CarmencitaTier und Technik von Carmen M. Krüger

 

Sebastian Fitzek Wir schreiben zu Hause

Tier und Technik

Sie musste einfach raus an die frische Luft. Abschalten, die Gedanken in andere Bahnen

lenken. Sich ganz den Geräuschen und Düften der Natur hingeben.

Sie holte ihr Fahrrad aus der Garage und nahm sich vor, eine kleine Runde von 40 – 50 km zu fahren. Nicht allzu schnell, trotzdem rhythmisch ausholend, mit gleichbleibender Geschwindigkeit.

Das Naturschutzgebiet am Höltigbaum lag vor ihr. Seitdem hier keine Truppenübungen der Bundeswehr mehr stattfanden, konnte man viele Fußgänger, Radfahrer, Skater und Hundebesitzer antreffen, die mit ihren Tieren das einübten, was in der Hundeschule trainiert wurde.

Die Sonne kam gerade hinter den Wolken hervor, es sollte heute ein warmen Frühlingstag werden.

Anja fuhr über die bekannten Panzerstraßen. Das Ruckeln, wenn man über die Platten fuhr, störte sie ein wenig. Trotzdem half es auch dabei, auf andere Gedanken zu kommen. Sie wartete förmlich auf dieses wt…..wt……wt und konzentrierte sich nur darauf. Da die Straßen sehr breit waren, konnte sie problemlos allen Menschen, die hier unterwegs waren, ausweichen.

Hin und wieder standen ein paar Gallowayrinder am Wegesrand. Die Tiere sind hier nicht eingesperrt, sie können sich frei bewegen. Einige dösten in der Sonne, kaum eines nahm Notiz von ihr.

Anja überlegte gerade, ob sie ein Foto von dieser Idylle machen, und es in ihren Whattsapp Status

stellen sollte, als ihr eines der Rinder doch etwas merkwürdig vorkam.

Das Tier bewegte sich hin- und her und schien geblendet durch ein Stück Glas oder Ähnliches zu sein. Irgendetwas lag auf der Wiese; die Sonne schien direkt darauf und irritierte das gewaltige Rind. Es schien bemüht zu sein, mit den Vorderbeinen dieses „ etwas“ zur Seite zu schieben oder ganz zu zertreten.

Da es ihm nicht gelang, wurde das Tier immer aktiver.

Eigentlich wollte Anja weiterfahren. Da sie aber sowieso gerade auf der Suche nach einem coolen Motiv war, machte sie ein paar Schritte auf das Galloway zu. Plötzlich sah sie, was das Tier so beunruhigte. Im Gras lag ein Handy, welches durch die Sonneneinstrahlung Licht reflektierte. Dieses irritierte das Tier..

Sie stellte ihr rad an einen Baum in der Nähe und ging auf das Tier zu. Die Rinder hier sind es gewohnt, dass sich ihnen Menschen auf mehrere Schritte nähern. Also konnte Anja das Handy aus dem Gras aufheben.

Sie musste es erst einmal reinigen, auch das Display hatte nicht mehr seine ursprüngliche Unversehrtheit. Das Rind hatte dem Telefon doch schon ein paar Tritte versetzt.

Anja ließ sich auf der Bank nieder, obwohl dies nicht ihr ursprünglicher Plan gewesen war.

Obwohl sie bisher nur ein fast zertretenes Handy in Händen hielt, kamen ihre Gedanken zurück. Alles, wovon sie sich befreien wollte, war zurück. Sie hatte eine düstere Vorahnung.

Aber was sollte dieses weggeworfene Handy mit ihr zu tun haben.

Sie atmete tief durch und sah sich nach einem Müllbehälter um. Warum hielt sie sich hier auf.

Sie wollte Radfahren und nichts weiter.

Sie nahm ihr Rad und schob es einpaar Schritte. Da sie keinen Papierkorb fand, steckte sie das Handy in ihre Lenkertasche und fuhr weiter.

Ganz so entspannt verlief die Weiterfahrt allerdings nicht mehr. Ihre Gedanken waren zurück und ließen ihr keine Ruhe mehr.

