Michael GreisHypnose

Kurt freute sich, als er endlich den letzten Fahrgast zu seinem Ziel gebracht hatte. Ein langer Tag lag hinter ihm und er freute sich auf sein Bett. Nach dem Tod seiner Frau vor einem Jahr, war es zwar immer noch ungewohnt allein in dem großen Bett zu liegen, doch er gewöhnte sich immer mehr daran. Er war froh, dass Maria von ihrem Leiden erlöst war, auch wenn dies bedeutete Sie nie mehr wiederzusehen. Er war dankbar für die Zeit die sie gemeinsam hatten. Als er das Taxi an der Zentrale abstellte, kontrollierte er nochmals ob auch kein Gast etwas vergessen hatte. Wie er schon fast mit der Kontrolle fertig war, entdeckte er ein Smartphone unter dem Beifahrersitz. Er wollte es im Büro abgeben, als es plötzlich klingelte. Er war unsicher, ob er den Anruf entgegen nehmen sollte, doch vielleicht war es ja der Besitzer in der Hoffnung, dass man sein Smartphone gefunden hatte. „Ja, hier Schröder?“ „Hallo, Herr Schröder. Wie ich sehe haben Sie mein kleines Geschenk gefunden.“ Es war ein Mann mittleren Alters, soviel konnte Kurt an der Stimme erkennen. „Geschenk, wieso Geschenk? Wer sind Sie?“ „Das ist nicht wichtig. Schauen Sie sich doch einmal die schönen Bilder an, die ich für Sie gemacht habe. Ich melde mich in 15 Minuten wieder bei Ihnen.“ Kurt wusste nicht, was er davon halten sollte. Ein Geschenk? Warum sollte ihm jemand ein so teures Smartphone schenken? Mit einem etwas mulmigen Gefühl öffnete er die Foto App. Ihm fiel fast das Gerät aus der Hand, als er die ersten Bilder ansah. Auf allen Aufnahmen war er zu erkennen. Fotos beim Einkaufen, während der Arbeit, bei Treffen mit Freunden, doch am meisten schockierte ihn ein einziges Foto.

 

Nach exakt 15 Minuten klingelte es erneut. Kurt nahm voller Angst das Gespräch entgegen. „Woher haben Sie diese Aufnahme?“ „Ah, wie ich sehe haben Sie erkannt worum es geht. Sie werden dafür bezahlen, was Sie damals getan haben.“ „Was reden Sie da? Ich habe niemanden vergewaltigt! So etwas würde ich niemals tun, dass Bild ist eine Montage!“ „Hören Sie auf es zu leugnen, Sie Schwein“, schrie der Mann ins Telefon. Ich habe dieses Bild letzte Woche in meinem Briefkasten gefunden, leider weiß ich nicht von wem, aber das finde ich auch noch heraus. Jedenfalls weiß ich nun endlich, warum meine kleine Eva tot ist.“ „Eva? Ich kenne keine Eva, ich habe niemanden getötet!“ „Eva war meine Tochter, meine kleine sechzehnjährige Tochter. Nein Sie haben Eva nicht direkt getötet, aber Sie sind Schuld an ihrem Tod. Sie haben sie vergewaltigt und das konnte sie nie verarbeiten. Sie hat sich umgebracht! Und dafür werden Sie jetzt bezahlen. Ich werde Ihnen alles nehmen, was Sie auf den Bildern sehen können. Ihre Arbeit, ihre Freunde, ihr ganzes Leben. Ich weiß immer was Sie tun, was Sie gerade machen. Ich hoffe, dass haben Sie verstanden. Ich werde alle töten, die Ihnen Nahe stehen, wenn Sie nicht das tun was ich von Ihnen verlange.“ Kurt begann zu zittern, er konnte nicht glauben was der Mann sagte. „Hören Sie, ich habe ihrer Tochter nichts getan, ich bin unschuldig!“ „Oh doch, dass haben Sie. Und wenn Sie nicht alle verlieren wollen die Ihnen etwas bedeuten, wenn Sie deren Leben retten wollen, gibt es nur einen Weg.“ „Und der wäre?“ „Bringen Sie sich um.“ Damit war das Gespräch beendet.

