rominawestwickDas Haus am See

Ich machte mich am späten Abend auf dem Heimweg von meinem Geschäftsessen. Der Himmel war bewölkt und ich spürte kleine Regentropfen, die meine Stirn runter liefen. Meine Stimmung war etwas bedrückt, da ich erneut den neuen Auftrag für das Hotel, an dem ich monatelang arbeitete, nicht bekam. Ich lief über den Parkplatz zu meinem Auto. Plötzlich bemerkte ich etwas seltsames. Neben der Fahrertür meines Wagens lag ein Handy. Es war das selbe Modell, welches ich besaß. Sofort fasste ich mir in die Hosentaschen meiner Anzugshose und bemerkte, dass mein Handy nicht dort war. Ich hob das Telefon vom Boden auf und versuchte es zu entsperren und tatsächlich. Es war definitiv mein eigenes. Verwundert durchforstete ich es, ging durch mein Kalender, meine Kontakte. Alles war wie immer. Ich öffnete die Bildergalerie und bemerkte das ein neues Foto darin zu sehen war. Es war relativ dunkel und unscharf. Als ich es in Großformat öffnete blieb mir kurzzeitig der Atem stehen. Auf dem Foto war ein Mann zu sehen. Dunkles Haar, schwarzer Anzug mit roter Krawatte und einem leeren Gesichtsausdruck. Als ich genauer Hinsah, bemerkte ich das ich diese Person auf dem Foto war. Das Datum signalisierte dass das Foto an diesem Abend entstanden sein musste, jedoch konnte ich mich kaum daran erinnern es geschossen zu haben. Ich war verwundert, aber wollte nun nicht mehr viel Zeit verschwenden. Ich war sowieso schon sehr spät dran und meine Frau Lilly war sicherlich schon sauer, da ich meiner Tochter wieder einmal keine Gute Nacht Geschichte vorgelesen hatte. 

Zuhause angekommen waren alle Lichter schon aus, vermutlich schliefen die beiden schon. Ich ging ins Bad und machte mich bereit um ins Bett zu gehen. Bevor ich das Badezimmer verließ schaute ich nochmals das Bild an. Seltsam dachte ich erneut. Ich betritt das Schlafzimmer mit voller Erwartung meine wunderschöne Frau Lilly dort anzutreffen, es war jedoch anders. Lilly lag nicht im Bett wie erwartet, das Schlafzimmer war leer. Ich rief ihren Namen, bekam jedoch keine Antwort. Als nächstes lief ich in das Zimmer meiner Tochter Johanna. Möglicherweise konnte sie nicht schlafen und Lilly ist bei ihr im Bett eingeschlafen. Jedoch war Johannas Zimmer auch leer. Es wurde immer merkwürdiger und langsam bekam ich ein ungutes Gefühl. Ich hatte nur eine Frage in meinem Kopf: Wo war meine Familie? 

Es war mittlerweile 3 Uhr morgens und ich probierte das siebte mal Lilly auf ihrem Telefon zu erreichen. Jedoch vergebens. Also beschloss ich zur Polizei zu fahren und meine Familie als vermisst zu melden. Ich kam gegen 3:30Uhr auf dem Polizeipräsidium an und erklärte dem Polizist die ganze Situation, vom dem seltsamen Bild auf meinem Handy erwähnte ich allerdings nicht. Der Mann schaute mich mit einem seltsamen Blick an und fragte erneut nach meinem Namen. “Peter Sparks, ist mein Name. Ich wohne in der Jefferson Street 24”. Der Beamte sah mich erneut mit komischen Blicken an. “Warten Sie einen Moment Mr. Sparks”. Er ging in einen hinteren Raum. Er war bestimmt nur 5 min weg, allerdings kam es mir vor als wäre er Stunden fort. Als er wieder zurück kam war er nicht allein. Ich erkannte meine Frau. “Lilly ich hab mir furchtbare sorgen gemacht, was ist denn los? Wo ist Johanna?”, aber Lilly sagte kein Wort, sie schaute mich mit einem kalten, fast schon seelenleeren Blick an. “Ist das ihr Mann?” fragte der Beamte. “Ja das ist er Officer”. Ich verstand kein Wort, in meinem Kopf drehten sich die Gedanken, was war hier los? Was war passiert? Der Beamte kam ein paar Schritte auf mich zu, ich sah das er Handschellen in seiner Hand hatte. “Mr. Sparks, ich muss sie zur Überwachung hier auf dem Polizeirevier behalten.” In diesem Moment konnte ich kaum ein Wort von mir geben, den einzigen Satz den ich raus brachte war “Wo ist meine Tochter?”.

