ViolettCatGefangen in der Finsternis

Als ich zu mir kam, war es dunkel, so dunkel, dass ich die Hand vor Augen nicht sehen konnte. Ich lag ziemlich unbequem auf dem Boden und das wohl schon eine ganze Zeitlang, denn mein ganzer Körper schmerzte. Mein Kopf fühlte sich an als wollte er platzen. Bei dem Versuch mich etwas aufzurichten wurde mir sofort schlecht und schwindelig, also blieb ich einfach liegen und starrte Richtung Decke, ins Leere. Es war mir nicht klar, wie ich hier her gekommen war. Meine Erinnerungen waren sehr verschwommen und je mehr ich mich erinnern wollte, desto stärker wurden die Schmerzen in meinem Kopf.

Nach einer gefühlten Ewigkeit ohne mich zu rühren, um einer erneuten Schwindel Attacke zu entgehen, wagte ich einen zweiten Versuch mich aufzurichten.  Dieses Mal gelang es mir auch, es kostete mich sehr viel Kraft und ich lehnte mich gegen die Wand hinter mir. So blieb ich mit geschlossenen Augen einfach sitzen bis ich mich traute sie wieder zu öffnen. Es drehte sich immer noch alles und die Schmerzen im Kopf waren auch noch da, aber es war schon etwas besser geworden. Also begann ich vorsichtig den Kopf zu drehen um herauszufinden wo ich hier war, doch der ganze Raum war dunkel. Meine Augen brauchten Zeit sich an die neue Situation zu gewöhnen und dann sah ich die einzige Lichtquelle im Raum, sie war nicht sehr hell, zeichnete aber sehr deutlich die Umrisse einer Tür ab. Mein Herz schlug gleich etwas schneller vor Aufregung. Es gab mir neue Kraft und ich versuchte mein Gleichgewicht auf meinen zitternden Beinen zu finden, sofort wurde mir wieder übel, aber weit nicht mehr so stark. Ich schwankte vorsichtig, Schritt für Schritt auf die Lichtquelle zu. Als ich sie erreichte tastete ich nach dem Türgriff, er fühlte sich unwirklich in meiner Hand an aber auch nach Freiheit. Ich drückte ihn nach unten und es passierte… nichts! Die Tür blieb verschlossen. Ich klopfte erst dagegen, dann hämmerte ich auf sie ein und rief so laut es meine Situation zuließ, doch mir wurde nur wieder schummrig. Niemand antwortete. Immer stärker zog ich an dem Griff und hämmerte abwechselnd mit den Fäusten gegen die Tür, bis beide Hände schmerzten, fast schon hysterisch schrie ich „Hallo, ist da jemand? Kann mich jemand hören? Ich bin eingesperrt und brauche Hilfe!“ doch ich bekam keine Antwort und nachdem ich mich wieder etwas beruhigt hatte und mein Adrenalin wieder sank, spürte ich wie mir schwindelig wurde. Ich sank auf den Boden und verlor das Bewusstsein.

 

Als ich wieder zu mir kam, war es fast wie beim ersten Mal, ich lag wieder in der selben Ecke, nicht mehr vor der Tür, jemand musste mich dorthin gebracht haben, jemand war also bei mir gewesen. Vorsichtig richtete ich mich auf, diesmal war es einfacher, ich fühlte mich kräftiger. Also ging ich wieder zu der Tür drückte den Griff und… nichts. Frustriert boxte ich dagegen und bereute es sofort, der Schmerz durchzuckte mich heftig und musste irgendwie etwas ausgelöst haben, denn auf einmal konnte ich mich an etwas erinnern, es wurde ganz klar vor meinem inneren Auge, wie ein Film im Fernsehen. Da war helles Licht das mich blendetet und schnell auf mich zukam und ein Geräusch. Laut, aufdringlich. Ein schrilles quietschen und dieser Geruch. Der Geruch von verbranntem Gummi stieg mir in die Nase, Alle meine Sinne waren bis auf äußerste gereizt. Doch genauso schnell wie es angefangen hatte war es auch wieder vorbei und alles was mir blieb, war die Erkenntnis.

Entsetzt glitt ich zu Boden, keuchend und nach Atem ringend versuchte ich meine Gedanken zu ordnen. Ich wurde angefahren, so brachte man mich hierher, deshalb die Kopfschmerzen, ich musst mit dem Kopf auf der Straße aufgekommen sein. Daher die Erinnerungslücken. Vielleicht hatte ich eine Gehirnerschütterung?

Aber wieso? Wer sollte mich anfahren und dann entführen?

Ich besaß nicht viel Geld, lebte alleine und war ein einfacher Angestellter, eines mittelmäßigen Unternehmens. Kurzum ein völlig durchschnittlicher Typ und doch befand ich mich aus irgendeinem Grund in dieser Lage wieder.

Ich musste unbedingt versuchen einen Ausweg zu finden, also tastete ich mich an der Wand entlang. Ich musste rausbekommen ob es noch mehr in dem Raum gab und ohne eine Ablenkung würde ich in nur wieder der Panik verfallen.

Also setzte ich vorsichtig einen Fuß vor den anderen. Es dauerte nicht lange und ich erreichte eine Ecke des Raumes, dann noch eine und dann noch eine. Bei der zweiten Runde zählte ich meine Schritte mit. In dem Raum gab es nichts, nur vier Ecken, jeweils getrennt von ca. zwei Metern und die Tür. Ich kroch vorsichtig auf allen vieren durch die Mitte des Raumes, doch auch da war nichts. Der Raum war völlig leer.