 

Das konnte doch alles nur ein böser Albtraum sein. Kurt brach der Angstschweiß aus und wusste nicht was er als nächstes tun sollte. Eine SMS erschien auf dem Display, er öffnete sie mit einem flauen Gefühl im Magen. Dort stand: „Keine Polizei, sollten Sie dagegen verstoßen, töte ich ihren besten Freund.“ Kurt schrie vor Wut und Panik. Das durfte doch einfach nicht wahr sein! Er musste versuchen seine Unschuld zu beweisen, doch wie? Er schaute sich das Bild noch einmal an. Wenn es eine Montage war, dann eine verdammt gute. Es sah so echt aus, doch er wusste, dass er niemals so eine schreckliche Tat begangen hatte. Selbst nach einem Alkoholabsturz war er noch so klar im Kopf, um so etwas nicht zu tun. Ein Detail fiel ihm auf, nämlich das Hemd das er trug. Er hatte es nur an einem Abend getragen, denn an diesem Abend war es kaputt gegangen und er musste es wegschmeißen. Doch warum war es kaputt gegangen? Er konnte sich nicht mehr daran erinnern. Er rief seinen Freund Thorsten an, der auch an diesem Abend mit ihm unterwegs war. „Hey Thorsten, ich brauch deine Hilfe. Kannst du dich noch an den Abend erinnern, als wir mit Willi in der alten Kneipe am Eck waren?“ „Klar weiß ich das noch, man haben wir da gesoffen. Müssen wir unbedingt nochmal wiederholen.“ „Ja machen wir bestimmt, aber sag mal weißt du noch alles was wir damals gemacht haben?“ „Nein nicht mehr genau, du bist ja dann mit Willi alleine losgezogen, ich musste ja am nächsten Tag wieder arbeiten. Man hatte ich einen Schädel im Büro, gut das mein Chef meine Fahne nicht gerochen hat.“ Kurt wurde stutzig. „Ich bin alleine mit Willi weiter? Daran kann ich mich gar nicht erinnern.“ „Echt nicht? Siehst du mal was du gesoffen hast, um so einen Filmriss zu haben.“ „Ich kann mich sonst immer erinnern, egal wieviel ich getrunken habe, ich muss Willi anrufen, mach’s gut Thorsten.“ Kurt legte verwirrt auf. So sehr er auch versuchte sich zu erinnern, er konnte sich nicht daran erinnern mit Willi alleine unterwegs gewesen zu sein. Nervös wählte er seine Nummer. „Hey Kurt alte Socke, wie gehts dir?“ „Nicht so gut, aber das ist grad auch nicht wichtig. Weißt du noch als wir mit Thorsten in der Kneipe am Eck waren? „Natürlich, wie könnte ich den Abend vergessen. Man warst du da komisch.“ „Warum war ich komisch?“ „Na wir sind ja dann alleine los, weil Willi nach Hause musste. Wir sind doch dann in dieses Kneipe gegangen, wo die Hypnose Show stattfand. Der Typ hat dich doch auf die Bühne gerufen, man hast du dich zum Affen gemacht. Hast wie ein Huhn gegackert und dich bis auf die Unterhose ausgezogen. Als er dich wieder erlöst hatte kamst du völlig verwirrt zu mir. Und dann, als ich uns noch ein Bier bestellt hatte, bist du fluchtartig abgehauen.“ „Ich kann mich an nichts erinnern.“ „Das glaub ich dir so voll wie du warst. Am nächsten Tag wusstest du auch von nichts mehr.“ Er erinnerte sich, dass er am Tag danach mit Willi telefoniert hatte. „Wie hieß die Kneipe wo wir waren?“ „Zum wilden Bock, warum?“ Kurt legte auf und startete den Motor.