Als das Handy plötzlich klingelte, fiel Anja vor Schreck fast vom Rad. Und zwar klingelte es mehrere Male und ließ nicht nach.

Die Melodie, der Klingelton! Es war ihre Lieblingsmelodie seit Jahren. Das Halleluja von Leonard Cohen. Sie wollte nicht dran gehen, aber sie konnte nicht widerstehen. Es war praktisch ein Zwang. Sie musste den Anruf entgegennehmen. Sie zitterte am ganzen Körper, an weiterfahren war nicht zu denken.

Sie holte mit feuchten Händen das Handy aus der Tasche und beantwortete den Anruf mit einem:

Ja, wer ist da? Wer sind Sie? Woher kennen Sie mein Lieblingslied?“

Niemand sagte ein Wort. Man hörte Atemgeräusche und dann ein leises Kichern. Mehr nicht! Der Anrufer hatte aufgelegt.

Anja sah sich um. War jemand in der Nähe, wurde sie verfolgt? Sie sah nur die Kühe auf der Weide und weit entfernt mehrere Familien mit Kinderwagen und größerern Kindern auf Fahrrädern.

Ihr war übel, was hatte das zu bedeuten? Hörte das denn nie auf ?

Sie sah auf das Handy, welches jetzt verstummt in ihrer rechten Hand lag. Sie kannte es nicht, sie hatte es noch nie vorher gesehn und trotzdem war es „ihr“ Klingelton.

Plötzlich sah sie auf das Hintergrundbild. Das konnte doch nicht wahr sein!!! Sie suchte nach ihrer Brille, die sie aus Eitelkeit nicht immer trug und nur hervorholte, wenn es unbedingt sein musste.

Es gab keinen Zweifel. Das Bild zeigte sie selbst. Es zeigte sie vor einem Jahr auf einer Urlaubsreise nach Sylt. Zitternd untersuchte sie den Bildspeicher des Gerätes und fand noch mehr Bilder von sich. Wer hatte diese Bilder auf dieses Handy geschickt? Wer kannte sie hier und wer hatte dieses Handy hier in Hamburg Rahlstedt auf einem ehemaligen Bundeswehrgelände versteckt?

Sofort war sie wieder mit den Gedanken bei den Problemen der letzten Monate. Wie hatte das alles nur passieren können?

Vielleicht war sie zu egoistisch gewesen. Vielleicht hätte sie ihren Prinzipien treu bleiben müssen.

Sie hätte wissen müssen, dass so eine Sache nie hätte gut ausgehen können.

Aber es fing ja relativ harmlos an. Es geschah alles in beiderseitigem Einverständnis.

Ihre beste Freundin Merit hatte ihr vorgeschlagen, etwas Frische in ihr Liebesleben zu bringen. Sie hatte sie gefragt, ob sie nicht für eine Zeit, 2 Wochen, Urlaubszeit, die Partner tauschen wollten.

Anja wäre so etwas nie in den Sinn gekommen. Nie hätte sie über so etwas auch nur nachgedacht. Aber soie hatte sich dazu bereit erklärt, nachdem Merit sie immer wieder damit belästigte.

Sie besprach die Sache mit ihrem Freund Peter, der komischerweise weniger abgeneigt war, als sie erwartet hatte. Peter meinte:“ Das ist doch nur für 2 Wochen! Du kennst mich doch! Ich liebe nur dich!“

Sie hatte gezögert, weil ihr sein Einverständnis zu schnell kam. Es schien ihr, als ob er nur auf so eine Gelegenheit gewartete hatte. Es ging ihr eigentlich alles gegen den Strich. Und trotzdem – Sie war bereit gewesen für dieses Abenteuer.

So kam es, dass sie sich plötzlich auf einer Urlaubsreise mit Sven, dem freund von Merit befand.

