LiaDiorWas sich liebt, das hackt sich!

>>Herzlich Willkommen, im falschen Film…<<

Als Marlen ihre erste große Liebe verließ, ahnte sie nicht, dass sie dies eines Tages noch bitter bereuen würde. Das Leben ist ein Marathon, kein Sprint, sollte sich noch herausstellen. Ein Neuanfang war das, was sie jetzt brauchte. Sie betrachtete ein letztes Mal den selbstgebastelten Origamiflieger, den sie von Thilo, dem Mitbewohner ihres Freundes, aus einem Busticket gezaubert bekommen hatte, um ihn dann in den Tiefen des Baumarktumzugskartons zu sichern. Ihr war heiß. Es war Mitte August und die runde Kugel am Himmel strahlte und ballerte. Marlen wischte sich eine schweißnasse Haarsträhne aus dem Gesicht und klappte den Deckel des Kartons zu. Sie saß auf dem Fußboden. Um sie herum stapelten sich überall Kartons, die sich ihr wie Steine in den Weg stellten. Soweit das Auge reichte. Manche noch überwiegend leer und andere wiederum bis obenhin vollgepackt. Marlen kannte diese Szenerie. Ein Anblick, der ihr sowohl vertraut als auch fremd zugleich vorkam. Nicht zum ersten Mal, erhoffte sie sich, dass sie mit einem Umzug das Geschehene hinter sich lassen und nochmal von Vorn anfangen könne. Doch diesmal würde alles gut werden. Das versicherte ihr zumindest regelmäßig ihr bester Freund Maarten, wenn sie wieder einmal dachte, dass die Welt einfach nicht fair wäre. Ein kurzer Blick auf ihre goldfarbene Casiouhr verriet ihr, dass sie die Zeit mal wieder unterschätzt hatte. Viertel vor Vier. Thilo würde bald von der Arbeit nach Hause kommen und die French Press stand noch immer ungespült und unangerührt vom Vortag auf der Spüle. Also stütze sich Marlen mit beiden Armen vom Boden ab und versuchte mit nur einem Sprung, stehend aufzukommen. Gedacht – getan. Ein zufriedenes Lächeln machte sich auf ihren relativ schmalen Lippen breit, nachdem sie schwankend und weniger elegant, mit beiden Füßen sicheren Halt auf dem Boden fand und zum Stehen kam. Das war knapp. Um ein Haar wäre sie rücklings in den Karton gefallen, der am wenigsten dazu einludt. Da Stifte, Spitzer und Radiergummi im Wesentlichen die Basis des Inhaltes wiederspiegelten. Sie schritt auf Zehenspitzen, mit großen Schritten durch das Wohnzimmer, als würde sie ein Minenfeld überqueren und dabei selbst nicht zum Opfer werden wollen. Marlen schmunzelte. Da ihr dabei ihr Spitzname einfiel, der ihr gerne nachgesagt wird, wenn ihr die Zeit mal wieder davonrennt und sie sich beeilen muss und sprichwörtlich die Beine in die Hand nimmt. Storch, sagten dann alle zu ihr. >>Wenn man schon so extreme Extremitäten nachweist, sollte man diese doch auch nutzen>>, verteidigte Marlen sich gedankenverloren und erreichte kurz darauf den Türgriff. Sie verließ das Wohnzimmer und steuerte geradewegs auf die Küche zu, um dort einen extra starken Kaffee, mit zwei Löffeln mehr Pulver wie sonst üblich, für sich und Thilo zu kochen. Doch als sie gerade den Flur zur Küche hin passierte, klingelte es bereits an der Tür. Wie in so vielen Koblenzer Altbauwohnungen, befand sich auch in dieser Wohnung glücklicherweise ein Türöffner, sodass sie nicht die ganzen drei Etagen nach unten hasten musste, um die Haustüre zu öffnen. Außerdem blieben ihr so ein paar Minuten mehr Zeit um einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel zu werfen. So ein Umzug ist anstrengender als man vielleicht erwartet. Vor allem für Marlen. Da sie stets so einige Päckchen sowohl zum Packen, als auch zum Tragen hatte. Der Blick in den Spiegel, zeigte kurz ihr müdes aber dennoch wirklich schönes Gesicht. Eigentlich kein besonderes Gesicht. Null-acht-fünfzehn wäre allerdings auch untreffend. Da genau mittig über ihren herzförmigen Lippen ein schwarzes Piercing pragte, was schon hin und wieder für einen Hingucker oder den sogenannten Widererkennungswert sorgte. Ihre tiefblauen Kulleraugen formten einen harmonischen Kontrast zu ihren dunkelbraunen Haaren, welche ihr noch immer nass ins Gesicht fielen. Sie schnappte sich den Haargummi, welcher unweit von ihr auf dem Badewannnenrand lag und band sich ihre Haare zusammen. Für eine Mütze, war es heute eindeutig zu warm. An anderen Tagen, wenn ihre Haare nicht sitzen wollten, griff sie sonst immer zur Mütze. Aber wenn die Haare schweißgebadet sind, sollte man vielleicht besser zu anderen Mitteln greifen.

Marlen vernahm ein Pfeifen im Treppenhaus. Thilo war also bereits Zuhause. Obwohl er noch nicht durch die Tür trat, rechtfertigte sich Marlen bereits wieder auf Hochtouren, für ihr unzureichendes Zeitgefühl und versuchte damit den noch immer nicht gekochten Kaffee zu entschuldigen. Doch als die Wohnungstür ins Schloss fiel, hielt Marlen sofort mit ihren Floskeleien inne, da ihr Partner plötzlich vor ihrer Nase stand. Henry, Zweiradmechadroniker, Ende Zwanzig, stets mit einem seiner Rennräder unterwegs und demnach sogar noch nasser gebadet in seinen eigenen Körpersäften, als Marlen selbst noch vor wenigen Sekunden. “Konnte früher frei machen, Kaffee mag ich aber keinen. Du hast aber auch eigentlich ganz anderes zu tun, oder etwa nicht?!” Begrüßte er seine Freundin trocken und relativ kühl, eben ganz klassisch für ihn. Was man dabei nicht vergessen darf ist, dass er mit seinen Worten zumindest mal nie ganz Unrecht hat. Wenn sie auch überwiegend schroff klingen, so ist er wenigstens ehrlich und im Gegensatz zu Marlen, kein Freund davon, ewig um den heißen Brei zu reden. Mit anderen Worten, Henry ist ein sportlicher Typ. Weniger emphatisch aber dafür zuverlässig. Auch darin unterscheidet sich das Paar im Wesentlichen. Henry sitzt auf der Couch und versucht, sich seine Chucks von den Füßen zu reißen, ohne dabei die Schnürsenkel etwas zu lockern. Ein lustiger Anblick, der sich Marlen da spielte. Da er fast schon kämpfend, in gekrümmter Haltung, laut fluchend daran verzeifelte. Doch Marlen hielt inne. Ein Tipp ihrerseits würde er sowieso wieder nur als Angriff auffassen und diesen Ärger wollte sie sich dieses Mal einfach ersparen. <<Henry weiß schon was er tut>>,dachte sie sich also leise und ließ den Besserwisser, mit dem sie eine Beziehung führte, kämpfend und allein mit sich und seinen Schuhen auf der Couch zurück. “Thilo kommt heute übrigens nicht nach Hause” hörte Marlen es aus dem Wohnzimmer raunen. “Da der Vogel ja jeden Tag denkt, zu spät auf die Arbeit kommen zu können, hat er jetzt wohl seine Quittung dafür erhalten und muss die verschlafene Arbeitszeit nun nach eigentlichem Feierabend nacharbeiten. Tja, wenn man Abends ein Glas weniger Rotwein trinken würde, könnte man bestimmt auch noch gut schlafen. Aber vielleicht auch mal nicht unbedingt verschlafen.” Marlen rollte mit den Augen. Manchmal wusste sie gar nicht so recht, wieso die beiden überhaupt ein Paar waren. Klar, anfangs imponierte ihr dieses Machogehabe noch. Ein Mann der weiß was er will, klare Prioritäten und Ziele hat, rationales Denken, handeln anstatt zu reden. Mittlerweile glaubt sie jedoch, dass das Fahrrad, das im Schlafzimmer an der Wand an einem Haken hängt, mehr Emotionalität und Aufmerksamkeit erntet als sie es selbst von ihrem Freund erfährt. Um dem grimmigen Freund und dem daraus resultierenden sicherlich bevorstehenden Streit zu entfliehen, schnappte sich Marlen das Fixie, welches im Hausflur stand, rief ” Bin dann mal weg. Essen steht im Kühlschrank. Muss unten bei meinen Jungs Möbel aufbauen, Maarten will auch gleich da sein. Wir sehen uns heute Abend” ohne dabei eine Reaktion abzuwarten, oder gar ohne eine Reaktion zu erwarten, flitzte sie bewaffnet mit dem acht Kilo leichten Bahnrad unter dem Arm nach draußen, wo bereits das nächste Übel auf sie wartete.

