Sarah1991Zwei Geheimnisse

Wo kam das klingeln des Handys her?

Sobald ich den Schlüssel im Schloss umgedreht hatte vernahm ich das klingeln eines Handys. Mein eigenes Handy konnte es nicht sein, das steckte zwischen meiner Schulter und meinem Ohr. 

„Ich muss auflegen“, wimmelte ich die Person am anderen Ende ab. 

Waren meine Frau oder Kinder doch zu Hause? Ich rief ihre Namen: „Jutta, Dominik, Meike seid ihr da?

Wie erwartet bekam ich keine Antwort. Schließlich war es mitten am Tag und meine Frau war arbeiten und meine Kinder in der Schule. Ich kam gerade aus der Nachtschicht, aus dem Krankenhaus. 

Hatte mein Sohn sein Handy vergessen, oder doch meine Frau? 

Was eigentlich nicht sein konnte, denn Jutta klebte an dem Teil. Einmal hatte sie es zu Hause vergessen und war dann extra nochmal umgedreht, um das Handy zu holen. Einen ganzen Tag ohne Handy im Büro war für sie undenkbar. Dominik klebte nicht minder an seinem neuen Handy. Er hatte vor ein paar Tagen sein erstes Handy zum zwölften Geburtstag bekommen. Er konnte schlecht vor der Schule damit angesagte Games mit seinen Klassenkameraden zocken, wenn es zu Hause lag. Meike besaß mit ihren zehn Jahren noch kein Handy. Ich hatte mich mit meiner Frau darauf geeinigt, dass unsere Kinder erst mit zwölf ein Handy bekamen. Trotzdem schaute ich in jeden Raum rein an dem ich vorbeikam, falls wider erwartenden doch jemand zu Hause war. Das Klingeln schien aus der oberen Etage zu kommen. Dort waren die Kinder- und mein Arbeitszimmer. Langsam näherte ich mich dem Treppenabsatz und stieg die Treppe empor. Das Klingeln kam vom Ende des Flurs. Am Ende des Flurs lag mein Arbeitszimmer. Ich stieß vorsichtig die Türe auf und da sah ich es auf meinem Schreibtisch, auf einer Art Ringkissen liegen. Nur das auf dem Kissen keine Ringe festgebunden waren, sondern ein Handy. Das Handy gehörte eindeutig nicht meiner Frau oder meinem Sohn. Von Neugier gepackt, näherte ich mich den Schreibtisch. Ohne jeden Zweifel war das Handy für mich bestimmt. Wollte meine Frau mich Überraschen? 

Am Schreibtisch angekommen band ich das Handy los und nahm es in die Hand. Sofort begann der Countdown: drei, zwei, eins…

 

Es erschien ein Foto. Ein Foto auf dem ich zu sehen war. Von dem ich nicht mal gewusst hatte das es existierte. Wenn ich mich in dem Moment selbst hätte sehen können, hätte ich gesehen wie mir jegliche Farbe aus dem Gesicht gewichen war. Woher hatte die Person das Foto? Woher wusste die Person was ich getan hatte und vor allem was wollte diese Person von mir und wer war sie? Sobald ich mir diese Fragen gestellt hatte, erschien eine Nachricht auf dem Bildschirm. Das Spiel beginnt. Wenn du nicht mit spielst werde ich dein Geheimnis verraten und das willst du doch nicht? Gehe auf los! 

Scheiße, nein das wollte ich nicht, aber woher sollte die Person wissen, ob ich mitspielte oder nicht? Was wäre, wenn ich die Nachricht einfach ignorierte? Wobei ich wirklich nicht wollte, dass das was auf dem Foto zu sehen war ans Tageslicht kam? 