 

Nach ca. 30 min. stand er in der Kneipe. Der Kellner erkannte ihn sofort. „Mensch, dass Sie noch mal hier sind. Wollen Sie was trinken?“ „Nein ich brauche einen Namen. Wie heißt der Hypnotiseur von damals und wo wohnt er?“ „Thomas Malewski, warum? Die Adresse kann ich Ihnen nicht geben, aber die finden Sie bestimmt im Internet. Hey warten Sie doch!“ Kurte rannte aus der Kneipe und stieg ins Auto. Er googelte nach dem Namen und fand eine Adresse im Westviertel. Er fuhr sofort los. Kurze Zeit später war er an der Adresse angekommen. Er überlegte, was er nun tun sollte und entschied sich für die direkte Konfrontation. Kurt klingelte an der Tür und ein junger gut aussehender Mann öffnete ihm. ,,Sind Sie Thomas Malewski?” „Ja was wollen Sie?“ Kurt schob ihn in den Flur und schrie ihn an. „Was haben Sie mit mir gemacht?“ „Ich weiß nicht wovon Sie reden.“ „Sie haben mich hypnotisiert und ich weiß von nichts mehr! Heute meldet sich ein Unbekannter bei mir und wirft mir vor seine Tochter vergewaltigt zu haben!“ „Es hat also funktioniert? Perfekt.“ Kurt wurde übel, ein Lächeln trat auf das Gesicht des Mannes. „Wie es hat funktioniert? Sie haben mich also hypnotisiert, damit ich dieses Mädchen vergewaltige?“ „Ja und das werden Sie nie beweisen können. Dieses Miststück hatte es nicht besser verdient. Sie hat mich verlassen! Mich!!! Für einen dahergelaufenen Volltrottel.“ „Sie ist tot wissen Sie das?“ Sein Grinsen wurde breiter. „Fantastisch, dann lief es ja besser als ich es mir je erträumt habe.“ „Sie sind krank! Total krank! Jetzt ist ihr Vater hinter mir her und will meinen Tod!“ Malewski schlug ihm unvermittelt ins Gesicht und beförderte ihn aus der Tür hinaus. „Das ist ihr Problem“, sagte er gleichgültig und schloss die Tür. Kurt beendete die Aufnahmefunktion des Smartphones.

 

Fast zeitgleich klingelte es, mit zittrigen Händen nahm er das Gespräch an. „Und haben Sie eine Entscheidung getroffen?“ „Hören Sie, ja ich habe ihre Tochter vergewaltigt. Doch ich war nicht ich selbst, ich stand unter Hypnose.“ „Das ich nicht lache, sie dreckiger Lügner!“ „Doch ich kann es beweisen, kommen Sie her und ich werde es Ihnen zeigen.“ Kurt nannte ihm die Straße und das Gespräch wurde beendet. Nach ca. einer halben Stunde kam ein silbernes Auto und hielt neben ihm an der Straße. Ein großer, kräftiger Mann stieg aus. „Also, wo ist dieser Beweis? Und wehe Sie verarschen mich, dann erwürg ich Sie hier an Ort und Stelle.“ Kurt startete die Aufnahme. Je länger die Aufnahme lief, desto größer und zorniger wurden die Augen des Mannes. „Das darf doch nicht wahr sein! Dieses miese Schwein, ich werde ihn umbringen! Wo wohnt der Drecksack?“ Kurt zeigte auf das Haus. „Fahren Sie nach Hause, es tut mir leid, Sie können nichts für Ihren Tod. Dennoch haben Sie sie vergewaltigt, aber ich vergebe ihnen.“ Kurt nickte und stieg ins Auto. Der Mann machte sich auf den Weg.

Am nächsten Tag las Kurt die Überschrift eines Artikels in der Tageszeitung. Dort stand: „Bekannter Hypnotiseur stürzt sich von Autobahnbrücke.“

 

2 thoughts on “Hypnose

  1. Moin, eine schöne Geschichte die du uns hier präsentierst! Der Ansatz mit der Hypnose ist richtig gut. Deine Geschichte war, entgegen vielen anderen Geschichten hier im Wettbewerb, auch nicht zu lang. Sie ließ sich flüssig lesen.

    Danke das du diese Geschichte mit uns geteilt hast. Für den Mut an diesem Wettbewerb teilgenommen zu haben, lass ich dir ein Like da.

    LG Frank aka leonjoestick ( Geschichte: Der Ponyjäger)

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