Er nannte sie „ Schatz“ und erfüllte ihr jeden Wunsch. Sie gingen schwimmen und am Abend aßen sie am Strand bei Kerzenlicht. Es gefiel ihr sehr. Sven sah gut aus und man beachtete sie als Paar. Er war nach kurzer Zeit gebräunt und sein sportlicher Körperbau gefiel ihr sehr. Die Zeit war wunderschön!! Wenn sie vorher Zweifel gehabt hatte, so konnte sie diese auf jeden Fall beiseite schieben.

Sie teilten sich alles, die Ferienwohnung und auch das Bett. Sie lernte den Mann ihrer besten Freundin auf eine Art kennen, die ihr sehr gefiel. Jeden Morgen dachte sie: „ Möge die Zeit bloß nicht so schnell vergehen!!!“

Sven machte viele Handyfotos von sich und Anja und sie fand es in Ordnung, da es ja in Absprache mit Merit stattfand.

Dann passierte es! Sie waren mit dem Auto auf dem Weg von Westerland nach Kempen. Sie hatten gut gegessen und getrunken. Es war ein schöner Abend gewesen. Die Sonne stand den ganzen Tag schon am Himmel und am Abend war es immer noch sehr warm.

Anja steuerte den neuen Golf, obwohl sie es hätte nicht tun sollen. Warum hatten sie kein Taxi genommen??? Heute wusste sie, dass sie einen großen Fehler gemacht hatte.

Sie fuhren los, der Weg war ja nicht weit. Sie sangen mit dem Song im Radio laut um die Wette „ I will survive“. Sven legte den Arm um sie und sie waren glücklich. Sie schaute ihn an und hätte sich keinen schöneren Moment vorstellen können. Es lief zwischen ihnen beiden.

Dann kam ein Motorradfahrer entgegen , sie sah ihn erst, als sie nicht mehr bremsen konnte. Ihr Reaktionsvermögen war stark herabgesetzt.

Es knallte, sie sangen nicht mehr, sondern schrien beide und der Motorradfahrer flog über die Kühlerhaube und blieb dann mitten auf der Straße liegen.

Anja und Sven waren wie gelähmt. Schlagartig war das Gefühl, zu viel getrunken zu haben, verflogen. Und trotzdem waren sie wie versteinert. Sie beide waren kein Paar, sie waren nur auf einer Reise für zwei Wochen. Sie waren betrunken, das würde die Polizei sofort feststellen. Sie wollten keinen Ärger, schon gar nicht diesen Ärger aus dem Urlaub mitbringen und dann mit ihren „richtigen“ Partnern teilen müssen.

Diese Gedanken schienen sie zu teilen, ohne auch nur ein Wort gewechselt zu haben. So zögerten sie viel zu lange.

Der Mann lag auf der Straße. Sie hätten sich um ihn kümmern müssen. Sie taten es nicht. Als sie aus dem Auto ausstiegen, und sich wie in Trance zu dem Unfallopfer schleppten, konnten sie keinen Puls mehr feststellen.

Sie wurden plötzlich von Panik ergriffen und arbeiteten beide daran, das Motorrad und auch die Leiche, verschwinden zu lassen.

Sie fanden eine Kiesgrube. Dorthin brachten sie den Verunglückten.

Es war schwer, die Leiche dort für immer verschwinden zu lassen, aber sie fanden eine Möglichkeit eine ganze Wagenladung Kies auf den jungen Mann herabfallen zu lassen. Es hatte jemand „ glücklicherweise“ den Schlüssel eines LKW s stecken lassen. „ So viel Glück haben wir gar nicht verdient“, sagte Anja und konnte sogar etwas lächeln, als ihnen diese tat gelungen war.

Mir dem Motorrad war es fast schlimmer. Man konnte es kaum noch schieben und die beiden brauchten lange, bis es ihnen gelang einen Wassergraben in der Nähe zu finden. Sie beschwerten das Motorrad noch mit Steinen, damit es sicher nicht mehr auftauchen konnte und machten sich dann völlig fertig, schmutzig und müde auf den Weg zu ihrem Auto zurück.