Marlen ist eine liebenswerte Chaotin. Auch wenn sie sicherlich einen ausgebildeten Ordnungswahn hat und stets Zuhause etwas aufräumt oder putzt, findet man weder in ihrer Lebensstruktur noch in ihrem Rucksack so etwas wie Ordnung. Wie sie es hasst, wenn sich die Kopfhörer beim bloßen reinschmeißen in den Rucksack, zuverlässig jedesmal aufs Neue fast schon kreativ verknoten. So erreichten sie bloß in ihrem linken Ohr die fetten, wummernden Bässe, aus dem neuen Set von ihrem besten Freund und Lieblings DJ Maarten. >>What a boy…>> dachte Marlen, während sie grinsend, rechts auf die Bahnhofsstraße mit Handzeichen einbog. Wie sie es hasste, einhändig zu fahren. Nicht etwa weil sie sich sorgte zu fallen, sondern weil sie es prinzipiell nicht mochte, das Steuer aus der Hand zu geben. Sich auf andere verlassen, anderen Vertrauen schenken, zählte sie nicht gerade zu ihren Stärken. Viel zu oft hat sie das Leben schon erfahren lassen, dass es lang nicht nur gute Menschen auf dieser Welt gibt. Alles wirklich Böse beginnt in Unschuld. Das Böse ist nichts anderes als unsoziale Haltung. Reell. Doch dann gibt es da noch Maarten. Maarten zeigt ihr Tag für Tag fürs Neue auf, dass das Leben schön sein kann. Was man dazu beitragen muss und wie man es schafft, dass Vertrauen in die Welt nicht zu verlieren. Maarten ist ein Macher. Er lehrt Marlen darin, Menschen wieder Vertauen schenken zu können. Nicht umsonst ist er einer der wenigen Menschen, denen Marlen überhaupt noch vertrauen kann. Das hat natürlich auch einen guten Grund. Als Marlen gerade die Bahnhofsstraße verlassen hatte und rechts auf die Karl-Marx-Straße einbog, übermannte sie ein ungutes Gefühl. Wenn man mal über die Zustände der alten Bauten in dieser Straße hinweg sieht, scheint dieses Viertel der Stadt, nicht sonderlich freundlich oder gar bewohnt zu sein. Aufgrund ihres angepassten Fahrttempos, konnte sie in das ein oder andere Fenster hineinschauen. Müll, Baustellen, unbewohnte Flächen. Wieder andere Fenster waren komplett verriegelt und die Briefkästen machten den Anschein, dass noch nicht jedem Postboten klar sein konnte, dass dort wohl eindeutig niemand mehr lebte. Läden, Kneipen und Nagelstudios standen leer und das wohl schon seit geraumer Zeit. Dönerbuden, Friseure und Rotlichtmileus hingegen hielten die Infrastruktur dort wohl weiter aufrecht. Als Marlen das Ende der Straße erreichte und somit auch an ihrer neuen Wohnung angekommen war, suchte sie vergeblich nach dem passenden Schlüssel. Nachdem sie die Suche nach wenigen Minuten abbrach, recherchierte sie auf dem Klingelschild nach den richtigen Namen. Da weder die Vornamen der beiden WG-Mitbewohner noch dessen Nachnamen darauf zu finden waren, klingelte sie einfach überall. >>Irgendeiner wird mir schon auf machen oder zumindest verraten können, wie ich in meine neue Wohnung gelangen kann<< erhoffte Marlen sich still und vernahm kurz darauf auch schon das Summen des Türöffners. Mit dem Fixie unter einem Arm, drückte sie mit ihrer freien,unbelasteten anderen Schulter die Tür auf und trat ein.<<Willkommmen Zuhause<< sagte sie mehr zu sich selbst und überwiegend sarkastisch. Sie vernahm ein schiefes Lächeln auf ihrem geröteten Gesicht und ihre Hände begannen zu jucken. Hier würde sie sich wohl erstmal zu genüge mit ihrem Ordnungsfimmel auseinandersetzen können. Kalt war es hier auch. Obwohl wir Hochsommer haben, die Menschen sich draußen nicht noch nackter machen können, war es hier in diesem überdimensional großen Flur, extrem kalt. Bis auf ein paar Kisten mit Altglas, Schuhen, einem Wäscheständer, Pizzakartonbergen, getragene und frisch gewaschene Kleidung auf dem Boden, war dieser Teil des Hauses leer. Die Tür rechts neben ihr schwang auf und damit ein unglaublich angenehmer, sehr penetranter aber dennoch vertrauter Duft gleich mit und ließ Marlens anfänglichen Unmut, beim Betreten der Wohnung,gleich wieder verschwinden. Wenn es auch nur eine Droge ist, immerhin verspürte sie wieder dieses Gefühl von Vertrautheit, Verbundenheit, dem Gefühl von Zuhause. Dementsprechend gut gestimmt, begrüßte sie ihr neuer Mitbewohner Matze, mit einem Joint bewaffnet, winkend herein. „Na… was meinste wie lang es noch dauern wird, bis du tatsächlich das erste Mal in deiner neuen WG schlafen wirst?“ Keine Ahnung, wie oft ihr diese Frage bereits gestellt wurde, sie wusste ja auch nie eine Antwort darauf. Seit Wochen räumte sie Kartonagen und Möbelstücke in die Wohnung aber schlief weiterhin in der WG ihres Freundes, obwohl sie bereits für ihre eigene neue Bleibe Miete zahlte. Marlen hoffte wie so oft darauf, dass man nur geduldig sein müsse und ihre Beziehung mit Henry sich schon noch festigen würde.

