die Identität

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»Wir sehen uns dann morgen um achtzehn Uhr in der Bar auf der Koperniskusstraße?«, fragte Lena den Mann am Telefon, mit dem sie sich morgen das erste Mal treffen würde. Seit Wochen reden die beiden schon darüber sich endlich mal zu treffen, immerhin schreiben sie sich nun schon mehrere Monate. Lena hatte sich vor einem Jahr auf einer Datingapp angemeldet, nachdem sie keine Lust mehr auf einsame Abende und dumme Anmachsprüche im Klub hatte. Justus passte nicht in ihr Beuteschema, aber sein Humor und sein offenes Ohr für ihre Sorgen ließen die Merkmale, die ihr an ihm nicht gefielen, sofort verwischen. Seine Stimme brach etwas ab in dem Versuch, ihr zu antworten. Lena merkte, dass er wegen morgen aufgeregt war – so ging es ihr auch. »Ja, um achtzehn Uhr. Ich freue mich sehr auf dich.« Nach einem herzlichen Abschied steckte Lena ihr Telefon in die Tasche und zog ihren Schlüssel aus ihrer Jackentasche, denn sie war kurz vor ihrer Haustür. Bevor sie die Tür zum Hausflur aufschließen würde, wollte sie noch einmal den Briefkasten abchecken, denn sie wartete schon einige Tage sehnsüchtig auf ein Paket. Lena schloss den Briefkasten auf, doch nur ein Lohnbescheid und Werbung waren in Sicht. »Nanu», sagte Lena, als die Ecke des Briefkastens näher erblickte. Wieder zog sie aus ihrer Tasche ihr Telefon heraus, öffnete die App mit der Taschenlampe und leuchtete den Gegenstand an. Jetzt erkannte sie es: Ein USB-Stick lag in der Ecke. Vielleicht hat ihn jemand falsch eingeworfen, dachte sich Lena. Die Neugier stieg in ihr hinauf und sie dachte, dass ein Blick auf die Dateien auf dem Datenträger nicht schaden könnte. Die Treppen zu ihrer Wohnung im Dachgeschoss des Wohnhauses rannte sie hoch und öffnete die Tür ihrer Wohnung. Lena schmiss ihre Tasche und ihre Jacke auf das Sofa, vor der auch der Tisch und da drauf der Laptop standen. In einem nu fuhr sie den Laptop hoch und steckte den Stick in den dazugehörigen Port hinein. Sie setzte sich auf das Sofa. Als sie den Explorer öffnete, hatte sie auch gleich Zugriff auf den unbeschrifteten USB-Stick. Nur ein Ordner war auf dem Datenträger abgelegt und dessen Name ließ sie ins Stutzen verfallen – „Lena“. Warum wohl jemand einen Ordner auf einem Stick nach ihr benennen würde? Vielleicht war das auch nur ein Zufall? Lena öffnete den Ordner, dessen Inhalt der Blondine das Blut in den Adern gefrieren ließ. Bilder von Männern, die ihr bekannt vor kamen, Lena beim Einkaufen, beim Joggen gehen und dann das letzte Foto. Ihr wurde speiübel, als sie das Gesicht auf dem Foto erkannte. Das Bild zeigte Lena vor ihrem Haus mit Derek Aschenbach. Vor vielen Jahren war er ihr Chef, doch als die junge Frau sich für einen anderen Berufsweg entschied, wurde Derek wütend und ließ sie wochenlang nicht in Ruhe, bis er urplötzlich verschwand. Sie stritten sich um ihren letzten Auftrag, bei dem ihr ein großer Fehler unterlief. Schon vorher wollte Lena diesen Job nicht mehr ausüben, doch Derek probierte alles um sie im Milieu zu halten und sie zu beschäftigen. Niemand anderes wollte diese Drecksarbeit ausüben. Lena stand von dem Sofa auf und lief in ihrem Wohnzimmer im Kreis herum. »So ein Scheiß!«, brüllte sie völlig wütend, während ihr Tränen über ihr zierliches Gesicht liefen. Ihre Vergangenheit holte sie ein, doch sie war nicht mehr dieser Mensch auf dem Bild mit Aschenbach. Lena hatte ihr Leben komplett umgekrempelt, nur um mit seinen Machenschaften nichts mehr zu tun zu haben. Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und ging zurück zum Tisch. Aus dem Laptop entfernte sie den USB-Stick und wendete diesen noch mal mit ihren Händen. Jemand hat sie erwischt. Jemand kannte ihr Geheimnis. Lena musste diese Person ausfindig machen und sie auslöschen, nur um sich auf der sicheren Seite zu sehen. Lena konnte nicht riskieren, das noch mehr Menschen von ihren Geheimnissen Wind bekommen und sie von der Polizei überführt wird. Lena beschloss, den Stick dort zu verstecken, wo ihn sicherlich keiner finden würde. Aus einem Schubfach in ihrer Küchentheke, suchte sie eine wasserdichte Tüte, in der sie den Stick verstauen konnte. Mit dem Stick in der Tüte, ging sie ins Badezimmer und öffnete den Spülkasten der Toilette. Dort verstaute sie den Datenträger. Der perfekte Platz, um ihr Geheimnis zu bewahren. Sie setze sich auf den Toilettendeckel, ihre Ellenbogen legte sie auf den Knien ab und versank ihr Gesicht in den Händen. Könnte sie nur Justus anrufen und ihm von den Geschehnissen seit dem Telefonat erzählen. Niemandem konnte sie sich anvertrauen, denn wer sollte ihr diese Geschichte glauben? Niemand würde sie für ernst nehmen, denn Lena ist wie das nette Mädchen von nebenan. Der Polizei kann sie die Bilder auch nicht zeigen, dadurch würde sie sich selber ins Gefängnis bringen. Lena realisiert, dass sie mit dem Rücken zur Wand steht. Sie musste gezwungenermaßen ihrer Vergangenheit ein letztes Mal in die Augen schauen und kämpfen, doch sie durfte sich nichts anmerken lassen und ihren Gegner im Geheimen überwältigen. Lena stand auf, guckte in den Spiegel, der über dem Waschbecken hängt und strich sich die zerzausten Haare wieder glatt. »Reiß dich zusammen Lena. Du wirst dieses Biest finden!«, sagte sie zu dem Spiegelbild. Ihre Körperhaltung wurde aufrechter und der in ihr sich aufbauende Zorn wurde in den nun dunkelblauen Augen dargestellt. Wenn sie in Gesellschaft ist, kann der Unbekannte ihr nichts antun, dachte sich Lena. Über ihr Treffen mit Justus musste sie sich keine Sorgen machen, denn er würde sie beschützen.

Mit dem Wissen, das der Unbekannte ihr auf den Fersen ist, guckte sich Lena ständig um. Mit jedem Auto, welches in die Kopernikusstraße einbog, vermutete sie ihren Stalker auf dem Fahrersitz sitzend in dem Auto. In regelmäßigen Abständen warf Lena einen Blick über ihre Schulter, da sie sich verfolgt fühlte. Doch nie war jemand Verdächtiges hinter ihr und es hatte kein Passant auf sie abgesehen. »Langsam werde ich irre.«, murmelte Lena in ihren Schal. Im Vergleich zu den vorherigen Jahren ist es für Mitte April kühler, weshalb sich Lena für ein langes gepunktetes Kleid aus einem dicken Stoff kombiniert mit schwarzen Boots, entschied. Ihr Herz pochte vor Freude, denn nun ist die Bar, die Justus letzte Woche vorgeschlagen hatte, nur noch ein paar Meter entfernt. Noch sah sie ihn nicht vor der Bar auf sie wartend stehen. Sie stand allein vor der Bar und Angst machte sich in ihr breit, denn was wäre, wenn es Justus nicht geben würde und sie reingelegt wurde? Vielleicht verbirgt sich hinter Justus auch jemand anderes, eventuell der Unbekannte, wegen dem ihre Nerven seit gestern Abend blank liegen? Lena kniff ihre Augen zu und verbann diese Gedanken aus ihrem Kopf. Da stand er vor ihr. Justus, so wie sie ihn auf den Fotos gesehen hatte. Seine dunkelbraunen Haare waren modisch zur Seite gegelt und seine hellblauen Augen strahlten in dem dunklen Licht der Außenbeleuchtung der Bar. »Tut mir leid, dass ich mich etwas verspätet habe. Wartest du schon lange auf mich?«,sagte Justus. Er hatte Lena völlig in seinen Bann gezogen und sie merkte, wie ihre Ängste verschwanden und sie wieder klar denken konnte. Sie vergewisserte ihm, dass sie noch nicht lange gewartet hatte und die Beiden gingen in Richtung der Eingangstür der Bar.