Ich saß in einem kleinen Kalten Raum mit einem Tisch und zwei Stühlen. Ich wusste der Raum wurde Videoüberwacht. das kannte ich aus Filmen. Ich verstand immer noch nicht recht was ich hier zu suchen hatte und was nun mit meiner Familie los war. Meine Gedanken wurden von dem Geräusch der Tür unterbrochen. Ein anderer Beamte kam in den Raum. “So Mr. Sparks, ich schätze sie Wissen weswegen sie hier sind”, “Nein, ich möchte wissen was los ist, ich will wissen wieso meine Frau mich ansieht als wäre etwas furchtbares passiert und ich will wissen wo meine Tochter ist!”, antwortete Ich mit lauter Stimme. Der Beamte sah mich verwundert an. “Sie sind hier weil ihre Frau eine Anzeige gegen sie gemacht hat, Sie sagte sie wären Schuld am Tot ihrer Tochter“. „Ich soll was getan haben?”, ich war schockiert. Niemals würde ich so etwas tun, wieso sagte Lilly sowas. “Zu dem gab ihre Frau an das sie die letzte Zeit immer wieder gewalttätig ihr und ihrer Tochter Johanna gegenüber gewesen seien und sie angst hatte. Eines Abends sind sie übergeschnappt, haben ihre Tochter ins Auto gezogen und sind mit ihr fort gefahren. Ihre Frau ist ihnen hinterher und sah wie sie ihre 10 Jährige Tochter über das Geländer der Brücke hinunter warfen ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Wie kann man nur so gestört sein, können sie mir das beantworten?“. Ich realisierte nicht was mir der Beamte sagte, niemals hätte ich solch eine abscheuliche Tat durchgeführt. Ich liebte Johanna über alles, niemals hätte ich sie geschlagen oder schlimmeres. Ich verstand die Welt nicht mehr. 

Der Beamte verließ den Raum und ließ mich alleine mit meinen Gedanken. Ich verlor das Gleichgewicht und spürte nur noch den kalten Boden. 

Ungefähr 20 Minuten später wachte ich wieder auf, ich war ohnmächtig geworden. Ich wusste ich hatte nur ein Ziel. Ich musste hier raus und herausfinden was wirklich passiert war. 

Leichter gesagt als getan, ich wurde schließlich kontinuierlich überwacht. 

Als ich zur Tür des kleinen Vernehmungsraum hinüberschaute bemerkte ich etwas. Die Tür stand offen. 

Ich verschwendete keinen weiteren Gedanken darüber und nutze meine Chance. 

Ich versuchte so still wie möglich zu sein, mich jedoch trotzdem zu beeilen und da sah ich ihn, den blauen Himmel. Ich schaute auf meine Armbanduhr, diese zeigte mir 8:00Uhr an. Neben des Polizeipräsidiums begann das Waldstück. Ich sah keine andere Möglichkeit und rannte tief in den Wald hinein, früher oder später würden sie merken das ich nicht mehr in dem Raum saß und würden mich suchen. 

Ich machte halt an einem kleinen Teich. Plötzlich kamen alle Gedanken wieder hoch und ich übergab mich. Was hatte das alles zu bedeuten? Wo war meine Tochter? Wieso sagte meine Frau so schreckliche Dinge über mich und was war das für ein Bild von mir auf dem Handy? 