Die Hoffnung stirbt zuletzt aber sie sollte sterben. „Das Warten hat wohl ein Ende. Maarten wird gleich noch das Bett aufbauen und dann gibt es wohl auch keine Ausreden mehr.“ Konterte Marlen darauf keck mit einem Augenzwinkern. Sie war ein wenig selbst von sich überrascht, dass es nun wohl wirklich so sei. Jetzt wo sie es ausgesprochen hatte. Heute war es wohl tatsächlich so weit. Sie würde aus ihrer aktuellen Notunterkunft in der WG ihres Freundes ausziehen und final in ihr neues, eigenes trautes Heim ziehen. Motivierter denn je, zog sie also zweimal schnell aber dafür ordentlich an der Marihuanazigarette ihres Mitbewohners um sich dann hustend nach oben in ihren eigenen Bereich zu verabschieden. Auf halber Strecke angekommen, also noch immer auf der ersten Etage, stoppte sie. Das Vorstellen bei den beiden Jungs und das Unterschreiben des Mietvertrages war schon einige Monate her. Eigentlich, bis vielleicht auf ein paar Spinnweben und ein paar Kaffeetassen mit Kranz mehr, hatte sich auch nichts weiter großartig verändert in der Wohnung. Sie stand auf dem obersten Treppenabsatz. Direkt vor ihr ein Aquarium. Blaue, neonfarbende Fische, schwammen von rechts nach links quer durcheinander. Mittendrin ein Kugelfisch. Direkt daneben pragte ein riesiges, selbstgebautes Terrarium hervor, welches von einem quietschgrünen Gecko bewohnt wurde, der gerade genüsslich Honig schlabberte. Keine Couch, kein Tisch, kein Fernseher oder ein Bücherregal. <<Das ist also mein neues Wohnzimmer…<< dachte Marlen und begann gedanklich bereits eine passende Couch aus den Kleinanzeigen ausfindig zu machen. Dabei schritt sie durch den Türbogen in ihre neue Küche. Küchenschränke in dunkelrotem Lack, die Fensterbank vollgestellt mit Topfpflanzen, keine Gardinen. In der Mitte stand ein großer Familienesstisch aus Holz an dem rote Lederstühle lehnten. Erstmal wollte Marlen jedoch ihr eigenes Reich gemütlich machen. Demnach machte sie kehrt und lief wieder zurück, durch das Wohnzimmer, um die Treppen nach oben, die zweite Etage des Hauses, zu erreichen. Allerdings wurde sie von der offenen Tür, links neben ihr, unweigerlich davon abgehalten. Linus, wohnte in diesem Zimmer. Bei der Wohnungsbesichtigung blieb ihr diese Tür leider verschlossen. Man schaut sich ja auch nicht die Schlafzimmer seiner Mitbewohner an, zumindest nicht zwingend, oder wissentlich, wie sich noch rausstellen sollte. Aber nun war sie da. Die Gelegenheit. << Gelegenheit macht Diebe, oder wie sagt man so schön? Ich werde ja nichts mitgehen lassen, ein einfacher Blick genügt um mein Bedürfnis der Neugierde zu befriedigen.<< versprach sich Marlen und drückte die Tür ein wenig weiter auf. Aquarien mit toten Fischen, einzelne Sockenpaare, benutzte Teller und Tassen, Tabakreste und Wasserpfeiffen kombiniert mit Schreibblöcken, Kleingeld und ungestempelten Bustickets bildeten die Antwort auf ihre unausgesprochene Neugier. <<Also scheinbar nicht nur Matze nimmt es wohl mit der Ordnung nicht so ernst..<< mahnte Marlen ihren nicht anwesenden Mitbewohner laut lachend mit einem süffizianten Augenzwinkern und schloss die Tür wieder auf das Maß, wie sie die Tür zuvor vorfand. <<Keine Spuren hinterlassen, wollte mir ja nur einen Blick erlauben. Das dürfen die beiden oben bei mir ja immerhin auch.<< damit moralisch wieder beruhigter gestimmt, hüpfte sie freudig die wenigen Stufen nach oben, in ihren Wohnbereich. Im Gegensatz zu den beiden Jungs, bewohnte Marlen eine Fläche von etwa 40 qm. Verfügte über ein eigenes Bad und einen Wohnraum, der durch eine Tür von ihrem Schlafzimmer getrennt wurde. Dachboden. Dafür zahlte sie dementsprechend anteilig mehr Miete als ihre beiden Mitbewohner, für deren kuscheligen,quadratischen Zimmer. Im Gegensatz zum Rest des Hauses, war der obere Wohnbereich sauber und leer. Ein kleiner Hoffnungsschimmer machte sich in Marlen breit. <<Das hier hat Potenzial, das sehe ich sofort. Hier aus der Bude kann ich richtig was machen. Und das ganz ohne Tine Wittlers Beitun.>> Marlen öffnete das Dachfenster um nicht an einem Hitzeschlag während ihres finalen Einzuges dann doch noch auf den letzten Metern dahin zu vegetieren. Sie schnappte sich ein bauchfreies Top, welches sich ihr direkt anbot, indem es fast aus dem überfüllten, bereits halb geöffneten Umzugskarton fiel und tupfte sich damit den Schweiß von der Stirn. Sie öffnete ihren Energiedrink und versuchte sich an dem Regal aus der schwedischen Möbelkette, welches sie über eine Freundin ganz günstig, jedoch ohne Bauanleitung in alle Einzelteile zerlegt, geschossen hatte. Das Klingeln der Tür riss sie aus ihrem Umzugsflow. Noch mit Wasserwaage in der einen und Akkubohrer in der anderen Hand, lief sie die zwei Etagen nach unten, um zu schauen wer dort vor der Tür auf sie wartete. Sie vernahm Stimmen aus Matzes Zimmer. Das Zimmer direkt neben der Haustür. << Es könnte eine Pandemie vor der Tür lauern, er würde es nicht merken. Das man so einfach in eine andere Welt flüchten kann und von nichts mehr etwas mitbekommt, das bedarf bloß des Kaufes eines einfachen Headsets.<< Marlen staunte immer wieder nicht schlecht über diesen Fakt. Als Möchtegern begnadeter Zocker, Teilzeitstudent mit Geldrücklagen (woher auch immer???) lebt es sich wohl wirklich besser als gedacht. Dies trug jedoch wahrscheinlich auch größtenteils dazu bei, dass Matze immer schon besser Mitmenschen umgehen konnte, als mit Menschen umgehen zu können. So begrüßte Marlen persönlich ihren bestellten Gast freudig aber dennoch überrascht an der Tür. „ Ist es also echt so weit?“ fragte Maarten sofort und ließ das „Hola Marlen, ich weiß, ich bin etwas früh, wie geht es dir…“ einfach aus. Die Begrüßung hingegen damit nicht. Maartens dunkelbraune Augen strahlten sie warm an und er drückte sie, wie sonst auch immer wenn sie sich sahen, fest und vielleicht ein wenig etwas zu lange, an sich. Bis er letztlich doch noch so etwas wie „schön dich zu sehen“ sagte. „Matze und oder Linus nicht Zuhause?“ Seine Frage wurde mit einem lauten Fluchen aus Matzes Zimmer bereits beantwortet. „Der bekommt da drinnen auch gar nichts mehr mit, oder?“ fragte Maarten noch, während er bereits immer zwei Stufen auf ein mal nehmend die Treppen nach oben, zu Marlens Baustelle, marschierte.“ Linus denn auch nicht Zuhause?“ Marlen schüttelte den Kopf. „Nein. Er schläft auch nicht. Ich glaube er hat es tatsächlich mal in die Uni geschafft.