Ich hatte nicht damit gerechnet, dass das Handy nochmal ansprang nachdem ich einige Minuten überlegt hatte was ich als nächstes tun sollte. Aber das tat es. Es erschien eine Art Abspann. In dem Abspann stand: P.S. Ich beobachte dich und deine Familie. Zum Beweis erschien ein Foto auf dem zu sehen war wie ich mich gestern Morgen im Bad fertig gemacht hatte. Viel schlimmer war allerdings die Tatsache, dass ein Live-Video zu sehen war, worauf ich meine Frau auf Ihrem Arbeitsplatz erkannte. Das Video war ziemlich sicher live, das erkannte ich an den Sachen die meine Frau Jutta an hatte. Abends legte sie sich immer die Anziehsachen für den nächsten Tag raus.

Meine Gedanken rasten, doch konnte ich keinen davon festhalten. Ich atmete tief durch und tippte mit zittrigen Fingern: Wer bist du? Erhielt jedoch keine Antwort. 

Mir blieb nichts anders übrig, als das Spiel mitzuspielen. Aber was sollte „Gehe auf los” heißen? Dazu gab es keinen Hinweis. Also ein Rätsel. Wie viel Zeit blieb mir, um das Rätsel zu lösen? Auch darauf hatte es keinen Hinweis gegeben. Die Worte gehe auf Los kamen mir seltsam bekannt vor. Nur dass es in der alten Version Gehen Sie zurück auf Los hieß. In den neuen Versionen gab es nur noch eine Ereigniskarte auf der Rücke vor bis auf Los stand. Und genau so eine Version hatte ich noch immer im Keller. Sofort rannte ich in den Keller um das Spiel zu suchen. Vielleicht befand sich ja auf dem Spielfeld ein weiterer Hinweis. Mit zittrigen Fingern öffnete ich den Deckel. Mir wurde übel. Es befand sich kein weiterer Hinweis auf dem Spielfeld. Also schaute ich unter dem Brett nach, auch da befand sich nichts. Meine Hände zitterten noch mehr. Vielleicht befand sich ja auf der entsprechenden Karte ein Hinweis. Und tatsächlich, unter ihr klebte ein Zettel, auf dem zu lesen war:

Na, das war doch nicht schwer. Geradezu ein Kinderspiel! Das Spiel das wir spielen heißt Monopoly der Sünden. Sieh es als Monopoly in abgewandelter Form an. 

Hier die Spielregeln: 

1. Du erzählst niemanden von unserem Spiel, weder deiner Familie, noch der Polizei oder sonst irgendjemanden. 

2. Ich alleine bin der Gamemaster und bestimmte deinen nächsten Zug. Du hast aber oft zwei oder mehrere Optionen. Mal Gewinnst du – mal verlierst du. Was das heißt erfährst du noch früh genug. 

3. An jedem Ort gibt es weitere Hinweise entweder an Ereigniskarten oder per Nachricht von mir – Ereigniskarten sind versteckt oder offensichtlich – suche sie und deute sie richtig. 

 

Das sind die Spielregeln. Nicht viele, damit es nicht zu schwer wird. Bedenke es gibt auch das Spielfeld Gehen Sie ins Gefängnis. Je nachdem wie lange du gebraucht hast, das Rätsel zu lösen, hast du etwas mehr oder weniger Zeit zu deinem nächsten Spielfeld zu gelangen. Rücke bis um 14:00 Uhr zum Hauptbahnhof vor. Ob groß, ob klein, hier will ich ungestört sein. Wenn du es nicht rechtzeitig schaffst hast du den nächsten Zug schon verloren.  

Ich schaute auf die Uhr an meinem Handgelenk. Ich hatte noch genau 20 Minuten, um es vom Hahnwald zum Kölner Hauptbahnhof zu schaffen. Knapp, aber zu schaffen. Ohne Verkehr brauchte man nur 15 Minuten. Allerdings durften dafür keine anderen Hindernisse in den Weg kommen und der Weg dahin war gesät mit roten Ampeln. So schnell wie möglich rannte ich die Treppe hoch, aus dem Haus zur Garage und trat aufs Gaspedal.

