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1. Kapitel

Sie schaut wie gebannt auf das Smartphone in ihrer Hand. Das metallene Gehäuse fühlt sich auf ihren erhitzten Händen eiskalt an. Die Luft um sie herum scheint stehengeblieben zu sein, so stickig ist es auf einmal. Sie muss sich fast zwingen Luft zu holen und wieder normal zu atmen. Sie blinzelt noch ein paar Mal, doch das Bild vor ihren Augen ändert sich nicht. Es dauert einige Sekunden, bis sie sich dazu aufraffen kann, die Augen von dem Display zu lösen und sich umzuschauen. Sie steht immer noch an dem kleinen Tisch in dem kleinen Café. Der junge Kellner läuft leicht genervt zwischen den Tischen hin und her und nimmt eine Bestellung nach der anderen auf. Heute ist viel los, mehr als gewöhnlich, wenn sie da ist, um ihre Mittagspause hier zu verbringen. Sie schaut sich weiter um, lässt den Blick über die Nachbartische gleiten, über die Menschen, die dort sitzen, entweder mit einem Laptop oder mit dem Handy am Ohr. Keiner der anderen Cafébesucher sieht sie an oder scheint anderweitig Notiz von ihr zu nehmen.

„Kann ich ihnen etwas bringen?“, fragt die dunkle Stimme des Kellners hinter ihr. Sie erschrickt, zuckt zusammen, fängt sich aber schnell wieder und dreht sich zu ihm um. Seine braunen Augen sehen sie aufmerksam an, zeigen aber einen Hauch von Verwirrung. „Nein danke, ich wollte gerade wieder gehen.“, antwortet sie und der Kellner lächelt sie flüchtig an und nickt, bevor er sich zum nächsten Tisch begibt. Noch einmal lässt sie den Blick durch den Raum wandern, sucht nach etwas, ohne zu wissen wonach genau. Als sie einen scheppernden Ton wahrnimmt, erinnert sie sich daran, dass sie das Smartphone in der Hand hatte und schaut nun auf dem Tisch, auf den es gefallen ist. Schnell nimmt sie es und stopft es in ihre kleine Handtasche. Dann geht sie vorsichtig und betont langsam zur Tür und tritt hinaus auf die Straße. Die Gedanken in ihrem Kopf rasen und sie muss tief Luft holen und sich zwingen ruhig zu bleiben. Sie wendet den Kopf, schaut sich auch auf der Straße um und lässt den Anblick auf sich wirken. Es sind fast keine Autos unterwegs und auch die Fußgängerwege sind beinahe komplett leer. Nur vereinzelt wechselt ein Mann die Straßenseite und eine Frau drückt die Tür zu einem Gebäude auf. Es ist ungewöhnlich ruhig, keine Vögel sind zu hören, obwohl es ein warmer Frühlingsmittag ist. Aria hängt sich ihre Tasche um die Schulter und ist sich dabei sehr wohl dessen bewusst, was sie darin mit sich herumträgt. Ihr erster Gedanke ist es, direkt nach Hause zu gehen, doch das wäre zu auffällig. Die anderen auf der Arbeit würden sich wundern, dass sie einfach nicht mehr aufgetaucht ist, nach ihrer Mittagspause. Aber könnte sie ihnen nicht einfach erzählen, sie würde sich unwohl fühlen? Eine sich plötzlich anbahnende Erkältung oder Grippe? Das kann selbst der Besten passieren, eine Krankheit kann man ja nur schlecht vorhersehen. Ohne dass sie es gemerkt hat, ist sie losgelaufen. Sie läuft die Straßen entlang, achtet dabei nicht auf ihre Umgebung, überquert die Straßen und Ampeln, ohne auf den wenigen, aber dennoch laufenden Verkehr zu achten. Nach wenigen Minuten steht sie vor ihrer Wohnungstür. Aria holt noch einmal tief Luft, versucht einen klaren Kopf zu bekommen. Angespannt schaut sie noch einmal hinter sich, doch wozu? Um sicher zu gehen, dass ihr niemand gefolgt ist? Wer sollte ihr schon folgen? Hastig schließt sie die Tür auf, tritt ein und lässt sie hinter sich wieder ins Schloss fallen.

