ViviiIdentität- Sie steht dir nicht zu!

Identität-Sie stet dir nicht zu!

Ich kann mich nicht bewegen. Wie erstarrt stehe ich da. Kalte Regentropfen mischen sich mit dem Blut auf meinen nackten Armen, laufen in mein Gesicht, vereinen sich mit den Tränen.                                                                                                       „Du bist schuld! An allem. Das weißt du, aber ich bin ja noch da.“ Schreit sie mich an. Ich kann nicht sprechen. So gelähmt von ihr. Die Dunkelheit mischt sich mit meiner Angst. Sie hielt an, trotz den immer näher kommenden Polizeiwagen.

Mit einem Zucken wachte ich auf, entzog mich dem Traum, platze in die Realität rein. Verstört setzte ich mich auf. Mein Nacken schmerze dabei, denn die Schlafposition auf meinem Schreibtisch war nicht die klügste gewesen. Etwas benommen bemerkte ich, dass mein Handy energisch summte und gefährlich in der Nähe der Tischkannte vibrierte.                                                                                                                                                                                                                     „Ha..Hallo Katherina, ähm ich meine Kanzlei Schröder-Kellermann was kann ich für Sie tun?“ innerlich beschimpfte ich mich selber, den Anruf so entgegen genommen haben.                                                                                                   „Sei froh, dass ich es nur bin. Aber jetzt kenne ich immerhin deinen Vornamen.“ Wurde mir mit schlecht gespieltem aufgebrachten Tonfall geantwortet. Erleichtert atmete ich aus.                                                                                            „Ich lach mich schlapp, wie witzig du bist Hektor.“, konterte ich. „ hatte einen halben Herzinfarkt.“ Ich stellte auf Lautsprecher und rieb mir dann die Müdigkeit aus den Augen.                                                                                        „Selbst schuld, wenn man so einen Anruf entgegen nimmt, dann kann ich mir das nicht nehmen. Aber hab auf dein Handy angerufen und nicht aufs Kanzlei Telefon. Dein Vorname wäre sogar richtig gewesen. Hab ich dich bei irgendwas gestört?“ Das Grinsen von Hektor am anderen Ende der Leitung, drang bis zu mir durch.                                „Ja, Nein. Also ich hab ausversehen kurz dem Drang die Augen zu schließen nachgegeben. Denk nicht falsch von mir, es waren vielleicht fünf Minuten?!“  Obwohl mir nicht danach war, brauchte Hektor mich etwas zum Schmunzeln, räusperte mich dazu aber etwas verlegen.                                                                                                                               „Aha, alles auf Band Frau Rechtsanwältin. Beweismittel können und werden vor Gericht gegen Sie verwendet werden.“, prustete er los. „Ne jetzt mal im Ernst, deine Ruhe hätte ich auch gerne. Der aktuelle Fall raubt mir jeden Nerv, und Schlaf ist das Letzte, was er mir gönnt.“ Zur Verdeutlichung tippte er extra laut auf seine Tastatur.           „Da hab ich kurz vergessen, warum mich mein Stuhl noch hier festhält, und du musst mich sofort wieder dran erinnern. Wer ist hier derjenige, der nicht gönnt?“ Hektor schnaubte als Antwort. Sein Sohn hatte eine Erkältung. Als alleinerziehender Vater wurde ihm deshalb Homeoffice gestattet, was ihn aber nicht davon abhielt, weniger Stunden als sonst am Schreibtisch zu verbringen.                                                                                                                                   „Gibt es neue Informationen, die uns weiter helfen könnten?“ lenkte ich das Gespräch in die ernste Richtung, nachdem mein Blick auf die Uhr verriet,  dass ich schonwieder in das endlose schwarze Loch der Überstunden geraten bin. Ein klagendes Seufzen konnten wir beide uns nicht unterdrücken.                                                               „Die Informationen überhäufen sich Kathi, nur führen sie nur zu einem Error. Das interessante ist aber, das sich unser Informant gemeldet hat und diesmal stehen unsere Chancen besser.“ Genervt rieb ich meine Schläfen.        „Das dachten wir so oft, und dann war es wieder nichts. Dieser Fall ist vielleicht einfach zu schwer.“ Hektor pfiff mit gestellter Empörung.                                                                                                                                                                       „Ein Fall hat immer Ursachen und Ursachen bestehen aus Anfängen und Anfänge werden immer gefunden. Du kannst unseren Mandanten nicht sitzen lassen. Dem armen Kerl wird Mord vorgeworfen. Wir wissen beide, dass er nicht schuldig sein kann.“ Ich verdrehte die Augen,  zum Glück sah er mich nicht.                                                           „Ich hab dir die Email von dem Informanten weitergeleitet.“                                                                                                  „Ja ich guck sie mir an, aber nicht mehr heute. Mein Bett und ein Glas Molvina rufen mich schon.“ Hektor protestierte wünschte mir dann aber eine gute Nacht. Gekonnt ignorierte ich dabei seine Ironie.

Die kalte Frühjahrsluft umgab mich, rasch zog ich meinen Mantel an. Auf dem Weg zum Auto begrüßte mich der Frankfurter Verkehr mit seiner Lautstärke. Doch es tat gut. Dieser fließende Lärm, unfähig zu stoppen, zieht mich weg von der Stille, die mich Stunden umgab. Meine Stille. Ich stieg in meinen weißen Jeep, schloss die Tür, drehte Rihanna auf. Mit lautem Bass, schaltete ich ab. Der Weg nachhause ging so schnell wie es Frankfurt um die Zeit erlaubte. Versunken in der Musik wäre ich fast über rot gefahren. Hinter mir hupte jemand. Genervt konzentrierte ich mich auf die Ampel, wartete dass es grün wurde. Mit meinen Lippen sang ich mit. Teilte mir mit Rihanna die Lyrics. Meine Finger tippten mit dem Rhythmus vom Blinker, aufs Lenkrad. Es war immer noch rot. Die Farbe schien immer greller zu werden. Brannte sich in meine Augen. Erlaubte mir nicht zu blinzeln. Füllte sich in mir aus. Alles wurde unscharf. Der Boden untermeinen Füßen verlor sich. Dann war da Blut. Eine dunkelrote Masse, warm, schmerzhaft. Überall. Mit meinen Händen tastete ich meinen Körper ab, um den Ursprung zu finden. Alles war taub. Ich fühlte nichts. Selbst mein hektischer Atem kam mir als fremd vor. Oder war es wirklich nicht der meine? Atmete jemand direkt hinter mir? In meinen Nacken. Etwas Kaltes stieß augenblicklich in meinen Rücken. Der Schmerz schoss in mein Gehirn. Erlaubte keine Milderung.                                                                                                                                                                            