 

Mein Auto parkte ich, ungeachtet der Halteverbotszonen, direkt vor dem Eingang und rannte los. Ob groß, ob klein, hier will ich ungestört sein.Dieser Satz konnte nur eins bedeuten: WC. Mit schweißnassen Fingern durchsuchte ich mein Portemonnaie nach einem ein Eurostück, das man in das Drehkreuz werfen musste, um Zugang zum WC zu bekommen. Scheiße, ich hatte gar kein Kleingeld in der Tasche. Ich lies meinen Blick durch die Umgebung schweifen nach jemanden, der mir Fünf Euro wechseln konnte, doch ich entdeckte noch was viel besseres. Ein Wechselautomat. Also warf in den Fünfer den ich in den Händen hielt in den Automaten und erhielt passenden Münzen für das Drehkreuz. Ich schaute auf die Uhr am Handgelenk. Was zur Hölle? Es war schon 13:59 Uhr? Mir bleib nur noch eine Minute Zeit, um den weiteren Hinweis zu finden. Eilig stieß ich jede Kabinentür auf. Nirgends ein Zettel oder dergleichen zusehen. Ok, wo würde ich den Zettel verstecken? Wahrscheinlich da wo man ihn nicht direkt entdecken konnte. Meine Finger tasteten fiebrig die Unterseite vom Waschbecken ab. Auch da nichts. Also durchsuchte ich nochmal die Kabinen und hob jede Toilettenbrille hoch. Da endlich der ersehnte Hinweis, ein weiterer Zettel. Doch gerade als ich den Zettel in der Hand hielt, vibrierte das Handy das ich eben auf dem Schreibtisch gefunden hatte in meiner Hosentasche. 

14:01 Uhr – Du hast versagt! Der erste Zug ist verloren! Dies wird Konsequenzen haben! 

Auf dem Handy erschien ein weiteres Foto. Das Foto zeigte mich, in einer eindeutigen Pose, mit meiner Geliebten und dem Datum versehen, als ich vor zwei Tagen bei ihr war. 

Unter dem Foto stand: Dein Mann hat ein dunkles Geheimnis, er betrügt dich! Vielleicht hat er sogar mehr als eins…

 

Verdammte Scheiße, der Spinner hatte gerade meine Ehe zerstört. Viel Zeit darüber nachzudenken blieb mir nicht. Denn kurz darauf erhielt ich eine weitere Nachricht auf dem Handy: 

Es ist ja selbstredend, dass deine Frau jetzt darüber Bescheid weiß.

Doch spiele weiter, denn wenn du jetzt aufgibst kommt auch dein größeres Geheimnis an die Luft und wir wissen beide, dass das weitreichendere Konsequenzen haben wird, als eine hysterische Ehefrau. Folge, um weiter zu spielen dem Hinweis auf dem Zettel.

Nah oder Fern hier berät man dich gern.

Dieses Mal gab es keine weiteren Hinweise oder Andeutungen, auch kein Zeitlimit. Trotzdem beeilte ich mich, denn der Spinner spielte nach seinen ganz eigenen Regeln mit meinem Leben. 

So schnell wie möglich begab ich mich im Bahnhof zur Deutschen Bahn Verkaufsstelle.

Kaum stand ich vor dem Eingang vibrierte mein Handy erneut:

Sage du möchtest nach Düsseldorf, an einen Ort wo Könige und Königinnen residieren. Und selbstverständlich ist das auch der erste Hinweis für dich. Doch der zweite folgt zu gleich: Vor mir steigen zweireihige Kronen empor. 

Da du den Ort, hier, schnell gefunden hast bin ich gnädig mit dir und du erhältst ab jetzt anderthalb Stunden Zeit, um mit der Bahn dorthin zu kommen. Bedenke ich weiß genau, ob du pfuschst! 

