Boomer009Wer bist du?

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Die Bäume ziehen am Fenster des Zuges vorbei. Hinter ihnen schimmert die Sichel des abnehmenden Mondes. Das Rauschen der Fahrt dringt nur sehr gedämpft in die leiseren Parts der Musik durch die Kopfhörer.  Jonah beobachtet Ihn durch die Spiegelung in der Scheibe. Den Mann, der außer ihm die einzige Person im Wagon ist. Schwarze Haare, eine Seite fast komplett kurzrasiert, den Rest wie Stacheln nach oben aufgestellt. Knapp hinter dem Ohr eine Tätowierung, eine Schlange die sich um einen Notenschlüssel windet. Eine schwarze Lederjacke mit Nieten an den Schultern und die Hände ebenfalls tätowiert. Aber das Schlimmste sind wohl die Tunnel in den Ohrläppchen, sicher 20 Millimeter Durchmesser. „Wenn meine Tochter irgendwann mit so einem ankommen sollte, dann…dann vergess‘ ich mich.“, murmelt Jonah kaum hörbar vor sich hin. Ein Blick auf die Uhr zeigt, dass es kurz vor halb Acht ist. Er schaut auf seine Tasche, packt sie und geht den engen Gang entgegen der Fahrtrichtung  entlang. Als er das aufleuchtende WC-Licht sieht, stellt er die Tasche ab und setzt sich. Sein Blick starr auf die Toilette gerichtet. Hoffentlich komm ich aus der versifften Bude auch heil wieder raus… ohne mir wer weiß was eingefangen zu haben… Der Kaffee eben hat meiner Blase aber den Rest gegeben… Der schmeckte irgendwie auch nicht so gut, sehr wässrig. Das Licht macht keine Anzeichen die Toilette frei zu geben. Sein Blick wandert zu seiner Tasche die er mit genommen hat, da er solchem „Gesindel“, wie den Punker in den Vierer-Sitzen auf der anderen Gangseite, nicht traut. „Alles Kriminelle, drücken sich vorm Arbeiten und hören dann auch noch so ein schreckliches Gebrüll.“ Während er es vor sich hin murmelt und den Kopf schüttelt, erlischt das WC-Licht. Er geht auf den kleinen Toiletten-Raum zu. Die Tür ist geöffnet. Aber keiner drin. Er schaut sich um. Im Gang vor ihm sieht er eine Frau sich auf einen Platz setzen. Der Gestank des kleinen Raumes schlägt ihm entgegen und er muss würgen. Angewidert blickt er auf die Toilettenschüssel vor ihm. Die Tasche hängt er an einen Hacken an der Wand. „Nie im Leben setze ich mich auf diese Schüssel!“ Er blickt zum Toilettenpapierhalter. „Leer. Wie immer auf öffentlichen Toiletten.“ Wiederwillig stellt er sich breitbeinig vor die Schüssel, stützt sich mit einer Hand an der ekelhaft warm-feuchten Wand ab und öffnet mit der Anderen den Reisverschluss seiner Hose. „Ich darf einfach nicht darauf achten, dass sich der Zug bewegt. Nicht drauf achten.“, immer wieder sagt er diese Worte klar vor sich hin. Der Zug ruckelt. Mit beiden Händen muss er sich abstützen, um auf den feuchten Boden nicht hinzufallen. „Glück gehabt!“, sagt er so laut, dass wenn jemand vor der Tür stehen würde, es sicherlich hören könnte. Er betätigt den Schalter der Spülung, allerdings kommt nur ein wenig Wasser. „Wenigstens das Waschbecken funktioniert besser als die Spülung.“, meckert er, während er sich die Hände unter dem lau warmen Wasser wäscht. Die Hände an der Hose abgewischt, greift er nach seiner Tasche und öffnet die Tür mit dem Ellenbogen. Zurück auf den Weg zu seinem Platz überlegt er, ob er sich wieder zu dem Punker setzen soll. Als er allerdings bei seinem Platz ankommt sieht, er, dass dieser vor der Tür steht. Eine Anzeige zeigt die nächste Halltestelle an: Marburg. Der Zug wird langsamer. Gerade setzt er sich, da  fällt ein Handy in seinen Blick. Es liegt dort. Auf seinem Platz. Ist aber nicht seins, da er die ganze Zeit schon Musik hört. Die Türen öffnen sich und der Punker verlässt den Zug in dem Moment, in dem er den Kopf hebt, um zu sagen, dass er sein Handy hier vergessen hat. Etwas verwirrt blickt Jonah sich noch einmal um. Mit der gleichen Verwirrung nimmt er dann auch das Handy. Es hat nichts Besonderes an sich, keine Hülle und mit einer Art Kranz als Logo auf der Rückseite. Darunter steht klein „Huawei“, die Marke. An der Seite befindet sich, wie bei seinem Handy auch, ein kleiner Knopf um das Gerät einzuschalten. Er betätigt diesen und das Display leuchtet auf. Das Handy endsperrt sich. Was soll das denn, hat der das etwa net gesichert gehabt? Geht es ihm als Erstes durch den Kopf. Der Hintergrund des Handys zweigt ein einziges Wort. Weiß auf Schwarz steht dort: Mörder. Sonst ist nur eine einzige App auf dem Bildschirm zu sehen. Er tippt mit dem Finger darauf. Eine Gallerie öffnet sich. Drei Bilder sind dort zu sehen. Jonah berührt mit dem Finger das erste Bild. Es zeigt ihn. Ihn wie er in diesem Zug auf diesem Platz sitzt und aus dem Fenster schaut. „Gesindel! Wenn ich den nochmal in die Finger bekomme.“, knirscht er. „Oder? Stop! Warte, das passt nicht.“, er dreht sich nach hinten und blickt die leere Reihe entlang. Der Typ konnte das Bild nicht gemacht haben. Es wurde von irgendwo dort hinten aufgenommen. Er schluckt. Wie ist das möglich? Hier war doch sonst niemand gewesen. Er wischt weiter. Das nächte Bild zeigt wieder ihn. Ihn vor seinem Haus. Dem Haus in dem seine Frau und seine Tochter wohnen. Er schluckt erneut. Wieder wischt er, zum letzten Bild. Es zeigt einen anderen  Mann, nicht ihn. Jonah kommt der Mann nicht bekannt vor. Dieser lächelt in die Kamera, Kneift die Augen leicht zusammen. Seine braunen Haare scheinen wie im Wind zu wehen. Mit einem Tippen auf das Bild zeigt das Handy oben und unten am Bildschirmrand Balken an. Unten weitere Optionen. Oben stehen das Datum der Aufnahme und ein Bild-Titel. Mein Todestag. Ein Bild zurück gewischt lässt er sich auch dort den Bild-Namen anzeigen. Noch bist du Glücklich. Wieder ein Bild weiter. Dein Todestag ist nah. Jonah spürt, wie sein Herz schneller wird. Seine Hände beginnen zu zittern, als er die Gallerie wieder verlässt. Erneut liest er das Wort, das dort steht. Mörder. Diesmal lässt es ihm einen Schauer über den Rücken laufen. Was soll das, ich hab nie jemanden umgebracht? Das muss eine Verwechslung sein…Aber dann wären da doch keine Bilder von mir drauf… Ich wurde bestimmt komplett verwechselt und die wollen jemand anderen. Jonah betrachtet nun sein Spiegelbild in der Scheibe. Seine elendige Gestalt. Er beobachtet, wie eine Schweißperle von seiner gerunzelten Stirn rollt. Ein weiterer Blick auf das Handy und lässt es dann in einer Seitentasche seiner Reisetasche verschwinden. Schließlich zieht er sein eigenes Handy hervor und stellt die Musik lauter. Die Warnnachricht, dass bei der Lautstärke der Musik über längeren Zeitraum ein Hörschaden entstehen kann, drückt er nun das erste Mal in seinem Leben weg. Das Rauschen des Zuges dringt nicht mehr durch die Kopfhörer. Mein Todestag. Was soll das heißen? Will mich wirklich jemand umbringen? Erneut zieht er sein Handy hervor. Er stellt sich einen Wecker auf 20 Minuten und steckt es wieder weg. Die Aufregung steckt noch in seinen Knochen, als er sich nach hinten in den Sitz gleiten lässt. Trotzdem übermannt ihn die Müdigkeit. Er musste für einen Augenblick die Augen schließen.

