martenIDENTITÄT – Stille

IDENTITÄT – Stille

Marten S.

JETZT

Ich stehe am Ellenbogen. Die Elemente Wind und Wetter pfeifen mir um die Ohren, Möwen kreischen, ich bin allein. Mutterseelen allein. Die eiskalte Nordseeluft prickelt in meinem Gesicht, ich ziehe den Kragen meiner dunkelgrünen Jacke höher. Ich genieße die Weite, das Farbenspiel des Himmels und schaue in Richtung Dänemark, kann die Landesgrenze geradeso erahnen. Bei gutem Wetter ist die Sicht sehr viel besser und man kann die Windräder genau erkennen. Heute kann ich meine Augen aber kaum aufhalten, der Sylter Ostwind ist erbarmungslos.

Er trägt meine Schuld davon, zumindest so lange ich hier stehe. Er tut mir gut. Zu dieser Zeit, im November, sind keine Touristen auf der Insel. Eine Wohltat, eine beruhigende Leere. Zeit zum Nachdenken. Das dritte Jahr wohnen wir nun schon hier, Jens und ich. Der kleine Ort List ist ideal für uns beide, ruhig, romantisch, nahe dem Sandstrand, den ich so sehr liebe. Ich arbeite hier als Pflegerin und fahre täglich meine Touren, um die alten und kranken Insulaner zu versorgen. Heute habe ich endlich frei und versuche abzuschalten. Die alten Sorgen loszulassen, es funktioniert nicht immer. Auch nicht mit Aussicht auf das tobende, gewaltige Meer und die dunklen Wolkengespenster, die sich wie Kunstobjekte verformen.

Ich gehe langsam zurück zum Parkplatz, bin mit meinem alten, eisblauen, Audi A3 her gedüst. Der Weg von der Ortsmitte bis zum Weststrand wäre zu lange, um ihn zu Fuß zu begehen. Mit meiner Audine, wie ich sie liebevoll nenne, brauche ich nur wenige Minuten bis zum äußersten Ende der Insel Sylt. Einfach herrlich. Ich stehe auf der Düne, schaue noch einmal auf das nun tiefschwarze Meer zurück. Ich komme bald wieder her, denke ich. Die Einsamkeit des Weststrands spendet mir Trost.

Dann werfe ich die dicke Kapuze über den Kopf, der Wind schlägt mir eiskalt ins Gesicht, reißt an meinen Kleidern, zerzaust mein braunes Haar. Ich torkle die Düne hinunter, mit Tunnelblick in Richtung meines Wagens. Den Schlüssel im Anschlag. Schnell ins Warme, die Kälte kriecht mir langsam ins Innere. Ich laufe auf die Autotür zu, außer mir ist niemand zu sehen, warum auch. Bei diesem Wetter traut sich selten jemand an den Ellenbogen. Das ist nur was für Liebhaber, die Gezeiten haben es hier in sich. Plötzlich komme ich ins Stocken, da liegt etwas. Kurz vor meinem Auto. Habe ich mein Portemonnaie fallen lassen?

Oje, denke ich, hoffentlich ist noch alles da. Nein, es scheint mein Handy zu sein. Glück gehabt, ich dachte ich hätte es in meinen Anorak gesteckt. Eigentlich trage ich es immer in der Brusttasche, damit ich es griffbereit bei mir habe, wenn ich rufbereit für meine Patienten da sein muss. Ich fühle automatisch den Bereich meines Herzens ab und da ist es, mein Telefon ist bei mir, wie immer.

Ich bücke mich vor dem Auto nieder, um das dort liegende Smartphone aufzuheben. Es sieht dem meinem sehr ähnlich, auch ein Samsung, aber ein größeres Modell. Sicherheitshalber drehe ich mich nochmal um die eigene Achse und versichere mich, dass nicht doch noch jemand hier ist. Aber der Parkplatz ist leer. Keine Menschenseele, außer mir selbst.

Was nun? Der Wind peitscht, daher öffne ich den Wagen und steige ein. Wie immer mit erstem Blick auf die Rückbank. Irgendwie habe ich eine Panik, dass mich jemand von hintenüberfällt. Irrational, ich weiß, kann aber nichts daran ändern. Die Rückbank ist – natürlich – leer. Alles ist gut. Aber wem gehört dieses Telefon und was mache ich jetzt damit. Ich werde es wohl zum Rathaus bringen müssen.

Morgen muss ich sowieso nach Westerland, denke ich. Ich soll bei H.P. Jensen ein Poloshirt von Esprit umtauschen, welches ich kürzlich erst für Jens gekauft habe. Es ist zu weit an der Hüfte, nicht Slim fit, oder wie auch immer er es nennt. Egal, das Telefon nehme ich morgen mit und gebe es im Fundbüro ab. Dennoch frage ich mich, wie ich dieses Smartphone habe übersehen können. Vor etwa einer Stunde bin ich hier angekommen, um kurz vor 17 Uhr. Da lag definitiv nichts am Boden. Das hätte ich sehen müssen, ich bin doch nicht blind. Sonst war hier keiner, derjenige wäre den gleichen Weg zum Meer gegangen wie ich. Dies ist schließlich der letzte Aufgang zum Strand.