Fragen über Fragen und ich hatte keine Antworten darauf. Während ich so durch den Wald lief versuchte ich irgendwelche Zusammenhänge zu finden, bis ich aus meinen Gedankengängen gerissen wurde. Vor mir stand ein Junge, er schien im selben Alter meiner Tochter zu sein, hatte blondes Haar und sein Gesicht war von Traurigkeit verziert. „Hey Kleiner, hast du dich Verlaufen?“, er gab mir keine Antwort, sah mich jedoch weiter an. „Kann ich dir helfen?“. Wieder keine Antwort, allerdings streckte er seine kleine Hand aus und griff nach meiner. „Möchtest du mir etwas zeigen?“ Der Junge zog an meiner Hand und wollte das ich ihm folgte. Da ich in den letzten Stunden schon einiges verrücktes erlebt hatte, kam mir dies gar nicht so seltsam vor und ich folgte ihm. Wir gingen tiefer in den Wald hinein und kamen an einer Hütte an. „Wohnst du hier? Es ist wirklich sehr schön!“ Keine Antwort. Das Haus war nicht groß, hatte rote Fensterläden und ein grünes Dach, direkt hinter dem Haus lag ein kleiner See mit Steg und einem Boot. Es war einfach traumhaft, vor allem war es unglaublich still. 

Ich betrat die Veranda und versuchte die Tür zu öffnen. Seltsamerweise ließ sie sich einfach öffnen. „Hallo, ist da jemand?“, rief ich in das Haus hinein. Stille. Niemand gab Antwort. „Wieso hast du mich hier her gebracht?“ Ich drehte mich um und musste mit schreck feststellen, dass der Junge verschwunden war. „Hey Kleiner, wo steckst du?“. Keine Antwort. Ich betrat das Haus, es roch alt und modrig. Die Fensterbänke waren mit Staub bedeckt. Das Haus hatte nur eine Etage mit einem Bad, Wohn,- und Essbereich und Schlafzimmer. Ich setze mich auf die modrige alte senfgelbe Couch im Wohnzimmer. Die gesamte Situation kam mir extrem schräg vor, vor allem als ich einen Schuhkarton unter dem Wohnzimmertisch entdeckte, aus dem ein Foto von einer Polaroidkamera herausragte. Ich nahm den Karton auf meine Beine und öffnete ihn. Mir blieb erneut der Atmen stehen. In dem Schuhkarton befand sich Spielzeug meiner Tochter Johanna, der Ehering meiner Frau und auf dem Polaroidbild waren Lilly und ich drauf zu sehen, wir wir damals in Island im Urlaub waren. 

„Ich drehe langsam wirklich durch“, sagte ich zu mir selbst. Ich stellte den Karton wieder an seinen Platz und ging weiter im Haus umher. „Was ist das für ein Haus? Und wieso sind die Sachen meiner Familie hier?“. 

Ich stand auf dem Steg und schaute in das trübe Wasser hinein. Als ich mich umdrehte stand der kleine Junge wieder hinter mir. „Hey Kleiner wo warst-“ bevor ich meinen Satz beenden konnte spürte ich die Kälte des Sees in welchem ich gelandet war. 

Als ich meine Augen öffnete sah ich eine weise Decke. Vor mir befanden sich zwei Kommoden, ein Schreibtisch und ein Stuhl. Ich lag in einem relativ bequemen Bett und hatte ein weises Gewand an. Neben meinem Bett saß eine Krankenschwester. „Ah gut sie sind wach! Der Doktor wird gleich bei ihnen vorbei schauen.“ 

„Doktor? Was für ein Doktor? Was ist hier los? Ich brauche Antworten verdammt.“ Die Schwester beachtete mich allerdings kaum und verließ den Raum. 

Ich sprang aus dem Bett und meine Gedanken kreisten. Wo war ich hier und wo ist meine Familie?

Die Tür des Zimmer öffnete sich und ein großer grauhaariger Mann mit Brille betrat das Zimmer. „Guten Morgen Mr. Sparks. Ich sehe sie sind wach, sehr schön.“ Auf den Lippen des Mannes breitete sich ein zufriedenes Lächeln aus. 