An der Tür blieb ich stehen, versuchte durch den Ritz, der das Licht in mein Gefängnis lies, nach draußen zu blicken, aber das Licht blendete mich so stark, dass es mir die Tränen in die Augen trieb. Verzweiflung und Wut lies ich erneut an der Tür aus. Danach sank ich auf die Knie und schrie so laut ich konnte.

Es war Freitag, wer weiß wie lange ich schon hier war und ich hatte keine Pläne für das Wochenende gemacht, niemand würde mich vermissen, niemand würde nach mir suchen. Ich schrie bis ich keine Luft mehr bekam, also versuchte ich mich zu beruhigen, legte mich auf den Boden, versuchte langsam und tief zu Atmen.

Nachdem sich meine Atmung und mein Puls etwas normalisiert hatten, versuchte ich mich zu erinnern, in Gedanken ging ich immer und immer wieder meine letzten Schritte durch. Doch so sehr ich mich auch anstrengte, schweiften meine Gedanken immer wieder in meine Zelle zurück. Es war mir unmöglich mich zu konzentrieren.

„Los Ben, komm schon!“ sagte ich zu mir in die Dunkelheit „Streng dich an, was hast du gemacht bevor du hier gelandet bist?“ Natürlich rechnete ich nicht mit einer Antwort, aber umso erstaunter war ich als ich meinen Namen hörte.

„Ben? Ist das dein Name?“

Völlig verblüfft schaute ich mich um, sehen konnte ich natürlich immer noch nichts, aber es hatte mich einfach so überrascht.

„Ben. Bist du noch da? Bitte rede mit mir.“ Flehte die Stimme mich an.

„Wo bist du?“ fragte ich ins Dunkel. Die Stimme kam mir irgendwie vertraut vor. Sie gehörte einer Frau und hatte für mich einen beruhigenden Klang.

„Ich bin mir nicht sicher. Ich bin in einem Raum gefangen, es fühlt sich an als wäre ich schon ein oder zwei Tag hier eingesperrt.“

Zwei Tage? Sie hatte sich nicht gemeldet, als ich auf die Tür eingeschlagen hatte, ich hatte geschrien und getobt, aber sie hatte geschwiegen! Warum hatte sie sich erst jetzt zu erkennen gegeben? Aus Angst? Ich nahm mir vor sie das später zu fragen, denn etwas an ihnen Worten hatte meinen Mut sinken lassen, auch wenn ich mir ziemlich sicher war, dass ich nicht auf meinen Entführer treffen wollte, so hatte ich doch gehofft Hilfe zu bekommen. „Du wurdest auch entführt?“

„Ja“ ich hörte sie leise schluchzen.

Um sie abzulenken fragte ich sie nach ihrem Namen.

„Ich heiße Sophie“

„Hallo Sophie, hast du ein Fenster oder ein Tür in deinem Raum?“

„Ja, eine Tür, aber die ist abgesperrt und es ist so grell hier. Das Licht brennt ununterbrochen.“ Es klang so als wäre sie im Raum neben mir, ihre Stimme klang dumpf durch die Wand.

„Hast du eine Idee wer uns hier eingesperrt hat, oder wie viele Entführer es sind?“

„Nein. Du bist der Erste mit dem ich spreche seit ich hier aufgewacht bin.“ Und wieder weinte sie leise.

„Ist schon gut Sophie, wir kommen hier bestimmt bald raus!“

Nachdem sie sich etwas beruhigt hatte fragte sie mich „Kannst du nach draußen sehen?“

Meine Antwort von der Dunkelheit ließ sie länger und verzweifelter weinen als die beiden Male zuvor.

 

Eine Zeitlang war es still, keiner sagte etwas. Dann unterbrach ich die Stille die für mich kaum noch zu ertragen war: „Weißt du wie du hier gelandet bist?“

„Ich glaube, ich wurde betäubt. Ich weiß noch, dass ich auf dem Heimweg war, es war schon dunkel und… und mich packte jemand von hinten und drückte mir ein Tuch auf den Mund, es roch komisch und dann wurde alles schwarz. Als ich aufwachte war ich hier drinnen gefangen. Ich…“ Sie machte eine Pause und ich ließ ihr die Zeit die sie brauchte bis sie von alleine fortfuhr „Ich lebe alleine, keiner wird nach mir suchen!“

Auch wenn ich selbst kaum daran glaubte, wollte ich nicht das sie die Hoffnung aufgab „Sie werden uns finden! Ich bin mir sicher, meine Leute werden nach mir suchen und sie werden uns finden! Ich bin am Wochenende mit Freunden verabredet, wenn ich mich nicht melde und sie nicht wissen wo ich bin, werden sie zur Polizei gehen und nach mir suchen.“ Vielleicht log ich nicht nur um ihretwillen, sondern auch für mich, ich wollte unbedingt glauben, dass wir hier rauskamen.

„Wie bist du hier gelandet?“

Erneut versuchte ich mich zu erinnern und spürte, dass ich auch dieses Mal der Antwort etwas näher kam.

„Ich kann mich nicht genau erinnern.“

„Versuche es, bitte.“ Forderte sie mich auf.

„Also gut. Ich glaube es war Freitag, Freitagabend!“ es laut auszusprechen half mir vielleicht mich zu erinnern „Ich hatte Feierabend gemacht, war der letzte, alle anderen waren früh ins Wochenende gegangen aber ich wollte meine Arbeit noch unbedingt beenden und dann…? Dann war ich noch einkaufen, in dem Supermarkt um die Ecke von meiner Wohnung. Ich glaube die Kassiererin hat mit mir geflirtet, eigentlich war sie genau mein Typ.“ Ich lächelte bei der Erinnerung.