Die Cocktailgläser waren ausgetrunken und das Gelächter der Beiden wurde lauter, als Justus von seinem peinlichen Moment auf der Arbeit erzählte. Es war spät am Abend und Lena merkte, dass sie doch einen Cocktail zur viel getrunken hatte. So angetrunken wie sie war, würde sie nicht mehr alleine nach Hause finden und müde fühlte sie sich zugleich. »Alles in Ordnung mit dir? Geht es dir nicht gut?«, fragte Justus und man sah ihm die Besorgnis in seinem Gesicht klar an. Lenas Kopf sank immer öfter in Richtung ihrer Brust. »Kannst du mich bitte nach Hause begleiten? Ich fühle mich nicht so gut.«, die Müdigkeit konnte man Lena nun auch anhören. Vor einigen Minuten fühlte sie sich so unbeschwert, doch nun hatte sie das Gefühl, dass sie einen Sumoringer huckepack tragen würde. »Ja natürlich bringe ich dich nach Hause. Lass mich dir hoch helfen.«, bestätigte Justus Lenas Wunsch und griff ihr unter die Arme. Er probierte sie für eine kurzen Moment auf seiner Hüfte zu halten, nur um ihre Taschen zu greifen.

»Oh Mensch, es tut mir so leid Justus.«, sagte Lena, kurz nachdem sie an der Wasserflasche, die Justus ihr im Späti um die Ecke gekauft hatte. Noch immer fühlte sie sich nicht besser. Jetzt war sie nicht mehr nur von Müdigkeit geklagt, Schmerzen machten sich nun auch in ihrem Kopf breit und sie konnte sich noch nicht allein auf den Beinen halten. »Es ist bestimmt nur eine Migräneattacke. Die habe ich leider viel zu häufig.«, murmelte Lena in Justus Schulter hinein. Sein Kopf drehte sich zu seiner linken Schulter auf der Lenas Kopf Platz nahm. Ihr rechter Arm war seine Hüfte gelegt, damit sie ihm Gewicht abnehmen konnte. Lena konnte ihren Wohnblock von Weitem schon erkennen. Nur noch wenige Minuten laufen, dann hatten sie es geschafft. »Das ist doch gar kein Problem. Darf ich dich noch in deine Wohnung begleiten? Ich möchte mich vergewissern, dass du gut oben ankommst.«, meinte Justus einfühlsam. Lena fühlte sich wohl in seiner Gegend und war ihm dankbar, dass er sich für sie aufopferte. Die Männer, mit denen sie vorher Dates hatte, wären schon längst über alle Berge gewesen, hätten sie Lena so in der Bar sitzen sehen. Justus hatte schon den Schlüssel von ihrer Wohnung, schloss erst die Eingangstür zum Flur und dann die Tür zu ihrer Wohnung auf. Die Arbeit im Café um die Ecke brachte leider nicht zu viel Geld in Lenas Taschen und das spiegelte sich in der Einrichtung ihrer Wohnung dar. Zwar war diese für eine Zweiraumwohnung geräumig, aber durch die wenigen Möbel, wirkte sie kahl und kalt. »Soll ich dich gleich in dein Bett bringen?«, sagte Justus, aber guckte sich währenddessen etwas um, ohne sich von der Stelle zu bewegen. Lena nickte und er trug sie in ihr Bett. Justus zog an ihrer Bettdecke und platzierte diese bis zur Brust der Blondine. »Vielen Dank Justus. Können wir uns vielleicht nächste Woche noch einmal sehen, aber unter anderen Umständen bitte?«, ein leichtes Grinsen sah man in ihrem Gesicht und die Ironie konnte Justus spüren. Justus wollte sich mit Lena treffen und sagte, dass er sich bei ihr melden würde. Er ging und Lena fiel in einen tiefen Schlaf.