Während ich mir noch meine Gedanken mache werfe ich das unerwünschte Fundstück auf den Beifahrersitz und starte den Motor. Ich habe Jens Lasagne zum Abendessen versprochen und es ist schon 10 nach 6. Er wird spätestens um 7 nach Hause kommen und ich muss noch bei Schlachter Jessen halten und Zutaten kaufen. Ich fahre die menschenleere Straße in Richtung Dorf entlang. Nur einige Schafe sind um diese Zeit noch unterwegs. Eine Schafsmutti mit ihren zwei süßen Lämmern trottelt gemütlich den Weg entlang, ich fahre langsamer, um sie nicht zu erschrecken. Wenigstens müssen die nicht frieren, geschützt von einem Berg an Wolle. Kurze Zeit später bin ich auch schon im Laden und habe mein Hackfleisch im Korb, bezahle und eile nachhause. Es wird höchste Zeit zu kochen.

In Rekordzeit habe ich die Sauce zubereitet, die Lasagne säuberlich geschichtet, mit Gouda bestreut und in den Ofen gepackt. In 30 Minuten sollte alles fertig sein. Es ist nun fast 7 und Jens wird gleich ankommen. Ich setze mich in meinen Ohrensessel und schalte den Fernseher ein. Kurz die Füße hochlegen, bevor mein herzallerliebster Ehemann die Türe hereinschneit und die Stille versiegt. Da fällt mir das fremde Smartphone ein. Ich hole es eben aus der Küche, die Neugierde siegt. Vielleicht finde ich einen Hinweis auf den Besitzer.

Zurück im Sessel bewege ich meinen Finger über das Display und wundere mich, dass keine Zugangs-PIN erforderlich ist. Ich bin direkt auf dem Startbildschirm gelandet. Ok, denke ich. Mal sehen was es hier zu entdecken gibt. Ich wische nach links und lande auf den Apps. Nichts Besonderes zu sehen, alles vorinstallierter Google Kram. Kein Instagram, nicht mal WhatsApp. Seltsam.

Vielleicht gehört es einer älteren Person, jemandem, der keine Sozialen Medien benötigt, um durch den Alltag zu kommen. Aber ich selbst nutze ja auch kein Facebook mehr, kein Instagram und all das Zeug. Ich folge niemandem und möchte vor allem nicht selbst verfolgt werden. Ich will unerkannt bleiben. In Ruhe leben.

Ich tippe auf die Galerie. Und erstarre.

Das erste Bild, das ich sehe, zeigt eine Frau mit blonden, schulterlangen Haaren, schlanker Statur. Sie sitzt auf einem blau gestreiften Sessel und hält ein Kleinkind, etwa 2 Jahre auf den Armen. Ihre hellgrünen Augen blicken direkt in die Linse. Ich sehe mich selbst und kann es kaum fassen. Wie kann das sein? Das ist unmöglich.

DAMALS

Das Kind, es heißt Leon. Ich erinnere mich sehr gut an die Zeit, in der dieser Schnappschuss entstand. Es war mein erster Tag in der Gartenstraße 1 in Hirschhorn, einem kleinen Ort nahe Heidelberg. Ich bin in der Gegend geboren und aufgewachsen, habe dort mein ganzes Leben verbracht und gearbeitet. Leon war für mich ein Job wie alle anderen, Intensivpflege zuhause, ich kümmerte mich um kranke Menschen, die eine 24 Stunden Betreuung in den eigenen vier Wänden benötigten – und bezahlen konnten.

Über eine Annonce meldete ich mich bei Leons Eltern. Sie suchten eine ausgebildete Pflegefachkraft, die in der Nacht auf deren pflegebedürftiges Kind aufpasste. Ich absolvierte gerade ein Fernstudium in Pflegemanagement und suchte dringend einen kompatiblen Job, der mir genügend Zeit zum Lernen verschaffte. Geld musste ich trotzdem verdienen. Allein die Studiengebühren lagen bei 250 Euro im Monat, dazu kamen Miete und weitere Fixkosten. Zwar teilte ich mir die Wohnung mit Sandra, meiner gleichaltrigen Mitbewohnerin, dennoch brauchte ich dringend Geld zum Überleben.

Ich war erst im 4. Semester angekommen. Ich wollte unbedingt einen guten Job bei einer Krankenkasse, feste Arbeitszeiten, keine aktive Pflege mehr. Keinen Twist mehr mit nervigen Angehörigen, der schlimmste Teil der Arbeit. Keine Schichten mehr. Von 8 bis 16 Uhr, fertig. Raus aus dem harten Pflegealltag. Kranke, schlaffe, kraftlose Menschen umherheben, auf den Toilettenstuhl hieven, Windeln wechseln – sorry, es heißt ja – geschlossene Systeme wechseln – sind ja schließlich keine Babys mehr die Kranken und Alten – scheiße ist aber scheiße, so viel ist sicher.

