Carolin SchmidtDU WIRST BÜßEN

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Kapitel 1

„Hier! Mache ein Bild von ihm!“, in ihren blauen Augen lässt sich etwas Böses erkennen als sie ihm das Handy in die Hand drückt.

„Ich habe sein Gesicht versucht zu vergessen, jetzt ist es an der Zeit, es wieder in mein Gedächtnis zu holen“, sagt Lena fast schon wehmütig zu ihrem besten Freund Ben. Seine Begeisterung für dieses Vorhaben hält sich jedoch stark in Grenzen: „Lena, Du weißt, dass ich alles für Dich tue. Ein Bild von diesem Mann zur Auffrischung deiner Erinnerung halte ich jedoch für eine gänzlich bescheuerte Idee!“

Lena schweigt und er flüstert kaum hörbar: „Ich weiß noch, als Du zitternd vor mir gesessen hast und hofftest, seine Visage eines Tages zu vergessen.“

„Geh los und besorge das Foto, verdammt nochmal!“, schrie Lena und sprang wutentbrannt auf, „Lass meine Erinnerung und meine Vergangenheit mein Problem sein!“

Ben resignierte und nahm das Telefon an sich. Es war schwarz und gerade groß genug, damit er es mit seinen starken Fingern einigermaßen bedienen konnte. Das Gerät war in tadellosem Zustand und weißte keinerlei Kratzer oder andere Beschädigungen auf. Sie musste es anscheinend vor kurzem erst gekauft haben. Ben verstand zwar nicht was das alles zu bedeuten hatte, tat aber wie ihm aufgetragen wurde und zog los.

Kapitel 2

So warm wie heute war es das ganze Jahr noch nicht. Auch die Meteorologen sind sich einig, dass solch ein warmer Tag für Anfang April sehr untypisch ist. Als der Wecker wieder einmal viel zu früh klingelte und Markus aus dem Schlaf riss, schien ihm die Sonne bereits auf die Beine. Er stellte den Wecker aus und versuchte, noch ein paar Minuten Schlaf zu finden, ehe er sich aus dem Bett quält. Jedoch gelang es ihm nicht, da ihm die Sonnenstrahlen wortwörtlich auf den Beinen brannten.

Markus suchte nach Motivation und schwang sich aus dem Bett. Eine kurze Dusche musste sein, um in Wallung zu kommen. Er war wieder einmal zu spät ins Bett gegangen. „Heute Abend gehe eher aus dem Spiel. Wenn das so weiter geht, höre ich eines Tages meinen Wecker mal nicht“, redete Markus mit seinem Spiegelbild als er seine Augenringe betrachtete.

Schon seit einiger Zeit verbringt er seine Abende mit einem Online-Rollenspiel an seinem Computer. Jeden Abend nimmt er sich vor, den PC vor Mitternacht auszuschalten und jedes Mal geschieht dies erst frühstens ein bis zwei Stunden nach Null Uhr. Obwohl er es anfangs nicht für sehr wahrscheinlich hielt, schien dieses Spiel ihn tatsächlich in seinen Bann gezogen zu haben.

Nach seiner Dusche, die ihm erneut Befriedigung beschaffte, zog er seine Arbeitskleidung an.

„Bei den Temperaturen diese hässlichen langen schwarzen Hosen und dieses fürchterliche Hemd, ich wüsste bei weitem besseres“, er musterte sein Outfit, zog die Augenbrauen hoch und zuckte mit den Schultern. Er hasste diese Sachen einfach. Das Hemd war rot-weiß kariert und aus synthetischem Stoff. Die schwarze Hose war aus Cord. Also alles andere als bequem.

„Was soll’s, so ist das Leben, sagte der Hase und umarmte den Igel“, versuchte er sich zu motivieren und sammelte auf dem Weg zur Wohnungstür sein Handy, das Portemonnaie und die Schlüssel zusammen.

Auch wenn Markus seinen Job nicht gerade liebte, war er froh, seine Arbeitsstelle fußläufig zu erreichen. Schließlich muss er sein bisschen Lohn zusammenhalten und kann so auf ein Auto oder ein überteuertes Ticket für die Bahn verzichten.