Einen Moment lang lässt sie sich gegen die Tür sinken und schließt die Augen. Hier, in ihrer eigenen Wohnung, fühlt sie sich wohler, wohler als in dem kleinen Café oder auf der Straße. Sie öffnet die Augen. Aria hatte heute Morgen vergessen die Vorhänge vor dem einzigen Fenster in ihrem Wohnzimmer zu öffnen, weshalb nur wenig Licht hereinscheinen kann. Ihre rechte Hand greift zur Wand neben der Tür und findet den Lichtschalter. Sie drückt ihn hinunter, doch das Licht geht nicht an. Verwundert versucht sie es noch ein- zweimal, bis sie seufzt und durch den Raum geht, um die Vorhänge aufzuziehen. Schon mehrfach ist in den letzten paar Tagen der Strom ausgefallen. Nichts Außergewöhnliches, redet sie sich ein. Die warmen Sonnenstrahlen bahnen sich ihren Weg durch das Zimmer und für wenige Sekunden genießt Aria die Wärme im Gesicht, bis sie sich daran erinnert, warum sie zuhause ist und nicht wieder auf der Arbeit. Die kleine Handtasche hängt noch über ihrer Schulter und sie greift vorsichtig danach. Als sie sie öffnet, liegt das dunkle Smartphone ganz obenauf, auf ihrem Portemonnaie, und der Bildschirm leuchtet hell. Sie hatte es nicht gesperrt, als sie es in die Tasche fallen ließ. Ihre linke Hand zittert, als sie es vorsichtig herausnimmt, den Blick stetig darauf gerichtet. Sie geht langsam zu ihrem Esstisch, sie muss sich hinsetzen. Irgendwie traut sie ihren Knien nicht mehr lange. Aria legt das Handy vor sich auf den Tisch und schaut sich das Bild genauer an. Ihr Atem geht schwer, doch sie zwingt sich ruhig zu bleiben und genauer hinzusehen. Noch ist nichts gewiss, es kann auch einfach ein Zufall sein.

Auf dem Bildschirm ist ein Bild zusehen, hochaufgelöst, auf dem sie sich selbst zu erkennen glaubt. Sie sieht sich selbst, wie sie gerade in das Bürogebäude geht. Auf dem Bild hat sie eine blaue Bluse und einen schwarzen Bleistiftrock an, genau wie heute. Aria schließt noch einmal die Augen. Das ist genau das, was sie heute anhat. Wie kann das sein? Wie kommt dieses Bild, von ihr, wie sie heute Morgen auf die Arbeit geht, auf dieses Handy? Und warum lag es in diesem Café? Wer hat dieses Bild von ihr gemacht? Ihre Hände, die sie bisher in ihrem Schoß geknetet hatte, legt sie nun vorsichtig links und rechts neben das Smartphone. Ihre Hand zittert immer noch, als sie es langsam hochnimmt. Sie muss wissen, ob dieses Bild ein Zufall ist. Es könnte auch sein, dass jemand einfach ausversehen ein Bild von ihr gemacht hat und das Handy dann im Café vergessen hat. Sie nimmt ihren Mut zusammen und wischt mit ihrem Daumen auf dem Bildschirm nach links. Noch ein Bild von ihr. Aber in einem anderen Outfit. Sie schnappt nach Luft. Das muss gestern gewesen sein, ihre Haare auf dem Bild sind hochgebunden. Noch einmal wischt sie weiter und noch ein Bild von ihr erscheint auf dem Bildschirm. Ein leiser Schrei entfährt ihr, als sie noch weiter und weiter scrollt und noch mehr Bilder von ihr auftauchen. Immer mehr Bilder und mehr und mehr. Sie lässt das Handy fallen und schlägt die Hände vors Gesicht. Das kann doch nicht wahr sein! Was soll dieser Blödsinn nur? Wer hat diese ganzen Bilder gemacht und warum?