Leon, der hatte jedenfalls Windeln, die gewechselt werden mussten, etwa 2-mal pro Nacht. Er war kein lebendiges Kind in dem Sinne, er war schlapp, hatte keine Muskelspannung, war tonlos, still. Außer die Sauerstoffsättigung sank unter 70, 66, 63, 61. Dann wurde es laut in der Nacht. Die Geräte zur Überwachung der Vitalzeichen drehten durch. Das Kind drohte abzudriften, auf die dunkle Seite. Dann wurde es heikel. Ich hatte eher Erfahrung mit älteren pflegebedürftigen Menschen, er war erst mein zweites Kind in 1:1 Pflege. In einer solch brenzligen Situation entfernte ich das Bettgitter, nahm dem Kind alle Kabel ab und hob es auf den Arm. Mit 2 Jahren war er nicht mehr so klein, kein Baby. Er war schon länger, schwerer und musste aufgrund der Körperschlaffheit festgehalten werden. Ich setzte mich dann auf den besagten blau-gestreiften Sessel und legte ihn bäuchlings über meine Beine. Dann bekam er besser Luft, mit der Zeit. Es konnte einige schmerzhaft lange Minuten dauern, bis er sich fing. Aber es ging immer irgendwie gut. Das Risiko ohne Geräte die Herzfrequenz und anderes außer Acht zu lassen musste ich eingehen. Wenn es schief ging – ging es eh schief, da kannst du nichts machen. Sobald er sich erholte drehte ich ihn und nahm ihn in den Arm. Schaukelte ihn, legte ihn wieder zu Bett.

Wie ein Kleinkind so still werden kann? Das geht schnell, einen Moment nicht aufgepasst und dein Augenstern ist am Arsch, verschluckt sich, die Aufpass-Oma bekommt es eine wertvolle Minute zu spät mit, ist am Telefon abgelenkt, das Kleine bekommt keine Luft mehr. Dem Hirn geht der Sauerstoff aus. Die Oma kann vor Angst keine erste – korrekte – Hilfe leisten und der Notarzt braucht auch einige wertvolle Minuten zu lange bis er vor Ort ist und übernehmen kann. Resultat: Kind kann sich weder verbal noch nonverbal äußern, braucht Sondenkost, wird beatmet, muss tracheal abgesaugt werden, die Eltern bilden sich notgedrungen ein, dass ein Wunder geschieht. Dieses kommt aber nie. Story zu Ende. Es bleibt nur das Kind nach Hause zu holen, es zu hegen und zu pflegen, bis zum bitteren Ende, in 24 Stunden Betreuung. Mein Part.

Ich höre mich vielleicht zynisch an, es ist nicht so, dass ich den kleinen Patienten nicht mochte. Ich bin nur nicht so emphatisch und auch keine typische Kinder-hab-ich-lieb-Frau. Mit 23 Jahren ist Nachwuchs überhaupt kein Thema und mir fehlt der Bezug zu diesen kleinen Menschen. Ich kenne sie vornehmlich im kranken Zustand. Jedenfalls übernahm ich regelmäßig die Nachtschichten und konnte ich trüben Licht der Tischlampe, neben dem Pflegebett, meine Studienhefte durcharbeiten. Spätestens bei Soziologie drohte der Sekundenschlaf, weshalb ich dieses Fach nicht mehr in die Nachtarbeit mitnahm. Ich schlug mich mit dem anderen Kram herum und wühlte mich durch Qualitätsmanagement und die ISO 9000er Familie. Der Job war total in Ordnung. Ich fing abends um 21 Uhr an und blieb bis morgens um 6 Uhr. Dann übernahmen die Frühschicht oder der Papa von Leon, sein Name war Jens.

JETZT

Hi Schatz, ich bin da, rief es aus Richtung der Haustür. Ich ließ vor Schreck das fremde Telefon, mit meinem Bild darin, auf meinen Schoß fallen. Schnell nahm ich es und steckte es in die Sesselritze. Ich drapierte ein Kissen darauf und atmete tief durch. Sehr tief. Ich war zutiefst verwirrt. Warum zur Hölle war da dieses Ding mit meinem Bild darauf. Ich erinnerte mich an den Tag der Aufnahme zurück. Leons Oma wollte unbedingt ein Foto machen, weil er sich so vertrauensvoll an mich schmiegte.

Ich hatte keine Zeit mehr darüber nachzudenken. Aus der Küche roch es stark nach Lasagne, die war überfällig. Ich rannte an Jens vorbei und schaltete den Backofen aus, riss die Tür auf. Gerade noch rechtzeitig, der Käse war etwas kross geraten, schätze ich. Jens stand in der Küche. Hi Schöne, was ist das für eine Begrüßung? Halloooo – Sorry Schatz, sagte ich leicht verwirrt und schwitzend. Alles gut, ich dachte das Essen sei verbrannt. Habe es doch glatt vergessen, ich lächelte verlegen. Gott sei Dank bemerkte er meine Unsicherheit nicht weiter, zumindest sagte er nichts. Das riecht echt gut ich habe einen Bärenhunger, mein Magen knurrt schon den ganzen Heimweg. Du glaubst nicht wer mich die letzten drei Stunden genervt hat. Wer denn, fragte ich, versuchend die Fassung zu behalten. Der alte Fisch Papst Hansen kam höchst persönlich und meinte, den Plan für den Umbau seines Restaurants in der Stadt komplett umzukrempeln. Ich sage Rot, er sagt Weiß. 10 Minuten später dreht er alles um. So ging das über Stunden, ich kann nicht mehr, der macht mich alle.