Jonah läuft durch den Flur in dem Gebäude in dem er arbeitet. In Richtung seines Büros. Niemand kommt ihm entgegen. Er öffnet die Tür zu seinem Büro. Ein Schreck fährt ihm durch die Glieder, als er die Person auf seinem Stuhl entdeckt. Dort sitz er. Sein jüngeres Ich. Knapp zehn Jahre jünger. Er schaut sich dabei zu, wie er wild auf die Tastatur haut und genervt auf den Bildschirm seines PCs schaut. Sein jüngeres Ich bemerkt ihn nicht während er näherkommt. Der Bildschirm ist schwarz. Es scheint aber, als ob sein jüngeres Ich darauf etwas sehen kann. Zumindest klickt er wild mit der Maus hin und her. Langsam scheint es das sich auf dem Bildschirm etwas zeigt. Ein Gesicht wird sichtbar. Es ist der Mann von dem Bild auf dem gefundenen Handy. Jonah schreckt zurück, als er es erkennt, stößt gegen die Fensterbank und reist einen Stapel Akten hinunter. Aus einer fallen Bilder heraus. Sicher ein dutzend Mal die Bilder von dem Handy. Mit einem Donnern beginnt der Mann auf dem Bildschirm zu sprechen: „Erinnerst du dich an diesen Tag. Genau hier, in diesem Moment, hast du mich ermordet. Du wusstest, dass du einen großen Fehler gemacht hast, hast es aber verschwiegen.“