“ Linus war wohl mal selbsternannter Nazi. Immer wieder erzählte er aus dem Nähkästchen wie er „Niggern“ die Zähne am Bordstein austrat oder in deren Pools, von ihnen höchstpersönlich beim Schwimmen gestört wurde und deshalb sich gezwungen sah, dies mit mehreren Messerstichen in deren Bauchgegenden, zu sanktionieren. Ganz egal ob Wahrheit oder bloßes Wichtiggetue– diese Erlebnisse erzählten wohl aus Linus`Vergangenheit. Keine Ahnung ob „Nazi“ eine Bezeichnung ist, eine Lebenseinstellung, die man irgendwann wie so vieles in der Selbstfindungsphase einfach wieder ablegt oder ob es eine Berufung ist. Linus sagt jedoch, dass es diese Zeiten nicht mehr gibt. Linus sagt jedoch so vieles. Er studiert bereits das siebte Mal in einem anderen Fachbereich und befindet sich auch zum siebten Mal im ersten Semester. Bis zum zweiten Semester kommt es in der Regel selten. Er studiert und studiert ohne überhaupt zu wissen, was ihn interessiert. Sein Alltag ist relativ schnell zusammenzufassen. Er schläft quasi so lange, bis es selbst im Sommer bereits wieder dunkel wird. Danach raucht er eine Tüte. Dann, je nach Hungergefühl, füllt er seinen Magen oder aber wie so oft reicht auch eine Tüte und ein Kaffee. Dann je nach Vorrat, zieht er eine ausreichend dicke Line Amphetamin um kurz darauf je nach aktueller Uhrzeit und Wochentag, sich mit anderen Konsumenten zusammen zu tun und dann zu chillen oder zu feiern. Je nach dem wie wild es dann am Vortag zuging, entscheidet das dann darüber ob er die Uni verpennt oder noch rechtzeitig wach wurde und den Bus doch noch abpassen konnte. Genau wie Matze, ist auch er single und nicht unbedingt darum bemüht, dies zu ändern. Sozusagen sind sie alle drei single. Ob mit oder ohne Henry. Maarten nickte wissend, während er bereits gebeugt über dem Lattenrost hängend, mit einem Hammer, einen Nagel in den Holzrahmen des Bettes jagte. Mit einem Nagel zwischen den Lippen und einem weiteren Nagel in der Hand sprach er während er laut hämmerte „Wie läufts mit Henry? Hat er mal ein bisschen mehr Verständnis seinerseits aufbringen können?“ „Ach was denkst du denn? Henry ist eben wie er ist.“ Entgegenete Marlen ihrem besten Freund. „Er hat immer so viel um die Ohren, dann interessiert er sich für sich selbst eben am meisten und geht seinen Hobbys leidenschaftlich nach. Tja, zu seinen Hobbys zähle ich wohl leider nicht. Allerdings hat er wenigstens welche im Gegensatz zu mir.“… Marlen lächelte traurig und führte fort „ Fakt ist, ohne Henry wäre ich obdachlos gewesen. Ich wohnte bei ihm und Thilo wie die Made im Speckmantel. Mir fehlte es dort an nichts. Außer an etwas Liebe vielleicht. Ich habe sogar im Gefühl, dass Thilo mir mehr Liebe entgegenete als Henry es jemals bisher tat. Wäre ja auch nichts Neues, dass sich unbeabsichtigt jemand in mich verliebt. Aber ganz ehrlich, so langsam glaube ich irgendwie, dass ich diese Liebe, von der immer alle sprechen, wohl einfach nicht verdient habe. Nach der Sache mit Paul, habe ich das Vertrauen nicht nur in die Menschen sondern wohl auch in die Liebe und ja – letztlich auch vielleicht in mich verloren.“ Während Maarten weiter an Marlens Bett handwerkte, fuhr sie einfach fort. „ Klar, ich muss lernen mir selbst zu verzeihen, nach dem ich Paul so mies betrogen habe. Aber ich wusste doch selbst nicht wer ich bin und wieso ich das überhaupt getan habe. Dann die ganzen Dramas mit den gescheiterten Liebesgeschichten meiner unerklärlichen Verehrer. Jetzt mal im Ernst, bis auf dich hat sich noch jeder meiner Kumpels in mich unsterblich verliebt. Jede einstmalige beste Freundschaft ist an einseitigen Gefühlen gescheitert. Aber nicht auf einfachem Wege. Nein. Dann würden wir ja nicht von Marlen sprechen. Natürlich immer super dramatisch, immer waren es Narzisten oder Borderliner oder Kerle mit anderen Belastungen, deren Leben ich allesamt auf alle Zeit ruiniert haben soll. Ich habe schon keine Lust mehr mich auf neue Menschen einzulassen, neue Freunde zu finden, weil ich am Ende nicht wieder als unerreichbare Nutte dastehen möchte.“ Sie sah während sie sprach auf Maartens monotone Handbewegungen während er den Hammer schlug und redete und redete, ohne Punkt und Komma. Kein untypisches Merkmal für Marlen und Maarten, wenn sie sich sahen. Mal war es Maarten der überwiegend redete mal hatte Marlen das sprachliche Zepter in der Hand. Maarten hielt jedoch in seinem Tun inne und nahm einen großen Schluck aus Marlens Energiedose und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn, bevor er ihm ins Auge rinnen konnte. „Hör mal du…“ setzte er vorsichtig an und führte dann sanft aber bestimmend hinzu „ du bist keine Nutte Marlen. Klar, das was du da damals in der Beziehung mit Paul getan hast, war nicht richtig. Paul ist aber auch kein Kind von Traurigkeit und war nebenbei ja auch nicht ganz unbeteiligt. Das ist aber wieder ein anderes Thema. Du hast damals viel erlebt. Der Rauswurf aus der gemeinsamen Wohnung mit Paul, kurz nachdem du Paul in einem elfseitigen Brief gestanden hast was da mit Liam war, die ganzen wilden Partynächte über drei Tage, voll auf Drogen… Das muss man erstmal alles verkraften du…“ Marlen nickte zustimmend ohne ihm ins Wort zu fallen, wie sie es sonst beide gerne tun. „Das mit Henry, das ist keine Liebe. Wenn du mich fragst. Wie es in ihm aussieht, weiß ich nicht. Dafür kenne ich ihn noch zu wenig. Aber dich kenne ich dafür umso besser. Henry war einfach da als du Hilfe brauchtest, als du all deine Daten von Pauls Laptop schmeißen und irgendwo anders sichern solltest ohne selbst einen Laptop zu besitzen, als du da standest ohne Wohnung, als Nico noch dein bester Freund war. Der sich natürlich wie du ja auch schon sagtest im Nachhinein als Narzist entpuppte und alles nur nie ehrlich zu dir und zu sich selbst war. Du wolltest da weg. Henry hat dich direkt aufgenommen. Ich glaube eure Beziehung ist nur eine Art „Dankeschön“ deinerseits an ihn gewesen. Ich meine, wo steckt er denn nun? Jetzt wo es dir besser geht und du nicht mehr in der Not bist?“ Marlen musste sich schmerzlich eingestehen, dass Maarten sie wohl besser durchblickte als sie sich selbst durchblicken wollte. „Wahrscheinlich hast du Recht“ antwortete sie kurz. „Wenn wir jetzt mal ein bisschen räumlichen Abstand halten, wird sich schon zeigen ob wir uns dadurch noch mehr voneinander entfernen oder ob uns das vielleicht sogar wieder näher zusammenbringt…“ Maarten lachte auf. „Ach Liebelein, alles wird gut. Du findest deinen passenden Deckel schon noch und ich hab Hunger und bin froh wenn ich aus dieser höllischen Hitze abhauen kann. Bevor das Bett nicht steht, werde ich hier aber nicht Feierabend machen. Du weißt, auf mich ist Verlass! Wenn ich dir sage, dein Bett wird heute stehen dann wird es das auch.“ Maarten klemmte sich erneut einen dieser dünnen Nägel zwischen die Lippen und legte einen Zahn zu, da es bereits wieder dämmerte.