Hupen. Laut und klar. Der Verkehr mit seiner Aggressiven Art war wieder da. Als wäre er es schon die ganze Zeit gewesen. So unverschämt laut. Ein Sender, der durchläuft. Ich hatte nur das Programm gewechselt. Mein Unterbewusstsein stellte meine Realität auf Pause, und sich selber auf Play. Mit der besten Qualität. Ich brauchte einige Sekunden, um damit fertig zu werden, dass das Blut nicht da war. Trotzdem holte ich reflexartig tief Luft. Musste mich vergewissern, dass mein Jeep die Wirklichkeit verkörperte. Das wirkliche Jetzt. Der Schmerz eine Einbildung, die Lähmung eine Täuschung war. Das Hupen ungeduldiger Leute forderte schnelles Handeln, denn die Ampel war auf grün. Wie lange schon, wusste ich nicht. Endschuldigend hob ich meine Hand, sodass mein Hintermann es sah, bog dann zügig ab. Jede Minute die verstrich, nahm etwas Luft aus dem Jeep, oder aus meinen Lungen. Und mit jedem Gedanken, den ich fasste, um mich zu beruhigen, stieg die Panik in mir. Rihanna kam zum Höhepunkt ihres Liedes. Gab die höchsten Töne von sich. Ein Piepen unterbrach die Melodie. Es kam aus meinem Kopf. Wie ein Tinnitus setzte es sich in meine Ohren. Ich wollte schlucken, doch auch darüber hatte ich die Kontrolle verloren. Aus Angst, als nächstes auch nicht mehr Herr über mein Auto zu sein, riss ich das Lenkrad rum. Panisch rollte ich in eine Seitenstraße. Instinktiv schaltete ich den Motor aus. Das Auto kam zu Stillstand. Gerade noch rechtzeitig, denn meine Hände  zitterten, ruckelten den Lenker. Mir blieb nichts anderes übrig, als die Augen zu schließen. Ich zwang mich langsam ein und aus zu atmen. Wie lange ich es tat, wie lange ich so saß, konnte ich nicht mehr einschätzen. Kopfschmerzen folgten langsam. Ich verstand nicht, was passiert ist. Innerlich wollte ich es keine Panikattacke nennen. Doch ich wusste auch, dass es eine war. Und die Tatsache, dass mich diese kurzen Realitätsbrüche verfolgten und das immer öfter, machte mir zu schaffen. Es war kein Neuland für mich. Die Art, wie ich weggezogen wurde, das Gefühl, was sich zu echt anfühlte, die immer gleichablaufende Situation mit Blut und der Angst, drängten sich immer mehr in mein Leben. „Hey Siri!“, meine Stimme hörte sich fremd an. „Rufe X an.“ Ich versuchte, meine immer noch stark zitternden Hände zu ignorieren.                                                                                                                                             „Okay! X – Mobiltelefon wird angerufen!“ laut startete der Wählton der Freisprechanlage. Das Verbindungsgeräusch hielt lange an. Spannte mich auf die Folter. Ich rechnete schon mit der Mailbox. Im fast schon letzten Moment wurde abgenommen: „Was?“ wurde entgegengenommen. Ich öffnete meinen Mund, schloss ihn daraufhin jedoch gleich wieder, denn ich hatte mir keine Gedanken gemacht, was ich sagen sollte.                                                                       „Ehm“ „-Ich hab nicht ewig Zeit.“ Wurde mir ins Wort gefallen. Meinen Frosch im Hals versuchte ich weg zu räuspern.                                                                                                                                                                                                 „Ich brauch was. Bist..bist du in der Nähe?“ angestrengt von den Kopfschmerzen, kniff ich meine Augen zusammen. Stille. Es knackte am anderen Ende der Leitung.                                                                                                                        „Du sollst mich nicht von deinem Handy aus anrufen.“ Leise fluchend biss ich mir auf die Unterlippe, um nicht mit einer verzweifelten Rechtfertigung loszulegen, die wohlmöglich in einem heulkrampf geendet hätte.                         „Ja, tut..tut mir“ „-bin noch in Frankfurt.“, wurde mir erneut ins Wort gefallen. „das Übliche? Wie sonst auch?“ ich überlegte kurz, antworte dann aber, dass es etwas mehr sein sollte. Dabei ohrfeigte ich mich innerlich, denn mein Versuch genauso sicher zu klingen, wie die Person, ging nach hinten los.                                                                             „Ich schaffe den gleichen Ort, wie sonst auch immer. In 15 Minuten, wenn du dann nicht da bist, fahre ich. Gewartet wird nicht.“                                                                                                                                                                                        „Aber ich bin noch in der Innenstadt. Das“ „- Ist nicht mein Problem.“ Ein letztes Knacken in der Leitung, dann das Lehrzeichen. Es wurde aufgelegt.                                                                                                                                        Vielleicht gerade weil mit mir so unfreundlich gesprochen wurde, fand ich wieder mehr Halt. Mein Denken wurde angeregt, verlief wieder einigermaßen konstant gerade aus. Ich war nie jemand, der schnell Auto fuhr, oder gar raste. Grund dafür lag in meiner Jugend. Nach einer Party war ich Teil eines Autounfalls. Es war Alkohol im Spiel und ein Baum im Weg. Ich hatte sehr viel Glück gehabt, was meine Eltern noch heute beteuerten. An den Unfall, sowohl Stunden davor und Tage danach blieben mir die Erinnerungen verwehrt. Die retrograde Amnesie, welche diagnostiziert worden war, bewahrte mich aber immerhin vor der Angst Auto zu fahren. Jedoch ging es nicht Spurlos an mir vorbei. Deshalb gehörte das langsame, bedachte Fahren zu einer meiner Vorsichtsmaßnahmen. In dem Moment ignorierte ich sie aber. Es ging mir um weitaus mehr. Ich musste in 15 Minuten da sein. Die Angst eine weitere Panikattacke oder noch schlimmer, einen erneuten Realitätsbruch zu erleiden, klang weitaus schlimmer, als ein Autounfall für mich. Das Gaspedal wurde durchgedrückt. Die Straßen, die sich geleert hatten, erlaubten mir freie Bahn. Und auch wenn meine Hände sich beruhigt hatten, schlug mein Herz Adrenalin geladen gegen meine Brust. Tränen, eine nachträgliche Reaktion, schossen meine Wange runter. Ans wegwischen dachte ich nicht, fest umklammerten meine feuchten Hände das Lenkrad. Meine Aufmerksamkeit galt der Straße. Ich wollte es nicht Glück nennen, denn ich glaubte daran nicht, als ich meinen Jeep rechtzeitig einparkte.  Für die Strecke blieb mein Navi aus, weil es von ihnen ungern gesehen wird, wenn ich das Ziel mit der Hilfe vom Internet oder GPS erreiche, und weil der Treffpunkt ganz in der Nähe von meinem Wohnort war. Ich befand mich auf einem leerstehenden Rastplatz am Rande von Frankfurt. Mich umgab Wald und Feld. Als ich die Scheinwerfer ausschaltete, mussten sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnen. Erst jetzt wischte ich mir das Nasse aus dem Gesicht. Rasch schnappte ich mir meine Handtasche. Die letzten Meter rannte ich, trotz hohen Schuhen. Meine Füße taten auch so schon weh. Bevor ich die angelehnte Tür des herunter gekommenen Toilettenhäuschens aufstieß, beruhigte ich meinen Atem, um nicht völlig irre anzukommen. Der Hintergedanke, in Zukunft mehr Sport zu machen, flammte nur kurz auf.                                 „Sie hats geschafft.“ Spottete eine Stimme, in dem engen stinkenden Raum, kurz nachdem ich die Tür aufgestoßen hatte. Ich schrie auf, obwohl ich damit hätte rechnen müssen. Eine billige Deckenlampe brachte etwas Licht in den schmalen Raum. Aus dem Schatten löste sich eine Gestalt. In schwarz gekleidet, mit einem Kapuzenpulli, wurde sich perfekt der Unkenntlichkeit angepasst.                                                                                                                                    „Zum Glück warst du noch in der Nähe.“ Ich versuchte lässig zu stehen. Schließlich war es nicht meine erste Begegnung mit ihm. X. Viele Male hatte ich ihn schon aufgesucht. Doch fremder konnte er mir nicht sein. Misstrauisch wurde gemustert, wie jedes Mal.                                                                                                                       „Siehst mies aus.“ Bemerkte er dann, während er nebenbei in seiner Jackentasche krampte. Licht viel in sein Gesicht. Er sah nicht minder fertig aus, als ich. Fast schon schwarze Augenringe und herausragende Wangenknochen verliehen seinem ohnehin schon dünnen Körper eine Spur von Elend. Er war gezeichnet von seinem Leben. Doch sein frisch gestutzter Dreitagebart verriet seine Egozentrische Kontrolle. Ich überlegte, ob er seine feinen blonden Haare kämmte oder gar stylte, wandte meinen Blick dann aber rasch ab, um nicht zu starren.                                                  „Ich frag mich immer, warum du dir nicht einfach ein Rezept vom Arzt holst.“ Da hielt er sie. Meine Pillen. So unschuldig lagen sie in der zylinderförmigen orangenen Dose. Benzodiazepine, ein starkes Beruhigungsmittel.     „Auch wenn ich es mit meinem Unfall begründen könnte, gefährdet so eine Rezeptverschreibung meinen Job und.. mein Image. Das geht nicht.“  Er wusste, dass ich nicht auf anderen Wegen als illegal diese Pillen besorgen konnte. Und doch wurde mir jedes Mal unter die Nase gerieben, dass ich auf ihn angewiesen war. Abhängig. Damit sicherte er sich ein Abo. Und auch wenn ich nie erzählt gehabt hatte, dass durch die Amnesie mein Umgang im Alltag keine Probleme mit sich brachte, sagte mir irgendetwas, dass er den wahren Grund wusste. Ich atmete laut hörbar aus, und wollte die Dose entgegen nehmen.                                                                                                                                     „Erst die Bezahlung.“ zog er ein.                                                                                                                                                        „Ja..ja sorry. Wie viel?“ ich stellte mich ungeschickt an, mein Portemonnaie zu öffnen. Es viel auf den feuchten Boden. 50er und 100er saugten sich mit dem nassen Dreck auf.                                                                                            „80. Du warst aber nicht extra beim Geldautomaten?“ „80? Das sind 20 mehr als sonst. Und nein, das ist noch vom Einkaufen. Bin nicht blöd.“ Kalt zog er eine Augenbraue hoch. Ersparte sich eine Antwort. Verhandlungen gab es in seiner Branche nicht. Entweder man zahlte oder man hatte Pech. Ich murmelte etwas vor mich hin, als ich die Scheine zusammen suchte. Er drückte mir kommentarlos das Medikament in die Hände.                                             „Ruf nie wieder übers Handy an, sonst wars das. Kapiert?“ Entschuldigend nickte ich. Die Erleichterung, endlich Beruhigung zu finden, hätte mir bestimmt jeder ansehen können. Er war schon an der Tür des Toilettenhäuschens gewesen, unsere Wege hätten sich an dem Punkt getrennt. Bis zum nächsten Mal. Doch ein plötzlicher lauter Knall drängte sich dazwischen. Sein mir bereits zugewandter Rücken erstarrte. Auch ich hatte den Atem erschrocken angehalten. Eine noch lautere, schrille Sirene antwortete dem Knall. Es war die Alarmanlage meines Jeeps. Eiskalt lief es mir den Rücken herunter.                                                                                                                                                                                   „Was ist das?“ Er hatte sich wieder gefasst, drehte sich in meine Richtung. „Was ist das verdammt?“                                                      „Mein Jeep, die Alarmanlage wurde ausgelöst.“ Hektisch fasste er sich an den Kopf.                                                                                 „Ist dir wer gefolgt?“ mit der Faust schlug er gegen die Wand. „Nein. Ich weiß nicht. Hab keinen geseh-.“ „- Scheiße!“ schrie er dazwischen. Noch nie hatte er die Fassung verloren. Angst zog sich durch sein Fluchen. Panisch zog er die Kapuze mehr über sein Gesicht, stieß die Tür auf, sprintete in die Dunkelheit. Verschwand. Ich hörte mich selber laut und schnell atmen. Wieder zitterten meine Hände. Die Dose zwischen meinen Fingern raschelte. Das grelle läuten der Sirene ging durch Mark und Bein. Ohne weiter zu zögern, öffnete ich den Deckel vom Zylinder. 1, 2,5 Pillen ließ ich in meinen Mund fallen. Und schluckte. Auch wenn die Betäubung nicht sofort eingesetzt hatte, verlangsamte sich mein Puls. In meinem Kopf hämmerte die Sirene. Halb taumelnd lief ich schließlich zum Jeep. So viel, wie es mir die Dunkelheit erlaubte zu sehen, erkannte ich nichts Ungewöhnliches. Mit  meiner Handytaschenlampe gab ich mir Hilfestellung. Und tatsächlich, ich fand etwas; Die linke Vorderseite war tief eingebeult, der Blinker war eingeschlagen. Ich war kein Anwalt, der auf Verkehrsrecht spezialisierte, jedoch war mir das Ausmaß der Kosten durchaus bewusst. Doch mein viel zu selten auftauchender Optimismus schaltete sich dazu. Ich kombinierte die Faktoren, die diese Situation hätten beeinflussen können. So hätte es ein LKW gewesen sein können, der sich verfuhr, wenden wollte und mein Jeep ungünstig und vor allem unauffällig im Weg war. Außerdem ist momentan Wildwechsel, die Beule hätte genauso gut von einem großen Hirsch stammen können. Auch für Wild stand der Jeep vielleicht misslich. Ich hatte keine Feinde, da war ich mir sicher. Niemand würde einfach so mutwillig etwas kaputt machen. Es sei denn es waren vielleicht rebellische Jugendliche gewesen, mit bisschen zu viel Alkohol intus. Die Situation erschien zwar im ersten Moment unheimlich, jedoch zwang ich mich, sie klarer zu betrachten. Mit dem aufschließen der Tür, schaltete sich prompt die Alarmanlage ab. Ich atmete aus, und beschloss, mich morgen in aller Ruhe um den Schaden zu kümmern. Polizei kam mir in dem Moment ungelegen, unnötige Fragen zu meinem Standort wären aufgekommen. Ein Klingeln riss mich aus meine durch die Pillen verursachten allmählich schlummernden Gedankenwege. Ich brauchte einige Sekunden, bis ich erkannte, dass es von meinem Handy kam. Der nervende, vertraute Ton. Allerdings von draußen. Hatte ich es etwa doch nicht in die Handtasche zurück gesteckt, nachdem ich die zusätzliche Beleuchtung nicht mehr brauchte?  Ließ ich es fallen und nahm dies nicht mehr wahr? Genervt stieg ich nochmal aus, näherte mich dem Ton. Ich entdeckte das Handy vor dem linken Vorderreifen. Zu spät; es wurde aufgelegt. Das Klingeln verstummte. Ich ergriff es. Kurz stellte ich die Wirkung der Pillen zu Verantwortung, denn das Handy fühlte sich anders an, als gewohnt. Kalter Wind pfiff mir um die Ohren, durchkämmte meine Haare. Ich stieg ein. Und der Schreck saß tief, als ich es betrachtet hatte; In meiner Hand hielt ich nicht mein Handy. Etwas verstört kramte ich in der Handtasche, um mich zu vergewissern, dass ich nicht völlig durchdrehte, oder etwas herbei halluzinierte.  