Du armer, sage ich, gedanklich nicht ganz bei der Sache. Mit behandschuhten Händen nahm ich die heiße, zischende Form aus dem Ofen und positionierte sie auf den Esstisch, der gleich neben mir stand. Seit Jens sich auf Einbauküchen spezialisierte ist er sehr gut im Geschäft, verdient viel Geld, indem er den Insulanern hochwertige und edle Küchen nach Maß plant und einbaut. Es scheint ihn zu erfüllen, als studierter Ingenieur hatte er im Norden nichts finden können. Durch die vielen Aufträge ist er leider oft verhindert und kann nicht einmal an den Wochenenden loslassen. Daher bin ich oft allein am Strand und spaziere von Westerland nach Wenningstedt, bis nach Kampen und wenn es mir richtig mies geht, fahre ich an den Ellenbogen, vornehmlich bei schlechtem Wetter. Dann reißen sich die Strömungen um sich selbst und ich stelle mir vor, wie ich in einem Strudel darin versinke und sich all meine Probleme im Meer auflösen.

Wir sitzen beide am Tisch. Mein Mann erzählt mir von zeitraubenden, schwerreichen Kunden, die es ihm öfter mich leicht machen. An den richtigen Stellen sage ich „hmmmm“ und „ja“ und navigiere mich irgendwie durch das Abendessen. Er verschlingt fast die ganze Lasagne, ich dagegen, esse nur ein kleines Stück und kann kaum schlucken. Jens geht duschen. Ich nutze die Zeit, um das Horror-Handy aus dem Sessel zu fummeln und bringe es nach oben. Ich lege es erst einmal in meine Nachttisch Schublade, gehe wieder ins Erdgeschoß und räume die Küche auf, als hätte ich keine anderen Probleme. Ein zentnerschwerer Stein liegt auf meiner Brust, ich kann kaum atmen.

DAMALS

Ich bin nun schon einige Monate bei Leon und seiner Familie, erledige meine Nachtdienste. Heute komme ich erst Punkt 21 Uhr hereingeschneit, fast zu spät. Ich hasse es mich zu verspäten, aber Sandra hat mich wieder zugequatscht und ich bekam die Kurve nicht. Wenn sie mir noch eine weitere Story über ihre Online-Dating-Kerle aufzwingt schreie ich. Es ist so anstrengend. Nein Süße, ER ist ein Arsch, DU bist völlig ok, mach dir keine Gedanken, vergiss ihn, konzentriere dich auf den nächsten. Fast mantraartig gehen die Worte über meine Lippen, ätzende Dauerschleife. Sandra ist, entgegen ihrer eigenen Einschätzung, nicht gerade erste Sahne. Ok. Geflockt hat sie auch noch nicht. Sie ist im gleichen Alter, das vergisst sie aber und zieht immer wieder diese trutschigen Blümchenblusen von Esprit an, sie bevorzugt Erdtöne. Die braun gerahmte Brille macht es nicht besser.

Aber hetzen will ich nicht. Sie ist allerdings selbst äußerst kritisch potenziellen Bewerbern gegenüber. Alle sind sie zu dick, zu hässlich, zu klein und einfach nicht ihre Kragenweite. Muss ich mir das antun, sagt sie mit weinerlicher Stimme und zeigt mir das neuste Bild. Ich will einen sportlichen Typen, nur, dass sie selbst überhaupt keinen Sport mag. Ich versuche dann nicht auszuflippen, indem ich ihr ihre Vorurteile um die Ohren haue. Egal, ich kenne sie nun zwei Jahre und wir harmonieren WG-technisch ganz gut. Jedenfalls habe ich es gerade noch rechtzeitig geschafft und lege im Hauswirtschaftsraum meine Sachen ab.

Die Seitentür des Neubaus ist immer offen. Eine schicke Adresse mit Fernblick auf den Neckar. Nobel, großzügig, mit Sauna und Pool im überdachten Außenbereich. Wer kann der kann, denke ich jedes Mal, wenn ich mit meinem in die Jahre gekommenen Auto vorfahre. Ich parke dann direkt neben einem neuwertigen Mercedes, dem Fahrzeug der Kindesmutter, Larissa.

Gerade habe ich abgelegt, schon steht SIE in der Türe. Hektisch auf die Uhr zeigend. Sie trägt ihren dunkelbraunen Bob modern, im Sleek-Look. Da ist sie immer „up to date“, habe ich bereits festgestellt. Ihr smaragdgrünes Kleid ist bodengleich und umschmeichelt ihre Hüften, die goldenen Creolen glänzen. Überhaupt ist sie eine sehr dünne, große Person. Mit schätzungsweise 40 Jahren noch gut in Schuss, russische Wurzeln. Mit Geld hatte sie sicherlich noch nie Probleme, außer, dass sie vielleicht zu viel davon hat. Kommt wohl aus gutem Hause. Eine Bekannte sagte sie sei Innenarchitektin, aber eher als Hobby. Meist ist sie unterwegs und ansonsten gibt sie kurze Kommandos, streicht Leon über sein braunes Haar und verschwindet auf irgendeine Ebene dieses riesigen Anwesens.

