TimstoryWer Bin Ich?

Meine Wohnungstür fällt ins Schloss. Es ist eine Maisonetten Wohnung, ich beziehe also den dritten und vierten Stock in einem Block in der Parkstraße, Berlin Weißensee.

Ich gehe wie üblich jeden Tag mit meinem kleinen Beagle raus. Er heißt Benji und ist vor einigen Tagen 2 Jahre alt geworden. Jeden Tag gehe ich mit ihm, sowohl morgens als auch abends, einige Runden um den See. Ich bin als Architekt in der Firma build for all für große und meist internationale Gebäude im Einsatz. Die Firma ist heiß begehrt und durch viele Ideen und Ratschläge meinerseits konnte ich mich schnell hocharbeiten.

Mittlerweile bin ich 34 Jahre alt und habe eine Freundin. Sie heißt Jessica und ich möchte ihr bald einen Antrag machen. Sie ist wunderschön, ihr grüner Augenstern und ihr liebliches Gesicht ziehen mich jedes mal in ihren Bann. Sie arbeitet als Arzthelferin in einer Praxis, hier ganz in der Nähe.

Unter meinen Fußsohlen fängt es an zu knirschen. Ich laufe auf dem Schottersteinweg um den Weißensee. Wie jeden Tag rennt auch Benji wieder zu jeder Blume und jedem Grashalm und beschnuppert sie. Nach wenigen Schritten auf dem Schottersteinweg komme ich am Milchhäuschen vorbei, hier bin ich früher, als kleines Kind, gerne gewesen und hab mir jedes mal einen riesigen Eisbecher gewünscht. Benji bleibt stehen und schnuppert an etwas glitzerndem auf dem Boden. Sofort ziehe ich ihn mit der Leine weg, ich dachte es wäre eine Glasscherbe oder etwas anderes spitzes, jedoch fällt mir beim genaueren Betrachten auf, dass es nichts dergleichen ist. Die Kamera eines schwarzen Smartphones blickt mich an. Mein Blick fällt kurz über meine linke Schulter, vielleicht hat ein Jogger sein Smartphone verloren, aber ich sehe niemanden. Ich kann mich auch nicht entsinnen, dass jemand an mir vorbeigelaufen ist und vor mir ist auch niemand.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich es nehmen sollte oder einfach liegen lasse und dann kümmert oder freut sich jemand anderes.

Einige Atemzüge und Überlegungen später, entschließe ich mich dazu, dass Smartphone aufzuheben. Ich nehme es und drehe es um, so dass ich das Display sehen kann. Ein kleiner Riss auf der unteren Hälfte des Bildschirms, aber ansonsten ist es scheinbar unversehrt. Ich werde das Smartphone einfach vorne an der Rennbahnstraße bei der Polizei abgeben.

Ich stecke das Smartphone in meine Tasche, aber versehentlich komme ich auf einen Knopf am Smartphone.

Das Display leuchtet auf und obwohl ich es eigentlich schon so gut wie weggesteckt hatte, ziehe ich es noch einmal ein kleines Stück nach oben und schaue auf das Display. Im Hintergrund ist das Gesicht einer Person zu erkennen … eine Person, die genauso aussieht wie ich. Verdutzt schaue ich weiter auf das Smartphone und mein Blick wendet sich erst ab, als das Gesicht der Person dir mir sehr ähnlich Aussah wieder in der schwärze des Display verschwunden ist.

Ich schüttle den Kopf, um das Gesicht aus dem Kopf zu kriegen. Es war auf jeden Fall eine andere Person, denn warum sollte jemand ein Foto von mir haben und es dann noch als Hintergrund verwenden? Ich greife das Smartphone am unteren Ende, damit ich nicht wieder gegen irgendwelche Knöpfe komme und stecke es wieder in meine Hosentasche. Plötzlich, während ich das Smartphone noch in meiner Hosentasche in der Hand halte, vibriert es. Ruckartig ziehe ich es aus meiner Tasche.

Das Smartphone … es ist … es ist entsperrt. Mit meinem Daumen muss ich wohl auf den Home button gekommen sein. Aber wie ist das möglich? Woher kennt das Smartphone meinen Fingerabdruck? Bin ich das vielleicht doch im Hintergrund und jemand spielt mir einen üblen Streich?

Im Hintergrund des nun entsperrten Handys ist ein weiteres Bild. Es sieht aus als wäre ich diesmal wieder im Hintergrund,bloß ist diesmal nicht nur das Gesicht abgebildet, sondern ein Bild meiner Familie in unserem Garten in Spandau.