Ein schrilles Geräusch war zu hören, immer und immer wieder. Lena riss ihre Augen auf und schon wieder kam dieses Geräusch. Im schnellen Schritt lief sie los, die Kopfschmerzen von dem Alkohol von gestern Abend machten sie wieder breit. Es war die Türklingel. Sie guckte auf ihr Telefon, welches Justus gestern Abend an ihr Bett gelegt hatte. Schon zehn Uhr dreißig. Sie stand auf und als sie an der alten Tür angekommen war, die der Vormieter mit weiß überstrichen hatte, öffnete sie diese mit einem raschen Zug. Es war nur der Postbote in seiner gelbroten Arbeitsjacke. Er überreichte Lena ein Paket und verlangte nach ihrer Unterschrift. Er drückte ihr das Unterschriftenpad in die Hand und entnahm es ihr wieder, als sie ihr Kürzel hinterließ und ihm zunickte. Da ist ja nun endlich das Paket, auf das sie schon Ewigkeiten gewartet hatte. Lena riss es an den dafür vorgesehenen Laschen auf, entfernte die Tüten zum Schutz darin und ließ diese fallen. »Hä? Was ist das denn? Das kann doch nur ein Witz sein.«, redete Lena mit sich selber. Langsam sank sie zu Boden und legte das Paket ab. So was hatte sie nicht bestellt. Aus dem Paket heraus zog sie mehrere graue Akten. Lena begutachtete die erste Akte: Marlon Drechsler, 22.07.2017, Berlin, „Entrümpler“. Sie öffnete die Akte und mehrere Fotos fielen aus ihr heraus. Alle vier Fotos nahm Lena in die Hand, als würde sie gerade mit ihrer Familie einen Fotoabend machen und sich ihre Kinderbilder anschauen. Jeder hatte zu einem Foto eine andere Geschichte und es wird herzlich gelacht. Doch zum Lachen war ihr bei dem Anblick der Bilder überhaupt nicht. Ein Mann unter einer Brücke liegend, ohne Kleidung an und blutüberströmt. Lena nahm das nächste Foto. Dieses Mal wurde das Gesicht des Opfers von näherem abgelichtet. Narben und Blut übersähen sein Gesicht, sodass er kaum zu erkennen war. Identifizieren konnte ihn die Polizei sicherlich nur durch einen Ausweis oder einen Führerschein, den er mit sich trug. Bei dem nächsten Foto konnte Lena einen Schnitt oberhalb der Leiste erkennen. Obwohl sie gut sehen konnte, ging sie mit ihrem Gesicht näher an das Bild heran. Am linken Rippenbogen erkannte Lena einen weiteren Schnitt. Das Gesicht des Opfers kam ihr bekannt vor und auch der Name, auf der Rückseite des Fotos stehend. »Lukas Kopf«, murmelte Lena vor sich her. Ihr Arm glitt langsam herunter und das Foto dazu. Lena war wie in Trance, denn sie konnte sich an Lukas sehr gut erinnern. Lukas schrieb Lena auf der Datingapp, bei der sie auch Justus kennenlernte, an und sie trafen sich. Der Abend ging nicht so aus wie mit Justus, denn Lukas und Lena merkten schnell, dass sie gar nicht zusammengehörten. Als sie in den Nachrichten hörte, dass ein junger Student in ihrem Alter angegriffen, zusammengeschlagen und er unter der Brücke sterben musste, war sie in einem Schockzustand. Sie konnte damals nicht glauben, dass wenige Stunde nach ihrem Treffen, sie das Bild von Lukas in den Nachrichten in ganz Deutschland sehen würde und die Nachrichtensprecher sagten, dass er durch kriminelle Machenschaften umgebracht wurde. Bis heute ist nicht klar, wer hinter dem Überfall steht. »Was habe ich bitte mit diesem Mord zu tun? Ich habe ihn doch nur einmal getroffen.«, rief Lena in der Hoffnung, dass ihr Stalker sie hörte. Die Männer auf den anderen Bildern, in verschiedenen Akten, erkannte sie auch. Entweder trafen sie sich zum Mittagsessen, in der Bar, um nett miteinander zureden und sich kennenzulernen, aber sie erkannte auch zwei Männer, die sie mal auf der Straße gesehen hatte. Warum hat es der Stalker auf ihre verflossenen Bekanntschaften abgesehen und was möchte er ihr mit dieser zweiten Nachricht sagen?