Am liebsten hätte ich aufgeben. Doch ich wollte nicht wissen wozu der Spinner noch fähig war, wenn ich an seinem Spielchen nicht mehr teilnahm. 

Deswegen ging ich an den Schalter und sagte zudem Mitarbeiter:  

„Ich möchte nach Düsseldorf an einen Ort wo Könige und Königinnen residieren.”

Daraufhin holte der Mitarbeiter einen Kollegen der mir ein Ticket von Köln nach Düsseldorf übergab.

Nachdem mir das Ticket übergeben wurde, begab ich mich sofort zum Gleis von dem der Zug abfuhr. Im Zug hatte ich einen Moment zum durchatmen. Nachdem ich dies getan hatte nahm ich den Zettel (einen weiteren Hinweis) in die Hand. Dieser Zettel hatte an dem Ticket geklebt. Wenn du die letzten Hinweise richtig gedeutet hast, wirst du wissen wo du in Düsseldorf hin musst. Hier noch eine Spezifikation. Droben am Himmel siehst du mich. Auch du kennst meine Nummer, weißt wer ich bin. Schön du weißt es? Dann ziehe Summe X im dreistelligen Bereich von mir ab. Dann weißt du wo du hin musst. Kleiner Tipp: Die dreistellige Zahl die du abziehen musst ist Glatt und die Lösung selbst ist dreistellig. 

Scheiße, nein ich hatte das andere Rätsel noch nicht gelöst, das wollte ich erst in der Bahn machen. Schließlich dauerte die Fahrt bis Düsseldorf einige Minuten. Mir einem weiteren Hinweis hatte ich allerdings noch nicht gerechnet. Bis jetzt waren die Rätsel auch nicht allzu schwer. Dieses höchstwahrscheinlich auch nicht. Allerdings vernebelten Aufregung und Müdigkeit mein Gehirn.

Wo residierten denn Könige und Königinnen? In einem Schloss. Um Himmelwillen, wo ragten denn Kronen empor? Ich kannte keine Kronen die irgendwo empor ragten und schon gar nicht zweireihig. Während mein Blick aus dem Fenster schweifte zermarterte ich mir mein Gehirn. Was bezeichnete man denn folgerichtig als Krone oder was hatte Kronen? Als ich mir diese Frage stellte fiel mein Blick auf einen Baum. Klar doch, Baumkronen! Sollte mit dem Wort zweireihig etwa eine Allee gemeint sein? Demzufolge musste ich in die Schlossallee. Gut das erste Rätsel hatte ich gelöst. Ich schaute auf meine Uhr. Wenigsten war der Zug in Düsseldorf nicht mit allzu viel Verspätung am Bahnhof angekommen. Trotzdem galt es keine Zeit zu verlieren. Jetzt musste ich nur noch das Rätsel auf dem letzten Zettel lösen. 

 

Ich stand vor dem Haus mit der Hausnummer 174. Meine Vermutung war, dass ich zu dieser Hausnummer kommen sollte und da ich keine weitere Nachricht bekommen hatte klingelte ich. Aber niemand öffnete mir. Vielleicht war ein Schlüssel klischeemäßig unter der Fußmatte oder dem Blumentopf hinterlegt. Unter der Matte befand sich nichts und auch unter dem Blumentopf konnte ich nichts als Spinnen entdecken. Weder Wolken noch Sonne hatten eine Nummer die man droben am Himmel sehen konnte. Das einzige was mir dazu einfiel war ein Flugzeug, nämliche die Boeing 747. Minus den Abzug einer dreistelligen glatten Zahl war die Lösung 147. Denn die Straße hatte gerade mal 200 Hausnummern. Was zur Hölle? Meinte der Spinner etwa die Boeing 777. Aber wer bitte kannte die? Ich kannte die auch nur, weil mein Sohn sich für Flugzeuge interessierte und Pilot werden wollte. Da mir keine andere Lösung einfiel, rannte ich zum Haus mit der Hausnummer 177. Die Türe hätte ich keine Sekunde später aufstoßen dürfen, sonst hätte ich wieder versagt. 