Sie sahen sich müde an, aber auch etwas zufrieden darüber, dass sie so gut zusammen funktioniert hatten. Der Mann war tot, es gab keine Zeugen und ihnen konnte niemand etwas nachweisen.

Sie fuhren nach Kempen zurück und stellten das Auto in die Garage. Darum würden sie sich kümmern, wenn sie ausgeschlafen hätten.

Der Schlaf wollte zuerst nicht kommen, aber dann schlief Anja doch ein, allerdings hatte sie Träume, die sie nicht wirklich zur Ruhe kommen ließen.

Am nächsten Morgen sahen sie, dass der Golf etwas abbekommen hatte. Es war auf der rechten Seite die Lampe kaputt und die Stoßstange war verbogen.Auch der Kotflügel zeigte Spuren.

Sie überlegten, was zu tun war und kamen dahingehend überein, dass sie eine kleine Werkstatt aufsuchen wollten, und der Schaden möglichst schnell behoben werden müsse. Sie waren sich einig darüber, dass sie erzählen würden, dass ihnen ein Reh vors Auto gelaufen sei. Dieses sei aber, nach dem Aufprall weitergelaufen, sodass sie es nicht mehr finden konnten.

Sven brachte das Auto in die Werkstatt. Der Schaden wurde behoben und man sah an dem Auto nichts mehr.

Anja und Sven hörten den nächsten Tag Nachrichten, es wurde nichts über das Verschwinden eines Motorradfahrers berichtet.

Sie hatten noch 2 Tage, danach würden sie in ihr altes leben zurückgehen und „ die Sache“ wäre dann wohl auch erledigt. In den Zeitungen fanden sich keine Notizen.

So verbrachte „ das Paar“ die letzten Tage und machte sich dann auf die Heimreise.Beiden war klar, dass ihre jeweiligen Partner nichts von dieser Geschichte erfahren durften.

Zurück in Hamburg fühlte sich Anja örtlich und auch körperlich von dieser ganzen Geschichte distanziert. War ihr das wirklich passiert? Sie war in eine fremde Rolle geschlüpft. Sie war mit dem Freund ihrer Freundin Merit unterwegs, was eigentlich schon allein für sich gesehen, nichts mit ihr und ihrem Leben zu tun hatte, In dieser fremden“ Rolle war dieser Unfall passiert. Sie konnte sich eigentlich nicht mehr mit dieser Tat identifizieren.

Manchmal allerdings ging es ihr durch den Kopf, dass der Tote vielleicht wieder auftauchen könne, er müsste doch längst als vermisst gelten, irgendwo.

Bis jetzt, wo sie dieses Handy gefunden hatte, gelang es ihr, hin und wieder , die ganze Angelegenheit zu ignorieren – nicht immer.

Anja schaute sich noch einmal um. Es waren kaum Menschen zu sehen. War dort jemand hinter einem Baum versteckt oder lief da nicht gerade jemand vor ihr weg?

Vorsichtig steckte sie das Handy wieder in ihre Lenkertasche und versuchte, so normal wie möglich, wieder ihr Fahrrad zu besteigen. Sie sah nichts Verdächtiges, niemand beobachtete sie und es kam ihr auch niemand entgegen.

Trotzdem konnte sie die Natur und das Radfahren nicht mehr so genießen. Ihre Pedaltritte wurden zaghafter, ihr Tempo unregelmäßiger. Sie kürzte ihre geplante Strecke ab und fuhr auf dem kürzesten Weg nachhause – sie fühlte sich unwohl.

Zu Hause angekommen, legte sie dieses Handy auf den Tisch und begann zu grübeln. Wer konnte ein Interesse daran haben, ihr diese Bilder zuzuspielen. Sie musste sich die Bilder noch einmal genau anschauen. Eigentlich hatte nur Sven Fotos von ihrem gemeinsamen Urlaub gemacht. Sie sah Bilder von sich und Sven, aber auch, oh nein, Bilder des Unfalls auf der Landstraße von Westerland nach Kampen. Da lag der Motorradfahrer auf der Straße und sie beugte sich über ihn. Ein anderes Bild zeigte sie mit dem Toten an der Kiesgrube und noch eins, wie sie dabei war, ein Motorrad im Wasser verschwinden zu lassen.

