Charlie AbernettyErinnerst Du Dich?

Erinnerst Du Dich?

10.10.2019, 11:45.

Dieser Oktobertag war weder golden, noch sonnig, er war trist fast langweilig, doch sah man an den dunklen Wolken in der Ferne, dass sich ein Sturm, dem Oktober würdig, zusammenbraute.

Doch davon bemerkte Robert in seinem Büro nichts, er war viel zu sehr damit beschäftigt, das neue Sicherheitsprotokoll, welches ihm die IT-Abteilung zur Durchsicht gegeben hatte, zu prüfen und zu sichten, was man alles dafür benötigen würde um es umzusetzen.

Robert hasste diese Protokolle. Sie waren der Grund für manche Auseinandersetzungen mit der IT-Abteilung oder der Personal-Abteilung.

Robert sehnte sich nach Abwechslung.

Roberts Blick wanderte aus dem Fenster, er sah die Wetterlage und schnaubte. Er hasste die Kälte und die Feuchtigkeit, die durch so einen Wetterwechsel entstehen würde. Sein Blick wanderte wieder auf seinen Schreibtisch zurück, auf das einziges Bild, welches dort einsam stand. Es zeigte ihn während seiner Militärzeit. Er seufzte leicht, Robert vermisste diese Zeit.

Er vermisste den Krieg.

Robert richtete seine volle Aufmerksamkeit wieder auf das Protokoll und setzte wieder seine typische finstre Miene auf. Als sein Telefon klingelte, blickte er gelangweilt dorthin. Es war sein Erinnerung für den Rundgang. Robert sperrte den PC und zog sich sein Jackett über.     

Fast am Ende seines Rundganges angekommen, ging er zum Serverraum, dort war, wie zu erwarten alles in bester Ordnung. Es lies Robert lächeln, da alles genau so lief, wie er es wollte und das ganz ohne die dringenden Änderungen, die die IT-Abteilung forderte. Nun musste Robert nur noch zu den Räumen der Videoüberwachung, danach könnte er sich seinem Essen im Büro widmen. Auch dort lief alles wie am Schnürchen, so konnte er endlich zurück in sein Büro.

Auf dem Weg zu diesem kam er am Pausenraum seiner Leute vorbei, er wünschte ihnen einen guten Mittag. Da rief ihn Lucas nochmal zurück und sagte ihm: „Chef, die Hauspost hat dir etwas auf deinen Schreibtisch gelegt, sie haben es durchleuchtet alles okay!“ Robert nickte ihm zu, was bei ihm gleichzusetzen war, mit einem Danke.

Auf dem Weg in sein Büro schweiften seine Gedanken ab. Dies passierte Robert nie, heute aber schon das zweite Mal. Er ließ seine Gedanken ziehen. Er schmeckte Trockenheit, er spürte Sand auf seiner Haut. Erinnerungen, Robert fiel in einen leichten Marschschritt und er wäre dadurch fast an seinem Büro vorbei marschiert.

10.10.2019 12:48

Nun war er endlich wieder in seinem Büro, es war steril und sehr spartanisch eingerichtet. Robert brauchte nicht viel. Sein Büro war klar und diszipliniert, genau wie er. Das sagte Robert zumindest immer, wenn die Frage aufkam, ob er nichts verändern wolle.

Doch das kleine, in braunem Pakpapier eingepackte Päckchen, störte das Bild seines Büros.

Robert überlegte schon die ganze Zeit, was für ein Päckchen es denn sei. Bestellt hatte er nichts und wenn, würde es nicht ins Büro sondern zu einer Abholstation gebracht werden, sein Geburtstag war zwar in drei Tagen.

Wer zum Teufel sollte ihm etwas schenken, schließlich hatte er keine Verwandten mehr und seine Freunde wussten, dass sie ihm nichts schenken durften. 

Also von wem war dieses Paket?