Aria steht auf, schnappt nach Luft und fängt an, im Raum auf und ab zugehen. Ihre Gedanken rasen. Sie weiß, dass diese Bilder kein Zufall sind, nein, sie weiß, dass jemand diese Bilder absichtlich von ihr gemacht hat. Aber wieso? Sie hat auf jedem Bild etwas anderes an, aber jedes zeigt sie dabei, wie sie ihr Arbeitsgebäude entweder verlässt oder betritt. Derjenige, der diese Bilder gemacht hat, muss sie seit Tagen beobachtet haben, muss sie vielleicht sogar verfolgt haben. Ist er ihr vielleicht auch hierher gefolgt? Zu ihr nach Hause? Panisch sieht sie sich im Zimmer um. Aber nein, versucht sie sich zu beruhigen, sie hatte sich vor der Tür umgesehen, da war niemand gewesen. Und ihre Wohnungstür war abgeschlossen, also konnte auch niemand eingedrungen sein. Das hätte sie doch gemerkt. Abrupt bleibt sie stehen. Was wäre, wenn derjenige vor dem Gebäude ist und sie jetzt gerade durch das Fenster beobachtet? Ihre Wohnung liegt zwar im zweiten Stockwerk, doch trotzdem könnte man von der Straße teilweise hineinsehen. Hastig geht Aria zum Fenster, mit beiden Händen greift sie sich die Vorhänge und schaut nach draußen. Auf der Straße ist immer noch nicht viel los, kaum eine Menschenseele ist unterwegs und sie kann auch niemanden sehen, der auffällig dasteht oder sogar hier hinaufschaut. Trotzdem schließt sie mit einem Ruck die Vorhänge und es wird wieder dunkel im Wohnzimmer. Sie möchte auf Nummer sicher gehen, selbst wenn sie niemanden gesehen hat. Ihre Lungen füllen sich erneut mit viel Luft und sie atmet hörbar aus, bevor sie sich abwendet und auf den Tisch zu geht, auf dem noch das eingeschaltete Smartphone liegt. Vorsichtig nähert sie sich dem Handy und schaut sich das letzte, von ihr aufgerufene Bild an. Die Frau auf dem Bild ist eindeutig sie selbst, wie sie gerade lachend auf die Straße tritt. Aria kann sich nicht erinnern, wann genau sie diese Kleidung getragen hatte, aber ihr läuft ein Schauer über den Rücken, als sie sich darüber bewusstwird, dass dies nur eines von vielen Bildern ist. Wer weiß wie lange sie schon ungeahnt fotografiert wurde? Und wer weiß, warum derjenige dieses blöde Handy in diesem Café hatte liegen lassen? Da kommt ihr der Gedanke, dass es vielleicht gar keine Absicht desjenigen gewesen war. Vielleicht hatte derjenige es einfach vergessen und sie hätte es gar nicht finden sollen. Aber war das besser? Würde diese Tatsache die Situation besser und weniger angsteinflößend machen? Nein, wohl eher das Gegenteil wäre dann der Fall. Derjenige würde dann weiter Bilder von ihr machen können, sie beobachten und Aria würde gar nichts davon wissen.

Gerade als sie sich von dem kleinen Bildschirm abwendet, um sich ein Glas Wasser zu holen, vernimmt sie einen hellen Piepton. Sie bleibt wie angewurzelt stehen und hält die Luft an. Dieser Ton kommt ihr nicht bekannt vor, es ist nicht der Klingelton ihres eigenen Handys und auch nicht das Geräusch eines Küchengerätes. Und da, wieder ertönt dieser Piepton und dann kurz darauf noch einmal. Aria dreht sich um, schaut ängstlich auf das fremde Handy, das immer noch auf dem Tisch liegt. Sie beobachtet es genau und als der helle, unbekannt Ton wieder zu hören ist, sieht sie am oberen Bildschirmrand eine kleine Nachricht aufleuchten. Vorsichtig tritt Aria einen Schritt näher. Ihre Hand, die heute wohl nicht mehr aufhören will zu zittern, streicht auf dem Bildschirm von oben nach unten und klickt auf die Benachrichtigung. Der Bildschirm wird heller und vier kurze Nachrichten erscheinen.