Sobald ich in das Haus eingetreten war fiel hinter mir, ohne jegliches zutun, die Türe ins Schloss. Ich drehte mich um und rüttelte an ihr, öffnen lies sie sich nicht mehr. Keine Sekunde später ertönte eine Stimme wie auf der Kirmes. „Willkommen im Finale. Ich dachte schon, dass du kurz vorher versagst.” Auf dem Boden leuchtete ein Weg aus LED-lichter auf. „Folge dem Weg“, sprach die Stimme weiter. Da mir nichts anderes übrig blieb tat ich es. Der Weg führte mich in einen pechschwarzen Raum. 

„Zwei unserer Spielfelder hast du ja schon kennengelernt –den Hauptbahnhof und die Schlossallee. Hier, in diesem Raum befinden sich die restlichen Spielfelder.” Unter meinen Füßen blinkte ein Spielbrett aus LED-Lampen auf. Das Spielfeld glich wirklich einem Monopolyspiel, nur das die Spielfelder nicht mehr Schlossallee und Hauptbahnhof hießen, sondern Straße der Wahrheit oder Turm der Hitze. 

„Es gibt gute und es gibt schlechte Felder für dich.

Bei den guten Feldern erfährst du etwas über mich oder ich behalte eine deiner Sünden für mich. Bei den schlechten Feldern widerfährt dir etwas. Was auch immer dass sein mag erfährst du früh genug. Vielleicht lassen dich die Geräte, die auf manchen Feldern stehen, schon erahnen was dir bevorsteht.”

Und tatsächlich lies dass ein oder andere Feld mich erahnen was auf mich zu kam. 

Konnte das Gefängnis schlimmer sein als das hier? Wohl kaum! 

Ich nahm mein Handy in die Hand und tippte 110, kein Empfang, so ein Mist. Mit klebrigen Fingern taste ich meine Jackentasche, nach dem Spielhandy ab. Die Lautsprecher knackten: „Du brauchst es gar nicht weiter zu versuchen. Auch das hat keinen Empfang, dank einem Störsender. „Wer bist du? Was willst du von mir? Wenn ich dir Leid zugefügt haben sollte, dann tut es mir unendlich Leid“, sprach ich laut in den Raum, in der Hoffnung dass die Person mich hören konnte.

„Du vermutest – ich bin die Person auf dem Foto? Damit liegst du falsch. Aber keine Sorge mein Süßer, du erfährst noch früh genug wer ich bin. Fürs erste bleibt dir nichts anderes übrig als mitzuspielen. Nimm den Würfel, der vor dir liegt und beginne endlich zu spielen.”

Wer bitte sollte der Spinner, besser gesagt die Spinnerin, denn sonst sein, als die Person auf dem Foto? Viel Zeit darüber nachzudenken hatte ich bis zu dem Zeitpunkt nicht gehabt. Die Erkenntnis, dass eine Frau mit mir spielte hatte mich wie ein Schlag getroffen, in dem Moment als ich als Süßer betitelt wurde.

Trotz der Aufforderung zu beginnen blieb ich wie angewurzelt stehen und ging weitere Optionen durch. Wenn die Person einen Störsender benutzte, dann musste die Person sich auch irgendwo in diesen vier Wänden aufhalten. Nur das ich im dunklen keine weiteren Türen sah. Davon lies ich mich aber nicht aufhalten und bewegte mich vom Spielfeld weg Richtung Wand.

„An deiner Stelle würde ich das lassen. Es ist zwar richtig, dass ich mich auch hier in diesen Räumlichkeiten befinde, aber sobald du die fest verschlossene Türe wieder erwartend doch öffnest fliegen nicht nur wir in die Luft, sondern auch dein Sohn und deine Tochter.“ 

Zum Beweis wurde vor mir auf die Wand ein Video projiziert. Auf dem Video saßen meine beiden Kinder in einem Raum, an eine Bombe gefesselt. „Du Irre! Nicht meine Kinder, die sind Unschuldig! Bis jetzt habe ich doch alles gemacht was du wolltest!“

„Richtig, aber mein Spiel – meine Spielregeln! Und irgendwie musste ich mich ja absichern. Also Spiel!