Robert nahm das kleine Paket in die Hand, er war überrascht, dass es so leicht schien und doch etwas mehr Gewicht hatte. Robert umrundete seinen Tisch und setzte sich hin, um das Päckchen genauer zu betrachten. Als er es drehte und wendete, merkte er, dass das Packet keinen Absender hatte. So wäre das Päckchen normalerweise nicht an Greta vorbei gekommen, da sie so etwas noch nicht mal annahm. Greta ist die Chefin der Hauspost, sie war wie ein abgerichteter Schäferhund. Sie sah und wusste alles. Robert schmunzelte, als er an sie dachte, sie war echt eine  Hammer-Frau. 

Er öffnete das Päckchen, noch bevor es ganz offen war durchfuhr Robert ein Schauer, doch er wusste nicht warum, er belächelte das alberne Gefühl und schob es beiseite, obwohl er ja drauf trainiert war, auf diese Gefühle zu achten, sie waren in einem Gefechte lebenswichtig.

Nun lag das Päckchen offen auf Roberts Tisch, er schaute den Inhalt stirnrunzelnd an. 

Ein Smartphone? 

Was sollte er mit einem Smartphone und wer um Himmels willen sollte ihm so etwas schenken. Robert nahm es in die Hand und entschied sich, es anzuschalten. 

Es war keine Simkarte eingelegt und hatte ein völlig normalen Sperrbildschirm, doch als er es öffnete blickte er auf das Hintergrundbild und dachte, das müsse ein schlechter Scherz von irgendjemandem sein. Im Hintergrund stand „Erinnerst DU Dich?“, an was oder wenn sollte er sich denn bitte erinnern? Es war als einziges ICON auf der ersten Seite das ICON „Bilder“ zu sehen. Robert dachte immer noch an einen schlechten Scherz vielleicht irgendwelche peinlichen Bilder von ihm und wenn das so wäre müsse das Handy von Thomas sein. 

Doch als sich die Bilder öffneten, wurde Robert kalkweiß und verlor kurz die Orientierung.

Das konnte nicht sein dachte er nur und schluckte schwer. Er war sich damals so sicher gewesen, dass niemand etwas gefilmt hatte. Sein Befehl damals war klar, niemand hatte auch nur ein Selfie von sich machen dürften. Doch woher stammen dann diese Aufnahmen? Man sah ihn sehr deutlich. Er begann zu schwitzen. Er musste wissen, wer außer seinen Jungs, davon wusste. Diese Videoaufnahmen konnten sein Leben zerstören und das aller seiner ehemaligen Kameraden.

Sein Hunger war verflogen. Er wanderte ruhelos in seinem Büro auf und ab. Er brauchte einen Plan. Greta! Sie muss wissen, wer und wann dieses Päckchen gebracht hat. Nachher würde er noch Thomas anrufen, wenn jemand wusste wer so aufnahmen haben könne, dann er. 

Schon wollte er sich auf den Weg  zu Greta machen, da klingelte sein Geschäftshandy. Entnervt sah er, dass es die Personalabteilung war, er musste ran gehen und vermutlich war Greta noch in ihrer Pause. Robert versuchte sich zu sammeln und zu beruhigen. Er ging ans Telefon.

10.10.2019 14:36

Robert beendete gerade das Gespräch, er war froh, dass er schon alles in die Wege geleitete hatte, was die Personalabteilung von ihm verlangt hatte, sogar noch manches mehr, was auf positive Resonanz gestoßen war. Bald wären die halbjährlichen Personal- und Budgetgesprächen, da müsse er teilnehmen. Sie ihn gerade darauf gebrieft.

Nun könne er endlich zu Greta. Schnell zog Robert sich sein Jackett wieder an um sich auf den Weg machen zu können. Allerdings ermahnte er sich, ruhig und konzentriert zu agierten, so wie er es in seiner Ausbildung gelernt hatte. 

In der Hauspost angekommen, steuerte Robert auf einen jungen Arbeiter zu, er kannte dessen Namen nicht: „Hey, weißt du, wo Greta ist?“, der junge Mann sah ihn an, runzeltet die Stirn und nickte:  „Ja Herr Schmidt, sie steht direkt hinter ihnen“. Robert wirbelte rum und da stand Greta, sie lächelte ihn schelmisch an, sah mal wieder umwerfend aus.