„Nächster Halt: Gießen.“

Jonah schreckt hoch. Seine Kopfhörer waren ihm aus den Ohren gefallen. Während er sie entwirrt klingelt sein Wecker. Der Zug beginnt zu bremsen. Jonah stellt den Wecker aus und lässt sich nach hinten in den Sitz fallen. In seinem Kopf schwirren die Gedanken umher. Der Tag von damals, fast hatte er ihn verdrängt. Damals wusste er nicht, was er getan hatte, genauso wie heute. Das Einzige, was er weiß, ist dass danach jemand aus der Anstalt verschwunden ist. Es ist seine Schuld gewesen, da ist er sich sicher. Gesucht wurde nach dem Patienten, ob er gefunden wurde, weiß Jonah nicht. Was der Patient genau gehabt hatte, hatte er nicht erfahren. Schließlich war er nur für Technische und Organisatorische Sachen zuständig gewesen. Den Arbeitsplatz hatte er kurz darauf auch gewechselt. Aber ich habe damals doch niemanden ermordet. Der Zug setzt sich wieder in Bewegung. Was habe ich damals nur getan? Jonah zieht sein Handy hervor und öffnet Google. In die Suchleiste tippt er ein: „Patient flieht aus Anstalt 2011“. Das erste Suchergebnis ist ein Artikel über den Vorfall. Er öffnet und überfliegt ihn. Es geht um die Suche nach dem Vermissten. Ja, da ist es, das hab ich gesucht. Unter dem Artikel ist das Fahndungsfoto der Polizei mit Name des Patienten. Markus R. Das war er, eindeutig. Das ist der Mann von dem Bild. Unter diesem steht eine Mitteilung, dass der Vermisste wahrscheinlich verstorben ist, da ein paar Tage nach dem Vorfall eine nicht Identifizierbare Leiche aufgetaucht war. Diese verstorbene Person war nach einem Selbstmord, durch einen Sprung von einer Brücke in einen Fluss, an ein bewaldetes Ufer gespült worden. Durch einen folgenden Waldbrand war der Leichnam nicht mehr zu identifizieren. Viel zu lange betrachtet er auf das alte Fahndungsfoto.

Ding! Der Benachrichtigungston seines Handys lässt ihn aus der Starre erwachen. Er öffnet die Textnachricht. Sie ist von seiner Frau, in dieser steht: „Hi Schatz, schaffst du es noch bis um halb Neun in Dillenburg zu sein?“. Er verfasst eine Antwort: „Hallo Liebling, ja ich werde es schaffen, da der Zug bis jetzt noch keine Verspätung hat.“. Der Zug wird erneut langsamer. Ein Blick auf die Uhr zeigt, dass die Fahrt noch knapp eine viertel Stunde dauern wird. Ding! Zwei weitere Nachrichten. Von Nico, seinem Sohn: „Hey, kannst du wenn du Zuhause ankommst nochmal bei mir schauen, brauche Hilfe bei Mathe ;)“, die zweite Nachricht lautet: „Geht um Kurvendiskussion“. Der Blick von Jonah wandert zum Profilbild seines Sohnes. Nico hat auf diesem seine blonden, Harre etwas zerstreut zur Seite. Er trägt Sportkleisung und das Foto zeigte ihn beim Tanzen. Jonah drückt das Profilbild weg und startet ein ruhiges Lied. Seine Gedanken kreisen nur um den Mann Markus R. und um die Bilder.

Der Zug wird nun ein letztes Mal für Jonah langsam. Nach seiner Tasche greifend steht er auf und geht zur Tür. Der Zug bleibt stehen und das Licht an der Tür leuchtet auf. Mit dem Drücken auf den Knopf öffnet sie sich und er tritt aus dem Zug. Nur er ist ausgestiegen und so geht auch nur er die dunkle Unterführung entlang. An den Wänden befindet sich Graffiti und andere Schmierereien. Auf dem Boden ist eine Pfütze, die unangenehm riecht. Jonah läuft von Gleis Zwei bis in das kleine Gebäude des Bahnhofes, um durch die Tür zu seiner Linken auf das Erste Gleis zu gelangen. Der Bahnhof ist nur tagsüber geöffnet und so muss er den Nachtausgang über besagtes erstes Gleis nehmen. Draußen läuft er einmal um das Gebäude herum, um sich an die Straße zu stellen. Ohne die Aufmerksamkeit von Jonah auf sich zu ziehen, schleicht eine Gestalt hinter einem Kiosk hervor und hockt sich hinter ein geparktes Auto. Ein Kleinwagen kommt herangefahren und hält kurz am Bürgersteig um Jonah einsteigen zu lassen. Am Steuer sitzt seine Frau. Zur Begrüßung gibt er dieser einen Kuss und legt die Tasche auf den Rücksitz. Der Wagen fährt an und die Scheinwerfer leuchten den Weg durch eine schmale Einbahnstraße. Nur wenige Autos sind an einem fröstelnden und glatten Samstagabend, wie dies einer ist, unterwegs.

„Und wie war der Vortrag?“, beginnt Rachel.

„Gut, ja fast schon besser als erwartet. Aber erzähl du doch lieber wie es zuhause gelaufen ist. Ich habe euch die Tage so vermisst.“

„Wir haben dich auch vermisst. Es war toll! Izzy hat ihren ersten Handstand geschafft. Nico hat in der Deutscharbeit eine Eins geschrieben und lernt jetzt für die Mathe Arbeit nächsten Freitag.“

Izzy ist die Abkürzung für den Namen Isabella, der ihrer Tochter.