„Ich habe dich gefunden.“

„Es hat mich einige Zeit gekostet, aber ich habe dich gefunden.“

„Dieses Mal wirst du nicht davonkommen.“

„Du wirst dafür bezahlen, was du mir angetan hast Amalia.“

Erschrocken reißt sie die Augen auf. Sie hat das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen. Wie kann das sein? Wer zur Hölle ist dieses Schwein?! Sie schiebt das Smartphone mit aller Kraft von sich weg und es fliegt über den Tisch und gegen die Wand dahinter, bis es zu Boden fällt und ein Splittern zu hören ist. Aria macht drei große Schritte rückwärts, dreht sich zum Fenster, will sich vergewissern, dass die Vorhänge wirklich geschlossen sind. Dann sackt sie auf ihre Knie und vergräbt das Gesicht in den Händen. Panik steigt in ihr auf. In ihrem Kopf dreht sich alles. Das kann nicht sein. Das kann nicht sein. Sie ist tot!

 

2. Kapitel

Sie weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist. Vielleicht ein paar Minuten oder sogar eine ganze Stunde. In der Wohnung ist es still, sie kann ihr eigenes Herz schlagen hören. Es hämmert nicht mehr so stark wie vorhin, aber es hat seinen normalen Rhythmus noch nicht wiedergefunden. Aria sitzt immer noch auf dem Boden, sie hat sich kaum bewegt. Ihre Knie schmerzen und ihr Hals ist ganz trocken. Deshalb beschließt sie aufzustehen, ihre steifen Beine zur Spüle zu bewegen und ein paar Schlucke Wasser zu trinken. Das kühle Nass rinnt ihren Hals hinunter, als sie viel zu hastig einige Schlucke mit den Händen an ihren Mund führt und verzweifelt trinkt. Aria kann sich auf all das keinen Reim machen. Es ist unmöglich, dass sie diese Bilder von ihr gemacht hat. Das ist schlicht und einfach unmöglich, dessen ist sie sich sicher. Aber wer treibt dann seinen Spaß mit diesem Smartphone und den Bildern? Wer würde sie auf diese Art und Weise einschüchtern wollen? Es muss ein Scherz sein, von jemandem, der meint er wüsste, was damals geschehen ist. Aria fasst einen Entschluss. Sie wird sich davon nicht unterkriegen lassen, sie will es nicht. Mit ihrer rechten Hand dreht sie den Wasserhahn zu und geht dann vorsichtig, mit leisen Schritten zum Tisch hinüber. Als sie sich duckt, kann sie das fremde Handy auf der anderen Seite am Boden liegen sehen. Also kriecht sie unter den Tisch und nimmt es wieder an sich.

Das Display weist einige Risse auf, manche größer und manche kleiner. Der Bildschirm ist schwarz und für einen kurzen Augenblick hofft Aria, dass es bei dem Fall irreparabel kaputt gegangen ist. Sie drückt auf die kleine Taste, die auf der rechten oberen Seite angebracht ist und der Bildschirm wird wieder hell. Enttäuscht atmet sie aus und streicht dann mit dem Daumen auf dem Display nach oben. Sofort entsperrt das Handy, ohne nach einem PIN oder Passwort zu fragen. Die vier Nachrichten erscheinen wieder. Aria kneift die Augen zusammen, liest sie noch einmal und tippt dann auf die obere Ecke, in der die Nummer des Absenders angezeigt wird. Sie kennt die Nummer nicht, sie ist unter keinem Namen eingespeichert, einfach nur die Nummer. Was soll sie jetzt machen? Selbst wenn es nur ein Streich ist, woher weiß derjenige etwas? Wieso schreibt er aus ihrer Sicht? Bevor sie näher darüber nachdenken kann, hat sie die Frage „Wer bist du?“ in das Textfeld eingetippt und auf ‚Senden‘ gedrückt. Nervös lässt sie das Handy wieder auf den Tisch fallen. Sie geht einige Schritte auf und ab und wartet, dass dieser Ton von vorhin nochmal ertönt, der eine neu eingegangene Nachricht ankündigt.