„Was verschafft mir die Ehre, dich hier begrüßen zu dürfen Robert?“ Er spannte sich willkürlich an und nickte zu ihrem Büro rüber: „Können wir uns alleine unterhalten. Unter vier Augen?“ Das Lächeln wich langsam aus Gretas Augen, aber ihren Mund verließ es nicht. Greta nickte: „Klar, komm mit.“

Schon machte sie sich auf den Weg zu ihrem Büro. Setzten sich an ihren Schreibtisch und schon platzte es aus Greta raus: „Was ist los Robert? Du wirkst, als ob du den sprichwörtlich Teufel gesehen hast. Raus mit der Sprache!“ Robert musste lächeln, obwohl ihm alles andere als nach Lächeln zu mute war.

Er streckte sich kurz und holte das Päckchen vor. Er legte es Greta vor die Nase, natürlich ohne Inhalt.

Er seufzte: „Das lag heute Mittag bei mir auf dem Schreibtisch und einer meiner Jungs meinte, es wäre da gerade von der Hauspost gebracht worden. Doch darauf ist kein Absender, ich muss wissen von wem dieses Päckchen ist!“ Greta hatte die Augenbrauen hochgezogen und setzte zu Erwiderung an: „Mein lieber Robert, du weißt doch, dass ich nichts annehme, das keinen Absender hat, erstens, aber Punkt zwei ist, dass ich heute nichts für dich bekommen habe und drittens erst recht habe ich nichts zu dir hochbringen lassen! Also kann ich dir leider nicht helfen. Von uns kommt das Päckchen nicht.“ In Roberts Kopf ging er alle weiteren Möglichkeiten durch, schaute zu Greta: „Danke Greta, ich geh dann, wir sehen uns!“ Greta schaute ihm besorgt hinterher, so kannte sie ihn gar nicht.

Es machte ihn fast verrückt, nicht zu wissen wer ihm dieses Handy geschickt hatte. Er musste das Päckchen zurückverfolgen. Also ging er jetzt zur Videoüberwachung um sich eine Kopie der heutigen Aufnahmen geben zu lassen.

Den USB-Stick mit den Aufnahmen in der Jackettasche, machte Robert wieder auf den Weg in sein Büro. Leider würden die Aufnahmen warten müssen, da er noch seine Budgetplanung fertig machen musste. Doch später zuhause würde er alle Zeit der Welt haben.

10.10.2019  18:47 

Robert zog seine Schuhe aus und rief „Hey Computer, ich bin zuhause!“ Schon ging das Licht in der Küche, Wohnzimmer und Flur an. „Guten Abend Robert.“ Er liebte diese technische Hilfsmittel. So war er nie alleine, obwohl kein Mensch bei ihm ist. Genau, wie er es haben wollte. 

Er machte das Licht im Flur und im Wohnzimmer aus und ging dann in die Küche, um sich eine Kleinigkeit zu essen zumachen, die Tiefkühlpizza war  im Ofen und er konnte alles in seinem Arbeitszimmer vorbereiten.

Robert schaltete das Licht, sowie seinen Laptop ein.

„Computer lass den Rollladen im Arbeitszimmer runter.“ Nun war er etwas entspannter, aber das Gefühl beobachtet zu werden ließ ihn nicht los.

Er steckte den USB-Stick ein und lud die Daten auf seinen Rechner. Es würde einen Moment dauern, so ging er zurück in die Küche, um sich um seine Pizza zu kümmern.

Robert beschloss zuerst Thomas anzurufen, vielleicht bekam er von ihm noch ein paar Ideen und oder sogar jemand Verdächtigen.