Durch das Fenster hindurch kann Lena von dem Sofa aus sitzend beobachten, wie die Sonne hinter den anderen Wohnhäusern ihres Viertels untergeht und die Anspannung, die sich in den letzten Tagen in ihr aufgebaut hatte, schläft ein. Halb 11 ließ sie auf ihrem Telefon. Von dem orangenem Sonnenuntergang schweift ihr Blick zurück auf den Stick, der auf dem Couchtisch vor ihr liegt. Sie hatte ihn aus dem Spülkasten entnommen, als sie sich nochmal die Bilder darauf angucken wollte. Dieser Stick, besonders diese Bilder waren nur für sie bestimmt, weshalb ihr Stalker das Beweisstück in ihrem Briefkasten versteckt hatte, bis sie ihn gefunden hatte. Lena saß nur noch stumm auf der Couch und ihr Blick war leer. Ihr Kopf war voller Gedanken doch gleichzeitig auch wieder so leer. Der Stress hatte langsam Auswirkungen auf ihren Körper und ihre Psyche. Sie schweifte ab und fing an etwas weg zu dösen. Ein Klackern ließ sie aus ihrem Traum erwachen. Lena dachte, dass sie es sich eingebildet hatte, doch irgendwie wurde dieses Geräusch nicht leiser. Woher konnte dieses unregelmäßige Geräusch kommen? Lena ging in den Flur und lauschte dort weiter, nachdem sie schon in ihrem Wohnzimmer stand und horchte. Dort war dieses Klackern. Langsam bewegte sich Lena in Richtung ihrer Eingangstür. Wie eine Ballerina setze Lena ihre Füße gezielt auf die Fliesen, ohne einen Mucks zu machen. Eine Hand und ein Ohr presste sie an die Tür. Dort war es. Doch jetzt hörte sie auch zwei Unbekannte miteinander flüstern. Was sie sagten, konnte Lena leider nicht verstehen. In einem schnellen Schritt bewegte sich Lena in ihr Schlafzimmer und kroch unter das Bett. Ihr Herz pochte wie verrückt und ihr Atem wurde immer schneller. Es ertönte ein lautes Geräusch und sie sah, das ihre Eingangstür wurde geöffnet. Vor lauter Aufregung und in der Hoffnung, Hilfeschreie zu bedecken, legte sie eine Hand auf ihren Mund und kniff die Augen zu. Langsame Schritte von zwei Personen hörte sie durch ihre Wohnung, doch Stimmen, die sie sich hätte merken können, waren vergebens. Die Schritte wurden immer klarer und kamen näher. Plötzliche stoppte der Unbekannte genau vor ihrem Bett. Panik machte sich in ihrem Körper breit und Adrenalin wurde freigesetzt. Der Einbrecher lief langsam und bedacht um ihr Bett herum. Als er an der linken Seite ihres Bettes stoppte, wagte Lena es sich einen Blick auf seine Schuhe zu geben. Zu sehen waren polierte Springerstiefel mit schwarzem Leder. Lenas Herz hörte für einen kurzen Moment auf zu schlagen, als der Einbrecher sich auf seine Knie setzte und unter dem Bett nachsah. Er hatte sie erwischt. Seine Hand kam hervor und griff nach ihrem Handgelenk. Lena war so schwach, dass es unmöglich erschien sich zur Wehr zu setzten. »Lass mich los!«, brüllte sie mehrmals hintereinander, doch der Eindringling hörte nicht auf ihren Befehl. Er zog sie unter dem Bett hervor und packte sie an ihren Armen, damit sie nicht verschwinden konnte. »Da ist sie ja. Wo hatte sie sich denn versteckt?«, der andere Eindringling riss sich die Sturmmaske vom Kopf und ein breites Grinsen wurde erkennbar. Lena fing mit voller Kraft an ihren Körper zum Beben zu bringen, in der Hoffnung, das sie sich befreien kann. Sie schrie wie besessen und wollte ihre Nachbarn auf sich aufmerksam machen, doch sie wusste, dass die meisten sie nicht hören würden. »Du dumme Kuh! Hör auf! Du bist sowieso geliefert!