Einige Sekunden lang passiert gar nichts. Aria wartet und ihre Nerven sind bis zum Zerreißen gespannt. Sie kann nicht glauben, dass sie es tatsächlich ist, das weiß sie sogar. Aber die Frage, wer sonst davon weiß und wie viel, zerfrisst sie innerlich. Dann, laut wie ein Alarm, ertönt wieder der Klingelton. Für einen kurzen Moment bleibt Aria stehen, schaut über ihre Schulter auf das helle Display, bevor sie sich umdreht und auf das Handy zugeht. Das Nachrichtenfenster ist noch offen und zeigt eine neue Nachricht an. „Du weißt, wer ich bin.“, steht dort. Sekundenspäter erscheint eine weitere Nachricht, ein Bild. Aria tritt näher an den Tisch und klickt auf das gesendete Foto. Es zeigt ein kleines Haus, mit rotem Ziegeldach und beigefarbener Wandfarbe. Das Foto wurde so aufgenommen, dass man auch einen Teil des Gartens sehen kann. Dort steht noch ein kleines Häuschen, aber dabei handelt es sich um ein hölzernes Gartenhäuschen. Es ist nicht besonders groß, vielleicht so groß, dass ein Grill und eine Sitzbank oder ähnliches darin gelagert werden könnten. Das Bild ist fast idyllisch, so ruhig wie diese Umgebung daliegt. Doch Aria verschlägt es den Atem. Viele Jahre hat sie versucht diesen Anblick zu vergessen und nicht mehr daran zu denken. Wo zur Hölle hat derjenige dieses Bild her?! Langsam wird sie wütend, sie hat keine Lust sich von irgendjemandem hinters Licht führen zu lassen. Deshalb greift sie sich das Handy und tippt aggressiv die Worte „Lass mich in Ruhe du Schwein!“ in das Textfeld. Danach wirft sie das Gerät erst wieder auf den Tisch, entscheidet sich jedoch dazu, es so wegzupacken, dass sie es nicht mehr sehen muss. Sie steckt es in die Tasche, die sie vorhin beim Nachhausekommen über die Couch geworfen hat. Die Tasche legt sie unter eines der Kissen und blickt sich dann in der Wohnung um. Sie hat sich einfach zu schnell beeinflussen lassen. Niemand ist hinter ihr her und niemand weiß irgendetwas von dem, was damals vorgefallen ist. Das Bild von dem Haus hätte man überall finden können. Wenn derjenige der diese Spielchen mit ihr treibt, sie kennt, dann kann er auch wissen, dass das eines ihrer ehemaligen Nachbarshäuser war. Aria beschließt für sich, dass sie diese Sache abhaken und nicht mehr darüber nachdenken wird. Sie reibt sich die Augen. Sie hat gar nicht gemerkt wie müde sie eigentlich ist und die dunklen Lichtverhältnisse im Zimmer tragen noch mehr zu dem Gefühl der Erschöpfung bei. Mit zwei schnellen Schritten ist sie am Fenster und zieht die Vorhänge auf. Bevor sie in Versuchung kommen könnte, die Straße nach möglichen Stalkern abzusuchen, wendet sie sich schnell wieder ab und geht zur Couch. Sie will sich für einige Minuten hinlegen und danach im Büro anrufen, um ihr Fehlen zu entschuldigen.