„Hallo Robert? Hab ich was verpasst, dass du dich meldest?“ Robert schnaufte: „Es ist auch schön dich zu hören, Thomas!“ Thomas lachte leise am anderen Ende der Leitung: „Da ist heute jemand aber empfindlich… Geht es dir gut Robert?“ Robert dachte kurz nach, wie er es Thomas am besten erklären sollte, schließlich wäre das auch das Ende seiner Karriere beim Militär. „Thomas heute habe ich ein sehr merkwürdiges Päckchen bekommen. In diesem Päckchen war ein Handy und auf darauf waren Aufnahmen von unserem letzten gemeinsamen Einsatz. Ich weiß noch nicht von wem diese Aufnahmen sind oder wer mir das Handy geschickt hat, aber wir haben ein Problem.“  Es war totenstille auf der anderen Seite der Leitung. „Das ist doch nur ein Scherz von dir Robert!? Das kann nicht sein!“  Robert merkte die Panik in Thomas Stimme.„Doch Thomas, es stimmt leider, Bleib erst mal ruhig. Ich werde den Schuldigen finden und dann wird es sein, als wäre nie etwas passiert sein!“ Thomas atmete tief durch: „Robert, ich höre mich mal bei unserer ehemaligen Truppe um und halte dich so auf dem Laufenden. Bitte mach das auch für mich!“ Robert atmete durch. „Das werde ich Thomas, nur eine Frage du warst dir auch sicher, dass es keine Aufzeichnungen über unser Handeln gab, oder?“ Diesmal schnaubte Thomas: „Ja Robert, ich dachte auch nicht, dass es irgendwelche Beweise dafür gäbe!“ Robert atmete etwas erleichtert auf: „Ich melde mich wieder. Bis dann Thomas“ und da legte Robert auch schon auf.

10.10.2019  21:25 

Robert machte sich in seiner Küchen noch einen Kaffee, um sich dann ganz der Verfolgung des Fremden zu widmen. 

Nun Setzte sich Robert an seinen Schreibtisch, begutachtete noch einmal das Handy und die Aufnahmen. Man konnte ihn und Thomas auf jedem Bild deutlich erkennen. Er wendete sich nun den Überwachungsaufnahmen zu. Um 12:48 hatte er das Päckchen gefunden, von da aus würde er den Weg des Pakets zurückverfolgen. Robert merkte, dass er müde wurde, er nahm noch einen großen Schluck Kaffee. 

Er sah das hatte es in sein Büro gelegt hatte. Warum hatte ihn Lucas angelogen? Das Handy kann aber nicht von Lucas stammen, woher hatte Lucas also das Paket? So verfolgte Robert jetzt Lucas vorigen Weg. 

Da! Lucas hat das Paket von einer jungen Frau in der Lobby angenommen. Aber warum sollte Lucas das tun? Warum sollte er sich benutzten lassen? Plötzlich verschwammen die Bilder vor seinen Augen und er schlief einfach ein.

10.10.2019   22:12

Schlaf gut Robert dachte sich Yasmin und lächelte selbstbewusst. Es lief alles genau so, wie sie es wollte. Sie hatte Robert genau da, wo sie ihn haben wollte. Das Schlafmittel, welches sie mit Rosas Hilfe in die Kaffee Kapsel gespritzt hatte, hatte gut gewirkt. Rosa war Roberts Putzfrau. Mit ihrer Unterstützung hatte Yasmin auch die Kamera platziert und eine Spionagezugriff auf seinen Smarthome installieren können. So konnte sie alle seine Schritte genau verfolgen. Robert würde sich wünschen nie im Militär gewesen zu sein.

11.10.2019   7:03 

Robert wachte mit Kopf- und Rückenschmerzen auf. Was war los? Warum ist er vor seinem Laptop eingeschlafen? Er reckte sich und bemerkte, dass auf seinem Laptop eine Notiz stand. Er rieb sich seine Augen um erkennen zu können, was dort stand.

„Guten Morgen Robert.“ Er atmete tief durch, also hat sein Gefühl ihn doch nicht belogen: Er wurde beobachtet! Er stand langsam auf und ging in sein Schlafzimmer. Zum Safe, um sich seine Waffe zu holen, schnallte sich das Holster um und nahm zwei Magazine. Ab sofort würde er auf Angriffe vorbereitet sein.