„Dein Typ?“ unterbrach mich Sophie. „Lass mich raten blond, schlank, jung und hübsch?“

Die Frage und auch der Tonfall lies mich die Luft anhalten, woher kam das so plötzlich? „Ist alles o.k.?“ Fragte ich sie, um sie nicht gegen mich auf zu bringen.

„Es tut mir leid, der letzte Mann in meinem Leben war kein sehr netter Typ.“

„Verstehe“ sagte ich, auch wenn es nicht der Wahrheit entsprach. „Ich kann auch aufhören, aber ich erinnere mich nicht mehr an alles und es laut auszusprechen hilft mir, meine Erinnerungen zurück zu holen.“

„Du hast Recht. Mach weiter, ich höre dir zu!“

„Ich ging also nach Hause, mit meiner Fertigpizza und meinem Salat… und vor meiner Haustür wartete mein Kollege Markus auf mich. Er saß auf der Treppe vor der Tür mit meinem Handy in der Hand. Ich musste es wohl auf der Arbeit vergessen haben und er brachte es mir nach Hause. Ich hatte nicht mal gemerkt, dass es weg war. Markus wollte schnell nach Hause und ging direkt wieder. Doch als ich das Telefon einschaltete, merkte ich sofort, dass es nicht meins war.“

„Woran?“ fragte Sophie.

„Das Hintergrundbild. Es war nicht meins. Marke und Modell haben gestimmt aber das Hintergrundbild war ein Bild von einer Frau, sie kam mir bekannt vor, irgendwo hatte ich sie schon mal gesehen, aber ich ging in dem Moment einfach davon aus, dass es Markus Frau sein musste. Es musste sein Handy sein.“

„Hast du das Handy noch?“ Sophies Stimme klang aufgeregt.

Ich konnte nicht fassen, dass ich nicht selbst schon darauf gekommen war. Ich tastete meine Taschen ab und da war es, in meiner Jackentasche. Die ganze Aufregung, ich hatte es nicht gespürt und jetzt hielt ich vielleicht den Schlüssel für unsere Freiheit in der Hand. Ich aktivierte den Bildschirm, es blendete mich unangenehm. Einen kurzen Augenblick ließ ich meine Augen sich daran gewöhnen. Es war nicht durch ein Passwort oder ähnliches geschützt. Die Frau blickte mich wieder an. Sie kam mir immer noch bekannt vor und das ließ mich zögern.

„Ben? Was ist bei dir los?“

„Du hattest Recht, ich hatte das Handy die ganze Zeit in meiner Tasche.“

„Hast du Empfang, kannst du telefonieren?“

Ich tippte die Notrufnummer auf dem Display ein, doch es funktionierte nicht. „Nein, leider nicht. Nicht mal die Notrufnummer, es muss manipuliert worden sein.“

„Wäre auch zu schön um wahr zu sein. Kannst du eine SMS verschicken?“

„Gute Idee.“ Ich tippte „Hilfe bin entführt worden. Ruf die Polizei.“ und meinen Namen unter die Nachricht. Dann schickte ich es an meinen besten Freund Andi. Natürlich ging auch die Nachricht nicht raus.

„Mist!“ enttäuscht hätte ich das Telefon am liebsten gegen die Wand geschleudert, doch ich riss mich zusammen. Wer weiß ob wir es nicht noch brauchen würden. Die vielleicht einzige Chance die wir hatten durfte ich natürlich nicht zerstören! Sophies Stimme holte mich aus meinen Gedanken zurück.

„Ben? Hat nicht funktioniert, oder? Aber bitte hör nicht auf mit mir zureden, ich ertrage die Stille nicht! Erzähl mir was dann passiert ist.“

„Ich rannte Markus hinterher, als ich ihn erreicht hatte wollte er gerade in sein Auto steigen. Uns trennte noch die Straße, also rief ich seinen Namen und er wartete auf mich. Ich hielt ihm das Handy über seinem Wagendach entgegen, aber er meinte es gehöre ihm nicht. Es lag auf meinem Tisch im Büro. Ich weiß aber, dass ich der letzte im Büro war. Er und alle anderen waren früher gegangen. Er weigerte sich regerecht es zurück zunehmen und ließ mich einfach auf der Straße stehen. Kaum war er weggefahren, wurde ich angefahren und kam hier wieder zu mir, eingesperrt und ich denke das er dahinter stecken könnte. Was ist wenn das wirklich seine Frau auf dem Handy ist?“

„Aber was für ein Grund hätte er dafür?“

„Ich weiß es nicht aber irgendwie hat er sich komisch verhalten und jetzt bin ich hier und habe immer noch dieses Handy einstecken.“

Sophie schwieg eine Zeitlang.

Während ich ihr das erzählte, hatte ich das Handy komplett durchsucht. Das Telefonbuch war leer sowie sämtliche Nachrichten. Es hatte kein Internet und keinen Empfang. Dann schaute ich mir die Apps an, aber außer die Standard Apps des Herstellers waren keine weiteren darauf zu finden. Ich schaltete die Taschenlampe an. Die Wände meiner Zelle waren schwarz, der Raum war völlig unmöbliert. Ich schaltete die Taschenlampe wieder aus um Akku zu sparen. Es dauerte bis ich mich wieder an die Dunkelheit gewöhnt hatte.