Ihre rehbraunen Augen funkeln mich wütend an. Wo bleibst du Kleine, „sokrovishche“ muss noch bettfertig gemacht werden und braucht heute seine extra Dosis gegen Krampfanfälle. Außerdem wäre ein Zäpfchen gut, ich glaube er hat Schmerzen. Ich konnte das nicht mehr schaffen, schau wie ich aussehe. Ich muss los, sagt sie. Wirft sich einen ekelhaft echt wirkenden Ledermantel mit Fellkragen um, schnappt eine in Gold glitzernde Clutch und ist auch schon weg.

Ich bin nun fast vier Monate hier, ob sie irgendwann von „Kleine“ auf meinen echten Namen Alissa umsteigt bleibt wohl abzuwarten. Mir soll es egal sein. Ich mache meinen Job, muss lernen, lernen, lernen und nebenbei noch auf das Kind aufpassen. Schmerzen, als ob sie lange genug hinschauen würde, um Anzeichen für Schmerzen zu erkennen. Ich werde sehen, denke ich und gehe durch den Hauswirtschaftsraum in Richtung Treppe, um nach oben zu gelangen.

Am Kinderzimmer steht ER und schaut mich wartend an. Hallo Alissa, wie geht es dir? Meine Frau ist gerade erst weg, sie geht mit Freundinnen ins Theaterhaus nach Mannheim, oder so. Hi, sage ich lächelnd, ich habe sie noch getroffen, alles gut. Ich schlängle mich an Larissas Mann vorbei ins Zimmer und gehe schnurstracks auf Leons Bett zu. Er liegt ruhig in Rückenlage. Es scheint alles in Ordnung. ER schaut mir zu wie ich Zugänge und Kabel überprüfe, das Lagerungsprotokoll inspiziere. Er steht da merklich lange, ich spüre seinen Blick auf meinem Rücken, oder wo immer dieser ruhen mag. Nun bereue ich fast, meine enganliegenden neuen Jeans angezogen zu haben. Hey, sage ich und drehe mich um. Ich mache Leon bettfertig, ziehe ihn um und gebe ihm seine Tropfen. Keine Sorge. Du kannst ruhig Pause machen, ich bin ja jetzt hier. Alles klar, sagt er und lächelt mich schief an. Ich bin im Arbeitszimmer, falls du was brauchst. Ich bin sicher noch lange wach. Du weißt ja, ich schlafe sowieso schlecht. Er geht.

Ich kümmere mich um das Kind, verübe mechanisch die notwendigen Schritte, bevor ich Leon in rechter Seitenlage bette und nochmal die Kabel überprüfe. Alles im Lot. Ich sehe mich um, setze mich auf den Ohrensessel und nehme meinen Rucksack zur Hand. Meine Studienhefte 5 und 6 der Reihe Qualitätsmanagement lege ich auf den weißen Beistelltisch. Meine Brotbox, eine Kanne mit Pfefferminztee und mein Notizheft daneben.

Mist, denke ich. Ich muss Leon noch sein neues Entkrampfungsmedikament geben. Ich stöhne auf und verurteile mich wegen meiner Vergesslichkeit. Mein Studium lässt mir bald keine Möglichkeit mehr, mich auf andere wichtige Dinge zu konzentrieren. Ich bin momentan besonders nachlässig. Ich gehe an den Medizinschrank in Leons Kinderzimmer, öffne diesen und hole das Tablett mit Tropfen und Tabletten hervor. Alles Bedarfsmedikation. Ziemlich chaotisch, denke ich noch, eigentlich liegen die Pipetten, Kanülen und Tropfbecher nicht so durcheinander. Egal, wer weiß wer heute Nachmittag Dienst hatte. Erst kürzlich wurden zwei neue Pflegekräfte eingestellt, erzählte mir eine frühere Kollegin, die ich im Einkaufsmarkt traf.

Ich suche die Flasche und werde fündig. Nehme die Pipette, ziehe acht Tropfen auf und lege sie mir auf ein steriles Tablett. Gehe zu Leon, bringe ihn nochmal in Position und träufle ihm die Flüssigkeit auf das Zahnfleisch. Er regt sich nicht weiter.

JETZT

Jens ist fertig mit duschen und liegt auf der Couch, schon eingeschlafen. Kommt mir gerade recht, ich gehe leise nach oben. Nehme das fremde Telefon zur Hand und versuche irgendetwas zu dessen Herkunft herauszufinden. Das Modell scheint neuer zu sein, leider keine gespeicherten Kurznachrichten, kein Postausgang. Nichts was mir weiterhilft. Ich bewege mich wieder in die Galerie und mir bricht der Schweiß aus. Da bin ich noch immer, mein Bild. Ich hatte keinen Tagtraum. Das gibt es doch nicht. Sonst nichts. Einfach nichts auf diesem scheiß Mobiltelefon. Ein fast leeres Smartphone. Tränen rinnen über mein Gesicht, ich lege mich um, schließe die Augen, ich bin so verdammt müde.