 

Er ging zurück zu seinem Laptop und sah, dass da noch eine neue Nachricht stand „Kaffee sollte man abends nicht mehr trinken 😉“  Robert schluckte, ob das die junge Frau aus der Lobby war? Aber was sollte sie von ihm wollen und woher sollte so eine junge Frau diese Aufnahmen haben? Doch eins war sich Robert sicher, er würde nicht mit ihr kommunizieren und ihr keine Regung zeigen, dass wäre nur was sie wollte. „Habe ganz vergessen, mich vorzustellen. Wie unhöflich von mir, schließlich kenne ich dich besser als fast jeder in deinem Umfeld. Mein Name ist Yasmin, doch das wird dir nicht helfen, um zu wissen, wer ich bin. Deswegen klopfklopf.“ Robert fuhr herum, als es wirklich an seiner Tür klopfte. Er rannte zur Tür, seine Waffe entsichert und im Anschlag haltend .„Wer ist da!“ rief Robert und eine ältere Stimme antwortete ihm: „Ich bins Rosa. Ich hab ein Päckchen für sie, von einer jungen Frau namens Yasmin. Ich soll es ihnen genau um 7:29 bringen.“ Robert überlegte kurz: „Legen sie es auf die Fußmatte, ich komme gerade aus der Dusche. Danke Rosa sie sind ein Engel!“ Er konnte hören wie Rosa es auf den Boden legte und ging.

Robert ging in die Küche holte sein Handy und rief in seiner Firma an um sich krank zu melden. Er musste das hier erst klären, bevor er wieder arbeiten konnte, sonst litt seine Arbeit.

Er holte das Paket rein. Was war es diesmal? Er öffnete es. Lauter Briefe. In einer fremden Sprache geschrieben kamen zum Vorschein. Was sollte er damit? Er holte zwei heraus und erkannte, dass einer in Deutsch geschrieben war, sogar an ihn adressiert. Plötzlich begann das Paket zu rauchen, Robert musste husten, rannte in die Küche, riss alle Fenster auf und kam mit einer Flasche Wasser zurück. Der Rauch biß Robert in den Lungen und Panik stieg in ihm auf, eine unkontrollierte Panik. Er kämpfte gegen sie an, doch er verlor. Er rannte in sein Bad und stellte die Dusche auf kalt, um wieder klar zu werde. Dort saß er nun auf dem Boden und hoffte, dass die Panik sich wieder legen würde.

11.10.2019  9:40 

Roberts Finger waren blau, endlich fing er an die Kälte zu spüren und drehte er die Dusche wärmer um wieder aufzutauen. Er entledigte sich seiner Klamotten und schrubbte sich den ganzen Körper. Dieses beklemmende Gefühl musste weg.  Er hatte sein Handy mit ins Bad genommen. Zum Glück konnte er seine Belüftung mit dem Handy aktivieren, er würde einmal die komplette Luft austauschen. Aus was auch immer in diesem Rauch bestanden hatte, hatte ihn wieder kalt erwischt. So eine starke Panikattacke hatte er noch nie erlebt, obwohl er ab und an nach dem Krieg welche hatte, waren diese nie so intensiv gewesen.

Die Luft war rein, so ging Robert sich anziehen und las dann den Brief, der an ihn adressiert war.

Hallo Robert,

Mein Reich ist klein und unabschreitbar weit.

Ich bin die Zeit.

Ich bin die Zeit, die schleicht und eilt,

die Wunden schlägt und Wunden heilt.

Hab weder Herz noch Augenlicht.

Ich trenn die Gut’ und Bösen nicht.Ich hasse keinen, keiner tut mir leid.

Ich bin die Zeit.*

Komm zu deiner Stammtankstelle, da sehen wir uns. Deine Yasmin.

11.10.2019  12:18

Robert erreichte gerade die Tankstelle. Er betrat den Laden und schaute sich einmal um. Am Tressen stand ein Mann um die dreißig. Robert ging auf ihn zu, auf dem Namensschilds des Mannes stand Julian. Julian war schmächtig, gegen Robert hätte er keine Chance.