Auf diesen Bildern war nur sie zu sehen. Warum hatte Sven das getan? Er war doch selbst bei dem Unfall dabei gewesen. Wann hatte er diese Fotos gemacht und warum?

Und was hätte er davon, sie jetzt dieses Handy finden zu lassen, mit diesen Bildern? Waren sie sich nicht einig gewesen, niemandem von dem Unfall zu berichten und die ganze Sache für sich zu behalten?

Sie musste sich mit Sven treffen, auch wenn das schwer war. Nicht so sehr von ihrer Seite aus, Peter war geschäftlich unterwegs, und würde erst in ein paar Tagen zurück sein.

Aber sie konnte Sven doch nicht einfach anrufen und ihn nach den Fotos auf diesem Handy fragen.

Ihre Freundin Merit war etwas komisch nach diesem Urlaub. Obwohl es ihre Idee gewesen war. Oder hatte sie etwas übersehen? Gab es ein Komplott gegen sie? Ihr wurde schwindlig. Sie musste Sven befragen.

Sie überlegte, wann sie ihn treffen könnte, ohne dass es den anderen Beteiligten auffallen würde. Morgen nach Dienstschluss vielleicht. Sie würde vor Svens Büro gegen 18 Uhr auf ihn warten!

Sie hatte einen Plan, was sie etwas beruhigte. Trotzdem war sie angespannt, bis sie am nächsten Tag auf ihn wartete.

Sven verließ sein Büro nicht rechtzeitig. Er war selbständiger Fotograf und sein Geschäft lief nicht schlecht. Sie musste eine halbe Stunde auf ihn warten, bevor er auftauchte.

Als er sie sah, zuckte er etwas zusammen, aber kaum spürbar. Schnell hatte er sich wieder im Griff. Er begrüßte sie eher, wie eine zufällige Bekannte. Nichts deutete auf ihre „ Affaire“ vor ein paar Wochen hin. Anja spürte zwar die abweisende Haltung, wunderte sich aber nicht wirklich, weil ja die Abmachung war, diese Beziehung nur für die zwei Wochen auf Sylt leben zu lassen. Sie dachte zwar noch so manches Mal an Sven, versuchte sich aber immer klar zu machen, dass sie Peter liebte und dieses Zwischenspiel nicht wirklich etwas mit ihr gemacht hatte.

Sven schaute auf die Uhr, er habe nicht viel Zeit, hörte sie ihn gerade sagen. Sie konnte ihn überreden, schnell einen Kaffee miteinander zu trinken. Im Cafe´ kam sie dann schnell zur Sache. Sie zeigte ihm das, zum Teil zerstörte, Handy und erklärte zügig die Umstände, wie es in ihren Besitz gelangt war.

Sven betrachtete die Fotos und verzog keine Miene. Ja, die Bilder habe er gemacht, bekannte er.

Du weißt doch, unsere 14 Tage Sylt“. „ Aber diese Fotos mit dem Toten und dem Motorrad? Wann hast du die gemacht? Da bin ich ganz alleine zu sehen. Als ob ich die „Tat“ alleine begangen habe.“

Sie wurde deutlich lauter. Als ihr einfiel, wo sie sich befanden, wurde sie leiser.

Ich habe deinen Gesichtsausdruck gemocht“, sagte er nur. „ Du hast so entsetzt ausgesehen, ich musste diesen Ausdruck festhalten. Du sahst dabei so schön aus!“

Das glaube ich nicht!“, tobte Anja jetzt und ihre Kaffeetasse zitterte. Das Cafe´füllte sich gerade. Es war Abendbrotzeit und die Tische waren schnell besetzt.

Anjas Entsetzen war nicht zu übersehen. „ Was hast du die dabei gedacht und wie sind die Bilder auf dieses Handy gelangt?“

Sven sah auf die Uhr und drängte darauf zu gehen. Das wisse er auch nicht, war alles, was er noch sagte. Dann verschwand er und ließ sie einfach zurück.