In wenige Augenblicken verschwinden meine Gedanken an meine Familie oder wie ich eher sagen sollte: Pflegefamilie. Ich hab meine Familie nie kennengelernt und ich weiß nur das ich kurz nach der Geburt von meiner Mutter getrennt wurde. Als ich älter wurde hat mir der Man bei dem ich aufgewachsen bin gesagt, ich wäre nicht sein leiblicher Sohn und meine leibliche Mutter hätte mich weggeben, aber trotzdem sagten sie, lieben sie mich wie ihren leiblichen Sohn.

An dem Tag an dem sie mir dies erzählten saß ich einige Stunden in meinem Zimmer und überlegte. Als ich am Abend dieses Schicksalsreichen Tages ins Wohnzimmer kam, sagte ich:Egal ob ihr meine leiblichen Eltern seid oder nicht, für mich werdet ihr zwei immer meine Eltern sein.“ Das war meine Meinung vor vielen Jahren und das ist sie heute auch noch.

Aber dieses Bild, da war ich noch ganz klein. Ein düsterer Schauer überkommt mich. Vielleicht gehört das Handy einem Stalker oder sogar einem Pädophilen, aber die Bilder sind weit über 10 Jahre alt. Verdutzt und neugierig zugleich drücke ich auf das Zeichen von Whatsapp. Das Display färbt sich für eine kurze Zeit weiß und dann bilden sich einige grüne Streifen und Namen erscheinen. Beim Anblick der ersten Namen in der Kontaktliste, fängt mein Puls an zu rasen. Meine Knie wurden butterweich und zitterten.

Der erste Kontakt in der Liste, … war meine Freundin.

Darunter folgen meine Familie und sämtliche Freunde.

Mein linker Arm zuckt, es ist Benji der wieder irgendwo hinrennt und ohne irgendeinen Gedanken von dem Smartphone abzuwenden, gebe ich bei der Leine nach, sodass Benji mehr Auslauf hat.

Mein Daumen geht langsam und zitternd in die obere rechte Ecke des Smartphones und tippt auf 3 Punkte die untereinander liegen. Dann geht meinen Daumen langsam etwas runter, dort steht Einstellung. Wenn man dort rauf drückt steht dort für gewöhnlich der Name und ein Status der Person. Meine Kehle ist wie zugeschnürt und völlig ausgetrocknet, aber mit dem zitternden druck auf das Wort Einstellungen, öffnete sich auf der oberen Hälfte des Displays das Profil.

Mein Gesicht wurde Kreidebleich vor Angst, denn dort wo normalerweise der Name stand, steht jetzt nur: „ich bin du“, und im Status steht etwas noch verrückteres: Oftmals wissen wir selbst nicht wer wir sind.“ Ich versuch meine Angst und Panik in den Griff zu bekommen, doch dies versuchte ich vergeblich. Möglicherweise hat dieses kranke Schwein eine E-Mail auf dem Smartphone angemeldet. Nun zwar weniger zitternd, dafür umso hastiger, schließe ich Whatsapp und öffne Gmail, merkwürdigerweise lag die App gleich neben Whatsapp, doch dies interessierte mich nicht weiter. Wieder färbt sich das Display für kurze Zeit weiß, und einen Moment später öffnet sich der Posteingang von Gmail.

Bei dem Anblick des Kontos schwitzte ich Blut und Wasser, ich bin wie gelähmt und schaue regungslos auf mein eigenes Gmail Konto. Ich kann nicht sagen, ob mein Puls zu hoch oder zu niedrig ist, denn ich spüre keinen Schlag mehr in meiner Brust. Alle meine Konten sind angemeldet, sowohl mein privates- als auch mein Firmenkonto.

Minuten vergehen ohne eine Regung meinerseits. Einige Jogger und Pärchen laufen an mir vorbei. Ich werde bestimmt beobachtet, aber von wem? Ich habe Tausende von Fragen, aber eine formulieren, dass krieg ich nicht hin.

Ich fasse einen unsicheren Gedanken, möglicherweise beobachtet er mich durch die Frontkamera des Smartphones, aber selbst, wenn es nicht so ist, bin ich jetzt wahrscheinlich sowieso schon aufgeschmissen, also suche ich weiter in dem Smartphone nach Hinweisen.