Aus dem Pausenraum kam eine orientalische Schönheit, sie lief direkt auf Robert zu und lächelte kühl. Ihre brauen Augen strahlten so eine Eiseskälte aus, dass es Robert eine Gänsehaut verpasste.

„Hallo Robert, schön dich endlich zu treffen! Julian ich mach Pause mit Robert“ Julian nickte nur und Robert konnte nicht fassen, das ihn ein so junges Mädchen an der Nase rum führen sollte.

Sie setzten sich in die Kaffeeecke und Robert beäugte sie misstrauisch. „Was willst du von mir!?“ fragte Robert direkt. Yasmin kicherte und schaute dann ernst „Vieles Robert, ich warte seit 13 Jahren auf meine Rache und das lustige daran ist, dass du immer noch nicht weißt wer ich bin. Das kann ich in deinen Augen sehen!“ Sie lehnte sich entspannt zurück. Robert schluckte seine Wut herunter. Sie wollte mit ihr Katz und Maus spielen. „Was war in meinem Kaffee und was in dem Rauch?“ Yasmin musterte ihn kurz. „Im Kaffee war ganz normales Schlafmittel, nur etwas höher dosiert aber du bist doch trotzdem pünktlich aufgewacht. Der Rauch war eine chemische Zusammensetzung die dein Angstzentrum angegriffen hat, er wirkt wie ein Rauschgift. Bevor du fragst, ich studiere Chemie meinen Master schreibe ich gerade in Toxikologie. Daher habe ich das nötige Know How.“ Er musterte sie nochmal. So alt sah sie noch gar nicht aus. „Ja ich bin sehr jung, ich hab mein Abi schon mit 16 gemacht. Hatte mein Ziel ja fest im Blick!“ Robert fand es unheimlich, dass Yasmin wusste ,was er dachte.„Was habe ich dir denn getan?“ Jetzt lachte Yasmin laut los: „Das musst du selbst rausfinden, dann wirst du begreifen warum ich deinen Tod will!“ Robert konnte seine Wut nicht mehr zügeln. Er sprang auf und packte Yasmin am Arm. Er wollte sie schütteln, doch plötzlich packte Yasmin ganz gezielt seine Hand und wehrte ihn ab. Gerade als Robert nochmal auf Yasmin los  gehen wollte, spürte er unheimliche Schmerzen eines Elektroschocker und  hörte einen ängstlich, hart wirkenden wollenden, Julian, der schrie „Die Polizei ist gleich da! Du Bastard!“ 

  

11.10.2019   13:30

Natürlich glaubt mir die Polizei, dass er mich bedrängt hatte. Ich hatte doch genau alles so arrangiert, dass er mir voll in die Falle tappen musste. Yasmin lächelte selbstzufrieden, nun folgt Schritt drei, das Finale. Yasmin war aufgeregt und voller Vorfreude. Sie packte die letzten Dinge in ihr Auto und fuhr los. 

11.10.2019    16:15

Die dämlichen Bulle haben ihr jedes Wort geglaubt. Aber ich bin auch ein Trottel,  bin ihr voll in die Falle gegangen.“ Die Polizei hatte in Roberts Blut Reste eines Rauschmittels gefunden, jetzt musste er über Nacht hier bleiben.  

Doch ein gutes hatte es, Robert wusste nach endlosem Grübeln endlich, wer Yasmin war und jetzt, dass sie ihm sehr gefährlich werden würde.

12.10.2019     9:10

Robert war endlich sauber, umgezogen und machte sich gerade daran wieder  die Tankstelle zu betreten, als Julian schon auf ihn zukam. „Ich soll dir das geben, wenn du hier aufschlägst. Sie ist nämlich nicht hier!“ Schon wieder ein Päckchen, obwohl es diesmal eher einem Brief ähnelte. „Danke!“ erwiderte Robert, stieg wieder in sein Auto und öffnete den Brief. in ihm war ein USB-Stick und ein Zettel, er faltete ihn auseinander und  las.