„Herr Schulze! Schön, dass Sie noch vor Ladenöffnung den Weg an Ihren Arbeitsplatz gefunden haben!“, der Sarkasmus in den Worten von Herrn Schneider, dem Ladenbesitzer, fiel Markus zwar auf, war ihm aber mehr egal als es vielleicht sein sollte und er entgegnete ihm: „Aber gerne doch! Alles für das Geschäft!“ Das weitere Gemaule seines Chefs ignorierte er und stellte sich auf einen erneut langen Arbeitstag ein.

Um sieben Uhr abends verlässt der letzte Kunde endlich den Laden und Markus schließt sich ihm direkt an, um in den Feierabend zu gehen, bevor Herr Schneider wieder mit einem Berg voll Aufgaben um die Ecke kommt.

Heute stand für Markus noch ein Besuch des Fitness-Studios auf dem Plan. Er zwang sich mindestens zwei Mal pro Woche dort hin, um trotz des vielen ungesunden Essens seine sportliche Figur zu erhalten.

Also zog er sich um und ging ins Studio. Dort gab es einige hübsche Frauen, denen er imponieren wollte. Jedoch schien er auch den Blick eines jungen Mannes aufs sich gezogen zu haben. Der blondhaarige, große Mann beobachtete jede von Markus Übungen. „Dir würden einige Wiederholungen auch nicht schaden“, dachte Markus bei sich, als er den etwas fülligeren Kerl genauer betrachtete.

Als er seine letzte Übung beendet hatte, trat sein augenscheinlicher Verehrer an ihn heran: „Ähm… Entschuldigen Sie bitte…“, stammelte dieser, „könnte ich vielleicht ein Foto von Ihnen machen? Ich habe mich in der letzten Zeit ziemlich gehen lassen und möchte so aussehen wie Sie.“ Markus hätte mit der Frage nach seiner Handynummer gerechnet, aber sowas? Er guckte den Mann verwundert an und wusste nicht recht, was er ihm antworten soll.

Nach einigen Sekunden des peinlichen Schweigens sagte er dann: „Danke, dass Du mich als Vorbild siehst, aber ein Foto von mir?“ Der Fremde war sichtlich beschämt und versuchte sich in Überzeugung. „Klar könnte ich mir auch ein Bild aus dem Internet holen, aber ich denke, dass mich das nicht genug motiviert. Ein Bild von Ihnen würde mir sicher mehr helfen, da ich Sie schon persönlich treffen durfte.“

Markus fühlte sich fast wie ein Prominenter oder Internetstar, jedoch etwas unbehaglich. „Weißt Du, ich möchte nicht, dass Du mich fotografierst. Aber ich mache Dir ein Angebot. Ich bin mindestens an zwei Tagen in der Woche hier zum Training. Wenn Du möchtest, können wir ein paar Übungen zusammen machen. Das ist vielleicht eine bessere Motivation als ein Foto. Außerdem, Du weißt ja >geteiltes Leid ist, halbes Leid<“, antwortete Markus schließlich und war über seine Worte selbst erstaunt. Sein Gegenüber, musterte ihn etwas skeptisch und überlegte für Markus Befinden etwas zu lange bis er dann letzten Endes sagte: „Ok, Sie haben recht, gemeinsames Training motiviert am meisten. Wann kann ich Sie denn das nächste Mal hier treffen?“

Markus hasste sich jetzt schon für seine doch recht dämliche Idee und überlegte, bis er antwortete: „Als erstes möchte ich, dass Du >Markus< zu mir sagst und endlich aufhörst, mich mit >Sie< anzureden. Ich schlage vor, wir treffen uns am Donnerstag halb acht vor dem Studio.“ „Alles klar, Markus, ich bin übrigens Ben“, antwortete sein neuer Trainingspartner und zog von dannen.

Kapitel 3

„Bist du dumm? Kriegst Du gar nichts auf die Reihe, Du Vollidiot?“, Lena schrie Ben an, als dieser von seiner Begegnung mit Markus berichtete: „Ich dachte, so kann ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Ich wollte sowieso mal wieder etwas Sport treiben und allein habe ich keine Motivation. Und außerdem sieht Markus wirklich gut aus“, entgegnet Ben und ignoriert den Wutausbruch von Lena.