Zum Schluss schaute ich mir die Bilder in der Galerie an, doch es gab nur zwei. Das Hintergrundbild und noch ein weiteres, aufgeregt öffnete ich es und konnte es kaum glauben. Auf dem Bild konnte ich mich erkennen und neben mir saß die Frau von dem Hintergrundbild. Wir wirkten etwas betrunken und sie lag in meinem Arm. Ich betrachtete das Bild eine Zeit lang, ich kannte die Frau also doch von früher. Angestrengt versuchte ich mich an diesen Abend zu erinnern. Die Couch auf der wir saßen gehörte meinem Freund Andi. Ich war damals oft bei ihm gewesen und wir feierten viele wilde Partys, deshalb konnte ich nicht gleich sagen, wann das Foto aufgenommen wurde. Während ich angestrengt nachdachte, erlosch das Licht vom Display des Handys und tauchte mich wieder in Dunkelheit.

Und dann fiel es mir wieder ein.

Das Foto entstand in Andis erster Wohnung, wir waren damals gerade mit der Schule fertig und er gab eine wilde Geburtstagsfeier für mich. Alle unsere Kumpels waren dabei. Die Wohnung war total überfüllt, zum Großteil, mit Leuten die ich noch nie gesehen hatte, es war laut und stickig aber es herrschte eine gute Stimmung und umso später der Abend umso betrunkener waren wir. Bis heute kann ich mich nicht mehr an alles erinnern, was in dieser Nacht passiert war. Am nächsten Morgen erwachte ich auf Andis Couch, total verkatert und mit riesigen Erinnerungslücken. Wir waren damals ziemlich wild drauf gewesen, viel Alkohol ein paar Experimente mit Drogen.

„Ben, was ist los bei dir? Du bist so ruhig?“ Sophies Stimme riss mich aus meinen Gedanken.

„Entschuldige, ich glaube ich kann mich an die Frau auf dem Bild erinnern.“

„Woher? Wer ist sie?“

„Ich bin mir nicht sicher, aber ich kenne sie wohl von früher.“

„Sie ist also nicht die Frau deines Kollegen?“

„Möglich wäre es, ich arbeite mit Markus seit circa fünf Jahren zusammen, sie muss ich vor ungefähr zehn Jahren kennen gelernt haben und Markus Familie habe ich noch nie gesehen.“

„Dann wäre es möglich, dass dieser Markus dich hierher gebracht hat? Ich kenne aber keinen Markus, was habe ich damit zu tun? Und warum sitzt du im Dunkeln und ich im hellen? Wieso hat er dir das Handy gelassen?“

„ICH WEIß ES DOCH AUCH NICHT!“ schrie ich wütend. Diese vielen Fragen und keine Antworten. „Woher soll ich das wissen, aber hier ist ein Bild auf dem Handy und wahrscheinlich will er das ich mich daran erinnere.“

„Schon gut. Es tut mir leid, ich wollte dich nicht aufregen. Ich verstehe es nur nicht.“ Sie fing an zu weinen und das weckte bei mir Schuldgefühle, weil ich sie angeschrien hatte. Aber es weckte in mir auch eine weitere Erinnerung an diese Frau. Sie war auf der Party gewesen und sie hatte geweint. Ich erinnerte mich an einen dunklen Ort und das ich mit ihr zusammen da war.

„Sophie?“ Sie hörte auf zu weinen und ihr schweigen deutete ich als Aufforderung weiter zu reden „Ich glaube, der Frau ist etwas zugestoßen!“

„Wie kommst du darauf?“ Sophies gedämpfte Stimme hatte sich verändert. Sie klang plötzlich kalt und distanziert. Verunsichert stammelte ich „Nur so ein Gefühl!“

„Gefühl? Du willst was über Gefühle wissen?“ Sie lachte, ein kaltes und humorloses lachen und schrie mir dann entgegen  „Du bist doch Schuld daran, dass ich nicht mehr fähig bin für irgendjemanden etwas zu empfinden.“

Es verschlug mir die Sprache.

„Du bist ein jämmerliches, perverses Schwein!“ Sophies Stimme war voller Hass. Hass auf mich und ich hatte keine Ahnung wieso.

„Bin ich deinetwegen hier? Hast du mich hierher gebracht?“

Und wieder dieses lachen: „Natürlich! Oder kennst du noch eine Frau deren Leben du zerstört hast? Haben noch mehr Frauen ein Grund dir so etwas anzutun?“

„Ich? Was? Wovon redest du denn da?“ Das ergab keinen Sinn!

„Deine Geburtstagsparty vor zehn Jahren!“

Mich beschlich ein ungutes Gefühl: „Du bist die Frau auf dem Handy?“

„Die Frau? Ich war damals noch ein KIND. Sie spuckte mir die Worte voller Abscheu entgegen. Ich schloss die Augen ganz fest. Das konnte nicht sein, nie würde ich einem anderen Menschen Schaden zufügen. Sie musste sich einfach irren!

Aber da war noch ein anderer Gedanke, der mich immer wieder eingeholt hatte. Warum hatte sich Sophie erst so spät zu erkennen gegeben und endlich hatte ich die Antwort, die ganze Zeit hatte ich ihr vertraut und sie hatte es gnadenlos ausgenutzt, hatte mir etwas vorgespielt!

Sie hat mich hier eingesperrt, hatte mich in die Ecke zurück geschleift als ich bewusstlos war. Sie wollte mich im Dunkeln lassen und dann dieses meisterhafte Schauspiel, sie war echt gut! Fast hätte ich ihr dafür applaudieren können. Nur war mir immer noch nicht klar, wieso sie mir das antun sollte. Womit sollte ich das verdient haben?