 

3. Kapitel

Seit Jahren wartet sie auf diesen Augenblick. So lange hat sie sich diesen Plan genaustens überlegt, ihn ausgeschmiedet und immer wieder verbessert. Endlich kann sie sich rächen, für das, was diese Schlampe von Amalia ihr angetan hat, vor all den Jahren. Sie hat nachgeforscht. In dem Haus, in dem diese miese Hure lebt, sind nur noch drei andere Wohnungen und keine davon ist zurzeit bewohnt. Der letzte Bewohner ist vor einer Woche ausgezogen. Niemand wird zu Schaden kommen, außer Amalia und die hat es mehr als verdient. Langsam geht sie auf den Gebäudeeingang zu, die Tür ist nicht abgeschlossen und so kann sie problemlos eintreten. In ihrem Rucksack hat sie alles, was sie braucht. Sie geht die Treppe nach unten, dort wo sie den Keller vermutet. Das Haus ist relativ alt, vieles wurde noch aus Holz gebaut, so beispielsweise das Treppengeländer und die Treppe selbst, die bis nach oben in den zweiten Stock führt. Schnell nimmt sie ihren Rucksack ab, nimmt die drei, mit Alkohol gefüllten Flaschen heraus und fängt an, eine nasse Spur zulegen, von der Kellertür, über den langen Flur bis zur Treppe und hoch in den ersten Stock. Als die Flaschen leer sind, wirft sie sie achtlos die Treppen hinunter und hört, wie sie unten am Boden zersplittern. Dann geht sie vorsichtig die Stufen hinunter, achtet dabei darauf nicht in die Alkoholspur zu treten. Als sie wieder am Hauptgebäudeeingang steht, zieht sie das Feuerzeug aus der Hosentasche. Ein Gefühl der Genugtuung erfüllt sie, als sie daran denkt, dass Amalia das gleiche Schicksal ereilen wird, dass sie damals selbst erlebt hatte. Nur mit viel Glück konnten die Ärzte sie retten, nach so vielen Wochen, in denen sie um ihr junges Leben gekämpft hatten. Die Narben erinnern sie täglich daran, was das Miststück ihr angetan hat und heute, endlich nach so vielen Jahren, kann sie sich dafür revanchieren. Sie lächelt, als sie das Feuerzeug klicken lässt, einen Moment lang in die kleine Flamme schaut und es dann einige Zentimeter vor sich fallen lässt. Sofort fängt die Alkoholspur Feuer und es verbreitet sich rasend schnell nach unten, in Richtung des Kellers, und nach oben, in Richtung der Wohnungen. Sie hat schon lange keine Angst mehr vor Feuer. Seit sie damals aus dem brennenden Gartenhäuschen getragen wurde und dabei die riesigen Flammen beobachten konnte, wusste sie, dass Feuer ihr nichts antun konnte. Egal wie schlimm ihre Verbrennungen waren, Feuer machte ihr seitdem keine Angst mehr. Das Lächeln ziert immer noch ihr Gesicht, als sie sich von dem Schauspiel abwendet und den Weg zur Straße zurück geht. Sie wird warten und zuschauen, bis nichts mehr davon da ist. Sie will sie sehen, wie sie schreit, die Panik in ihren Augen, wenn sie begreift, was da gerade passiert. Wird sie es endlich verstehen? fragt sie sich. Nach wenigen Minuten, die Flammen sind von außen noch kaum zu sehen, hört sie die ersten Sirenen. Gemütlich und zufrieden setzt sie sich auf die Parkbank, die nur eine Straßenecke von dem Gebäude entfernt ist. Sie muss nur noch warten. Von hier aus kann sie das Fenster von der Wohnung gut sehen. Die ersten großen Flammen sind nun schon deutlich zu erkennen. Glückseligkeit durchflutet sie während sie so dasitzt, sich die Szenerie anschaut und wartet.