«, brüllte der noch maskierte Einbrecher sie an und die Hilfeschreie wurden leiser. Nun packten sie beide jeweils einen Arm von ihr und setzten sie auf einen schon bereitgestellten Stuhl in ihrem Wohnzimmer, bevor sie gefesselt wurde. »Ihr Arschlöcher! Was wollt ihr von mir? Hier seid ihr fehl am Platz, wenn ihr Geld oder Schmuck haben wollt!«, brüllte sie denn Männern hysterisch entgegen. Lena merkte, wie ihr der Wahn so langsam in den Kopf stieg und die Kontrolle über ihr Verhalten übernahm. »Was wir von dir wollen?«, fragte der Mann ohne Maske. Er hatte dunkelbraune Haare, die von der Maske platt gedrückt waren. Er war sehr muskulös und hatte breite Schultern. Bestimmt war er der meistgesehene Sportler in der Muckibude. Das komplette Gegenteil war der andere maskierte Einbrecher. Er war eher schlaksig gebaut und seine Körperhaltung war der einer alten Dame mit einem großen Buckel auf dem Rücken entsprechend. Der kräftig gebaute Einbrecher ging zu ihrem Wohnzimmertisch und er griff nach dem Stick. Jede seiner Bewegungen wurde von Lena genauestens beachtet, denn sie hoffte darauf, dass sie Merkmale von den beiden Einbrechern entdeckt und sie somit die Fahndung nach den beiden der Polizei leichter gestalten könnte. Wenn es überhaupt dazu kommt und sie nicht schon vorher ausgeschaltet wird. Der Maskierte ging auf Lena zu und kam ihr so nah, sodass sie seinen Atem an ihrem Gesicht spüren konnte. »Dafür sind wir hier du dumme Nuss. Glaubst du wir machen das hier zum Vergnügen? Wir kennen dein dreckiges Geheimnis und es gibt jemanden, der viel mehr über dich weiß als es dir eigentlich lieb ist.«, sagte er und Lena konnte ihm nicht in seine hellblauen Augen schauen. Lenas Atem stockte, denn sie weiß, worüber er gesprochen hat. Natürlich kann sie sich an ihre Vergangenheit erinnern, doch sie hat das alles hinter sich gelassen. Dachte sie jedenfalls. Der Einbrecher wendete den USB-Stick zwischen seinen Finger und alle Augen waren auf den Datenträger gerichtet. »Ich weiß nicht was ihr meint! Ich kann euch nicht weiterhelfen!«, sagte Lena unter Tränen. Ihre Stimme wurde mit jedem Wort leiser und zittriger. Der andere Einbrecher stürmte auf sie zu und packte sie an ihrem Hals. Er würgte sie so lange bis sie nach Luft schnappte. Plötzlich war ein dumpfes Klopfgeräusch an ihrer Haustür zu hören. Der Einbrecher löste seine Hand und Lena prustete vor sich hin. Ihr Kopf sank vor Erschöpfung nach unten. Der Einbrecher ging dem Geräusch entgegen, von dem anderen Mann wurde sie bewacht. Ein lautes Lachen, welches ihr bekannt vor kam, war zu hören. »Da bist du ja endlich! Es ist schon alles vorbereitet.«, sagte der Einbrecher voller Elan. Die Männer betraten das Wohnzimmer. Langsam hob Lena ihren Kopf und sah dem Mann, der ihre Wohnung ohne ihr Einverständnis betreten hatte, in seine Augen. »Hallo Lena. Es ist so schön, zu sehen, dass es dir wieder besser geht. Leider waren die K.-o.-Tropfen nicht gut dosiert.«, sagte Justus lachend zu ihr. Er kam ihr mit wenigen Schritten näher und nahm ihr Kinn in seine Finger. »Du mieses Schwein! Du warst es die ganze Zeit! Ich hatte dir vertraut!«, sagte Lena angewidert und drehte ihren Kopf weg. Justus nahm etwas Abstand und verschränkte seine Arme. Die Einbrecher standen neben Justus, als wären sie seine Leibwächter. »Ich weiß und ich bin sehr gerne in deiner Gegenwart, aber ich will Gerechtigkeit für das, was mir und vielen anderen angetan wurde. Kannst du dich noch an diese Männer erinnern, von denen ich dir die Bilder zugesendet habe? Mit denen hast du dich damals genauso getroffen wie mit mir letztens in der Bar.