Neben Gmail ist die Galerie, fast schon wie ein Pfad. Ich öffne also die Galerie und blitzartig kommen hunderte von Bildern und sie alle haben eins gemeinsam …, sie bilden alle mich ab. Ich wische mit meinem Daumen nach oben, immer mehr Bilder erscheinen. Irgendwann bin ich am Ende der Galerie angekommen, dort ist ein Video. Ich öffne das Video. Der Bildschirm des Smartphones ist schwarz und rot gefärbt, also muss jemanden ein Finger oder gar seine Hand vor die Kamera halten. Abgesehen von dem Rauschen ist es in dem Video ruhig. Wenige Momente später erfüllt sich der Bildschirm mit Farbe und eine Person sitzt auf einen weißen Klappstuhl vor der Kamera. Eine dunkelblaue Jeans, ein weißes Hemd und mit meinem Gesicht. Ich verliere mich in meinem eigenem Gesicht, aber das kann ich doch gar nicht sein. Das Video wurde auf der großen Aussichtsplattform am Weißensee gemacht, doch dort drauf bin ich nur seltenen und wenn, dann war ich auch noch nie mit einem blauen Plastikklappstuhl da. Wer das auch sein mag, ich bin es definitiv nicht. Die Person wiederholt sich ständig: „Wir sind uns näher als du denkst.“, ob das einfach nur ein ausgefallener Streich von meinen Arbeitskollegen ist?

Ich stecke das Handy in meine Hosentasche und gehe verärgert mit meinem Hund noch ein paar Runden um den See. Ich schließe meine Tür auf und mache Benji sein Geschirr ab. Er verschwindet gleich hinter der Ecke im Wohnzimmer. Ich knalle derweil die Tür ins Schloss und gehe ins Bad, um mir das Gesicht zu waschen.

Das kann doch alles bloß ein schlechter Witz sein“, jemand legt seine Hand auf meine linke Schulter, „Ich fand es nicht witzig“, sagt die Stimme hinter mir.

Vor Angst erschrocken fällt lediglich mein Blick in den Spiegel. Neben meinem Gesicht ist nochmal mein Gesicht…

Wer bist du?“, stottere ich langsam dahin.

Ich bin ein Niemand, nur ein bescheidene Person.“, seine Stimme klingt nicht mehr wie meine, sondern sie ist viel rauer.

Und was zur Hölle willst du dann von mir?“

Ich …, Ich will alles was du hast und ich will dich.“, mit diesen Worten die er mir so zärtlich ins Ohr flüsterte, rammte er mir ein Messer in den Rücken.

Langsam gleite ich in seinen Armen zu Boden. Mein Hemd wird immer schwerer desto mehr es sich mit Blut vollsaugt.

Zusammen wurden wir geboren, doch getrennt sind wir aufgewachsen. Du in einer Wohlhabenden Familie und ich in einem ekligen Kaff mit schrecklichen Eltern. Jetzt will ich das, was du dein Leben lang hattest!“

 

Mir wird schwarz vor Augen.

 

 

 

Was ein merkwürdiger Traum“, stottere ich vor mich hin, als ich auf der Couch aufwache.

Ich mache mich kurz frisch im Bad und schnappe mir dann Benji, um mit Ihm die abendliche Runde um den Weißensee zu gehen.

Nach wenigen Metern auf dem Schotterweg finde ich ein allein gelassenes Smartphone auf dem Boden und es lässt sich mit meinem Fingerabdruck entsperren…

 

2 thoughts on “Wer Bin Ich?

  1. Lieber Unbekannter Autor,
    Die Idee deiner Geschichte finde ich wirklich gut. Und täglich grüßt das Murmeltier… 🙂
    Deine Sätze haben mich teilweise etwas verwirrt, so dass ich am Ende nicht wusste, was du damit sagen willst.
    Du hast aber Potenzial! Dran bleiben!:)
    Herzlich – Lia

  2. Hey Tim, kurz vor Endes des Votings wollte ich mir noch ein paar Geschichten vornehmen.
    Deine Geschichte hat mich echt gepackt.
    Hast du super gemacht!
    Kleine Anmerkung: Ich finde die Formatierung etwas ungünstig gewählt – die Schriftart wirkt recht klein.
    Ich drücke dir die Daumen und wünsche dir weiterhin viel Erfolg.
    Schau gerne bei mir vorbei, ich würde mich freuen. 🙂

    https://wirschreibenzuhause.de/geschichten/doppelte-identitaet-2

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