 

4. Kapitel

Sie wird von dem lauten Geheul von Sirenen geweckt. Verschlafen öffnet Aria die Augen und blickt sich in ihrer Wohnung um. Die Sirenen sind unglaublich laut, so als wären die Erzeuger direkt vor ihrem Haus. Sie blinzelt ein paar Mal, dann nimmt sie den schwachen Geruch von Rauch wahr und schreckt augenblicklich hoch. Verzweifelt sieht sie sich im Wohnzimmer um und fragt sich, wo dieser Geruch herkommen kann. Sie hatte den Herd nicht angemacht, als sie vorhin nach Hause gekommen ist. Schnell steht sie auf, wirft dabei das Kissen, auf dem sie gelegen hatte auf den Boden und läuft zum Fenster. Draußen auf der Straße kann sie zwei große Feuerwehrwägen erkennen, aus denen gerade einige uniformierte Feuerwehrmänner springen. Sie rennen zu dem Eingang von Arias Haus. Panik ergreift sie und sie will das Fenster öffnen, doch es klemmt. Sie hämmert gegen das Glas und schreit, will wissen, was los ist, was hier vor sich geht. Doch in diesen Moment sieht sie Flammen aus dem Stockwerk unter ihr kommen. Sie züngeln an ihrem Fenster empor und erschrocken tritt Aria einige Schritte zurück. Ihr Instinkt sagt ihr, zur Tür hinaus und nach unten zu rennen, doch als sie die Tür aufreißt, muss sie erschrocken feststellen, dass das Treppenhaus unter ihr bereits vollständig in Flammen steht. Sie schnappt nach Luft, wirft die Tür hinter sich zu und läuft zurück zur Couch. Die Panik, die nun komplett Besitz von ihr ergriffen hat, lähmt sie fast. Sie will an ihr Handy, sie will um Hilfe rufen, doch ihre Wohnung ist mittlerweile voller Rauch und dieser treibt ihr die Tränen in die Augen. Das darf nicht wahr sein! Das kann nicht wirklich passieren! Ihre Hände suchen hektisch nach der Handtasche, sie kann vor lauter Tränen kaum noch etwas erkennen. Aria fängt an zu husten. Die Luft wird immer dicker und sie ringt verzweifelt nach Atem. Ihre Hände sind schweißnass und suchen immer noch die Couch nach der Tasche ab. Nach einer gefühlten Ewigkeit findet sie sie auf dem Boden und tastet darin mit den Händen nach ihrem Handy. Doch das, was sie im nächsten Moment herauszieht ist das fremde Smartphone, das sie heute Mittag in dem Café gefunden hat. Sie schiebt die Angst, die sie deshalb durchfährt, beiseite und entsperrt das Handy mit einem Wisch. Sie hustet immer mehr, hat das Gefühl zu ersticken und fährt sich immer wieder mit den Händen über das Gesicht, in der Hoffnung die Tränen wegwischen und eine klare Sicht bekommen zu können. Doch gerade als sie das Notrufsymbol drücken möchte, um Hilfe rufen zu können, erscheint eine letzte Nachricht auf dem fremden Handy. Sie öffnet sich und Aria liest die Worte „Du kannst deinen Namen ändern, du kannst wegziehen und das alles versuchen zu vergessen, aber ich werde dich immer finden. Ich werde dich leiden lassen, wie du mich hast leiden lassen. Es ist noch nicht vorbei! -Mona-“. Aria weint, die Tränen quellen immer stärker aus ihren Augen, sie hustet und hustet. Das Splittern von Holz ist zu hören, vermischt mit tiefen Stimmen, die immer näherzukommen scheinen. Das Handy fällt Aria aus der Hand und kurz bevor sie das Bewusstsein verliert, flüstert sie: „Mona, wie hast du das damals überleben können?“

One thought on “Mona

  1. Yey cool! Das war ja mal was ganz anderes! Deine Geschichte hat mir wirklich gut gefallen! Hat sich sehr flüssig lesen lassen, habe auch keine offensichtlich Fehler in der Sprache oder Zeit ausfindig machen können (nicht das ich danach suche aber manche sind so plakativ) und dein Schreibstil sagt mir persönlich auch total zu!
    Dran bleiben! Weiter machen!
    Herzlich – die Lia 💚🌿

    Lies doch auch mal meine Geschichte „was sich liebt das hackt sich“ würde mich sehr freuen zu hören, wie du mein Stil findest 🙂

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