Matze hatte wohl für heute, seinem Computer den Feierabend erklärt oder ein Anliegen, jedenfalls hörte Marlen ihn singend die Treppe hochlaufen. Kurz darauf kam er noch immer singend und schnaufend zugleich, unmittelbar vor Marlen zum Stehen. „ Mamma Mia“ er räusperte sich. „Also ich hätte ja mal sowas von keinen Bock, regelmäßig diese Stufen hier bis nach oben zu laufen. Also falls du mal auf die Idee kommst, spar es dir lieber direkt. Wir tauschen niemals unsere Wohnbereiche. Da habe ich lieber nur so ein kleines, reudiges Zimmer.“ Er hielt seiner Mitbewohnerin die geschlossene Faust hin um sich mit diesem gemeinsamen Ritual zu begrüßen. „Ich wollte nur sagen, dass ich jetzt schlafen gehe. Bin echt platt, war auch wenn ich mal wieder nur vorm PC gehangen habe, wirklich ein anstrengender, langer Tag für mich. Wenn auch nicht unbedingt wenig aufregend.“ Ein weniger seltenes aber dafür zwielichtiges Lächeln machte sich auf seinen trockenen Lippen breit. Matze fackelte nicht lange und zückte eine wirklich dicke Tüte, prall gefüllt, nur mit Grünem. „Feinster Stoff! Du warst ja auch nicht unbedingt faul heute. Den hast du dir mindestens genauso verdient wie ich.“ Sagte er und kurz darauf brannte die dicke THC-haltige Fackel bereits vor Marlens Auge auf. Das Mädchen strahlte. Wie das duftete. Ein Blick nach rechts zu Maarten verkündete ihr, dass er dem auch nicht abgeneigt wäre und somit reichte Marlen die lustige Zigarette rasch an ihren guten Freund weiter, der bereits mit ausgestreckten Armen auf die Übergabe hoffte. Wie so viele Menschen, hat auch Marlen eine dunkle Schwäche, eine Art dunkles Geheimnis. Trotz ihres sozialen Engagements, ihrer Offenherzigkeit, ihres Verständnisses und ihres wohlwollenden Wesens, gibt es da auch etwas, über Marlen, dass nicht ganz Unwesentlich ist. Marlen ist ein echter Genießer. Ein Gönner. Vorrangig sprechen wir hier von Marijuhana. Wenn das THC in ihre Lungen strömt und sie genau da im Hirn erreicht, wo sie erreicht werden will, dann löst das etwas in ihr aus, das sie sonst nicht kennt. Sicherheit, Vertrauen, sorgenfrei zu sein. Es scheint, als wäre ihr emotionales Zentrum dann vorübergehend außer Betrieb. Ängste und Sorgen wie weggeblasen. Unbeschwert, zufrieden, glücklich. Manchmal sogar, wenn sie am Wochenende mit Freunden tanzen ging und die dunklen Darktechnobeats in den Boden stampfte, dabei auf MDMA war, erging es ihr ähnlich. Sorglos tanzte sie zu 140 bpm in ihre innere Ausgeglichenheit. Das war Marlens Ausgleich. Tanzen. Ob mit oder ohne MDMA, ob mit oder ohne Drogen. Tanzen war für Marlen eine Droge an sich. Sie half ihr, zu vergessen. Jeder der Marlen kennt weiß, das wenn sie einmal anfängt zu reden, nur sehr schlecht wieder damit aufhören kann. Auch wenn das jetzt weniger symphatisch und nur eher so semi gut aushaltbar klingt, macht sie das zu dem, was sie eben ausmacht. Doch beim Tanzen ist das anders. Dann kommt es immerhin einmal dazu, dass Marlen der Meinung ist, das alles Wichtige bereits gesagt wurde und man jetzt eben, nur um zu tanzen da ist. Auch wenn sie sonst eher quatscht als macht, ist es im Club eben genau anders herum um sie gestellt. So zog sie ein letztes Mal an dem Joint, bevor sie ihn im Aschenbecher der noch unbenutzt vor ihr auf dem selbstgebastelten Baumstammtisch stand, ausdrückte, bis die brennende Glut erlosch. „Linus hat hier gestern mit ein paar Leuten noch nach dem Club bis spät in den Abend abgehangen. Dabei hat er mir gesagt, dass du Angst hättest, gehackt worden zu sein. Stimmt das?“ Matze zog seine rechte Augenbraue nach oben und schaute Marlen skeptisch an. Maarten verabschiedete sich beiläufig und entschuldigte sein plötzliches Verschwinden mit Müdigkeit. Marlen konnte ihm nur noch kurz zuwinken, da hing sie schon wieder an Matzes Lippen. „Ich kann wenn du mir dein Handy gibst mal was überprüfen, damit ist ziemlich schnell alles gesagt.“ Marlen zögerte nicht länger und fand schneller als erwartet ihr Iphone in ihrem dunkelroten Fjall Raven Rucksack. „Hier, Tastensperre ist 4408. Ich geh in der Zeit mal eben kurz für kleine Königstiger.“ Und schon bog die wirklich attraktive Brünette um die Ecke und flüchtete auf die Toilette. Nachdem sie gefühlt etliche Kilo leichter war und ihre Blase wieder leer, kam sie noch mit nassen Händen wieder in ihr Wohnzimmer zurück. Handtücher hatte sie noch keine verräumt. „Und? Bist du schlauer geworden? Bin ich safe?“ Marlen überhäufte Matze mit Fragen bis ihr dies selbst bewusst wurde. „Oh, sorry. Eins nach dem anderen. Wie schauts aus?“ Diesmal war es die linke Braue die sich zuerst anhob nachdem kurz darauf auch die rechte einen hohen Bogen nach oben, auf dem verschwitzten Männergesicht, bildete. Matze war sich nicht sicher. „Keine Ahnung, aber spätestens jetzt, wird dich niemand mehr hacken, von dem ich nicht weiß. Du solltest auf jeden Fall bald einmal dein Akku laden, du hast keine fünf Prozent Akku mehr“ Matze legte das Handy neben den Aschenbecher auf den noch unbearbeiteten Holzstamm und verabschiedete sich mit einem Handzeichen, ab in die Koje. Marlen gähnte. <<Da hatte er eben wohl nicht Unrecht. Das war ein langer Tag.>> Benommen noch vom Rauchen stand sie wackelig auf und taumelte rücklings in ihr Schlafzimmer, wo sie sich dann auf ihr neu aufgebautes Bett, müde aber dennoch glücklich, fallen ließ. Gut fühlte sich das an. <<Hallo Privatsphäre<< witzelte sie und strahlte in ihr Kissen. Dabei fiel ihr der Karton mit den Handtüchern ein. Wenigstens den wollte sie noch ausräumen. Ihr Handy blinkte ein letztes Mal auf, bis es sich dann schließlich von selbst ausschaltete. <<Mist, dich wollte ich noch aufladen. Richtig. Da war ich wohl zu spät. Blödes Ding.<< sie erhob sich von ihrem Bett, riss die erste Schublade ihres Nachttisches auf, ergriff ihr Handyladekabel und steckte es in die Steckdose direkt neben dem Lichtschalter an der Wand. Sie hob ihren Po an, da sie auf ihrem Handy saß und kramte es zwischen ihren endlos langen Beinen hervor. Sie steckte den Lightninganschluss in ihr Handy und gab ihren Pin ein. Einmal, zweimal, dreimal. <<Was stimmt da nicht? Komm schon Marlen, du hast nur ein paar mal an dem Joint gezogen und wie oft schon deinen Pin eingegeben? Wie war der verdammte Pin noch gleich?<< Marlen wurde hektisch. Immer wenn sie hektisch wurde, fuchtelte sie wild an einer ihrer Haarsträhnen herum, bis ihr letztlich eine Haarspitze abbrach. So wie jetzt gerade auch. Marlen beobachtete wie die dunkle Haarwurzel auf ihr Schlüsselbein fiel, dass bei ihr aufgrund ihrer „Fülle“ sehr weit hervor stach und sich wie eine Baumwurzel über ihren Oberkörper erstreckte. Nach einer Sperrzeit von einigen Minuten und einem weiteren Versuch später, erinnerte sie sich dann doch wieder und konnte ihr Handy mit Erfolg entsperren. <<Komisch… was war das denn?<< dachte sie noch aber dann fielen ihr auch schon die Augen zu.