Hey Robert,

das ist dein Weg zu mir. Schließ ihn in deinem Auto an und er leitet dich.

Viel Erfolg.“

12.10.2019    21:43

Robert war an einem eingezäunten Waldstück angekommen. Das Tor stand offen. Es war stockdunkel und es wurde ziemlich frisch. Robert parkte sein Auto und überprüfte seine Waffe. Ließ sie in seiner Hand. Er stieg aus und ging zum Tor. Am Tor angekommen, sah er dort einen Zettel: „Komm und büße für deine Sünden.“ Robert ging selbstbewusst in das Waldstück hinein. Zum Glück hatte er immer eine Taschenlampe, die man auf seine Waffe aufstecken konnte dabei. 

Im Wald war ein roter Faden gespannt, Robert entschied sich ihm zu folgen. Nach einer Weile kam er an einem Baum, dort hing das Bild einer orientalischen Familie. Sein Handy klingelte. „Hallo Robert, erkennst du sie wieder? Du hattest mich gefragt, was du mir getan hast. Das ist deine Antwort!“ Robert schluckte: „Du warst das Mädchen oder!?“ Yasmin schnaubte am anderen Ende der anderen Leitung: „Ja, ich war das Mädchen, das an diesem Tag ihren Geburtstag feierte. Es war mein 10. Geburtstag, wir waren extra zu unseren Verwandten gefahren, was eigentlich nicht möglich war wegen des Kriegs. Doch mein Vater hatte ein paar Leute, die ihm einen Gefallen schuldeten und so sollte es mein schönster Geburtstag werden. Doch es wurde der schrecklichste Tag meines Lebens!“ 

Yasmin war den Tränen nahe „Es sind morgen genau 14 Jahre her, ironisch, dass wir am selben Tag Geburtstag haben, aber passend, dass es auch dein Todestag wird!“ 

Robert atmete verspannt ein und aus: „Wie bist du wieder nach Deutschland gekommen?“ Robert folget wieder dem roten Faden. „Du meinst nachdem deine Leute auf deinen Befehl hin, meine ganze hilflose Familie umgebracht hatten und du es mich anschauen liessest?!“ Yasmin schrie fast vor Zorn  „Mein Vater war nicht ganz tot, als ihr gingt und er wies mich an, das Geld aller Verwandten aus ihren Taschen und Wohnungen zu holen. Er gab mir sein Handy und sagte mir, wen ich anzurufen hätte und wer sich jetzt um mich kümmern würde. Er bat mich zu schwören, dass ich mich an dir rächen würde, egal was es kostete.“ 

Robert atmete tief durch: „Wir hatten unsere Befehle Yasmin, das war nicht meine Idee!“ Er versuchte sich raus zur reden. Dabei wusste er, dass sie Recht hatte. 

Yasmin schnaubte: „Robert, ich habe mir die Videos immer und immer wieder angeschaut. Man kann ganz deutlich hören, wie du den Befehl gibst! Zum Glück hatte mein Vater die nagelneue Videokamera mitgenommen und angestellt. Ich hab alles gegeben, damit dies, heute Nacht, sein Ende findet!“ Robert stolperte fast über eine Wurzel. Er sammelte sich kurz. „Yasmin ,wie soll das heute enden?“ Es ist kurze Stille am Telefon und Robert hatte das Gefühl im Kreis zu laufen 

„Du leugnest nichts mehr, sehr gut. Warum hast du den Befehl gegeben meine Familie zu töten? Wir waren auf einer Farm so weit außerhalb von allem, sonst wäre mein Vater nie mit meiner Mutter und mir dorthin gefahren?“ 

Robert schluckte, ja warum hatte er den Befehl gegeben? Vielleicht weil sie einfach so abgestumpft waren, dass es ihnen Spaß machte oder weil sie einfach nicht aufhören konnten zu töten… Robert konnte es nicht sagen. 

„Ich weiß nicht, warum wir das getan haben! Was wirst du jetzt machen Yasmin, wir finden bestimmt eine Lösung!“. 