„Ja, er hat mir eine Nachricht geschrieben, dass er Hilfe braucht. Der Junge strengt sich echt an. Hätte ich das früher doch auch mal so gemacht.“

Er lächelt verschmitzt.  

„Dann hätten wir uns bestimmt nicht kennen gelernt. Es hat also schon etwas Gutes das du damals wegen deinen Vater weg, zu Paul, gelaufen bist.“

„Ich wünsche mir nur, dass er seine jetzige Zeit mehr nutzen würde und nicht immer nur alleine in seinem Zimmer lernt. Er sollte meiner Meinung nach auch mal auf Partys gehen. Solange er es aber nicht übertreibt.“

Es wird ruhig. Jonah schaut aus dem Fenster und in seinen Gedanken laufen Erinnerungen über seine strenge Kindheit ab. Sie verlassen die Stadt und kommen an einem Kreisel vor der nächsten Ortschaft an. Ein einziges Auto biegt gerade vor ihnen in diesen ein. Sie folgen diesem und fahren durch das Dorf. An einer Ampel zwischen einem geschlossenen Juwelier und einem Fotostudio müssen sie bei Rot halten. Jonah bemerkt, dass sich ihnen von hinten ein Auto näherte. Es ist normal, dass hier viele Autos fahren… wenn man in eines der Dörfer will, muss man schließlich durch Frohnhausen fahren. Die Ampel springt auf Grün und sie fahren weiter. Durch den Außenspiegel hat er das Auto genau im Blick. Die nächste Ortschaft durchfahren sie ohne Zwischenfall. Fast geschafft. Er wird mich schon nicht verfolgen. Das Auto habe ich im Dorf auch noch nie gesehen. Sie passieren das Ortsschild von Eibelshausen. Das Auto folgt ihnen.

„Möchtest du zuhause noch etwas essen? Ich habe noch etwas von dem Kartoffelauflauf, den es heute zu Mittag gab.“

Mit kurzer Verzögerung antwortet Jonah:

„Ja ein wenig würde ich noch essen. Ist Izzy schon im Bett?“

„Nein, sie wartet zuhause und muss ins Bett, wenn sie dir gute Nacht gesagt hat.“

Sie fahren ihre Wohnstraße hinauf. Das Auto folgt ihnen immer noch. An ihrem Haus parkt Rachel das Auto in die Einfahrt. Jonah beobachtet, wie das Auto, dass sie bis hier hin verfolgt hatte, die Straße hinauf fährt. Rachel schlägt die Autotür zu, er greift nach seiner Tasche und steigt ebenfalls aus. Ein kühler Wind fährt ihm unter die Jacke. Sie gehen zur Haustür und betreten das Haus. Rachel stellt ihre Schuhe auf ein kleines Schuhregal auf der rechten Seite. Anschließend verschwindet sie die Treppe zur Linken hoch. Jonah stellt seine Tasche ab und bindet sein Schuhe auf, stellt sie auf das Schuhregal und trägt seine Tasche nach oben. In ihrem Schlafzimmer, die erste Tür rechts, legt er sie auf den Boden und hängt seine Jacke an einen Jackenständer. Die Treppe runter durch den Flur ins Wohnzimmer und dann durch die rechte Tür ist die Küche. Bevor er diese erreicht, springt ihn ein kleines dunkel-blondes Mädchen an. Es trägt einen Pyjama an und unterm Arm ein Katzenkuscheltier geklemmt.

„Papa! Papa du bist wieder da!“

„Hallo Mäuschen!“

Er drückt sie, auf seinem Arm sitzend, an sich.

„Ich habe von deinem Handstand gehört, den musst du mir morgen unbedingt zeigen. Okay? Aber jetzt ab ins Bett mit dir.“

„Ich wollte dir auch nur noch gute Nacht sagen.“

„Na dann gute Nacht. Lauf jetzt schnell hoch und leg dich schon mal ins Bett.“

Izzy nickt. Auf den Fliesen kann man ihre nackten Füße hören. Kleine Platsch Geräusche. Jonah dreht sich um und geht in die Küche. Auf dem Tisch steht eine Form mit dem angefangenen Auflauf. Abgedeckt mit Alufolie. Er holt sich einen Teller und Besteck, nimmt sich ein Stück aus der Form und stellt den Teller mit dem Essen in die Mikrowelle. Die Zeitschaltuhr stellt er auf einen Countdown von zwei Minuten. Jonahs Gedanken wirbeln wieder durcheinander. Soll ich Rachel von dem Handy erzählen? Oder nur von den Bildern? Nein…nein das sollte ich lassen, sie regt sich sonst nur viel zu viel auf. Ich werde einfach direkt morgen früh rausfinden, ob dieser Markus R. noch lebt. Schließlich stand auf einem Bild ja an seinem Todestag oder so, ja das werde ich machen und dann muss ich nur noch rausfinden, was er mit „dein Todestag ist nah“ meint, meint er wirklich meinen Todestag oder…oder was bedeutet das…DING! Die Mikrowelle reist ihn aus seinen Gedanken. Er nimmt das warme Essen und setzt sich an den Küchentisch. Auf dem Stuhl rechts von ihm liegt eine Zeitschrift. Es ist eine Lern-Zeitschrift. Nico benutzt sie um wirklich alles perfekt zu können. Mit traurigem Gesicht nimmt er ihn und schmeißt ihn auf den nächsten Stuhl, außerhalb seines Sichtfeldes. Als Rachel den Raum betritt hat er bereits die halbe Portion gegessen. Sie setzt sich zu ihm.