Doch das Handy von draußen war echt. Ohne Hülle, mit einem Riss quer über dem Display, lag es unschuldig auf meinem Schoß. Ich versuchte mir zu erklären, wie es da hingekommen sein sollte. Niemand lässt einfach so sein Handy liegen. Mir war bewusst, dass es spätestens jetzt richtig gewesen wär, die Polizei zu rufen. Doch immer noch war das Risiko zu groß. Als aufstrebende Anwältin durfte ich mir das nicht erlauben, da ich generell schon das Ende meiner Karriere, wegen illegalen Pillen, provoziert hatte. Das zusätzliche Besitzen eines fremden Handys verschlechterte die ganze Situation. Und trotzdem siegte i dem Moment meine Neugier. Langsam schaltete ich das Display an. Ich erhoffte mir, dass es vielleicht keinen Sicherheitspinn hatte, damit ich problemlos den meistgewählten Kontakt auf der Sim Karte hätte kontaktieren können, um ein privates Treffen zum Abholen des Handys, ohne großen Polizeiaufwand, zu engagieren. Und wenn es einen Pin gäbe, dann hätte ich auf einen erneuten Anruf gewartet. Es klang einfach. Doch das was passierte, lag fern meiner zuvor möglichen gedanklichen Berechnungen; Das Handy war eines der neueren und hatte Face ID. Schneller als ich reagieren konnte, es überhaupt realisierte. Denn ohne Vorwarnung wurde mein Gesicht erkannt, das Homemenu öffnete sich, bot sich mir an. Wäre mein Herz nicht fest im Körper verankert gewesen, dann hätte es jetzt ganz unten gelegen. Prompt war die dämmernde Müdigkeit weg, wie als wär sie nie vorhanden gewesen.  Ich wusste nicht wo hin mit mir. Geschweige denn wo ich hätte anfangen sollen. Der Hintergrund war schlicht schwarz. Und die Apps waren wie jedes normale Handy, nichts sah ungewöhnlich aus. Und doch war es das. Fast schon verstörend. Da war es wieder, mein Adrenalin, was sich den Weg durch meine Venen bahnte, welches die Wirkung der Pillen für diesen einen Moment der Fassungslosigkeit abschwächte. Im Nachhinein hätte man anders reagieren sollen, als ich es tat. Es Kommentarlos ausschalten, bei Seite legen, am nächsten Tag mit jemanden Vertrautes darüber reden, wäre angebrachter und wahrscheinlich auch richtiger gewesen. Doch eine derartige Konstellation dieser Zufälle ummantelte mich mit ihrer schamlosen Neugierde. Zögerlich öffnete ich die Galerie. Zu meiner Verwunderung teilte sie sich nicht in Ordnern wie „Kamera, Screenshots, Whatsappbilder“ auf, wie es ein gängiges Handy hatte. Stattdessen fiel mir nur ein einzelner Ordner in die Augen. Mit  „Watch!“ benannt, wies er genau 200 Bilder auf. Im nächsten Augenblick hatte ich auch schon draufgeklickt. Mein Atem erstarrte. Die Gesichter auf den vielen Bildern gleichten niemand anderem als – MIR.

Fassungslos versuche ich mich zu sammeln. Beschuldigte die Pillen, beschuldigte falsche Illusionen. Umso länger ich jedoch das Display anstarrte, wurde mir bewusst, dass es echt war. Schwarz auf weiß, nur dass sich die Bilder in allen Farben durch die Galerie zogen. Das Schlucken viel mir schwer. Mein Kopf schmerzte unangenehm. Ein Hammer schlug gegen meine Stirn. Ich zwang mich schließlich auf das erste Foto zu klicken, um es vergrößert wahrnehmen zu können. Angestrengt analysierte ich es, bemerkte erst spät, dass mein Mund offenstand. Auf dem Bild war ein schwarzer Sportwagen zu sehen. Umgeben von Bergen, grauer Himmel. Mit dem Arm ans Auto angelehnt stand ich lässig im Vordergrund. Eine zu kurz geratene Hotpan und ein gelbes Top saßen eng an meinen Körper. Der perfekte Kontrast zu meinen langen roten Haaren. Das perfekte Bild, ein perfekter Moment. Wär nur nicht die Tatsache gewesen, dass ich nie an so einem Ort war. Und gewiss besaß ich nie eine so mutig geschnittene Hose, denn ich hatte schon immer meine Zukunft, die Kariere im Hinterkopf. Daher fiel mein Kleidungsstyle nie zu luftig aus. Man hätte meinen können, dass Photoshop im Spiel war, doch alles in diesem Bild sah zu echt aus. Ich wischte weiter. Wieder lächelte mich mein Ich auf dem Foto an. Die Haare zu einem lässigen Pferdeschwanz nach hinten gebunden, mit kurzen Strähnchen, die im Gesicht hangen. Oft trug ich diese Frisur, wenn ich zu Hause war, lernte oder kochte. Auf dem Foto trug ich eine schwarze, tief aufgeknöpfte Bluse, wieder etwas, dass ich nie tragen würde. Und nicht nur das viel mir ins Auge; ich wurde von einem Fremden Mann im Arm gehalten. Vertraut stand er eng neben mir. Seine Hand besitzergreifend  auf meiner Hüfte abgelegt. Doch diesen Mann hatte ich noch nie zuvor gesehen. Keine Erinnerung mit ihm wies mir das Vertrauen nach. Dieses markante Gesicht, diese gebräunte Haut mit den großen braunen Augen, den unverschämt anziehenden, vollen Lippen, die arrogant der Kamera entgegen lachten, den perfekten Ausdruck seiner Erscheinung unterstreichten und geschickt seine welligen schwarzen Haare in Szene setzten, machten ihn alles zu einem attraktiven Mann, ende 20. Er gehörte mit seinem durchtrainiertem Körper, welches mir das eng anliegende weiße Shirt verriet, nicht zu den Männern, die ich bevorzugte. Insgeheim, weil ich wusste, dass so gutaussehende Männer nie bei einem bleiben würden, oder eine für mein Lebensstyle zu rebellische Ader versteckten. In meinen Träumen hatte ich mich insgeheim immer nach so einem Mann gesehnt. Ich wischte erneut weiter. Meine Hände waren schweißnass und unangenehm kalt. Diesmal war es ein Bild, welches mir bekannt war. Jedoch beruhigte es mich nicht im Geringsten. Es war keine typische Fotografie. Es war aus der Beobachter Perspektive aufgenommen. Ich zoomte weiter heran, denn ich konnte es nicht fassen. Man hatte mich aus einem Autofenster heraus aufgenommen, wie ich mit Gerichtskleidung das Staatsgebäude verließ. Unterm Arm viele Akten geklemmt. Ich erinnerte mich an den Tag. So frisch waren die Erinnerungen. Es war die erste Gerichtsversammlung meines aktuellen Falles, wo unser Mandant Mark Franke, der zuerst als Zeuge aussagte, dann aber überraschend als Täter für den Mord an seine Untermieterin Laura Springer angeklagt worden war. Der Fall wurde groß und dramatisch in den Frankfurter Medien auseinander genommen und hatte viel, Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Ich wagte es nie auszusprechen, aber Hektor sagte mir oft, dass wir Glück gehabt hatten, als Verteidigung in dem Fall angesetzt wurden zu sein. Ein Sprungbrett unserer Karriere. Und Unrecht hatte er nicht. Ich stieß die Luft aus, denn dieses Foto war unscheinbar und doch vermittelte es ganz klar die eine Tatsache: Ich wurde beobachtet. Ängstlich, was mich auf dem nächsten Foto erwartete, scrollte ich jedoch hastig weiter. Mein Herz schlug wie als hätte ich 10 Tassen Kaffee geext. Ein Café. Nicht nur irgendeins, es war das Mainkai Café. Mein Stammplatz, das erkannte ich auf den ersten Blick. Ich schwitzte vor Aufregung meinen Blaser nass. Der Platz am Fenster, mit dem Blick aufs Wasser, war von mir eingenommen. Wie so oft saß ich da. Es war der beste Platz, um ungestört meine Mittagspausen zu verbringen  Etwas unscharf wurde dieser Moment von draußen aufgenommen. Jedoch