Anja ging nach Hause. Sie war zu tiefst aufgewühlt. Wer, außer ihnen beiden, wusste jetzt etwas von dem „ Unfall“ und dem, was danach passiert war.

Sie grübelte lange, wie die ganze Situation zu bewerten sei, und was das alles jetzt für sie zu bedeuten habe.

Je länger sie nachdachte, um so mehr kamen ihr die Personen um sie herum, seltsam vor. Warum hatte Merit auf diesem Partnertausch bestanden. Warum hatten sie danach so wenig miteinander zu tun gehabt. Anja hatte das Gefühl, dass sie ihr in letzter Zeit auswich.

Dass Sven zusammengezuckt war, hatte sie auch erstaunt, aber vielleicht war es ihm ja unangenehm, sie wieder zu sehen? Und Peter warum war der in letzter Zeit ständig auf Geschäftsreise? Sie hatten nie über ihren „ Partnertausch“ gesprochen. Peter hatte nie erwähnt, wie und wo er mit Merit die 14 Tage verbracht hatte. Alle schwiegen sich aus.

Plötzlich klingelte das Handy, welches Anja im Naturschutzgebiet unter den Hufen eines Galloway- Rindes gefunden hatte.

Sie hörte ihre Melodie und wollte das Telefon am liebsten an die Wand werfen. Dann aber ging sie trotzdem ran.

Sie sagte nichts, als sie das Gespräch entgegennahm. Und …… ihr blieb die Luft weg. Es war Peter.

Sie war fassungslos und konnte nicht sprechen. Er aber sagte, dass er sie jetzt in der Hand habe.

Er sprach von Beweisen für ihre Untreue. Er sagte, er habe es ja immer geahnt, aber jetzt wäre alles hieb- und stichhaltig. Er habe es immer gewusst, dass sie ihm nicht treu sei. Er habe es nie für möglich gehalten, dass sie so schnell auf Merits Angebot eingehen würde.

Das Ganze sei nur ein Test gewesen. Vor Jahren habe er ja schon einmal so einen Verdacht gehabt, aber keine Beweise.

Sven habe ihm die Fotos überspielt u nd jetzt habe er „sie“ in der Hand. Das Abenteuer habe ihm ja jetzt sogar Möglichkeiten zukommen lassen, Anja einer Straftat zu bezichtigen, um sie endlich loswerden zu können.

Sie sagte nichts mehr. Sie sackte in sich zusammen. Es sah jetzt wirklich so aus, als ob sie allein die Leiche des Motorradfahrers beseitigt und alle Spuren verwischt hatte.

Peter war IT Spezialist – das alles war keine große Nummer für ihn gewesen. Ihr Lied, die Fotos alles.

Er hatte auch das Handy im Naturschutzgebiet platziert. Er hatte per Handyortung genau gewusst, welchen Weg seine „ Freundin“ wählen würde.

Dass das Rind das Handy fast zerstörte, hatte er nicht einplanen können. Aber sein Plan war ja aufgegangen.

11 thoughts on “Tier und Technik von Carmen M. Krüger

  1. Moin Carmencita,

    in der Hamburger Luft scheint irgendwas zu sein. Wieder so eine tolle Kurzgeschichte aus Hamburg. Hast dir einen wirklich schönen Plot ausgedacht. Danke das du ihn mit uns geteilt hast.

    Deine Geschichte ließ sich flüssig lesen und deine Art Spannung aufzubauen hat mir gefallen. Wobei ich sagen muss das einiges in deiner Geschichte schon etwas „ konstruiert „ wirkt. Wenn ich da an die Kiesgrube und den LKW denke. 😉

    Aber das Leseerlebnis blieb konstant auf gleichem Level.

    Mein Like lass ich dir gerne da und wünsche dir alles Gute für’s Voting.

    LG Frank aka leonjoestick ( Geschichte: Der Ponyjäger)

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