„Markus… ich glaube wirklich, Du hast vollkommen den Verstand verloren. Hast Du etwa vergessen, was ich erlebt habe? Und Du sitzt hier vor mir, nennst ihn beim Namen und schwärmst von ihm“, Lenas Wut ist Enttäuschung gewichen. Dass ihr bester Freund, der ihr die gesamte Zeit über immer zur Seite stand, so dermaßen in den Rücken fällt, hätte sie wahrlich nicht für möglich gehalten.

LENA! Jetzt beruhige Dich doch! Natürlich habe ich das nicht vergessen. Mach Dir keine Sorgen. Ich habe einen Plan!“, versucht Ben sie zu besänftigen.

„Ach ja? Du hast also einen Plan. Ist das Dein Ernst? Wenn der rausbekommt, dass Du schwul bist, will er sowieso nichts mehr mit Dir zu tun haben“ Und dann hat sich Dein großartiges Training erledigt. Also lass` es am besten gleich sein und besorge mir einfach ein Foto!!!“, jetzt ist Lena nahezu außer sich vor Wut. Sie kann es nicht verstehen, was Ben da von sich gibt. „Lena, mein Gott! Jetzt atme doch mal tief durch und beruhige Dich. Du wirst Dein Foto schon bekommen. Wir kennen uns schon so viele Jahre, ich habe Dir schon so manchen Wunsch erfüllt und werde es auch diesmal tun. Und ob ich schwul bin oder nicht, spielt doch in der ganzen Geschichte gar keine Rolle! Jetzt lass uns erstmal was essen und das alles beiseiteschieben“, Ben hoffte, dass alles nach Plan verlaufen wird und er bei Lena bald mit dem Bild punkten kann.

Kapitel 4

„Da bist Du ja endlich! Wenn Du Dir nicht bald mal angewöhnst, pünktlich zu sein, trainiere ich wieder allein!“, schimpft Markus, als Ben wieder einmal eine Viertelstunde zu spät zum Training kam. „Entschuldige, mein Lieber, meine Eltern sind kurzfristig bei mir aufgetaucht und ließen sich ewig nicht zum Gehen bringen“, antwortete Ben, der von dem schnellen Fußmarsch sichtlich außer Atem war. „Jaja, Deine Ausreden kannst Du Dir schenken! Und jetzt schwinge endlich Deinen Arsch da rein und quatsch` Dir keinen Zahn locker!“, Markus deutete auf das gelb angestrichene Gebäude hinter ihm.

Nach einer guten Dreiviertelstunde erklärten die beiden Sportler das Training für beendet und gingen zur Gemeinschaftsdusche. Ben ließ sich beim Ausziehen seiner Sachen etwas Zeit. Er genoss es, Markus dabei zu zusehen, wie er sich die verschwitzten Sachen von seinem muskulösen Körper schälte und seinen nackten Körper unter eine der nebeneinander angereihten Duschen schwang. Nun zog auch Ben seine Kleidung aus und trat unter die Dusche, die sich direkt links neben der von Markus befand.

„Danke für das Training mein Guter, ich würde gerne morgen nochmal trainieren vor dem langen Osterwochenende. Kommst Du auch?“, sprach Markus zu Ben, als sie das Studio verließen. „Klar, morgen passt und ich werde pünktlich sein. Versprochen!“ Damit trennten sich die Wege beider Männer.

Kapitel 5

„Hier hast Du Dein Foto!“, tönte Ben und warf das Telefon neben Lena auf das weinrote, etwas in die Jahre gekommene Sofa. „Na endlich! Ich dachte schon, Du hast es vergessen. Seit geschlagenen drei Wochen habe ich auf das Bild gewartet“, Lenas Antwort klang fast schon zu fröhlich.

„Und, wie sieht Dein Plan aus? Was hast Du mit dem Foto vor?“, fragt Ben unsicher und weiß nicht, ob das so eine gute Idee war. „Weißt Du Ben, die Pläne einer Frau sind unergründlich. Du wirst schon früh genug von meinem Plan erfahren. Danke für Deine Hilfe, aber jetzt geh bitte, ich brauche Ruhe“, wimmelte Lena ihren Freund ab.

Nachdem Ben endlich seine Versuche der Befragung eingestellt hatte und ihre Wohnung verließ, fand Lena die Kraft, das Bild anzusehen.