„Dann erzähl doch mal wie es war.“

„Ganz gut, es gab neue Informationen über das neue Sicherheitssystem, das wir bekommen. Es wird so angelegt, dass alle Informationen nochmal extra gesichert werden. Dort kann man sie dann nur mit einem speziellen Sicherheitsschlüssel löschen.“

Kurze Stille. Erneut setzt er zu einer Unterhaltung an.

„Machen ich irgendwas falsch. Oder warum macht der Junge nur das zu dem man andere in seinem Alter zwingen muss?“

 „Mach dir keine Vorwürfe. Es ist eine Art Abwehrmechanismus. Der Psychologe sagte doch, dass er auf verschiedene Arten extrem werden kann. Von Abschottung bis das er sich nur noch auf Partys herumtreibt.“

„Es währe mir lieber wenn er sich ein bisschen mehr unter Menschen rum treibt.“

„Wir müssen ihn einfach noch mehr Zeit geben.“

„Noch mehr?.“

Jonah schüttelt den Kopf und schiebt den leeren Teller von sich weg.

„Ja. So etwas kann lange dauern, wie jemand Normales wird er eh nie werden, überleg doch mal.“

„Ja, aber vielleicht können wir ihn ein bisschen unter Leute bringen. Jetzt werde ich ihn erstmal bei Mathe helfen.“

„Mach das, ich geh in der Zeit einmal duschen.“ 

Rachel steht auf und verlässt das Zimmer. Jonah betrachtet sich in der Spiegelung der Scheibe. Er steht auf und räumt Teller und Besteck in die Spülmaschine. Mit schlurfenden Schritten geht er durch den Flur die Treppe hinauf in Nicos Zimmer. Aus dem Badezimmer dringt das Rauschen der Dusche. Der Schreibtisch an dem Nico über Bücher vertief sitz ist hell erleuchtet.

„Na du.“

Er beucht sich über ihn.

„Hallo Jonah. Hier es geht um die Aufgabe Fünf auf der rechten Sete.“

Das erklären ging wie immer sehr schnell. Jonah verlässt das Zimmer und geht in das Schlafzimmer von Rachel und ihm. Er räumt seine Tasche aus, schmeißt die getragenen Klamotten in einen Wäschekorb und nimmt sich einen frischen Pyjama aus dem Kleiderschrank. Diesen legt er aufs Bett. Er beugt sich noch einmal zur Tasche herunter und nimmt aus dem Seitenfach das Handy. Er schaltet es nicht an, betrachtet es nur. Nach zwei oder drei Minuten in denen er überlegt wie er rausfinden sollte, was die Person mit „dein Todestag“ gemeint haben könnte, legt er es wieder in die Tasche und schiebt diese unter das Bett. Eine Tür öffnet sich und Rachel kommt, mit einem Handtuch auf dem Kopf, ins Zimmer herein. Still erhebt sich Jonah vom Bett und geht ins Badezimmer. Duscht und macht sich fertig zum Schlafen.

Am nächsten Morgen wacht er in einem leeren Bett auf. Sofort greift er unter das Bett zur Tasche, zieht das Handy hervor und geht damit ins Badezimmer. Beim Setzen auf den Toilettendeckel endsperrt sich das Handy. Er öffnet die Galerie. Ein neues Bild befand sich in dieser. Wie ist das denn dahin gekommen? Es war doch niemand an dem Handy. Das ist doch unmöglich? Er öffnete das Bild. Es zeigt ein neues Gebäude zwei Dörfer weiter. Jonah ist schon öfter an diesem vorbei gefahren und erkennt es dadurch. Das Handy vibriert und zeigt eine Nachricht an. Ein Drücken auf die Anzeige und sie öffnet sich. Die Nachricht zeigt auf schwarzem Hintergrund Folgendes.

Die größte und einsamste Zahl verringert um ihr gedrehtes Bild.

Vermehrt um die einsamste Zahl und das um die Zahl des kleinsten Paars.

Zum Schluss die zweit kleinste Zahl in der Gruppe.

Chaos.

Reihenfolge beginnt mit Morgen, endet mit dem Tag darauf und in der Mitte groß vor klein. 

Was soll das denn? Ein Rätsel? Mal sehen. Jonah beugt sich über die Nachricht. Ein unverständliches Gemurmel folgt. Zahlenrätzel konnte Jonah eigentlich schon immer ziemlich gut. Er zerbricht sich den Kopf. Die größte einsamste Zahl. Die größte Zahl die alleine steht ist die Neun. Von der Fensterbank nimmt er einen Sudoku-Block und einen Stift. Auf die Rückseite eines Blattes schreibt er eine Neun. Okay weiter. Das gedrehte Bild der Neun ist die Sechs. Eine Drei wird auf dem Blatt hinzugefügt. So schwer ist das ja gar nicht. Da dachte jemand, er kann mich damit lange aufhalten oder wie? Wenn die Neun die größte einsamste Zahl ist, dann ist die einsamste von allen die Eins. Ein Paar besteht aus mindestens zwei Sachen, also zwei Mal um die Eins. Auf dem Blatt folgen die Vier und die Fünf. Das Letzte ist jetzt auch nicht sonderlich schwer. Eine Elf kommt zum Schluss auf das Blatt. POCK POCK! Von außen klopft jemand gegen die Tür. Jonah springt erschrocken auf und schließt die Tür auf. „Papa, ich muss auf´s Klo.“, piepst Izzy, während sie sich den Schlafsand aus dem Auge reibt.