Wie hatte die Person, wenn sie hier war und mit mir spielte, meine Kinder entführen und mit einer Bombe versehen können? Waren sie doch zu zweit. Darüber nachdenken brachte nichts. Ich musste spielen. Also ging ich wieder auf die Startposition und lies die Würfel rollen. Auf dem Würfel erschienen zwei Augenpaare und ich ging auf’s Feld mit der Aufschrift – Gnade… Glück gehabt. Erneut würfelte ich und war froh, dass ich das Feld Höllenfeuer überspringen konnte. Wobei ich nicht wusste, ob das Feld auf dem ich jetzt Stand besser war… Deine Kinder haben Angst vor dem schwarzen Mann. Augenblicklich wurde vor mir wieder ein Video auf die Wand projiziert. Wenn ich eben noch geglaubt hatte, dass meine Kinder nicht mehr Angst empfinden konnten, wurde ich jetzt eines besseren belehrt. Wieder sah ich meine Kinder auf dem Video – immer noch an eine Bombe gefesselt, aber mit einem Blick der nicht nur Angst ausstrahlte, sondern pure Qualen. Auf dem Video war eine komplett in schwarz gekleidete Person erschienen. Mit einem Messer in der Hand. Das Messer bewegte sich langsam auf den kleinen Oberschenkel meiner Tochter zu und bohrte die Messerspitzen langsam in das dünne Gewebe, während mein Sohn hilflos dabei zusehen musste. Sobald die schmerzverzerrten Schreie meiner Kinder ertönten verschwand das Video von der Wand. 

„Bitte nicht meine Kinder“, bettelte ich unter Tränen. Wieder ertönte das Knacken der Lautsprecher:

„Das hatten wir doch schon aber keine Angst das bisschen Blut schadet nicht. Sonst wäre doch der Spaß hier schon vorbei oder würdest du etwa weiter spielen?“

„Woher soll ich wissen, dass Ihnen wirklich nicht mehr passiert ist?“

„Mein Süßer, dir bleibt wohl nichts anderes übrig als mir zu vertrauen.

„Dir Vertrauen? Einer Irren? Warum lässt du meine Kinder nicht frei und spielst nur mit mir?“

„Weil das nur halb so viel Spaß machen würde.“

„Nicht nur ich lande im Gefängnis wenn das hier vorbei ist.“

„Oh mein Süßer, hast du denn bis jetzt noch nicht verstanden dass mir das egal ist – mir jegliche Konsequenzen egal sind?“

Die Stimme aus dem Lautsprecher war verstummt und ich wusste, dass es eine unausgesprochene Forderung war weiter zu spielen. Also würfelte ich erneut um mein Schicksal. Zum Glück hatte ich ganze zwei Felder übersprungen. Wenn ich nur eine sechs Würfeln würde könnte ich ganze fünf Felder überspringen. Zum ersten Mal sah ich mir den Würfel an und stellte entsetzt fest, dass er nur bis drei ging.

„Schön du hast festgestellt, dass du nur wenige Felder überspringen kannst. Da macht die nächste Aufgabe doch gleich doppelt so viel Spaß. Wie du sicherlich schon festgestellt hast, stehst du auf dem Feld Tipp gegen Qual. Was das genau heißt? Du kriegst einen Tipp von mir wer ich bin, wenn du mit dem Bügeleisen, was vor dir liegt, deine eigene Hand bügelst. Aber überlege nicht zu lange, sonst hast du keine Wahl. Zur Hölle, war es das wirklich Wert? Wollte ich wirklich wissen wer diese Irre ist? Hatte sie nicht gesagt, ich erfahre es sowieso noch früh genug? Wer aber war die Person die meinen Kindern Schmerzen zufügte?