Ihre Stimme unterbrach meine Gedanken: „Ich wurde von meiner Freundin Sonja zu deiner Party mitgeschleift, eigentlich hatte ich keine Lust auszugehen. Aber sie ließ nicht locker, ihr aktueller Freund war damals dein guter Kumpel Andi, dieses Schwein, der die Party für dich gegeben hat.“ Ihre Stimme zitterte vor Wut. „Kaum waren wir da, war Sonja auch schon mit ihm verschwunden und ich saß alleine da.“

Bilder stiegen vor meinem inneren Auge auf. Diese Party war völlig aus dem Ruder gelaufen.

„Dann lernte ich dich kennen und es sah so aus, als würde es doch ein netter Abend werden, wir flirteten ein wenig miteinander und ich mochte dich! Aber umso später es wurde umso betrunkener warst du. Ich hatte mit Alkohol keine Erfahrungen. Du hattest mir einen Becher in die Hand gedrückt und meintest es würde mir bestimmt schmecken. Nur damit du es weißt, hat es nicht und die Mischung war viel zu stark für mich. Es dauerte nicht lange bis ich betrunken war, ab da ist alles nur noch verschwommen.“ Sie machte eine Pause und Atmete tief ein bevor sie weitersprach. „Irgendwann ließen sich Sonja und Andi auch wieder blicken und ich weiß noch wie widerlich Andi dich angegrinst hat, er wünschte dir alles Gute und machte dir den Vorschlag mich mit in sein Schlafzimmer zu nehmen. Ich konnte kaum noch geradeaus gehen, alles drehte sich. In dem kleinen Schlafzimmer war es dunkel und stickig am liebsten hätte ich mich einfach nur zum Schlafen hingelegt. Aber dann spürte ich wie du deinen Körper gegen meinen gepresst hast. Ich drehte mich um, um aus dem Zimmer zu gehen aber du hieltest mich fest und du hast mich geküsst, ziemlich wild und sehr fest. Meine Haut im Gesicht fing an zu brennen, es hat wehgetan und ich versuchte dich von mir weg zu drücken, aber du hast mich auf das Bett gestoßen. Es war als wäre ich auf einmal wieder nüchtern, als ich deine Hände überall auf meinem Körper spürte. Ich sagte dir du sollst aufhören und mich gehen lassen, versuchte deine Hände weg zu schieben aber du warst viel stärker wie ich und schwerer. Es war fast so als würde dein Gewicht mich erdrücken. Du lagst auf mir drauf und mein Weinen, mein Flehen, es war dir egal und, und…“ ersticktes weinen lies ihren Vorwurf fast untergehen „du wolltest mich vergewaltigen.“

Ich war Unfähig etwas zu sagen oder zu tun.

 

 

Eine lange Zeit sagte niemand mehr etwas, ich war zu geschockt von den Vorwürfen. Die Ereignisse überschlugen sich in meinem Kopf. Markus musste ihr geholfen haben, dass konnte einfach kein Zufall sein. Sie hatten mich hierhergebracht und dieses Schauspiel inszeniert, damit ich mich erinnerte.

Es machte mich wütend, aber wenn ich ehrlich war, wusste ich nicht genau auf wen, denn umso mehr ich mich erinnerte, desto klarer wurde mir das ich auf der Party zu weit gegangen war. War ich wirklich so Betrunken gewesen, um Sophie so etwas anzutun und es dann im Rausch zu verdrängen? War das möglich?

Ich schaltete das Handy wieder an und betrachtete ihr Bild, ihr lächeln erschien mir etwas traurig und ihre Augen sahen mich strafend an. Danach öffnete ich das Bild von der Party und schaute mir auch das noch mal ganz genau an.

„Sophie, so bin ich nicht! Keine Ahnung was an dem Abend mit mir los war, ich kann mich immer noch nicht richtig erinnern, aber es tut mir leid dass ich dir wehgetan habe und ich habe meine Lektion gelernt, bitte lass mich gehen.“

„Du willst gehen? Das würde ich auch gerne!“

Die Antwort hatte ich nicht erwartet, was meinte sie damit?

„Du hast mich festgehalten und meinen Rock hochgeschoben, du hattest deine Hände überall an meinem Körper und du hättest nicht aufgehört.“

„Ich war betrunken!“

„Dank dir, war ich das auch, zum ersten Mal in meinem Leben und naiv genug zu glauben, dass du ein netter Junge wärst.“

Auch wenn sie es nicht sehen konnte schüttelte ich heftig den Kopf.

„Ich kann mich nur bruchstückhaft erinnern. So bin ich nicht. Bitte du musst mir das Glauben. Ich hätte doch nie…“

„Was? Mich vergewaltigt? Da kann ich dich beruhigen, hast du auch nicht aber das war aber nicht dein Verdienst! Du hättest nicht aufgehört, wäre Sonja nicht wieder ins Schlafzimmer gekommen. Ich konnte dich nicht davon abhalten, aber sie hat dich von mir runtergezogen und dich aus dem Zimmer gejagt.“

„Dann habe ich nichts gemacht? Es ist nichts passiert?“ Ich konnte es ja nicht mal aussprechen.

„Nichts würde ich es nicht nennen.“ Und doch verspürte ich Erleichterung.