„Sagen sie mir bitte, wo bin ich und wo ist meine Familie?“. Der Mann fing an zu lachen. „Mr. Sparks, sie sind im Jefferson-Jersey Hospital und das schon seit 10 Jahren.“ Wie bitte, ich verstand nichts mehr. „Wieso bin ich in einem Gefängnis? Das ist wohl alles ein schlechter Scherz!“ Ich wurde wütend und hatte das Gefühl mir wird ein übler Streich gespielt. 

„Aber aber Mr. Sparks. Das Jefferson’s ist keineswegs ein Gefängnis. Wir sind eine Klinik für Psychosomatische Erkrankungen. Wissen sie denn weshalb sie hier sind?“ Nein, Nein das wusste ich natürlich nicht und schüttelte wütend den Kopf. „Sie sind hier, weil sie vor 10 Jahren ihre eigene Tochter, in Anwesenheit ihres 6 Jährigen Sohnes, im See an ihrem Haus ertränkt haben, ihre Frau war einkaufen und sie waren alleine mit den Kindern. Nachdem sie mit ihrer Tochter fertig waren fuhren sie mit ihrem Sohn zur Highline Bridge und schubsten ihn dort runter. Danach fuhren sie nachhause. Bevor sie zuhause ankamen machten sie ein Foto von sich, wieso sie das getan hatten weiss ich nicht genau. Sie erzählten ihrer Frau in einem ruhigen Ton was sie gerade getan hatten und ihre Frau war natürlich ausser sich. Sie hatte buchstäblich angst vor ihnen. Sie rief sofort die Polizei an und man brachte sie hier her.“ Mein Gesicht wurde kreidebleich. Das Haus in dem ich vor ein paar Minuten drinnen war, soll mein Haus gewesen sein und der Junge den ich gefunden hatte mein Sohn? „Das ist alles totaler Unsinn, ich möchte jetzt gehen, ich will zu meiner Familie!“. Auf dem Gesicht des Mannes breitete sich ein leichtes Lächeln aus. „Mr. Sparks, sie können hier nicht weg. Sie sind hier Patient. Nach dem ihre Frau die Polizei informierte und sie den Beamten ebenfalls die Geschichte erzählten, schickte man sie hier her für ein paar Test und es stellte sich heraus das sie an einer bestimmten Form von paranoider Schizophrenie. Zusätzlich leiden sie unter extremen Gedächtnisverlust. Wir führen dieses Gespräch jeden Morgen um 8:30Uhr. Es ist immer das selbe, sie wachen auf erzählen mir das sie durch den Wald gerannt sind und ein Haus gefunden haben und das ein kleiner Junge sie in den See geschubst hat.“ 

Ich realisierte nicht was ich dort hörte. „ich möchte jetzt meine Frau sprechen, bringen sie Lilly her.“ 

„Mr. Sparks.. das funktioniert so nicht. Ihre Frau ist der Grund weswegen sie hier sind. Sie hatte unheimliche Angst vor ihnen und hat vor 5 Jahren aufgrund der Taten, die sie begannen haben das Land verlassen. Sie fürchtet sich weiterhin vor ihnen und leidet. Aber jetzt ruhen sie sich aus. Es gibt gleich Frühstück.“

Der Mann stand von seinem Stuhl auf, richtete seine Brille, lächelte mich an und verließ den Raum. Ich schrie so laut ich kann, jedoch wusste ich niemand würde kommen und mich zu retten. Um mich zu retten vor mir selbst.

One thought on “Das Haus am See

  1. Hallo Romina,

    ich freue mich immer, wenn ich hier KURZgeschichten lese 🙂
    Du hast alle Parameter gut umgesetzt und eine interessante Story verfasst.

    Es sind ein paar Flüchtigkeitsfehler enthalten, die Du noch ausbessern könntest.

    Ich würde mich freuen, wenn Du auch meine Geschichten lesen würdest und freue mich auf Deine Meinung:

    https://wirschreibenzuhause.de/geschichten/niemand
    https://wirschreibenzuhause.de/geschichten/maedchenmoerder

    Liebe Grüße
    Xanny

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