Am nächsten Morgen wurde sie von einer ungemütlichen SMS geweckt. Henry. <<Da hat er tatsächlich über Whatsapp Schluss gemacht, da hätte ich ihm doch etwas mehr Eier oder wenigstens Moral zugetraut..>> Keine halbe Stunde später klopfte es an ihrer Tür. Matze trug ein Tablett in den Händen. Darauf standen zwei Tassen Kaffee und ein Joint mogelte sich ihr ins Bild. Matze zupfte diesen hinter seinem Ohr lässig hervor und zündete ihn an mit den Worten „wer baut der haut“. Dunkelgrüner, dichter Rauch machte sich in Marlens Zimmer breit. „Henry hat Schluss gemacht“ sagte Marlen schließlich ganz unverblümt. „Ach echt, hat er endlich mal gecheckt dass ihr beiden überhaupt nicht zusammen passt?“ entgegenete er sportlich. <<Fast schon zu sportlich, für seine Verhältnisse<< dachte Mrs.Interpretationstalent und lachte um den dicken Kloß der sich eben noch in ihrem Hals bemerkbar machte, einfach zu verdrängen. „Bist du etwa traurig?“ fügte er fast schon dreist hinzu. „ Naja ich muss das einfach erstmal schlucken aber wahrscheinlich hast du wohl Recht.“ Marlen hielt den Blick noch immer auf ihre Kaffeetasse gerichtet und stellte fest, dass er deutlich dunkler war als sie ihn sonst trank. Halb Kaffee – halb Milch. Dieses Verhältnis war eindeutig anders. „Na hör mal, du musst dir schon keine Sorgen machen, dass du lange alleine bleibst. Bei dir steht der nächste doch bestimmt schon wieder bereits in den Startlöchern.“ Matze grunzte und nippte an seinem Kaffee. „Maarten hat mir übrigens geschrieben. Er hat dir wohl einen Liebesbrief in den Briefkasten geworfen. Wollte von mir wissen, ob ich das für eine gute Idee halte. Was ein Schwachkopf.“ Matze reagierte wie so oft, extrem abwertend in Bezug auf Maarten. „Uns war allen direkt klar, dass er auf dich steht. Wie jeder andere der sich als dein „Kumpel“ ausgibt eben auch. Ich meine, wer hat deinen gesamten Umzug vollzogen? Henry oder Maarten? Nur du hast mal wieder die rosarote Brille auf und tust am Ende wieder ganz überrascht.“ Marlen schaute Matze direkt in die Augen. Sie wusste, dass er Recht hatte. Sie hatte es schon lange vor allen Anderen gemerkt. Das da etwas anders ist, zwischen ihr und Maarten. Sie wollte es sich nur nicht selbst eingestehen und hat es deshalb auch nie thematisiert. <<Er würde doch gewiss etwas sagen<< beruhigte sie sich immer, sobald ihr wieder Zweifel kamen. <<So wie alle Anderen auch<<, witzelte ihr Unterbewusstsein ihr dann sarkastisch zu und das nebenbei sogar noch ungewollt. Doch das konnte sie jetzt, just in diesem Moment unmöglich sagen. Deshalb entschied sie sich wie so oft dagegen und konterte daraufhin lässig „naja, ist ja auch völlig Wurscht. Ist ja nicht dein Problem. Möchte dich damit auch nicht weiter belästigen. Nicht, dass du nachher noch denkst, ich wäre die Herzensbrecherin schlecht hin.“ „Das denke ich nicht, das werde ich sehen,Marlen.“ Matze erhob sich von ihrer Bettkante und sofort verstärkte sich der Griff um ihre Kaffeetasse, sodass etwas Kaffee auf ihr Spannbetttuch überschwabbte. „Entspannt, auf eine gute Zeit.“ Damit versuchte Marlen das Gespräch schnell zu beenden und Matze unaufgefordert aus dem Zimmer zu schmeißen. Ihr Plan ging auf. Matze erreichte den Türgriff und drückte ihn nach unten. „Achja, gehst du noch duschen? Sonst würde ich zuerst gehen?!“ „Ja ich flitz eben schnell,“ rief sie und schwang sich aus dem Bett. Matze nickte und schloss hinter sich die Tür. Marlen sagte ihrem alten Freund Malte noch für heute Abend zu und verschwandt mit frischen Klamotten aus ihrem Zimmer. Kurz vor dem Badezimmer angekommen, rief Matze sie zurück. „Schau dir das mal hier an.“ Lockte er sie in sein Zimmer. Matze, saß wie immer am PC, mehrfache Tabs geöffnet auf mehrere Bildschirme verteilt. Ein totaler Computernerd eben. Er öffnete einen Tab und eine Seite aus dem Darknet leuchtete auf. „Linus und ich verkaufen hierüber ja unsere Drogen. Also überwiegend Gras aber auch manchmal Chemie. Jetzt hat mir hier grad jemand ne fette Bestellung in Auftrag gegeben. Schau dir unsere Babys doch mal an. Der Kleiderschrank gleich rechts neben dir. Marlen lief ohne mit der Wimper zu zucken auf den Schrank zu. Dabei fiel ihr eine Go-Pro auf Matzes Schreibtisch ins Auge. Sie öffnete den Schrank und das Bild was sich ihr dort bot, ließ sie mit offenem Mund laut staunen.THC beladene, super harzige, meterhohe Marihuanapflanzen. Der jungen Dame stockte der Atem. Und das, in ihrem Haus. „Damit du weißt,worauf du dich hier eingelassen hast.“ Matze drehte sich mit seinem Computerstuhl stolz in Richtung Marlen und fügte hinzu „ ich müsste doch kurz nochmal ins Bad, kann ich?“ Marlen nickte und verhaarte noch für einen kurzen Moment mit ihrer Nase, in den Blüten der weiblichen Pflanzen. Da stand Matze auch schon wieder neben ihr. Komisch, sie hatte gar keine Spülung gehört. <<Naja, dann spring ich mal eben schnell unter die Dusche<< dachte sie, schloss den Schrank und lief an dem Schreibtisch vorbei ins Badezimmer. Nachdem sie geduscht und frisiert aus dem Bad kam, fing sie ihr Mitbewohner nochmals ab. „Bock auf noch ne Tüte?“ Marlen hoffte, dass sie hier nicht irgendwann nur noch dauerhaft high wäre und wurde letztlich schwach. Sie setzte sich wieder auf den freien Stuhl neben ihren Mitbewohner an deren Schreibtisch. Alle Bildschirme waren noch immer im Einsatz. Durch das Headset das auf dem Schreibtisch lag, drangen fremde Stimmen. Alles war unverändert. Doch irgendetwas, ein winziges Detail war anders, irgendetwas fehlte. Da fiel es ihr auf. Die Go-Pro. Eben lag sie noch genau dort, neben der Tasse mit dem bedruckten Bandlogo von Matzes lieblings Rockband. Aber jetzt ist sie verschwunden. Marlen wurde panisch. War es die Fantasie die mal wieder mit ihr durchging oder sollte sie besser einmal etwas ihren Konsum überdenken und weniger Gras rauchen? Sie ignorierte dieses omniöse Verschwinden und konzentrierte sich auf Matzes Worte.