„Natürlich.“

Jonah verlässt den Raum und begibt sich die Treppe hinunter in die Küche zum Frühstück. Der Tisch ist gedeckt und an der Kaffemaschine steht Nico mit einer Tasse aus der Dampf aufsteigt.

„Guten Morgen!“, begrüßt Jonah Rachel und Nico.

„Hast du gestern Mathe noch hinbekommen?“ 

„Ja, nach deiner Erklärung war es dann ganz einfach.“

„Ach Nico was hast du den nächsten Samstag vor?“

„Lernen.“

„Schreibt ihr nach Mathe noch eine Arbeit?“

„Nein.“

„Warum lernst du dann noch?“

„Weil ich noch nicht alles perfekt kann.“

„Hast du nicht Lust lieber mit mir und Onkel Jeremy auf die Motorcross-Strecke. Da gibt ne Show und am Ende können wir auch wieder fahren.“

„Ne lass mal.“

Nico verlässt den Raum. Rachel blickt ermutigend zu Jonah.

„Na ja einen Versuch war es wert. Soll ich Brötchen zum Frühstück holen?“

„Das währe toll.“

Sie gibt ihm einen Kuss auf die Wange. Er verlässt das Zimmer, zieht sich seine Schuhe im Flur an und greift seine Autoschlüssel. Die Zahlen müssen noch in eine Reihenfolge. Also mal sehen. Morgen. Morgen ist Montag der 14. Dezember 2020. Er blickt auf die Zahlen. Eins. Vier. Er notiert sie erneut und streicht sie in der oberen Reihe locker durch. Danach ist der 15te. Eins. Fünf. Er lässt eine kleine Lücke und notiert sie. Auch sie streicht er weg. In der Mitte groß vor klein. Also Neun und Drei. Er notiert erst die Neun und dann die Drei. 149315.