«, Lena probierte Justus nicht in die Augen zu gucken. Sie konnte den Zorn in seiner Stimme deutlich hören und sie hatte Angst, vor dem was er mit ihr vorhatte. »Du hast mir mein Leben versaut! Wegen dir und deinen Komplizen kann ich nicht mal mehr arbeiten gehen. Bis ich sterbe, darf ich wegen dir Medikamente nehmen.«, schrie Justus Lena an. Wann immer er lauter wurde, zuckte ihr ganzer Körper zusammen und Tränen liefen ihr Gesicht herunter. »Hast du immer die gleiche Masche abgezogen? Wurden auch sie von dir verführt und dann von deinen Komplizen in deiner Wohnung überwältigt?, sagte Justus, nur wenige Millimeter von ihrem Gesicht entfernt. Durch seine Hand hielt er ihren Kopf so gerade, dass sie seinen Worten und seiner Wahrheit nicht entkommen konnte. »Sag es mir!«, brüllte er. Ein Damm brach in ihr zusammen und die Worte flossen ihr aus dem Mund. »Ja, ich kann mich noch daran erinnern. Nach jedem Date bin ich mit ihnen in die Wohnung gekommen und wir saßen hier noch beieinander. Die Komplizen versteckten sich derzeitig in meinem Schlafzimmer. Wenn sie nach Hause gehen wollte, gab ich den Komplizen ein Zeichen und sie legten mit ihrer Arbeit los.«, Lena weinte so sehr, sodass Justus nur jedes zweite Wort verstand, sich aber den Kontext zusammenreimen konnte. »Nur zu dumm, dass deine Komplizen mich damals nicht richtig betäubt hatten und ich entkommen konnte.«, vor Nervosität lief Justus in einem Kreis vor ihr herum. So lange hatte er auf ihre Antworten zu diesem Rätsel gewartet. Er hatte so lange gebraucht, um Lena ausfindig zu machen. Sie erzählte, sie sei mehrmals umgezogen und hatte ihren Namen ändern müssen, als sie aus dem Milieu ausgestiegen ist. Die Angst vor dem Kartell und besonders Derek hatte sie zu dieser Notwendigkeit getrieben, als sie ein neues Leben beginnen wollte. Die Handlanger von Derek sagten ihr damals, dass Justus sich an den Überfall nicht erinnern könne, da das Betäubungsmittel auch das Kurzzeitgedächtnis auslöscht. Leider hatten sie damit nicht recht. »Weiß du was ich mir seit Jahren wünsche Lena? Ich möchte unbedingt, dass du alles gestehst. Geh zur Polizei und lege deine Karten bezüglich Derek, dem Kartell und dem Milieu frei auf den Tisch. Tue es für mich!«, sagte Justus in einer widerwärtigen Stimme zu dem Mädchen. Sie schüttelte ihren Kopf und sagte ihm, dass sie es nicht tun könnte. Justus griff in die Innentasche seine Jacke und zog eine Pistole heraus. »Gut. Wenn du es nicht tust, dann werde ich dich erschießen müssen. Dich wird niemand finden oder vermissen. Dann verrottest du eben in deiner kleinen Bude.«, sagte er ihr kaltherzig ins Gesicht. Lena bettelte Justus an und ihre Stimme wurde immer leiser. »Ich zähle bis drei. Wenn du bis dahin nicht zugestimmt hast, dann bringe ich dich um.«, bat er ihr an. »Das kannst du nicht tun. Bitte Justus.«, bettelte sie ihn erneut an. Für eine kurze Zeit zögerte er, doch dann platzierte er die Pistole an ihre Stirn. »Du hast die Wahl.«, sagte Justus zu ihr. Lena saß weinend da. Sie hoffte, Mitleid in Justus auslösen zu können. »Eins, zwei.«, seine Hand zitterte und er konnte sie nicht mehr gezielt an ihre Stirn halten, ohne das sie ständig hin und her schwankte. »Du kannst sich um entscheiden Lena.«, ließ er sie wissen. Er zögerte für einen kurzen Moment, doch sagte dann: »Es tut mir leid. Drei…«

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