Als sie die Galerie des Handys öffnete, sprang sie sein Gesicht förmlich an. Die blauen Augen, die schwarze Brille und seine braunen Harre. Es hatte sich nichts verändert und sofort schossen ihr wieder alle Erinnerungen in den Kopf. Sie erinnerte sich an jedes Detail, an jede Nachricht, sogar an seinen Geruch.

Nach kurzem Zweifel war sie sich ihres Planes nur noch sicherer und packte das Handy zurück in die Verpackung.

Kapitel 6

„Herr Schulze! Schön, dass Sie uns heute wieder mit Ihrer Anwesenheit beehren!“, begrüßte Herr Schneider Markus voller üblichem Sarkasmus und sprach weiter, „heute habe ich eine Spezialaufgabe für Sie. Wir haben eine Rückgabe erhalten.“ „Und? Seit wann kümmere ich mich denn um sowas? Dafür haben Sie andere Leute. Ich bin nur für den Verkauf der Dinger zuständig!“, antwortete Markus sichtlich genervt. Sein Chef gibt ihm viel zu oft irgendwelche „Spezialaufgaben“. Markus ist sich nicht sicher, was Herr Schneider damit will. „Jedes Mal nervt der mich mit sinnlosem Zeug. So langsam kann er sich einen anderen Idioten für diesen Mist suchen!“, denkt Markus bei sich und die Wut in seinem Inneren steigt weiter an. „Herr Schulze, mir ist es vollkommen egal, ob Ihnen das passt oder nicht. Sie machen, was ich Ihnen sage oder Sie können Ihren Job vergessen. So einfach ist das!“, die Reaktion des Chefs ist eindeutig und von dem Sarkasmus ist keine Spur mehr. Markus wird klar, dass er sich zusammenreißen muss, bis er ein andere Anstellung gefunden hat. Und dann, das steht fest wie das Amen in der Kirche, kann dieser griesgrämige, alte Sack ihn mal gerne haben! Das ist Fakt!

„Ok, Chef, ich habe verstanden. Was soll denn diese tolle Aufgabe sein?“, Markus tut, als wäre er tatsächlich einsichtig. „Sie sollen dieses Handy überprüfen. Es wurde abgegeben, mit der Bitte, die Software zu checken. Und bevor Sie jetzt wieder meckern: Es war der ausdrückliche Wunsch des Kunden, dass explizit SIE das Handy begutachten, da sie es ihm schließlich verkauft haben!“, weist Herr Schneider Markus in die Aufgabe ein, „Ach ja, bevor ich es vergesse: Sie haben nur bis heute Abend dafür Zeit. Der Kunde holt es direkt morgen früh, wenn wir öffnen, wieder ab. Und jetzt machen Sie sich endlich an die Arbeit und hören Sie auf, Löcher in die Luft zu starren!“ Der Chef überlässt Markus das Gerät und verschwindet.

Er nimmt das Telefon in die Hand und beäugt es. Auf den ersten Blick ist die Hardware in sehr gutem Zustand. „Möchte ja auch sein! Das Teil ist gerade einmal einen knappen Monat alt. Wenn ich sehe, wie manche Leute mit ihren Handys umgehen, wird mir einfach nur schlecht“, murmelt er vor sich hin und entsperrt das Telefon.

Kapitel 7

„Hey Lena! Schön, dass wir uns sehen. Ist alles gut bei Dir? Du hast Dich in den letzten Tagen nicht gemeldet“, begrüßt Ben seine beste Freundin in etwas besorgtem Tonfall. Irgendetwas hat sie. Da ist sich Ben sicher. Seitdem er ihr das Telefon samt dem Foto gegeben hat, hat sie sich zurückgezogen. Ben denkt unwillkürlich an Markus und seinen heißen Körper. Jedoch muss er diesen Gedanken dringendst beiseiteschieben, bevor er vor Lena einen Steifen kriegt. „… Naja und jedenfalls habe ich mich deshalb nicht gemeldet“, hört Ben Lena ihre Erzählung beenden, als er wieder Herr seiner Sinne ist. „Achso, ok. Kein Problem“, antwortet Ben und hofft, richtig auf ihre Ausführungen reagiert zu haben. „Ist das Dein Ernst? Ich erzähle Dir, dass ich mich an Markus rächen will und von dir kommt nur >Achso, ok. Kein Problem<? Was stimmt denn bei dir nicht?“, schreit Lena Ben an und ist außer sich vor Wut. „Uppsi, mit Anlauf ins Fettnäpfchen gesprungen“, denkt sich Ben, zuckt in Gedanken mit den Schultern und versucht es zu richten: „Du hast mich ja nicht ausreden lassen. Ich wollte eigentlich sagen, dass es kein Problem ist und ich Dir helfen werden, wenn Du mich brauchst.“ Lena hatte schon immer die dumme Angewohnheit, ihr Gegenüber nicht zu Ende reden zu lassen. Sie fiel ständig den Leuten ins Wort. Nun konnte sich Ben diese Eigenschaft endlich einmal zu Nutze machen und sich so aus der misslichen Lage manövrieren.