Tage vergingen und Marlen ließ den Vorfall neulich in Matzes Zimmer nicht mehr los. Sie war sich felsenfest sicher, dass noch vor ihrem Duschgang die Go Pro direkt vor ihrer Nase lag, anschließend dann jedoch nicht mehr. Sie musste mit Maarten darüber reden. Den hielt sie aktuell jedoch auf Abstand, da sie kein böses Erwachen herbeirufen wollte und kein Liebesdrama zwischen ihr und ihm beschreien wollte. Den konnte sie also schon mal vergessen. Ihr Handy klingelte. Auch wenn sie nichts unlieber tat als telefonieren, diesmal freute sie sich, dass sie den grünen Hörer abnehmen konnte und das Maarten am anderen Ende auf sie wartete, stellte die bildliche Sahnekirsche dar. „Ich weiß ja nicht was bei dir los ist, wieso du dich so von mir distanzierst. Ich will nur das du weißt, dass alles so ist, wie immer. Ich mache mir wirklich Sorgen, Liebes.“ Marlen schnappte sich ihren Schlüssel vom Schlüsselbrett, rief Matze zu, dass sie bald wieder zurück wäre und verließ das Haus mit einem lauten Türknallen. Sie lief, ohne über die Straße zu schauen in Richtung Maarten, geradewegs in seine Arme. Sie erzählte ihm von ihren Sorgen und ließ sich wie sonst auch immer, zuverlässig von ihrem besten Freund beruhigen. Als es bereits dunkel wurde, fiel Marlen ein, dass sie sich ja mit einem alten Freund für den Abend verabredet hatte und verabschiedete sich daher kurzerhand von Maarten. Sie fuhr mit dem Bus nach Koblenz Ost. Hier wohnte Malte. Dieser junge Mann ist ein guter Freund von Henry und insgeheim ein viel besserer Freund von Marlen. Auch hier verspürte Marlen immer ein gewisses Knistern, wenn auch wieder nur einseitig. Auch das verdrängte sie erfolgreich. Bis zu dem Abend. Ihr fehlte einfach die Nähe, die sie bei Henry und auch schon bei Paul vermisste. Malte ist ein feiner Kerl. Gut gebaut, Feierabendphilosoph und trägt sein Herz auf der Zunge. Natürlich knutschten die beiden irgendwann bevor sie schliefen aber die Hosen behielten sie dabei beide an. Als Marlen am nächsten Tag in ihre WG zurückkehrte, empfang sie wieder ihr Mitbewohner an der Tür. „Wo warstn gestern?“ stichelte er. „Ich hoffe du hast verhütet“ fügte er schneller hinzu als Marlen reagieren konnte. „Ähm… ich war bei Malte. Du kennst Malte. Da lief nichts.. ich bin grade mal ein paar Tage single..“ Marlen blickte ihren Mitbewohner stirnrunzelnd und völlig entgeistert an. Dieser leckte sich daraufhin nur die Zähne… „Naja, du bist ja alt genug. Und eben single. Und kein Kind von Traurigkeit. Du wirst schon wissen was du tust. Aber sei auf der Hut. Aids ist everywhere. Ich meine, man hat festgestellt, dass man daran sogar über eine damit infizierte Zahnbürste, erkranken kann. Aber hey, immerhin ist es nicht zwingend tödlich. Man nimmt dann jeden Tag eine Tablette und dann lebt es sich auch mit Aids ganz gut. Hab das eben schnell einmal für dich bereits recherchiert.“ Marlen wusste nicht, was sie daraufhin sagen sollte. <<Wie kommt er denn von einem bloßen Besuch eines Freundes auf eine Aidsübertragung via Zahnbürste? Entweder sollte sie oder sogar er einfach mal seinen Konsum hinterfragen.<< Das Schloss der Haustüre flog auf und Linus kam mal wieder weniger gut gestimmt nach Hause. „Da du deinen beschissenen Mietanteil nicht bezahlt bekommst, hatte ich grade ein eher weniger nettes Gespräch mit unserem Vermieter, liebe Mitbewohnerin! Such dir endlich einen Job oder mach sonst was aber bezahl deine verdammte Miete!“ Marlen befand sich noch immer in der Ausbildung zur Sozialpädagogin. Daher durfte sie sich auch keinerlei Ärger mit der Polizei einheimsen. Das würde sie ihren Job kosten. Aber da die Ausbildung unbezahlt ist, und Marlen prinzipiell chronisch pleite, gab es da wohl jetzt Ärger mit dem Vermieter. „Kein Stress, ich kümmere mich.“ Versprach Marlen und verzog sich nach oben, in ihr eigenes, gemütliches Wohnzimmer. Als sie Abends auf dem Weg zu Maartens Wohnung unverhofft auf Matze an der Bushaltestelle am Karl Marx Haus traf, beichtete er ihr das Absurdeste, dass sie jemals in ihrem Leben gebeichtet bekommen hatte. „Ey yo, Marlen. Linus oder ich, keine Ahnung mehr wer es letztlich genau war… einer von uns hat auf jeden Fall ausversehen deine Zahnbürste benutzt. Sorry.“ Nicht nur die beiden, jeder der Marlen kannte, wusste, dass sie nirgendswo pingelicher war, als bei der Zahnpflege. Selbst Paul mit dem sie fünf Jahre zusammen war, den sie in sämtlichen Lebenslagen und Lebenssäften kannte, durfte nicht seine Zahnbürste mit ihr teilen. Für Marlen war das einfach ein NO-GO. Marlen erklärte daraufhin, dass sie doch extra ihre Zahnbürste verschlossen hielt um eben genau diesem Umstand präventiv vorzubeugen. Matze kreiste mit seiner Fußspitze in einer Pfütze und sagte fast etwas zu hektisch „ Ja wie gesagt, keine Ahnung Marlen, wollte dir das nur gesagt haben, da ich dir ja gerade gestern noch erklärt habe, dass man sogar via Zahnbürste sich mit dem tödlichen HI_Virus infizieren kann. Und ich als Darknetuser weiß auch, dass man übers Darknet ganz einfach Viren bestellen kann.. Wollte dir das einfach nur sagen.“ Marlen schluckte schwer. Ihr Magen zog sich zusammen. >>Was ging da nur vor sich? Was wollten die beiden ihr damit sagen?