Er startet den Motor. Genervt und wütend von dem Rätsel und allem drum herum steuert er den Wagen durch die Straßen des Ortes. Über die Hauptstraße und aus der Ortschaft heraus. Wenn ich den, der hier hinter steckt, in die Finger bekomme dann, dann werde ich. Ja ich werde ihm den Hals umdrehen. Ihm kommt ein Geistesblitz. Sicher ist das dieser Markus R.. Er ist nicht tot, sondern lebt und will sich jetzt wegen irgendetwas an mir rächen. Aber nicht mit mir. Ich habe ihn durchschaut. Er biegt in die Straße ein, in der das neue Gebäude steht, parkt das Auto und stapft wütend zur Tür. Keine Klingel, nur ein Tastenfeld für einen Code. Er blickt auf seinen Zettel und tippt die Zahlen ein. 1-4-9-3-1-5. Die Tür klickt und er drückt sie auf. Der hält sich wohl für schlau, aber so ein kleines Rätsel hält mich doch nicht auf. Er tritt in das Gebäude und die Tür schließt sich wieder. Der Weg nach vorne oder die Treppe hoch sind abgesperrt und so bleibt ihm nur der Weg die Treppe runter. Jetzt wird ihm doch mulmig. Ein Rütteln an der Tür zeigt an, dass diese verschlossen ist. Der Rückweg ist also versperrt. Doch etwas wiederwillig geht Jonah die Treppe hinunter. Stufe für Stufe rutscht ihm das Herz weiter nach unten. Am Ende der Treppe ist eine einzige metallene Tür. Seine Hände beginnen zu schwitzen, als er sie öffnet. Schwer und mit einem Quietschen und Knarren öffnet sie sich. Ich dachte, das Gebäude wäre neu. Warum quietscht die Tür dann so wie in einem altem Spuckschloss? Uhm. Es riecht auch wie in einem. Er steht in dem dunklen Raum und Angstschweiß beginnt über seine Stirn zu rinnen. Der Raum passt nicht in so ein Gebäude. Er wirkt fremd. Ein kleiner Lichtschimmer der Morgensonne durchbricht die dicke Luft. Auch das wirkt fremdartig. Wie eine Ölspur im Wasser. Jonah merkt, dass der ganze Boden überflutet ist, seine Schuhe beginnen das Wasser schon an seine Füße zu lassen. Mit angehaltenem Atem macht er einen Schritt nach vorn. Auf der anderen Seite des Raumes glaubt er etwas zu sehen. Nach einem weiteren Schritt beginnt das Wasser an seinen Knöcheln zu lecken. Seinen Blick zum Wasser schweifen zu lassen traut er sich nicht. Denn es ist nicht eiskalt, sondern lau warm. Seine Haare kleben an seinem Kopf. Noch zehn oder 15 Meter Wasser trennen ihn von dem Ding, das da auf dem Boden liegt. Es liegt nicht im Wasser, das kann er erkennen. Noch fünf Meter. Das Wasser wird wieder flacher. Es hat menschliche Züge. Ist das ein Mensch? Aber es sieht nicht ganz so aus? Er steht genau vor dem Wesen, dreht sich aus dem Licht. Oh scheiße. W-was soll das denn? Vor ihm liegt ein Skelett. Die Verwesung hat es noch nicht völlig dahin gerafft. Einige Knochen schauen aber aus einer blassen Schicht hervor, die mal die Haut der Person gewesen war. Sein Mageninhalt kommt ihm hoch. Er muss sich von den Überresten abwenden und ergießt diesen über eine kleine Fläche Boden. Beim Aufrichten fällt sein Blick an die Wand über ihn. Ein Foto. Seine Hand zittert, als er das Bild von der Wand reist. Es zeigt einen Mann und einen kleinen Jungen. Markus. Aber der, der Junge ist Nico. Er hält das Bild weiter ins Licht. Ja das ist er. Die Kette die der Junge um den Hals trägt war unverkennbar. Nico trägt sie immer noch. Der Anhänger zeigt auf einer kleinen runden Scheibe, die die ungefähre Größe einer zwei Euro Münze hat, das Familienwappen der Familie. Das Wappen von Nicos leiblicher Familie. Sie hatten ihn adoptiert, als er fast neun Jahre alt gewesen war. Wer die leiblichen Eltern gewesen waren, wussten sie nicht. Sie wussten nur, dass der Vater psychisch Krank wurde und die Mutter bei einem Unfall ums Leben gekommen war. Jonah dreht das Bild. Auf der Rückseite steht nur. Vater&Sohn. Jonah spürt, wie sein Herz das Blut schneller durch seine Adern pumpt. Fast schon glaubt er ein Rauschen in seinen Ohren zu spüren. Das Geräusch einer quietschenden Tür reist in aus seiner Starre. Auf der anderen Seite des Raumes ist die Tür geöffnet geworden. Eine Gestalt steht in dieser. Sie hat eine männliche Statur und scheint näher zu kommen. Bei dem Versuch, einen Schritt rückwärts zu machen, um die Flucht anzutreten, verursacht er nur ein lautes Knacken. Sein Blick fällt nach unten. Sein rechter Fuß steht in den Überresten. Gestank breitet sich aus. Wieder hat er das Gefühl, sich übergeben zu müssen. Kann es aber unterdrücken. Die Gestalt steht nun noch einen Schritt von der trockenen Fläche entfernt. Jonah blickt wieder hoch und schaut ihr nun direkt in die Augen. Was… wer bist… warum? Hilfe! Zu viele Gedanken wollen durch seinen Kopf rauschen. Keinen von ihnen schafft er in Worte zu fassen.

„Heute“, zischt die Person. Jonah muss schlucken.

„Wer-wer bist du?“, fragt er, mit unsicherer Stimme.

„Erkennst du mich etwa nicht?“, die Frage klingt spöttisch. Jonah wendet seine Augen von denen der Person ab und beginnt das Gesicht zu betrachten. Es dauert einen Augenblick bis sich der Schalter in seinem Kopf umlegt.

„Das kann nicht sein! Das ist unmöglich. Wer bist du?“

„Oh, du irrst dich nicht. Ich bin schon ich, auch wenn ich aussehe wie du. Und du kennst mich auch. Du bist sogar einmal für mich verantwortlich gewesen. Zumindest einmal bei einem Menschen.“

„Für was soll ich verantwortlich sein? Wovon redest du?“

Die Gestalt richtet den Finger auf die Überreste.

„Nein, nein. Ich- ich habe noch nie jemanden umgebracht.“

„Nicht willentlich, aber schuldig bist trotzdem. Erinnerst du dich nicht? An den Tag, der Tag der bei dir nicht existiert, von dem du noch niemanden erzählt hast.“

Der Tag an dem Jonah den Fehler gemacht hatte kommt wieder in sein Gedächtnis.

„Da hab ich doch nur aus Versehen etwas falsch gemacht.“

„Du hast versagt und es niemanden gesagt. Durch dich ist Markus raus gelaufen. Nicht nur das, du hast seine Identität zerstört. In seinem Inneren wusste er nicht mehr, wer er ist, denn er war auf einmal überall. Er sah, dass er gefährlich sein könnte. Und deshalb hat er sich das Leben genommen. Er hat sich von einer Brücke aus in einen Fluss gestürzt.“

„Ich verstehe gar nichts mehr.“

Jonah beginnt zu zittern. Die Gestalt beginnt wütend zu werde.

„Du verstehst echt gar nichts. Du bist der Grund dafür. Du bist der Grund für mein Leiden!“

„Wer bist du?“

„Ich bin, was du am meisten fürchtest. Deine größte Angst. Der Tod.“

Das letzte Wort hallt durch den Raum wieder. Die Gestalt ändert sich. Was passiert hier-geh weg-was willst du-HILFE HILFE! Jonah richtet seinen Blick auf die Gestalt. Sie sieht nun nicht mehr aus wie er, sondern wie Nico!