 

„Ich bügele meine eigene Hand nicht, sondern spiele weiter“, entschied ich mich. Am liebsten hätte ich aufgegeben. Mein Leben war mir mittlerweile egal, doch der Gedanke an meine Kinder lies mich weitermachen. Während ich die Augen schloss, um eine Sekunde aus diesem Alptraum zu entfliehen, kam der Würfel zum stehen. Genau einen Schritt durfte ich gehen. Innerlich sackte ich zusammen, was man mir scheinbar auch äußerlich ansehen konnte. Denn wieder ertönte das Knacken des Todes.

„Mein Süßer, ich hätte Gedacht, dass du länger durch hältst. Aber keine Sorge, du hast die Wahl das Ganze abzukürzen.” Zu gerne hätte ich die ganze Tyrannei abgekürzt, jedoch fragte ich mich zu welchem Preis. Wobei ich mir sicher war, darüber gleich aufgeklärt zu werden.

„Was hältst du davon, wenn wir eine oder auch mehrere Runden russisches Roulette spielen, so ungefähr fünf. Wenn die Kugel dich nicht trifft, dann gewinnst du und gehst ins Gefängnis – erfährst wer ich bin. Eigentlich denke ich, dass es überflüssig ist, dir zu sagen, dass wenn sie dich trifft, du sterben wirst. Wenn nicht, dann spielen wir eben weiter. Vielleicht kommst du noch auf ein weiteres Feld was gut für dich ist z.B. hier passiert dir nichts. Du hast dreißig Sekunden Zeit, dich zu entscheiden. 

Wenn ich mich für’s russische Roulette entschied, war das ganze schnell vorbei. Aber was war mit meinen Kindern? Wenn ich weiterspielte, kamen sie vielleicht frei oder tat der Irre von dem Video ihnen wieder was an? Wer war er oder sie überhaupt? Bestimmt eine Sie. Wobei die Irre nie gesagt hatte dass sie meine Kinder frei lies. Nur das ihnen nichts passierte, wenn ich mitspielte. Wobei sie dieses Versprechen auch schon mal gebrochen hatte. Was also sollte ich tun? Es ertönte ein Tüten, das mir signalisierte, dass die letzten Sekunden angebrochen waren. 

 

„OK, ich kürze ab – lass uns russisches Roulette spielen.” 

Plötzlich fuhr ein Sarg aus Glas aus dem Boden hoch. In dem Sarg lag meine Frau. 

Zeitgleich trat aus dem dunklen Schatten des Raumes eine Gestalt hervor, die ich kannte und der ich vertraute.

„Du?“, brachte ich ein entsetztes Stöhnen hervor, unfähig noch etwas anderes zusagen.

Die Gestalt, besser gesagt die Frau, hielt zwei Waffen fest. Die eine in der einen, die andere in der anderen Hand. Erst jetzt erkannte ich, dass im Sarg ein Loch war. In das Loch richtete sie die eine Waffe und die andere richtete sie auf mich. Außer starr dastehen konnte ich nichts tun, denn ich war immer noch geschockt.

„Vielleicht habe ich vergessen eine Kleinigkeit zu erwähnen. Du und deine Frau spielen abwechselnd.“

Endlich fand ich meine Stimme wieder.

„Was willst du von mir?“

„Was ich will? Dass du leidest.“

„Ich habe dir nichts getan. Dich sogar geliebt.“ 

„Richtig, mir hast du nichts getan. Meiner Mutter schon“, schrie meine Affäre und drückte das erste Mal ab. Meine Frau wimmerte auf, doch sie lebte noch.

„Was habe ich deiner Mutter getan? Ich kenne sie doch gar nicht.“ 

Wieder drückte sie ab. Dieses mal mit der Pistole, die auf meinen Kopf gerichtet war. 