näher dran, als das Foto davor. Mein Ich saß unscheinbar über den Laptop gebeugt, links neben mir, stand eine große Tasse Tee, Kaffee hatte ich versucht mir abzugewöhnen. Doch der aktuelle Fall, mit dem Hektor und ich zu kämpfen hatten, ließ es nicht zu. Doch anscheinend wurde das Bild noch in meiner „Teephase“ aufgenommen. Fast hätte ich erneut weiter gewischt, wäre mir nicht der kleine schwarze Pfeil auf dem Foto aufgefallen. Er zeigte auf eine Person, die sich auf dem Bild ebenfalls im Café befand. Unmittelbar hinter mir, die Hände entschuldigend hochgehalten. Ungeduldig, wenn nicht auch fassungslos zoomte ich an sie heran. Mein erster Gedanke, wer das hätte gewesen sein können, bestätigte sich dabei. Es war Laura Springer. Ihre hellen blonden Haare konnte ich nicht verwechseln. So oft wurden die Tatortfotos von ihr, wie sie auf dem Waldboden lag, ihre Haare mit Dreck und Stöckern verunstaltet, vor Gericht gezeigt. Ihr Gesicht brannte sich tief in meinen Kopf. Ich kannte sie, ihren Lebenslauf, ihre Hobbys, Freunde, Alles. Hektor und ich hatten viel recherchiert, um über 5 Ecken etwas zu finden, was  Frankes Anklage hätte entlastet können. An der linken unteren Ecke war das Aufnahme Datum festgehalten. Ich verschluckte mich fast an meinem eigenem Speichel. Es war der 7.1.2019. Ein Montag, der Todestag von Laura. Angestrengt versuchte ich mich, an genau diesen Tag zu erinnern. Buchstücke blieben mir tatsächlich in Erinnerung. Es war ein Montag wie jeder andere gewesen. Eine Woche, nachdem ich erfolgreich einen Hausmeister davor bewahrt hatte, wegen Diebstahles angeklagt zu werden. Ein Fall, der schnell von der Hand ging, und mir daraufhin mehr Zeit für Pausen zusicherte. Niemals hätte ich geahnt, dass nur paar Wochen später der schwerste und verwinkelste Fall überhaupt auf mich wartete. An dem Tag im Café, wurde ich von einer unbekannten Person von hinten angesprochen. Jetzt wusste ich, dass die fremde Person Laura Springer war, die ich zu dem Zeitpunkt noch nicht kannte. Sie hatte gerufen: „Kimberly? Seit wann bist du denn in Frankfurt?“ Ich hatte mich umgedreht und ihr vielleicht etwas zu unfreundlich gesagt, dass ich nicht Kimberly wäre, und dass sie nicht so laut reden solle, da ich Ruhe haben wollte. Dieses Foto war nicht einfach nur das Ergebnis eines guten Fotografen, denn es sah so aus, als würde Frau Springer energisch auf mich einreden. Es war ein Druckmittel gegen mich, denn als Anwalt hatte ich vor Gericht geschworen, dem Recht zudienen und ohne jegliche Vorkenntnisse mit den Fallbeteiligten, unserem Klienten zu Helfen. Dieses Foto würde beweisen, dass ich das Mordopfer lebend gesehen hatte. Nicht nur das wäre ein Problem gewesen, sondern auch der Fakt, dass Laura von niemanden, außer morgens von Franke, an ihrem Todestag gesehen wurde. Ganz schnell würde so ein Bild, zu einem Beweismittel mit folgenden Anschuldigungen werden. Auch wenn ich wusste, dass ich Frau Springer an jenem Tag nicht wahrgenommen hatte, würde das Gericht dies nicht hinnehmen. Mit einem einzelnen kleinen Pfeil wurde das Foto zu einer Drohung. In den Händen von einer falschen Person, würde es Franke entlasten, aber dafür mich, eine aufstrebende Anwältin belasten. Indirekt und doch so direkt an mich gerichtet. Hier ging es nicht mehr um paar Fotos von einem Beobachter. Es handelte sich um einen Stalker. Jemand der nichts Gutes im Sinn hatte.

Nur schwer hatte ich es geschafft, das fremde Handy aus der Hand zu legen, weg vom Rastplatz, auf dem Weg nach Hause zu fahren. Denn es war spät, und umso mehr Fotos ich mir anguckt hatte, desto mehr machte sich die Angst breiter, dass ich auch in dem Moment beobachtet wurde. Außerdem spürte ich die immer mehr werdende Wirkung der Pillen auf mich. Vielleicht verdankte ich denen sogar, dass mich die Panik nicht heimsuchte, denn sie Situation war alles andere als normal und definitiv eine Gefahr für mich. Normalerweise brachten mich schon Kleinigkeiten aus der Bahn, die ich nicht geplant hatte oder nicht in mein Systempuzzle passten. Dass ich nicht völlig verzweifelt und hilflos im Auto kollabiert bin, wunderte mich. Meine Hände waren von dem sich an gestauchten Adrenalin immer noch nass und feucht, als ich im halbdunklen Licht meiner Haustürlampe, den Schlüssel ins Schloss steckte. Fast hätte ich vergessen, die Hausarlamanlage abzustellen. Der Pin viel mir erst beim letzten Versuch ein. Es hätte mich nicht gewundert, wenn sie losgegangen wäre. Das wär noch die Kirsche auf der Torte gewesen. Ich ging meinen Gewohnheiten wie in Trance nach, zwang mich dabei aber nicht noch einen Blick auf das Handy zu werfen, nicht noch einen Gedanken an den vermeintlichen Stalker zu verschwenden. Die Rollos waren schon alle nach unten gefahren, Licht wolle ich nicht anmachen, denn ich war nicht alleine im Haus. Zu unfähig mich auszuziehen, um in bequeme Schlafsachen zu schlüpfen, tastete ich mich an der Wand entlang zum Schlafzimmer. Die Massive Holztür, protestierte beim Öffnen. Vorsichtig trat ich ein. Zu lange hatte ich nur meine Gedanken gehört, zu lange war ich in mich selber versunken. Das plötzlich laute Geräusch ließ mich kurz aufschreien, das Schnarchen von Niko hatte ich ganz vergessen. Nikolas Lorenz war mein Mann, jedenfalls sagten das die Papiere. Wir konnten uns von früher. Unspektakulär. Eine langweiligere Liebesgeschichte konnte es nicht geben. Jedoch gab ich mich mit ihm zufrieden. Er war einer der beliebtesten Immobilienmakler in Hessen. Die Nachfrage war groß. Deshalb sahen wir beide uns am Tag kaum. Ich redete mir immer ein, dass es so sein musste. Entweder Karriere oder Familie. Und definitiv empfanden wir beide mehr Passion für unsere Jobs, als für uns. Als ich ins Bett gekrochen kam, bemerkte ich, dass auch er sein Hemd angelassen hatte.                                                                                                                                                                      „Niko, ich bin jetzt zuhause.“ Flüsterte ich. Meine Stimme klang heiser. Er stöhnte als Antwort und drehte sich genervt von mir weg. „Ist der Alam wieder scharf?“ nuschelte er in sein Kissen. „Ja hab an alles gedacht.“, ein letztes Mal raffte ich mich auf. „Ich..ich muss dir was erzählen, es ist wichtig.“ Es fiel mir nie leicht, über meine Probleme mit anderen zu sprechen. Sie laut zu formulieren. Doch die Sache mit dem Handy zerrte an mir. Auch wenn mein Mann nicht der beste Zuhörer war, klang es am logischsten, mit ihm darüber zu reden. „Ich hab was gefun-.“ Sein lautes Schnarchen unterbrach mich. Seelenruhig war er wieder eingeschlafen. Enttäuscht atmete ich aus, kuschelte mich in das kalte, viel zu große Bett und ermahnte mich, dass ich nichts anderes von Niko hätte erwarten können. Auch er machte Überstunden oder traf sich mit seinen Freunden in Bars. Nie blieb er wach, wartete nicht, bis ich sicher zuhause ankam. Warum hätte es also heue anders gewesen sein sollen? Wäre mir was passiert, dann würde es ihm aller frühestens in 2 Tagen auffallen. Ich versank in meinen Gedanken, bis mich der Schlaf ins Dunkle tauchte.