„Nico! Was? Warum bist du hier?“

„Du bist echt ein armseliger alter Mann.“

„Was meinst du damit?“

„Ich! Ich bin es. Ich bin der Tod. Und du bist ein blinder, alter, verschrobener, nutzloser Mörder. Das bist du und nichts anderes. Schuld an allem.“

„Hör sofort auf in diesem Ton mit mir zu reden! Ich bin zwar nicht dein leiblicher Vater, aber trotzdem dein Vater.“

„Du bist alles, aber nicht mein Vater.“

Das Gesicht von Nico beginnt zu flackern. Die Abzeichnungen seines Schädels sind durch sein Gesicht zu erkennen.

„Du bist einer der nicht von der Tapete bist zur Wand denken kann. Andauernd habe ich dich darauf hin gewissen, aber du kannst so weit nicht denken. Ich kann froh sein das dein mickriger Verstand den Code hat lösen lasen. Nenn dich wie du willst aber du bist ein Mörder!“

Bei dem Wort Mörder waren die Augenhöhlen ganz deutlich zu sehen.

„Was soll das heißen, hingewiesen. Meinst du den Code für die Tür. Aber was soll das alles hier?“

„Du kriegst heute das, was du verdienst. Und ich bekomme das Einzige, was ich spüren kann. RACHE!“

Nico dreht sich um und beginnt, durch das Wasser zurück zum Ausgang zu gehen. Er öffnet die Tür und wirft nochmal einen Blick über die Schulter. Sein Schädel ist nun ganz deutlich zu sehen. Seine Gestallt ändert sich erneut. Er bekommt gestylte Haare, trägt eine Lederjacke und hat Tattoos. Der Panker! Ganz deutlich er ist es.

„Ich war immer da und du hast mich nicht bemerkt.“

Seiner Gestallt wird wieder zu der des 17jährigen Jungen der den ganzen Tag mit lernen verbracht hat. Nur seine Augen scheinen zu Funkeln in den dunklen Augenhöhlen.

Die Tür schließt sich hinter ihm und ein tiefes, knochenerschütterndes Lachen hallt durch den Raum. Was soll das alles bedeuten? Das kann doch nicht Nico sein. Ich muss in einem Traum oder so sein. Ich muss aufwachen. Jonah beginnt sich selbst mit der flachen Hand ins Gesicht zu schlagen.

„Ich muss AUFWACHEN!“

Nichts passiert. Ich will doch nur hier raus. Eine Träne rollt über sein Gesicht. Die Tür. Seine Füße kaum spürend rennt er durch das Wasser zur Tür. Verschlossen.

„Du wirst nie entkommen!“

Die Stimme klang nicht mehr wie die von Nico. Sie klang kalt und leer. Ein Wassertropfen? Jonah blickt nach oben. Ein Tropfen landet auf seinem Kopf. Ein Weiterer landet auf sein Gesicht. Er wischt ihn sich mit dem Handrücken ab. Aber warum tropft es auf einmal durch die Decke? Sein Blick richtet sich auf seine Hand. Blut. Es tropft Blut durch die Decke. Sein Herz beginnt schneller zu schlagen. Der Wasserstand steigt. Innerhalb weniger Sekunden umspült das Blut seine Knöchel. Es ist warm.

„HILFE! HILFE!“

Er hämmert mit den Fäusten gegen die Tür. Ich muss hier raus! Ich werde sterben! Kann mich den keiner hören? Ein bedrückendes Gefühl breitet sich in ihm aus. Das Blut umspült schon seine Hüfte.

„HILFE! HILFE!“

Das Fenster! Jonah will durch das Blut zum Wasser warten und stolpert dabei fast. Am Fenster bemerkt er, dass es ein paar Zentimeter zu hoch ist, um es mit den Fingern zu erreichen. Beim Versuch, es mit den Fingern im Sprung zu fassen zu bekommen, rutscht er aus und taucht mit dem ganzen Körper in das Blut ein. Prustend kam er wieder hoch und spuckt etwas von dem Blut aus. Beim zweiten Versuch erreicht er es und schafft es sich an den Gitterstäben hoch zu ziehen. Das Blut steigt höher. Es steht ihm jetzt bis zur Brust. Jonah ist nicht sehr sportlich, hält sich aber einige Augenblicke oben. Das Blut legt nun beim Steigen noch einen Zahn zu und reicht ihm, wenn er auf dem Boden steht, bis zum Kinn. Er versucht sich erneut hoch zu ziehen. Adrenalin flutet mehr und mehr seinen Körper. Er presst sein Gesicht nach oben zu den Gitterstäben hinaus. Seine Lunge saugt gierig Luft ein. Das Blut steht bist zur Decke und beim Versuch, an Sauerstoff zu gelangen, schluckt er immer wieder etwas von der lebenswichtigen Flüssigkeit. Das ist das Ende! Ich werde sterben. Elendig ertrinken in Blut. Seine Lunge füllt sich mit Blut und er verliert langsam die Kontrolle über seinen Verstand. ENDE. TOD. Wie ein Blatt durch den Wind treibt er durch das Blut.

Jonahs Augen öffnen sich.

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