„Vergewaltigt hast du mich nicht, aber du bist Schuld daran, an allem was an diesem Abend passiert ist und ich wünschte ich wäre dir nie begegnet!“

„Sophie, es tut mir leid, aber ich verstehe es nicht, warum bin ich hier?“

„Deinetwegen war ich völlig fertig. Ich wollte nur noch weg und bin aus dem Haus gerannt.“

„Was ist passiert Sophie? Bitte sag es mir.“

„Du weißt! Du hast versucht mich aus deiner Erinnerung zu verbannen, aber du weißt was passiert ist? Du hast einfach so getan als wäre nie etwas passiert. So einfach war das für dich? Einfach vergessen? Du hast dein Leben einfach weitergelebt als wäre nichts geschehen!“

„Das behaupte ich nicht und es…“

„Waage es nicht dich schon wieder zu entschuldigen! Ich glaube dir nicht, du bist der einzige der sich hier Leid tut. Es stand damals in der Zeitung und ein Fernsehteam war da. Die ganze Nachbarschaft kann sich noch daran erinnern, nur du nicht.“

Es stand in der Zeitung! Das löste etwas aus. Nach der Party waren die Zeitungen voll davon gewesen. Ein tragischer Unfall! Ein Mädchen war überfahren worden und man wusste nicht ob sie es überleben würde. Tagelang war es Thema Nummer eins in unserer Nachbarschaft. Aber eine Verbindung hatte ich nie gesehen, was wahrscheinlich auch damit zusammenhing das ich zwei Tage mit den Auswirkungen meines Katers zu kämpfen hatte. Irgendwann hörte ich das, dass Mädchen wahrscheinlich nie wieder laufen könnte, wenn sie es überleben sollte. „Das warst du?“ Ich schloss für einen Augenblick die Augen und holte tief Luft. „Du hattest den Unfall nach der Party.“

„Du erinnerst dich ja doch. Ich bin auf der Flucht vor dir vor ein Auto gelaufen. Der Fahrer hatte mich in der Dunkelheit zu spät gesehen.“

„Aber ich bin dir nicht nachgelaufen und ich habe dich auch nicht angefahren!“

„DU HAST MEIN LEBEN ZERSTÖRT UND DU WEIßT GENAU WAS DU GETAN HAST!“

„Ich weiß es nicht! Wirklich nicht! Du machst das alles aus Rache?“

„Du nennst es Rache, ich nenne es Gerechtigkeit!“

„Du kannst nicht mehr laufen und das ist schlimm, aber du willst mich dafür hier sterben lassen?“

„Nicht mehr laufen? Bist du dir sicher das dass alles war? Mehr stand nicht in der Zeitung? Vielleicht brauchst du einfach noch mehr Zeit um dich zu erinnern?“

„Mehr Zeit? An was soll ich mich noch erinnern, sag es mir.“

„Du weißt was mir passiert ist, du willst es nur nicht wahr haben.“

„Bitte, Sophie.“ Selbst in meinen Ohren klang ich kläglich. „Sag mir was du von mir willst?“

„Ich will dass du dich an alles erinnerst und ich will, dass du leidest, so wie ich gelitten habe. Du hast mir an dem Abend alles genommen und jetzt beschütze ich andere vor dir, denn du bist kein guter Mensch!“

Mit Tränen in den Augen stammelte ich „Sie werden nach mir suchen.“

„Rede dir das nur weiter ein, ich weiß, dass du gelogen hast, niemand erwartet dich. Niemand sucht nach dir und keiner weiß wo du bist!“

Ihre Worte ließen mich aufstöhnen, denn ich wusste, dass es stimmte. So schnell würde niemand nach mir suchen und niemand, nicht mal ich, wusste wo ich bin.

Vielleicht war es nicht klug, aber ich wurde wütend, denn auch wenn ich was falsch gemacht hatte, hatte ich den Unfall nicht verursacht, hatte sie nicht vor das Auto gestoßen. Sie hatte unrecht, also schrie ich sie voller Verzweiflung an sie solle zur Hölle fahren.

Doch von der anderen Seite der Wand kam nichts mehr, um mich wurde es still.

„Sophie?“ Keine Antwort. Sie hatte mich alleine gelassen.

„SOPHIE. Bitte du kannst mich hier doch nicht krepieren lassen. Es tut mir leid. Sophie? Bitte.“ Ich war aufgesprungen und ließ wieder meinen ganzen Frust an der Tür aus. Ich schrie und hämmerte bis mir die Kraft fehlte und brach in der Mitte des Raumes völlig erschöpft, verängstigt und weinend wie ein Baby zusammen.

Sie würde mich hier sterben lassen! Ich konnte es nicht glauben, ich hatte meine Karten verspielt. Das alles musste ein böser Traum sein, aus dem ich nicht erwachen konnte.

Was meinte sie mit war das alles?

Angestrengt dachte ich darüber nach. Was hatten die Zeitungen noch berichtet?

Immer wieder schaltete ich das Handy an um Sophies Bild zu betrachten. Warum? Etwas musste noch passiert sein, an das ich mich nicht erinnern konnte, aber gerade jetzt war es wichtig, dass es mir wieder einfiel! Ein Telefonjoker wäre jetzt nicht schlecht. Ich lächelte über meinen eigenen Witz und war überrascht, dass ich noch Witze machen konnte.

Einige der Leute hatte ich nach der Party nie wieder gesehen. Andi war auch heute noch mein bester Freund, aber mit Sonja war er schon lange nicht mehr zusammen. Dabei fiel mir ein, sie hatten sich kurz nach der Party heftig gestritten. Ich hatte nie nachgefragt warum sie sich getrennt hatten. Es war mir damals egal gewesen! Ich war froh das Sonja weg war. Andi hatte wieder mehr Zeit für seine Kumpels und mehr interessierte mich damals einfach nicht. Vielleicht hatte Sophie ja doch Recht, scheinbar waren mir andere Menschen ziemlich egal, das würde ich ändern, wenn ich hier rauskam.