Nachdem eine Reaktion von Lena ausblieb, fuhr er fort: „Willst Du mir Deinen konkreten Plan verraten und wir gehen ihn gemeinsam durch?“ Jedoch weiß er nicht, ob er diesen tatsächlich hören will. Er hatte mittlerweile eine Art Freundschaft zu Markus aufgebaut. Auch wenn sie beide nur gemeinsam zum Training gingen, war es nun ein fester Bestandteil seiner Wochengestaltung geworden. Die beiden Männer trainierten zusammen und unterhielten sich über Gott und die Welt. Außerdem stand er irgendwie auf Markus.

Somit gibt es für Ben ausreichend Gründe, an den Racheplänen von Lena nicht mitzuwirken. Andererseits weiß er, was Markus ihr angetan hat. Ben beschließt, sich ihren Plan zunächst anzuhören und dann erst will er sein weiteres Vorgehen durchdenken.

„Ich will ihn leiden sehen! So wie ich gelitten haben! Er soll betteln und flehen! Er soll sich seinen Tod herbei sehnen, damit die Schmerzen ein Ende haben! Kurzum: IHM SOLL ES GENAUSO ERGEHEN WIE MIR! Danach wird er sich nichts sehnlicher wünschen, als mir damals nicht geschrieben zu haben!“, in Lenas wunderschönen blauen Augen ist der blanke Hass deutlich erkennbar als sie spricht.

„Moment mal…“, stammelt Ben, „…heißt das, du willst ihn…?“ „Ja, genau das will ich! Er wird sich wünschen, nie geboren zu sein, wenn ich mit diesem Mistkerl fertig bin!“, das Böse in Lenas Augen ist förmlich sichtbar. So, wie sie jetzt ist, hat Ben sie noch nie erlebt. Lena war immer süß und lieblich, auch wenn ihre Wortwahl manchmal zu wünschen übrig ließ und ihr Verhalten teilweise sehr anstrengend war. Dass Lena aber zu solchen Gedanken überhaupt fähig ist, hätte Ben niemals für möglich gehalten.

Ben weiß, was Markus Lena im Sommer vor drei Jahren angetan hat und auch für ihn ist das unentschuldbar, jedoch ist er mit Markus mittlerweile sowas wie befreundet und befindet sich in der Zwickmühle. Soll er Markus über die potenzielle Gefahr informieren? Soll er Lena bei der Umsetzung ihres Plans helfen? Aber eines steht fest: Er wird sich für eine Seite entscheiden müssen.

Kapitel 8

„Was ist das denn für eine kranke Scheiße?“, schreit Markus und wirft das Handy aus der Hand.

Nachdem er das Telefon entsperrt hatte, ploppte ein Bild auf. Jedoch handelte es sich nicht nur um irgendein Bild. Das Foto zeigte ihn. Es zeigte sein Gesicht vor einer gelben Wand. Er überlegte, wo das Portrait aufgenommen wurde und die viel wichtigere Frage war, wer auf den Auslöser gedrückt hatte.

„Bin ich wirklich so dumm und bemerke nicht, wenn mich jemand fotografiert?“, fragt er sich selbst, „so, wie es aussieht, ist das Foto vor dem Fitness-Studio entstanden. Aber die Smartphones heutzutage verfügen über einen so guten Zoom, dass die fotografierende Person nicht allzu nah hätte vor mir stehen müssen, um so ein Ergebnis zu erzielen.“

Seine Pupillen weiten sich und sein Puls rast. Markus ist eigentlich kein Angsthase, aber ein fremdes Handy mit einem Bild von ihm ist sehr gruselig. Wieso sollte ihn jemand heimlich fotografieren und ihm das Smartphone dann zukommen lassen?