Die Nacht war nicht schön. Immer wieder wachte ich auf, oder wurde von den Bildern verfolgt. Mit einem Gefühl, als wäre ich gestern erst gar nicht eingeschlafen, weckte mich mein schriller Handywecker nah an meinem Ohr. Mühsam stand ich auf, und versuchte klar zu kommen. Für einen kurzen Moment war mein Morgen wie jeder andere davor. Bei meinem Blick in den Spiegel, schossen mir aber die vielen merkwürdigen Bilder zurück in meinen Kopf. Mit kaltem Wasser wischte ich mir den Rest Make-up vom Vortag aus dem Gesicht. Nachdenklich lehnte ich meine heiß angelaufende Stirn an den Spiegel. Doch eine Ordnung konnte ich nicht finde. Es schien mir unmöglich auf das klar zu kommen, was gestern Abend passiert war. Um  den roten Faden, den ich vergeblich versuchte zu finden, der mir eigentlich immer durch Situation Geholfen hatte, tauchte diesmal nicht auf.
Ich war zwar in meinen vier Wänden, an dem Ort, dem ich vertraute, in dem ich mich normalerweise wohl fühlte. Aber in diesem Moment fühlte ich mich nirgendswo wohl, selbst als ich fassungslos mein Spiegelbild betrachtete, sah ich nicht mich, sondern eine fremde Person. Zu unfähig sich zu kontrollieren, unfähig einem Stalker zu entkommen. Ich war bloß eine kleine machtlose Schachfigur, die nicht wusste, mit welchen Mitteln mit ihr gespielt wird. Bei einer Sache wusste ich Bescheid, nämlich dass ich keine Chance hatte auch nur irgendetwas dagegen zu tun.

Ich ging in die Küche, wo Niko schon mit einem frisch gewechselten Hemd, sauber gebundener Krawatte und aufwändig gegellter Frisur am Tisch saß. Hinter ihm hörte ich den Mixer, wenn auch nur entfernt, denn ich hatte einen Tunnelblick.                                                                                                                                                                                 „Guten Morgen.“ Sagte er knapp, wie immer. Seine Aufmerksamkeit war auf sein Handy gerichtet.                     „Morgen.“ Nuschelte ich und stellte mich ans Regal, suchte mir eine Schüssel, Löffel, Milch und Cornflakes raus. Ich war überrascht, überhaupt Cornflakes gefunden zu haben, denn normalerweise legten Nico und ich großen Wert auf eine gesunde Ernährung.                                                                                                                                                                „Also entweder du hast gestern Abend getrunken oder du kommst mit dem Fall von Laura Springer nicht klar.“ Warf er in den Raum. Ich spürte seinen überraschten Blick auf meinem Rücken. Niko lachte beiläufig auf, hatte er wirklich vergessen, dass ich gestern noch was gesagt hatte, war er wirklich eingeschlafen, oder hatte er einfach nur keine Lust gehabt, mit mir zu reden? Ich war kurz davor gewesen, ihn darauf anzusprechen, lies es dann aber, denn ich hatte dafür nicht den Nerv. Niko war kein guter Zuhörer und schon gar nicht jemand; mit dem ich persönliche Probleme hätte lösen können. Er redete viel, aber nur von den Sachen, die ihn persönlich interessierten oder die wirklich wichtig waren. Ich seufzte leise und schaufelte die viel zu süßen Schokoflakes in mich rein.                                                     „Ja, tatsächlich der Fall.“ Log ich und zwang mich, normal zu klingen.                                                                                                         „Ja klar verständlich, bei dem was jetzt wieder neu dazugekommen ist.“ Niko erhob sich nichts ahnend, drückte mir einen schnellen Kuss auf die Wange und exte beiläufig seinen Broccoli Grünkohlsmoothie.
Ich verschluckt mich halb an der Milch, als seine Wörter mein Gehirn erreicht hatten.