DAMALS

Leon ist heute sehr still, die Vitalzeichen eher im unteren Bereich, aber alles im Lot. Die letzten Tage hatte ich frei und habe wenige Informationen wie es ihm erging. Ich nehme seine Patientenakte zur Hand und überfliege die Berichte. Nicht, dass ich etwas versäumt habe. Scheinbar war er in letzter Zeit oft müde, hat besonders wenig reagiert, oft die Augen geschlossen. Bei seinem Krankheitsbild ist das nicht unnormal, er hat schlimme Schäden erlitten. Durch diesen einzigen, dummen Vorfall. Er bekommt einige Medikamente, da wäre ich auch müde. Ich lege die Akte weg und nehme mir mein Studienheft zur Hand, als die Tür aufgeht. Kommst du rüber, fragt er mich. Ich stehe auf, gehe ihm hinterher. Er vertrödelt keine Zeit und nimmt mich noch auf dem Flur.

HEUTE

Ich wache auf. Die ersten Sekunden sind eine Wohltat, das Leben ist noch so fern, nichts ist real, ich schwebe auf der Wolke des Vergessens und genieße das Gefühl. Dann die Realität, ich hebe den Kopf, das Bett ist leer. Ein Blick auf die Uhr und es fällt mir wieder ein. Heute ist Donnerstag, ich habe frei, Jens ist schon weg. Natürlich, es ist schließlich schon 10 Uhr durch. Das Handy. Ich öffne vorsichtig die Schublade meines Nachttisches und stutze. Hebe meinen Notizblock hoch, räume Stifte, Taschentücher und Tabletten Blister zur Seite. Da ist nichts. Kein Telefon.

DAMALS

Ich kann nicht mehr, sage ich zu Jens gewandt. Wie – du kannst nicht mehr, lächelt er schelmisch. Ich könnte noch. Du spinnst doch, sage ich und muss widerwillig lachen. Wir liegen im Gästezimmer, nahe dem Kinderzimmer, verschwitzt vom innigen Liebesspiel. Seit Monaten geht das schon so, mit uns. Ich komme, er nimmt mich, wir kommen gemeinsam. Das er schon auf die 50 zugeht ist mir bisher egal gewesen, auch das er verheiratet ist, dass er Vater eines schwerkranken Kindes ist war mir nicht egal. Ich komme mir schäbig vor, aber er sagt ich tue ihm so gut. Mit Larissa, Leons Mutter, wäre es nur noch eine Ehe auf Papier. Die Krankheit von Leon habe sie auseinandergerissen. Ich glaube ihm. Warum sollte er mich anlügen, sie ist auch nicht wirklich nett zu mir. Ich kann ihn verstehen, da hätte ich auch keine Lust, an seiner Stelle.

Ich will aufstehen, nach dem Kind sehen. Wir waren sicherlich schon über eine Stunde beschäftigt. Er hält mich zurück, zieht mich zu sich. Küsst mich stürmisch, dann zärtlich. Ich mag es, wie er mich anfasst, als wüsste er genau wie er es machen muss. Als hätte er es gelernt oder so. Kein Vergleich zu meinem Exfreund. Überhaupt kein Vergleich. Wir driften wieder ab, ich lasse mich mitziehen. Er weiß was er tun muss und er tut mir so unglaublich gut. Er schafft es, dass ich mich entspanne. Danach lehne ich an seiner Brust und bin weg.

Ich wache erschrocken auf. Jens schläft an meiner Seite. Die Uhr zeigt, oh mein Gott, 4 Uhr morgens? Oder wie. Ich springe auf und falle fast über Jens. Er schreckt ebenfalls hoch. Was ist, scheiße, wir sind eingeschlafen. Ich ziehe mich schnell an, er tut es mir gleich. Ich schaue aus der Tür, niemand da, ich bewege mich leise auf Leons Zimmertür zu, die noch geöffnet ist. Irgendwas fehlt. Irgendwas stimmt hier nicht, ich bin total verwirrt. Gehe in Richtung Bett, sehe ihn ruhig daliegen. Stocke. Keine Lichter am Bett. Meine Leselampe ist noch an. Aber die Geräte sind aus.

Das Kind ist jetzt totenstill.

HEUTE

Verrückt. Ich werde verrückt. Es war doch nur ein Traum. Soll ich durchdrehen oder aufatmen? Habe ich gestern meine Schlaftabletten genommen? Ich suche den Blister. Zopiclon 7,5 mg. Der Blister ist angebrochen, ich kann nicht zuordnen, ob ich gestern eine genommen habe oder nicht. Scheiße. Einfach nur scheiße. Ich schließe die Schublade, stehe auf, stelle fest, dass ich mich gestern nicht einmal umgezogen habe. Gehe ins Bad, schäle mich aus den verschwitzten Kleidern, stelle mich unter die heiße Dusche. Den Strahl auf extra hart. Meine Tränen fallen darunter nicht auf.