Wieder lachte Yasmin diesmal klang es sehr verbittert. „Eine Lösung! Kannst du mir mein altes Leben zurückgeben? Nein! 

Kannst du mir meine Familie zurückgeben? Nein! 

Die einzige Lösung ist meine! Du und ich sterben und die Filme werden um 0:00 an die Polizei, ans Militär und an die Presse gehen!“ 

Robert konnte leise Yasmins Stimme hören. Sie war nicht mehr weit entfernt. Er entsicherte seine Waffe und ging auf die Stimme zu. „Warum sollten wir sterben müssen?!“ fragte Robert Yasmin vorsichtig. 

„Du musst aus Gerechtigkeit für meine Familie sterben und ich bin schon längst tot, ich bin gestorben als meine Mutter tot auf dem Boden aufschlug, als sie meinen Vater retten wollte. Ich bin schon gestorben, als meine Großeltern Arm in Arm verbluteten und ich bin schon längst gestorben, als du meinem Onkel von hinten in den Rücken schossest und damit auch meinen kleinen Bruder trafst. Ich bin ab dem Moment, als du sagtest, dass ich ganz genau hin schauen sollte, dass du uns beiden ein Geburtstagsgeschenk machen würdest, langsam vor mich hin gestorben! Es gibt nur diesen einen Weg!“ 

Jetzt war Robert bei Yasmin angekommen, sie lächelte ihn müde an und legte auf.

Robert überlegte, er wollte nicht sterben, aber leben im Gefängnis klang in seinen Ohren noch schlimmer.

„Wie willst du es beenden Yasmin?“ Sie lächelte breiter „Du erschießt mich und dann dich selbst! Ich will kein Blut an meinen Händen kleben haben. Du verstehst?“ Sie zwinkerte ihm zu und Robert nickte. 

„Auf Wiedersehen Robert!“ der Schuss klang so ohrenbetäubend laut, dass Robert selbst zusammen zuckte, obwohl er dieses Geräusch so gut kannte. 

Dann erklang noch ein Schuss und dann war es friedlich. Ruhig außer, dass man in der Ferne die Kirchturmglocken schlagen hörte. Es war 13.10.2019 0:00 Roberts und Yasmins Geburtstag.

3 thoughts on “Erinnerst Du Dich?

  1. Alle Achtung, da hast Du Dich an eine ganz große Tragödie herangetraut. Schön geschrieben – wenn ich es nicht in Deinem Profil gelesen hätte, hätte ich nicht auf eine LSR getippt, von daher ein doppeltes Kompliment, dass Du Dich da rangewagt hast. Deine Geschichte ist flüssig und flott erzählt, vielleicht ist sie mir an manchen Stellen bezogen auf das ernste Thema zu locker und umgangssprachlich, das könnte eventuell durch Kürzen der Ausschmückungen von Alltagshandlungen und Smalltalk noch etwas knackiger werden – das ist aber mein persönlicher Geschmack. Im Großen und Ganzen habe ich Deine Geschichte sehr genossen und am Schluss ziemlich schlucken müssen.

    PS.: Wenn Du Deine Geschichte noch mehr Leuten vorstellen magst, schau doch bei Instagram unter @wir_schrieben_zuhause – dort kannst Du Dich mit anderen Geschichtenschreibern austauschen.

  2. Hey Charlie,

    eine sehr gut ausgedachte Geschichte die du geschrieben hast 😉
    Die Idee, etwas zu schreiben, indem ein Militär-Soldat die Hauptrolle spielt finde ich sehr beeindruckend!! Und das am Ende (Achtung Spoiler!!!) beide Suizid begehen, damit hätte ich niemals gerechnet – sehr überraschend.

    Dein Schreibstil ist schön und auch gut und angenehm zu lesen. Hier und da hätte ich vielleicht die Ausdrucksweise und den Satzbau geändert 😉

    Liebe Grüße und noch viel Spaß beim Schreiben
    Sarah

    Vielleicht hast du ja auch Lust meine Kurzgeschichten zu lesen, kommentieren und/oder zu liken – sie heißt “Unschuldskind”.

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