„Was hast du gesagt? Was ist neu dazugekommen?“ Er zog eine Augenbraue hoch, als Reaktion auf die Milch, die mir auf den zerknitterten Blaser getropft ist, oder vor Verblüffung, konnte ich in dem Moment nicht eindeutig erkennen. „Bei eurem Fall mit Laura Springer. Hallo?“, jetzt hatte er schon wieder genervt nachgefragt, zu viele Worte am Morgen, zu unwichtig für ihn. „Es sind neue Beweise für den Fall aufgetaucht. Ein anonymer Zeuge hat sich angeblich gemeldet und Beweismaterial die Franke belasten, versprochen vorzulegen. Heute Nachmittag will er sie aushändigen.“
„Wann haben Sie das gesagt und woher weißt du das?“ Verschwommen erinnerte ich mich, wie Hektor am Vortag meinte, dass wir neue Informationen kriegen würden und sie diesmal eine große Hilfe für Franke wären und plötzlich tauchten stärkere Beweismittel gegen ihn auf? In Sekundenbruchteilen malte ich mir aus, woher die Information hätten gekommen sein können, oder ob Niko mich nur auf den Arm nahm. Jedoch verwarf ich diesen Gedanken gleich wieder, denn er war nicht so einer. Humor war ein Fremdwort für ihn. War es das Bild von mir im Mainkai Café, welches vorgelegt wird? Angst überkam mich.                                                                                                                                                                                                                                          „Ehm guckst du keine Nachrichten?“, skeptisch musterte er mich, denn auch wenn wir uns nicht so oft sahen, kannte er mich. Auch wenn ich nie einen Menschen zu nah an mich rann ließ, verband uns die Zeit. Die ganzen Jahre, die wir schon erlebt hatten, hatten uns beide auf eine Art und Weise doch gezeichnet. Vielleicht dachte er in diesem Moment auch daran, oder in die Richtung, denn sein Blick wurde etwas weicher. Er atmete langsam und hörbar aus, festigte den Blickkontakt. „Du kannst immer zu mir kommen, wenn du zu viel an Tessa denken musst.“ Ein Schlag in den Bauch. Alles in mir zog sich zusammen. Von dem einen Wimpernschlag, zum anderen hatte ich mehr Probleme, als noch vor 10 Sekunden. Tatsächlich hatte ich in diesem Augenblick nicht an Tessa gedacht, und dafür fing ich an mich zu schämen. Auch wenn die Situation, in der ich mich befand, meine ganze Aufmerksamkeit beanspruchte und definitiv keine Normale war, hatte ich nicht das Recht haben dürfen egoistisch nur an mein Wohl zu denken. Nicht heute. „Oh, ich.. ich weiß nicht.“ Meine Unterlippe zitterte. Ich hasste in dem Moment, die Fähigkeit, Erinnerungen zu haben. Letztendlich sind Erinnerungen schmerzhaft, wenn die falschen sich in die Gegenwart drängten.   „Das ist ok, Kathrin. Jeder würde es verstehen.“ Spöttisch schnaubte ich aus. Ich guckte zur Decke, um den Anflug meiner Tränen zu unterdrücken. Niko sagte es nur, weil er es sagen musste als Ehemann. Doch seine Worte bewirkten nichts im Geringsten. Er hatte keine Ahnung, dass heute der erste Tag war, an dem ich nicht um Tessa trauerte. Heute war ihr Todestag gewesen. Der schlimmste Tag meines Lebens. Tessa war meine Schwester gewesen, um genauer zu sein, mein Zwilling. Bis zu unserem 17 Lebensjahr teilten wir uns ein Leben, jeden Tag sah ich mein Ebenbild, hörte die vertrauteste Stimme, erlebte mit ihr den Tag. Dann war da eine Party, eine Autofahrt, eine Kreuzung, die alles änderten. Ohne Vorwarnung wurde sie mir weggenommen, der Tod reizte Tessa von meiner, unserer Welt. Auch wenn ich mich nicht an unseren letzten Augenblick zusammen im Auto erinnerte, machte ich mir Vorwürfe. Jedes Jahr aufs Neue fragte ich mich, was wäre wenn ich auf ihren Platz hinten im Auto gesessen hätte.                                                                             Ich nickte als Antwort. „Versuch dich heute abzulenken, du kommst schon klar.“, für sich, als eigene Bestätigung nickte er auch kurz. „Wie auch immer, da wartet anscheinend viel Arbeit auf dich heute. Ich bin heute Abend bei Tobias auf nem Männerabend, also wunder dich nicht, wenn ich spät zu Hause bin.“, Niko schnappte sich einen Apfel von der Obstschale und eilte aus der Küche. „Achso und dein Handy klingelt den ganzen Morgen schon in deiner Tasche, Hektor ist bestimmt schon richtig hysterisch, dass du nicht dran gehst.“ rief er noch hinterher, dann fiel die Haustür ins Schloss. Verdutzt starrte ich in den nun leeren Flur. Gänsehaut breitete sich aus. Ich spürte Druck auf meiner Brust, als hätte man eine Langhantel darauf abgelegt. Die Gewichte auf der einen Seite waren die Trauer um meine Schwester, auf der Anderen das fremde Handy. Ich wusste, dass mein Handy nicht geklingelt hatte. Zum ersten Mal an diesem Morgen, war ich mir über eine Sache sicher; Ich wurde pünktlich von meinem Handywecker wach gemacht, ein anderes Klingeln wäre mir aufgefallen. Doch dann viel mir ein, dass ich gestern Abend bewusst ein Handy in meiner Tasche gelassen hatte. Niko konnte nicht wissen, dass es ein fremdes Handy war, denn der Klingelton war ja mit meinem Telefon identisch. Der Appetit auf zuckergeladene Flakes war mir vergangen. Hektisch lief ich zu meiner Tasche.  Noch nie hatte ich Angst vor einem Gegenstand. Alle meine Gedanken drehten sich wieder um das Handy. Vorsichtig zog ich es heraus. Als das Display anging, hielt ich den Atem an. 20 eingegangene Anrufe von einer unbekannten Nummer. Innerlich hatte ich mit mir gerungen, ob ich die Nummer zurück rufen hätte sollen oder nicht. Mein Atem fiel flach, als das Wählgeräusch ertönte. Ich hatte mich fürs Anrufen entschieden. Es vergingen nicht mehr als 2 Wartettöne, dann wurde abgenommen. Stille. Die Person am anderen Ende der Leitung sprach nicht. Ich setzte mich auf den Boden, denn meine Knie sind weich geworden. Die Stille wirkte laut. Nachdem ich geschluckt hatte, ermutigte ich mich, den Anfang zu machen:  „Hallo? Hier ist Katherina, Katherina Lorenz.“ „Ich weiß wer du bist.“ Duzte mich eine Frauenstimme. Langsam atmete ich aus, zwang mich, mich auf das wichtigste zu konzentrieren, um nicht durchzudrehen. Es war nicht normal, von jemanden gekannt zu werden, der Kontakt zu einem aufnahm, durch ein fremdes Handy. „Was wollen Sie von mir?“ Ich ging in die Offensive, dankbar, dass man am anderen Ende nur meine Stimme hörte und nicht mein krampfhaft angestrengtes, verängstigtes Gesicht. „Von dir wollen wir einiges, alles zu seiner Zeit.“, kurz und knapp wurde geantwortet. Ich konnte aus der Stimme nichts lesen. Weder die Stimmung, die die Person hatte, noch ihre erhofften Ziele. „Wir haben dich in der Hand, Katherina.“ Das wusste ich zu gut, das Bild im Café war der Schlüssel zu großen Schwierigkeiten. Und noch dazu hatte ich mir die über 100 weiteren Fotos nicht mal angeguckt. „Was hab ich denn getan? Warum wollt ihr mir irgendwas anhängen?