DAMALS

Ich schreie, aber ich höre nichts. Ich sehe mich selbst, wie ich das Bettseitenteil wegnehme, das Kind anfasse und direkt weggezogen werde. Raus aus dem Raum. Er sagt ich solle sitzen bleiben. Ich bin unfähig mich zu bewegen. Er sagt ich solle ruhig bleiben, er habe den Notarzt verständigt. Er sagt ich solle nichts sagen, er werde es regeln. Als ich das nächste Mal aufschaue, steht ein Sanitäter vor mir und fragt ob es mir gut gehe. Ich sage wahrheitsgemäß NEIN. Er sagt ich sei im Schock, misst Blutdruck und Puls. Fragt was passiert sei. Ich sagte nichts. Dann sagte ich doch: Auf einmal war er ruhig.

HEUTE

Nach dem Duschen trinke ich einen extra großen Milchkaffee und versuchte mich zu beruhigen. Wahrscheinlich sind die Tabletten stärker als gedacht. Nebenwirkungen können viel schlimmes anrichten, das weiß ich genau. Die Schuld denke ich, es ist meine Schuld. Ich versuche Normalität zu erlangen, föhne mir die Haare, ziehe mich warm an. Ich schnappe mir die Einkaufstüte mit dem Polo und steuere das Kaufhaus an. Ich muss an die Luft und mich ablenken. Es nützt nichts. Sonst muss ich mich einweisen lassen. Ich suche mein eigenes Handy und lese eine WhatsApp von Jens: Hi Schatz, wollte dich nicht wecken, du bist in Klamotten eingeschlafen. So fertig? Versuche heute früher zu kommen. Kuss.

Scheinbar war mein Verhalten nicht sonderlich auffällig, er denkt wohl ich bin überarbeitet. Höchstwahrscheinlich ist dem so. Im letzten Monat hatte ich ganze drei Tage frei. Was soll man da erwarten? Geistige Höchstleistung? Egal. Ich muss weniger Tabletten nehmen. Diese Schlaftabletten geben mir den Rest.

Bei H.P. Jensen angekommen schlendere ich durch die untere Damenabteilung. Nehme ein gelbes Top in die Hand, lege es wieder weg. Ich habe eigentlich keine Lust etwas anzuprobieren. Das ist mir heute alles zu anstrengend. Ich gehe zur Kasse, tausche das Poloshirt erfolgreich um. Ich verabschiede mich, gehe noch eine Runde im Geschäft und bleibe vor Schreck stehen. Sie ist es, das ist sie. Sie ist es. Ist sie es? Das kann nicht sein. Ich husche hinter eine Schaufensterpuppe und versuche die Fassung zu behalten. Diese Bob-Frisur, die Figur, die Gestik. Das war Larissa. Ich schaue auffällig unauffällig hinter der Puppe hervor. Nichts. Da steht eine Mutter mit ihrem kleinen Mädchen. Sie diskutieren. Nahe dem Ausgang steht ein junges Paar, Händchen haltend. Sonst niemand in Sicht. Ich stöhne auf.

DAMALS

Er ist tot. Das Kind ist gestorben und ich war – lag – in den Armen des Vaters, im Nebenzimmer. Ich liege daheim im Bett, es ist schon nach 12 Uhr mittags. Ich schaue auf mein Telefon, keine Nachricht von Jens.

HEUTE

Trotz des Schockmoments gehe ich in Richtung Kurmuschel, einmal über die Kante blicken. Der kalte Wind weckt meine Sinne und ich versuche klar zu denken. Was sollte sie hier, auf Sylt, dann auch noch zu dieser erbärmlichen Jahreszeit? Laut Jens hat sie keine Verbindung in den Norden. Sie müsste in Heidelberg sein. Weiß sie etwas? Hat sie es doch geahnt? War es dumm von uns zu denken, eine Mutter würde es nicht spüren?

Zurück am Auto hatte ich ausreichend Zeit Sauerstoff zu tanken, es fühlt sich an, als ob jede Gehirnzelle einzeln durchgepustet wurde. Es geht mir besser, meine Nerven liegen blank. Ich muss mich mehr schonen, vielleicht überrede ich Jens mit mir ein paar Tage nach Dänemark zu fahren. In Blavand wohnt meine ehemalige, sehr liebe Kollegin Gisela. Sie ist schon berentet, war eine großartige Krankenschwester. Hat selbst keine Kinder. Sie würde sich bestimmt über unseren Besuch freuen.

Ein bisschen positiver gestimmt steige ich in meinen Audi, starte den Motor, um ihn direkt wieder auszuschalten. Da liegt etwas auf der Windschutzscheibe. Stoffreste, ein Fetzen von irgendwas. Ich steige aus. Der Stoff steckt hinter den Scheibenwischer, eingeklemmt. Als hätte ihn jemand bewusst dort zurückgelassen. Ich nehme das Stück in die Hand. Blau-weiße Streifen. Ich kann einen Schrei nicht unterdrücken.