„Du hast sie mal gekannt und ihr vor Jahren schreckliches Leid zugefügt, als du dein bestialisches Messer in sie stachst.” Wieder drückte sie ab, mit der Waffe die auf den Kopf meiner Frau gerichtet war, und sprach weiter: 

„Dabei sind meine Schwester und ich entstanden. Weißt du, ohne sie hätte ich das alles hier nicht geschafft. Sie ist die technisch bewanderte ich das organisatorische Genie.“

„Das kann nicht sein… Du bist doch älter?

„Ach Tilly, du müsstest doch am besten wissen das Menschen lügen. Ich bin nicht 25 Jahre alt, sondern erst Neunzehn. Aber euch Schwanzdenkern kann man gut was vor machen.“

„Es tut mir leid. Ich wusste nicht das ihr existiert.“

„Das tut dir Leid?“

„Auch das was ich eurer Mutter an tat.“

„Das du sie Vergewaltigt hast?“

„Ja.“

Wieder drückte sie ab und es floss Blut aus dem Kopf meiner Frau. Entsetzt schrie ich auf. Meine armen Kinder. 

„Du wirst wohl damit im Gefängnis leben müssen das du neben einer Vergewaltigung zwei Menschen auf dem Gewissen hast. Meine Mutter hat sich das Gehirn weggeblasen. Mir und meiner Schwester hat sie das Foto – dass du heute Morgen auf dem Handy gesehen hast – und einen Brief hinterlassen. Indem hat sie uns gestanden, dass sie uns nie lieben konnte, weil wir aus einer Vergewaltigung entstanden sind.“

 

Konnte es wirklich sein das meine Geliebte meineeigene Tochter war?

22 thoughts on “Zwei Geheimnisse

  1. Hallo Sarah! Dir ist eine ganz tolle und sehr fesselnde Kurzgeschichte gelungen – so stelle ich mir eine Kurzgeschichte auch vor. Vor allem das Ende war sehr überraschend und somit wirklich toll! Mein Like hast du!

    LG, Florian

    PS. Ich würde mich sehr freuen, wenn du auch meine Geschichte lesen und evtl auch einen Kommentar und vlt sogar – aber nur, wenn dir die Geschichte auch gefällt – ein Like da lassen würdest!

    https://wirschreibenzuhause.de/geschichten/schach-matt

  2. Moin Sarah, was für ein grandioser Plot. Ich fühlte mich irgendwie an den Riddler aus Batman erinnert. Die Idee mit der Rätselschnitzeljagd ist super. Und das Ende macht das Ganze dann rund. Hat mir wirklich gut gefallen. Spannend, packend führst du uns hier durch deine Geschichte. Deine Geschichte lies sich gut lesen. Danke das du sie mit uns geteilt hast.

    Mein Like lass ich dir gerne da und wünsche dir alles Gute für’s Voting.

    LG Frank aka leonjoestick ( Geschichte: Der Ponyjäger )

  3. Tolle Geschichte. Im ersten Teil kommt etwas zu häufig das Wort “Handy” vor. Aber der Plot mit der Monopoly-Idee ist super ausgedacht. Du hast auch einen schönen Erzählfluss.
    Dafür gebe ich Dir gerne mein “Like”.
    LG
    L. Paul (Die Mutprobe)

  4. Hallo Sarah,
    Tolle Geschichte und super überraschendes Ende, wirklich gut umgesetzt. Es hat Spaß gemacht deine Geschichte zu lesen und live dabei zusein als sie Fahrt aufnahm 😁. Mein Like bekommst du und ich wünsche Dir viel Erfolg!

    Ich wünsche Dir einen schönen Start ins Wochenende 🍀.

    Gruß

    Maddy

    P. S 🙈 Meine Geschichte heißt “Alte Bekannte” und vielleicht magst du sie ja lesen ☺️.

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