Er versuchte sich krampfhaft daran zu erinnern, an welchem Tag die Aufnahme entstanden sein könnte, um vielleicht Rückschlüsse auf etwas Auffälliges an diesem Tag schließen zu können. Er durchforstete sein Gedächtnis, als das Gerät ein >Plopp< von sich gab und so den Eingang einer Kurzmitteilung signalisierte.

Zunächst unsicher, ob er es tun sollte, entschied sich Markus, das Handy zu entsperren.

„DU WIRST BÜßEN!“ war in großen Lettern auf dem Display zu lesen und Markus erstarrte.

„Herr Schulze, wollen sie das Ding etwa durch Hypnose auf Softwareprobleme untersuchen? Vom Anstarren wird das nichts, das kann ich Ihnen versprechen! Für solch ein Verhalten müsste Ihnen der Lohn gestrichen werden!“, brüllt der Chef Markus aus nächster Nähe an. Markus hatte ihn nicht bemerkt und zuckte sichtlich zusammen, als dieser ihn anschrie. „En… En… Entschuldigung Chef“, stotterte er, legte das Handy vor sich und starrte ihn an. „Was ist denn mit Ihnen passiert? Haben Sie etwa einen Geist gesehen?“, fragte ihn Herr Schneider und prustete so vor Lachen los, dass Markus ein paar Tropfen seines Speichels abbekam. „Nein, Chef, natürlich nicht. Bitte entschuldigen Sie, Chef. Ich mache kurz Pause“, stammelte Markus kaum hörbar in Richtung des Ladeninhabers, wandte sich um und ging zum Aufenthaltsraum.

Kapitel 9

HILFE! Wo bin ich? Ist hier jemand? Kann mich irgendwer hören?“, Markus schreit mit Leibeskräften, als er wieder zu sich kommt. Das letzte, woran er sich erinnern kann, ist der Weg zum Aufenthaltsraum. Jetzt sitzt er auf einem Stuhl, die Arme links und rechts auf den Lehnen befestigt und die Beine an den Stuhlbeinen. Er ist nackt. Hinzukommt noch die Dunkelheit. Seine Augen sind verbunden und er erkennt nicht einmal einen Schimmer von Licht.

„Jetzt hör` auf, so zu schreien, wie ein Jammerlappen! Keine Sorge, Du bist in den allerbesten Händen!“, tönt eine weibliche Stimme ganz in seiner Nähe, aus welcher Richtung sie aber genau kommt, kann er nicht lokalisieren. „Nach unserem Treffen vor drei Jahren, habe ich Rache geschworen! Und nun wirst Du für deine Tat büßen, Du elender Mistkerl!“, die Stimme ist sehr zornig. Markus glaubt jetzt, sie einer Person zuordnen zu können. „Miss Lonely? Bist Du das?“, fragt er etwas verdutzt und hatte die Geschichte bereits vollkommen vergessen. „Ach schau an, können wir uns erinnern? Ja, genau die bin ich! Weißt du noch, was damals im Sommer geschehen ist?“, lautet die Antwort an Markus, welcher lediglich sagt „ach komm, Du wolltest es doch! Beim Schreiben freizügig und offenherzig und beim Treffen auf einmal prüde? Das nimmt Dir niemand ab, >Miss Lonely<!“, höhnt Markus und ist sich keiner Schuld bewusst. „AAAAAAAHHHH!!!“, schreit er, als ihn plötzlich ein Stromschlag durchfährt und er die Elektroden auf seinen Armen und Beinen bemerkt.

„Du verdammter Hurensohn! Punkt eins: Ich heiße Lena! Und zweitens: Ich wollte gar nichts, Du Dreckskerl! Als ich Dich auf der Dating-Seite entdeckt habe und wir anfingen zu schreiben, habe ich mich Halsüberkopf in Dich verliebt. Natürlich habe ich auch anzügliche Dinge geschrieben, aber nur aus Spaß. Als wir uns dann endlich getroffen haben, war ich so verdammt aufgeregt. Ich fand es so nett, dass du mich abholen wolltest. Ich habe mich chic gemacht für dich und mein Lieblingskleid angezogen“, Lena ruft das damalige Ereignis in das Gedächtnis der beiden. „Siehst Du, Du kleine Schlampe, Du wolltest es! Sonst hättest Du nicht dieses scharfe Kleid angezogen!“, als er seinen Satz beendet hatte, durchfuhr Markus erneut ein Stromstoß, der ihn aufschreien ließ.