Wie eine Wahnsinnige rase ich die lange Straße nach List hinauf. Ich muss nochmals das Haus nach dem fremden Telefon durchsuchen. Es muss irgendwo sein, es war kein Traum. Das Stück Stoff des Sessels ist Beweis genug für mich. Ich muss Jens anrufen, er muss nach Hause kommen. Egal wie. Er muss Bescheid wissen. Sie will uns sicher fertig machen. Sie weiß alles. Jetzt bin ich mir sicher. Ich bin nicht verrückt. Furchtbare Angst kriecht mir den Rücken empor, gleichzeitig bin ich erleichtert. Die Tabletten haben mich nicht vernebelt.

Am Haus angekommen hetze ich an die Eingangstür, schließe auf, gehe zielgerichtet ins Obergeschoß. Suche nochmal im und unter dem Bett, in den beiden Nachttischen. Kein Handy. Wo kann es nur sein. Ich habe es hier irgendwo liegen lassen, es muss hier sein, ich hatte es in der Hand. Ich gehe die Treppe nach unten, komme im Wohnzimmer zum Stillstand. Rote Farbe zieht sich über das Laminat hinweg. Ich beginne zu zittern, es läuft mir eiskalt den Rücken hinunter. Ich gehe ein Stück der Farbe nach, am Kamin vorbei. Blut, es sieht aus wie Blut. Da liegt er. Jens. Mit einem Messer im Rücken. Unbeweglich.

Totenstill.

Ich bin im Schock. Déjà-vu. Kann mich nicht rühren. Hinter mir wird es laut. Männerstimmen. Auf einmal höre ich nichts mehr, spüre nur wie mich jemand festhält. Kaltes Metall um meine Handgelenke. Unangenehmes, kaltes Metall.

DAMALS UND HEUTE

Er wollte das Kind nie bekommen. Er sagt sie habe es ihm untergeschoben. Er war noch nicht soweit, wollte eigentlich nie Kinder. Dann kam Leon und er konnte es nicht verhindern. Sie spielten heile Familie, bis das Unglück geschah. Das unlebendige und gleichzeitig doch lebende Kind, Leon, fraß ihn auf. Er konnte diesen Zustand noch weniger mitansehen. Sollte das ewig so bleiben? Es wäre menschlicher gewesen er wäre gleich gestorben. Und ich? Ich konnte den Gedankengang gut verstehen. Eltern gehen an so etwas zu Grunde. Heutzutage weiß ich warum die Utensilien auf dem Medikamententablett durcheinander lagen. Er hat ihm immer wieder Tropfen eingeflößt. Wollte es beenden. In dieser Nacht hatte er es geschafft. Das mit uns unterlag wohl dem Zufall. Das wir uns in einer solchen Situation kennen- und lieben lernen. Verrückt und furchtbar zugleich. Er kontaktierte mich Tage nach dem Vorfall. Sagte wir würden gehen, weit weg von Heidelberg. Ein neues Leben aufbauen. Wir haben es getan, versucht. Sie hat uns gefunden. Ihn getötet. Sich nie gezeigt. Niemand glaubt mir. In meiner Krankenakte ist eine Depression vermerkt. Sie denken ich habe es getan. Hier sitze ich, in der Psychiatrie, sie war es, sie hat uns gefunden, meine Tränen sind versiegt.

3 thoughts on “IDENTITÄT – Stille

  1. Hi, WOW!
    Eine unglaublich tolle Geschichte, wahnsinnig gut geschrieben, sehr packend und ein großartiges Ende!
    Bisher eine der wenigen Geschichten, bei denen der Ich-Erzählstil so gut gelungen ist. Ob es jetzt Absicht war, oder nicht, aber ich fand auch die nicht vorhandene Abgrenzung der Dialoge gut, hat sich für mich super lesen lassen.
    Eine wirklich rundherum gute Geschichte, Kompliment!

    P.S. Vielleicht hast DU ja Zeit und Lust, auch meine Geschichte zu lesen >>Glasauge
    Über ein Feedback würde ich mich freuen!

  2. Moin,

    danke für den Einblick in das Arbeitsleben einer Kinderintensiv Schwester. So gut beschrieben. Ich konnte direkt fühlen was es heißt die Verantwortung für so ein kleines Lebewesen zu haben. Mein Sohn war ca 6 Wochen auf der Frühchen Intensiv nach der Geburt, er kam 10 Wochen zu früh. Die Dinge die du beschreibst, die Geräte, die Medikamente, alles war wieder da.

    Du hast dir einen wirklich tollen Plot ausgedacht und wie du die Rückblende als Stilmittel, in Verbindung mit den immer kürzer werdenden Absätzen einsetzt ,um Dramatik zu erzeugen….Das ist dir richtig gut gelungen. Schön das ich jetzt auch endlich weiß was für tolle Geschäfte es auf Sylt gibt. Vllt wäre weniger ,da etwas mehr. Aber das nur als kleiner Kritikpunkt. Ingesamt hast du eine der besseren Geschichten in diesem Wettbewerb abgeliefert. Lockerer Schreibstil, gepaart mit Humor und einem tollen Wortschatz. Hat mir richtig gut gefallen!

    Mein Like lass ich dir gerne da und wünsche dir alles Gute für‘s Voting,

    LG Frank ( Geschichte: Der Ponyjäger)

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