Hatte sich Sonja vielleicht von Andi getrennt, weil sie mich mit Sophie im Schlafzimmer erwischt hatte? Ich würde Andi danach fragen wenn ich noch mal die Chance dazu bekommen sollte. Wenn…!

Ich lag immer noch in der Mitte der Zelle auf dem Boden und rief, wieder und wieder ihren Namen: „SOPHIE“ und ich würde damit nicht aufhören, bis sie mich nicht mehr ignorieren konnte. Ich war verzweifelt, aber einfach aufgeben wollte ich nicht und auch wenn ich ihr damals Unrecht getan hatte, gab es ihr nicht das Recht mich hier einzusperren. Ich hatte vor sie zu rufen, bis sie es nicht mehr aushielt und die Tür öffnen würde, ich konnte schon sehen, wie ich sie überwältigte, konnte das Tageslicht auf meiner Haut spüren, vielleicht war es auch Nacht? Wie auch immer, ich konnte die frische Luft schon spüren und schmecken. 

Doch es blieb still auf der anderen Seite der Wand und auch an die Tür kam niemand.

Es verging viel Zeit, oder fühlte sich zumindest so an und dann war da dieser Gedanke, ich wusste wieder was in dem Artikel noch gestanden hatte. Aber das war nicht möglich! Das würde bedeuten…

Und dann, ganz plötzlich ging das Licht an.

Es war so grell, dass es in den Augen brannte. Ich blinzelte und legte meinen Kopf in die Armbeuge um meine Augen vor dem Licht zu schützen.

Es tat weh und wurde nur sehr langsam besser.

Blinzelnd versuchte ich etwas zu erkennen. Meine tränenden Augen machte es mir nicht leicht, aber jetzt konnte ich mir mein Gefängnis genauer ansehen.

Alle vier Wände waren dunkel gestrichen, sonst gab es da nichts.

Ich schaltete das Handy wieder ein und aktivierte die Kamera im Selfie Modus. Was ich sah, war kaum wieder zu erkennen. Meine Augen wirkten Müde und gehetzt, überall war die Haut aufgerissen, geschwollen und abgeschürft. Meine Haare, mein Körper waren blutverkrustet.

Meine Kleider zerrissen. Ich wirkte dünner, hatte einige Kilos eingebüßt. Fast hätte ich mich nicht wiedererkannt. So lange war ich doch noch nicht hier!

Um mir den Anblick zu ersparen schaltete ich das Handy wieder aus und wünschte mir fast die Dunkelheit zurück. Ich musste unbedingt erkennen was hinter der Tür lag, also drückte ich meinen Kopf erneut gegen den Türspalt und blinzelte durch den Ritz. Es war hell, aber mehr konnte ich nicht erkennen. Dann legte ich mein Ohr an den Spalt, angestrengt lauschte ich und plötzlich hörte ich es, es war ein piepsendes Geräusch, rhythmisch, gleichbleibende Abstände und irgendwie vertraut. Auf jeden Fall mechanisch. Ich konnte mein Glück kaum fassen, denn da war noch mehr! Da waren Stimmen. Es klang als würden sie näher kommen. Sie unterhielten sich, ich konnte nur nicht verstehen was sie sagten. Mein Herz raste wie wild. Ich versuchte die Aufmerksamkeit der Stimmen auf mich zu lenken, indem ich schrie bis ich heiser wurde und gegen die Tür hämmerte.

Jetzt waren sie so nah das ich jedes Wort verstehen konnte. Ich konnte es nicht fassen, denn sie unterhielten sich einfach weiter, als wäre nichts, sie konnten mich nicht hören.

So langsam wurde mir klar, dass ich auf mich alleine gestellt war. Ich musste einen Ausweg finden, wenn ich hier nicht sterben wollte.

Wenn mir keiner zu Hilfe kam musste ich rausfinden wo ich war. Also hörte ich ihrer Unterhaltung zu. Erst kam eine Menge Smalltalk, sie unterhielten sich über ihr Wochenende, dass hatte ich also schon verpasst. Die Zeit hier drinnen kam mir nicht wie Tage vor, eher wie ein paar Stunden. Merkwürdig.

Und dann ein abrupter Themenwechsel, die beiden Frauen, wie ich mittlerweile wusste, sprachen von einem Patienten, es war also ein Krankenhaus. Das Typ hing an Lebenserhaltenen Maschinen und wurde seit Jahren künstlich am Leben erhalten. Jetzt wollte die Familie Abschied nehmen und er wurde darauf vorbereitet, dass die Maschinen endgültig abgeschaltet werden sollte. Mich fröstelte es. So sollte keiner sterben müssen.

Ich erfuhr, dass die Familie schon auf dem Weg war, als ein Mann, scheinbar der Arzt, den beiden Frauen noch ein paar Anweisungen gab.

Dann waren alle drei weg und ich wieder alleine.

 

Ich war wohl etwas eingedöst, denn plötzlich wurde es sehr laut, da waren noch mehr Stimmen, noch mehr Menschen und ihre Stimmen klangen mir so vertraut. Ich erstarrte als ich sie erkannte, das konnte nicht sein! Die Familie des Patienten war meine eigene und mir wurde klar, ich war der Patient.

Mein Herz raste wie wild, doch das verräterische Piepen der Maschine signalisierte mir, dass ich der einzige war, der das bemerkte.