„Du verdammtes Arschloch! Das einzige, was ich wollte, war Dir zu gefallen, weil ich dachte, dass auch Du Dich verliebt hast! Aber das war anscheinend nicht der Fall.

Als ich in Dein Auto gestiegen bin und Du meintest, dass wir spazieren gehen, habe ich mich noch gefreut. Als wir dann aber im Wald waren und Du über mich hergefallen bist wie ein Tier…“, Lenas Stimme wird zittrig und sie ist den Tränen nahe, „… diese Bilder werde ich nie vergessen! Und das wirst Du nun büßen!“ Lena ist so voller Wut, dass sie zu zittern beginnt. „Ben, bring mir die Instrumente!“ „Momentmal! Ben? Der Ben, mit dem ich trainiere?!“, fragt Markus fassungslos. „Ja, natürlich, >der Ben<, Du Vollidiot! Was denkst denn Du, wie ich sonst an das Foto kommen sollte oder geschweige denn, wie ich Dich hier her kriegen sollte?!“, höhnt Lena mit einem Hauch von Wahnsinn in ihrer Stimme, „Und jetzt hör auf zu labern, Du wirst jetzt Buße tun!“ So wie sie den Satz beendete, durchfuhr Markus ein weiteres Mal der Strom. Dieses Mal war der Stoß aber so heftig, dass er am ganzen Leib erzitterte und sich einnässte. „Haha, Du Waschlappen hast Dir eingepisst!“, ihr Lachen ist schrill und laut.

„Lena, bitte! Bitte hör auf! Es tut mir leid, was damals passiert ist! Ich war einfach nur geil und wollte Sex! Ich wollte Dich nicht verletzen!“, versucht Markus sie zu besänftigen. „Pah! Dein Geheule kannst Du Dir schenken! Für Sex hättest Du auch zu einer Nutte gehen können! Wegen Dir wurde ich depressiv und drogenabhängig. Du hast mein Leben zerstört, ich war erst 21 Jahre alt!“, Lenas Stimme ist kalt und die Wut deutlich darin hörbar, „Wenn Du denkst, dass Du so einfach davon kommst, hast Du Dich geirrt! Das war erst der Anfang! Ben, mach ihn vom Stuhl ab und bring ihn zum Tisch!“

Markus findet sich mit dem Oberkörper auf dem Tisch wieder, seine Beine sind an denen des Möbelstücks befestigt und seine Arme unter der Tischplatte. Als es knallt, schreit er auf. „Ich will, dass Du jeden Schlag mitzählst!“, fordert Lena ihn auf und holt mit der Peitsche aus. „Eins…, Zwei…, Drei…“, zählt Markus die harten Schläge laut und hofft, dass das alles bald ein Ende hat.

Zehn Hiebe später verliert er das Bewusstsein.

Als er zu sich kommt, befindet er sich in seiner Wohnung auf dem Sofa. Es ist Nacht. Ihm schmerzt jedes Körperteil so stark, dass ihm unwillkürlich die Tränen kommen. „Sie hat mich gebrochen… Sie hat mich misshandelt und vergewaltigt… Ich werde nie wieder mit einer Frau schlafen können… Nie wieder…“, denkt Markus und sinkt in den Schlaf.

– ENDE –

One thought on “DU WIRST BÜßEN

  1. Liebe Carolin,
    ich finde deine Geschichte wirklich toll – was sie von vielen anderen abhebt, ist auch die Einteilung in Kapitel. Diese trägt wunderbar zum Lesefluss bei und bringt nochmal Spannung in das Geschehen!
    Ich wünsche dir noch einen schönen Tag und weiterhin viel Freude am Schreiben!
    Liebe Grüße,
    Lisa :))

    P.S.: Ich würde mich sehr freuen, wenn du dir meine Geschichte “Stell dir vor” durchlesen und eventuell ein Like und einen Kommentar hinterlassen würdest!

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