“ Tränen vor Wut und Verzweiflung stiegen mir in die Augen. Unaufhaltsam zitterten meine Knie. Dann wurde ohne weiteren Kommentar aufgelegt. Fassungslos stieß ich mein Atmen aus. Mein Sinn, wo oben und unten war, hatte sich schon lange verabschiedet. Der kurze, laute Nachrichtenton von dem Handy meldete sich. Ich zog meine Nase hoch, um die Tränen zu unterdrücken, denn ich sah bereits verschwommen. Sofort, ohne weiter zu zögern rief ich die Nachricht auf. Es war eine E-Mail, aber ich fand keinen Namen vom Verfasser. Sie war nicht lang, umfing nur 3 Sätze: Im Briefkasten ist eine Fahrkarte. Steig in den Zug um 9 Uhr. Spreche mit Niemanden, sonst fällt dein Leben zusammen. Eine Fotodatei war angehängt. Ich zog den Atem an. Auf dem Bild erkannte ich das Haus von Hektor, im Vordergrund ein Scharfschützengewähr, und auch wenn ich keine Ahnung von Waffen hatte, vermutete ich einen Schall-dämmer zu erkennen. Wie einfach wäre es gewesen, Hektor anzurufen, um ihn zu warnen, die Polizei zu rufen. Doch eine Kugel fliegt nun mal schneller als das Auto eines Polizisten fährt. In so einer extremen Situation blieb keine Zeit, um sich Auswege zu überlegen. Meine Stalker hatten nicht nur mein Leben in der Hand, meine Karriere, sondern auch meinen Arbeitskollegen. Es ging um Leben anderer. Nicht noch einmal wollte ich Grund sein für das Auftreten des Todes. Entschlossen wischte ich mir alles Nasse aus dem Gesicht, strich meine Haare nach hinten und zwang mir etwas Mut auf. Was würde von mir verlangt werden, wenn ich in den Zug steige. Ich wusste, dass sie mich nicht beseitigen wollen würden, das hätten sie schon längst getan. Meine Vermutung fiel auf Erpressung. Oft wurde ich vor Gericht mit diesem Thema konfrontiert. Geld ist bei Erpressern oft die Forderung. An Geld mangelte es mir nicht. Und sollte es mehr sein, als mir möglich wäre, dann wäre ein Kredit eine denkbare Möglichkeit. Es war bereits kurz vor 8 gewesen, rasch zog ich mir ein schwarzes Sweatshirt über und eine ausgewaschene Leggins, Bürokleidung kam mir Situationsbedingt falsch vor in dem Moment. Draußen war es frisch, kalter Wind griff mich an.  Auf dem Weg zum Bahnhof dachte ich mir mein Gehirn wund. Ich konnte mir nicht denken, was passieren würde.                                                                                      Der Zug hatte fünf Minuten Verspätung, ich verfluchte die Bahngesellschaft. Als er dann endlich eingetroffen war, stieg ich zusammen mit unzähligen gestressten Pendlern ein. Die Zugfahrt ging harmlos schnell vorüber, als wäre der Tag einer, wie jeder andere. Friedrichsdorf hatte sich unscheinbar vor mir aufgebaut. Mein Herz schlug wie wild gegen meine Brust, als ich ausstieg. Alle um mich herum, wussten wo lang, hatten ein Ziel. Ich stand hilflos am Bahngleis. Fast wäre mir der Mann auf einer Bank, in der Nähe alter Snackautomaten, nicht aufgefallen. Sein ausdrucksloser Blick hatte mich im Visier.  Als er merkte, dass ich ihn entdeckt hatte, erhob er sich und ging langsam in Richtung Ausgangshalle. Hastig folgte ich ihm. Es war nicht einfach, mit ihm Schritt zu halten, denn von überall kamen gestresste Leute entgegen. Er führte mich bis zu einem Parkplatz. 10 Meter war ich nur noch von ihm entfernt gewesen, doch dann, ein Schlag auf meinen Hinterkopf. Ein dumpfes Geräusch. Schwärze.

Benommen versuchte ich meine Augen zu öffnen. Es fiel mir so schwer, als währen meine Lider aus Beton. Der Schmerz pochte an meiner Schläfe. Als ich langsam zu mir kam, erkannte ich eine unscharfe Silhouette. Mit jeder Sekunde, die verstrich, wurde sie schärfer. Es war eine Frau, schwarz gekleidet, die Haare sorgfältig unter einer Mütze versteckt, die mir den Rücken zu wand. Anscheinend hatte sie meinen Wachzustand bemerkt. „Das mit dem K.O Schlag war notwendig, um dich hier her zu bringen.“ Es war die Stimme, die schon am Telefon zu mir sprach. Ich drehte meinen Kopf, soweit es mir die Benommenheit erlaubte, um meine Umgebung war zunehmen. Mir zeigte sich ein dunkler Loft, mit muffigen Geruch. „Was soll das alles?“ Ich war mir nicht sicher, warum ich keine Angst verspürte, aber die Stimme der Frau klang irgendwie vertraut. „Was das soll?“, ein Anflug von Lachen. „Du sollst das kriegen, was du verdienst.“ Ich verstand nicht, was man von mir wollte. „Wenn ihr Geld haben wollt, dann kriege ich das hin. Ganz sicher, versprochen.“ Die Frau regte sich, berührte vorsichtig ihre Mütze, zog sie runter. Lange rote Haare vielen auf ihre Schultern. Im selben Moment drehte sie sich zu mir um. „ich will ein Geld, ich will dein Leben, Kathi.“ Auch wenn der Loft nicht gut über eine gute Belichtung verfügte, hätte ich sie in jedem licht erkannt. Tessa. Vor mir stand meine tote Zwillingsschwester. „Wie..wie kann das sein?“, Tränen stiegen in meine Augen, ich wollte aufspringen, aber die Ketten am Stuhl hielten mich zurück. „Du bist gestorben, bei dem Autounfall.“ Langsam strich die sich die Strähnen aus der Stirn. Bedacht kam sie näher, ihre kalten Finger schlossen sich um mein Kinn. „Welcher Unfall, Kathi?“, flüsterte sie. „Der, an den du keine Erinnerungen hast? Schon mal überlegt, dass du keine hast, weil es keine gibt?“ Ihre schwarz lackierten Nägel ritzten ein T in meine Wange. „Warum hätte man mich anlügen sollen?“ Sie stieß ein schrilles kurzes Lachen aus. „haben die Drogen deinen Verstand zerstört, oder warum bist du so dumm? Du hast mir das angetan. Mein Leben hat sich wegen dir geändert.“ Sie zeichnete die Konturen meines Gesichtes nach. „Aber-.“ Sie unterbrach mich. „- Du wolltest kein Ebenbild, deiner selbst, keinen Schatten, der alles genauso kann wie du. Ich war ein Fehler in deinem Leben, falsch platziert. Dein Hass hat dich krank gemacht, Kathi.“ „Hör auf sowas zu sagen, ich bin nicht so gewesen.“ Ich schrie. Der Loft reflektierte mich. „unsere Eltern wollten auch immer nur ein Mädchen, eine, die nach ihrer Pfeife tanzt. Ich wurde von allen gehasst, du hast deine Konzentrationsdrogen mir untergejubelt. Mutter dachte, ich sei abhängig. Dann warst du im Rausch, nach einer Party. Hast mich verletzt.“ „Nein lüg nicht Tessa.“ Sie kniff unsanft in meine Wange. „Du hast mich verletzt! Und nur weil ich mich gewehrt habe, wurde ich von unserem Vater in die geschlossene Anstalt geschickt, ließ mich für Tod erklären. Dein perfektes Leben konnte dann problemlos starten. Ich riss meinen Kopf aus ihrer Hand. „Ich bin nicht so ein Mensch!“ Ohne Vorwarnung machte sie ihren Bauch frei. Eine große Narbe, zog sich quer über ihn. „Du hast dich selbst Traumatisiert, deine Taten verdrängt.“, Tessa berührte abwertend ihre Narbe. „Wenn man lange genug etwas denkt, dann glaubt man es irgendwann. Aber das Unterbewusstsein vergisst nicht, oder hast du Blackouts von Teddybären.“ Ich machte mir nichtmehr die Mühe Worte zu finden. Alles was sie sagte, ergab Sinn. „Nach 12 Jahren Anstalt konnte ich fliehen, und jetzt werde ich mir nehmen, was du verhindert hast, liebste Schwester.“ Sage Tessa voller Hass. „Du hast eh schon verloren. Jetzt ist die Zeit gekommen, deine Identität mit mir zu tausche. Keiner wird dir glauben. Denn ich bin du und du wirst zu mir.“ Gierig funkelten ihre Augen. Sie zückte ein Messer, eine schnelle Bewegung folgte.

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