Unter Schock, tobte und schrie ich sie an, doch alles was ich als Antwort bekam war das weinen meiner Mutter.

 

Und dann war alles so klar, wie nie zuvor im meinem Leben! Mein eigener Unfall hatte mich unterbewusst mit Sophies Schicksal konfrontiert. Ich hatte mich immer Schuldig gefühlt aber es verdrängt und vergessen.

Ich war kein guter Mensch gewesen, zumindest nicht zu Sophie und jetzt da ich ihr Schicksal teilte hoffte ich auf ihre Vergebung. Doch sie war eine Woche nach dem Unfall gestorben, dass hatte in dem Artikel gestanden, dass wollte sie von mir hören. Ich war Schuld an ihrem Tot. Die Ärzte hatten eine Woche um ihr Leben gekämpft aber die Verletzungen waren einfach zu schwerwiegend. Der Artikel war damals eine Erleichterung für mich gewesen, so konnte sie keinem mehr erzählen was ich getan hatte, oder bereit war zu tun. Verdrängt hatte ich den Abend im Nebelschleier meines Katers, aber wenn ich ehrlich zu mir selbst war, hatte ich nie wirklich vergessen!

Und in diesem Moment öffnete sich die Tür.

 

6 thoughts on “Gefangen in der Finsternis

  1. Hallo,
    auch wenn deine Geschichte etwas lang ist für eine Kurzgeschichte, wollte ich wissen was dahinter steckt.
    Das Ende ist genial, damit hätte ich nicht gerechnet 👍
    Hier und da gab es ein paar Fragezeichen (z.B. wie konnte sie ihn entführen und durch den Raum ziehen im Rollstuhl?).
    Vielleicht könntest du etwas mehr Spannung aufbauen, indem du einige Passagen etwas kürzt. Trotzdem gute Story, weiter so!
    VG Yvonne / voll.kreativ (Der goldene Pokal)

  2. Hallo,

    sehr interessante Geschichte. Ich fand sie gut zu lesen und die Auflösung gelungen. Die Frage bleibt, wacht er durch die Erkenntnis noch rechtzeitig auf bevor der Arzt handelt oder hat er durch die Erkenntnis mit seinem Leben abgeschlossen. Ich drück dir die Daumen.

    Liebe Grüße
    Jana (Reminisci)

  3. Moin,

    eine wirklich tolle Kurzgeschichte die du dir da ausgedacht hast. Ich mag das es eigentlich nur zwei Menschen sind die mit einander agieren. Die Dialoge wirken sehr authentisch zwischen deinen Charakteren. Dein Plot und auch der dazugehörige Twist finde ich super umgesetzt. Ein paar Fragen bleiben offen, aber das ist ja das tolle an Kurzgeschichten…der Leser wird zum mitdenken animiert.

    Mein Like lass ich dir gerne da und wünsche dir alles Gute für’s Voting.

    LG Frank aka leonjoestick ( Geschichte: Der Ponyjäger)

  4. Liebe Nadine,
    die Idee ist wirklich gut und die Auflösung am Ende sehr überraschend. Gefällt mir gut.
    In einer Passage ist ein bisschen Unordnung:
    “Also setzte ich vorsichtig einen Fuß vor den anderen. Es dauerte nicht lange und ich erreichte eine Ecke des Raumes, dann noch eine und dann noch eine. Bei der zweiten Runde zählte ich meine Schritte mit. In dem Raum gab es nichts, nur vier Ecken, jeweils getrennt von ca. zwei Metern und die Tür. Ich kroch vorsichtig auf allen vieren durch die Mitte des Raumes, doch auch da war nichts. Der Raum war völlig leer.
    An der Tür blieb ich stehen, versuchte durch den Ritz, der das Licht in mein Gefängnis lies, nach draußen zu blicken, aber das Licht blendete mich so stark, dass es mir die Tränen in die Augen trieb. Verzweiflung und Wut lies ich erneut an der Tür aus. Danach sank ich auf die Knie und schrie so laut ich konnte.”
    – Erst setzt er einen Fuß vor den anderen und zählt die Schritte.
    – Dann kriecht er durch den Raum.
    – Dann bleibt er stehen – obwohl er kriecht.
    – Dann sinkt er auf die Knie.
    Irgendwann muss er aufstehen zwischendurch, richtig? 😉
    Ansonsten stimme ich Yvonne zu – ein bisschen kürzer und ein bisschen weniger dramatische Beschreibungen würden auch meiner Meinung nach die Spannung noch erhöhen.
    Und – nicht böse sein – vielleicht schickst du die Story nochmal durch ein Rechtschreibprogramm. Es sind ein paar Kleinigkeiten drin; auch fehlende Kommas, was den Lesefluss ein bisschen hemmt.
    Abgesehen von diesem Kleinkram – wirklich kreative Story. Mein Like hast du.
    Liebe Grüße
    Annelie

  5. Hallo Violett!
    Das zehnte Like von mir – ein wahnsinnig spannender Anfang, da möchte man unbedingt dranbleiben, dann die zweite Person – zuerst auch ein potentielles Entführungsopfer, dann dreht es sich, das ist dir echt gut gelungen, ich war komplett überrascht.
    Dazwischen ist es etwas lang, wiederholt sich -der Schluss ist wieder genial.
    Gefiel mir wirklich gut.
    Vielleicht hast du Lust auch meine Geschichte zu lesen und mir Feedback zu geben, ich würde mich freuen. Sie heißt “Der alte Mann und die Pflegerin”.
    Liebe Grüße
    Lotte

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