<< Sie lief nach Hause. Licht brannte in der Küche, Linus musste also Zuhause sein. Marlen erklärte, dass sie sich nicht so recht fühle und wohl eine Erkältung im Anmarsch wäre. Linus entgegenete ihr, dass dies ebenfalls ein Indiz für eine Aidserkrankung sein könne und das er ihr besser mal einen Tee kochen würde. Die junge Dame ließ sich erschöpft auf das von ihr erstandene, wirklich schöne, Sofa fallen und atmete tief aus. Pfeiffend meldete sich der Wasserkocher aus der Küche, wenige Sekunden später, hörte sie ihren Mitbewohner pfeiffen. <<Da hat aber plötzlich jemand gute Laune, >> schluckte Marlen schwer. Linus kehrte kurz darauf mit zwei dampfenden Tassen zurück zu Marlen ins Wohnzimmer und schwang sich erschöpft neben sie auf die Couch.„Ich muss dir mal was zeigen“ riss er das Mädchen aus ihren Gedanken, sodass sie sogar kurz zusammenzuckte. Linus reichte ihr eine Tasse. Als sie danach griff, zog er diese schnell wieder zurück und gab ihr dafür die andere. Marlen warf ihm einen fragenden Blick zu. „Das ist meine lieblings Tasse“ erklärte er diesen Schachzug. <<Ob er sie wohl Schach Matt setzen wollte?>> Er öffnete einen Musikplayer im Internet und zeigte ihr einen Videoclip einer bekannten,renomierten, deutschen Rockband. Sie kannte das Lied. Den Videoclip dazu allerdings nicht. Man konnte sehen, wie sich winzigst kleine Insekten, Würmer und Maden, versteckt in Teetassen, Kuchenstücken oder anderem ess oder trinkbarem tarnten, um dann unwissentlich von Nichtsahnenden verspeist zu werden. Marlen stockte der Atem. Sofort stellte sie ihre Tasse Tee auf dem Fliesentisch vor ihr ab. >>War das etwa wieder ein Wink mit dem Zaunpfahl oder brannte ihre Fantasie nur wieder mit ihr durch?<< „Ich bin müde.“ Sagte sie daher mit piepsiger, angstverzerrter Stimme. „Ich hau mich dann jetzt mal aufs Ohr.“ Sie schwang sich vom Sofa und flüchtete nach oben in ihr Zimmer. Zitternd bebte sie unter ihrer Daunendecke. <<Was war hier nur los?>> Sie hörte Matze nach Hause kommen und belauschte die Gespräche der beiden Jungs, obwohl sie flüsterten. Unvorbereitet raunte das Knallen der blechernen Mülltonne bis zu ihr hoch, zu ihr ins Bett. <<Was haben die beiden denn jetzt noch in den Container geworfen? >> Marlen hatte keine Lust mehr sich weitere Fragen zu stellen, auf die sie keine Antworten kannte. Doch es dauerte nicht lange und Matze klopfte an ihrer Tür. Sie hatte ihn gar nicht kommen gehört… „Du hast da etwas vergessen.“ Ohne das Licht anzuschalten, stellte er die bereits kalte Tasse Tee neben Marlen auf dem Nachttisch ab und verschwand wieder aus ihrem Zimmer. Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht. Marlen blinzelte. Ein Blick auf ihr Handy verriet ihr, dass es noch keine sechs Uhr in der Früh war. In der Nacht vernahm sie mehrmals ein leises Kratzen hinter ihrem Holzbett, direkt an der Wand. Ein Waschbär konnte es nicht gewesen sein, dafür war es eindeutig zu leise. <<Eine Raupe ist kein Raubtier<< dachte sich Marlen schlaftrunken, bevor sie wieder zitternd in den Schlaf finden konnte. Sie wurde von Stimmen geweckt. Unten, aus der Wohnung. Nicht fiktiv in ihrem Kopf. Sie packte ihren Koffer, schrieb ihrer Mutter, dass sie nach Hause kommen würde und mit welchem Zug sie fahren wolle. Sie schlich auf Zehenspitzen, elfengleich, leise nach unten ins gemeinsame Wohnzimmer der Wohngemeinschaft. „Terry ist verschwunden“ hörte sie Linus sagen, ehe sie ihn sah. Er schlürfte aus seinem Zimmer geradewegs auf sie zu. Terry war der neue vierte Mitbewohner der WG. Eine Vogelspinne, neonblau, noch super klein. Hat sich Matze aus dem Darknet gegönnt. In einem Karton,wenig aufwendig verpackt, nahm Marlen die Lieferung vor drei Tagen mit ihrer Unterschrift an. Unwissend über dessen Inhalt. Seither stand die Spinne in einem Terrarium bei Matze, direkt auf der dunkelbraunen Kommode, neben seinem Fenster, in seinem Zimmer. „Wir dachten dauernd, sie hätte sich verbuddelt und würde nicht mehr an die Oberfläche zurückkehren wollen. Soll wohl nicht unklassisch sein, da sie so ihr Nest baut. Doch nachdem ich mal mit einem Esslöffel in dem Sand rumgekraben hatte, konnte ich sie auch dann nicht finden. Nicht, dass sie irgendwie aus dem Terrarium, von meinem Schrank, aus meinem Zimmer, die zwei Etagen hoch zu dir, durch die heute Nacht leicht angelehnte Schlafzimmertür, hinter dein Bett gekrabbelt ist.“ Linus pflichtete seinem Mitbewohner lachend bei. Das war ihr eindeutig genug. Die Jungs hatten Böses vor. Sie lief nach oben und packte sich noch einen Koffer. Sie würde wohl erstmal für längere Zeit verreisen. Als sie unten ankam wussten die Jungs bereits, dass sie nach Hause fahren wollte. Ohne das sie jedoch bisher ein Sterbenswörtchen darüber verloren hatte. Wie kamen sie also an all die Informartionen, in der letzten Zeit? Das kam schon häufiger vor, fiel es Marlen plötzlich wie Schuppen von den Augen. Als sie endlich die Haustür aufriss um nach draußen zu gelangen, lief sie Maarten förmlich in die Arme. „Was machst du denn hier?“ fragte sie daher etwas sehr überrascht. „Na ich dachte ihr habt vielleicht Hunger“ entgegenete er ihr freundlich und wedelte dabei mit einer Tüte vom Bäcker gleich um die Ecke. Es duftete grandios. Die Brötchen mussten noch warm sein. Er öffnete ohne vorher zu klopfen Matzes Zimmertür und fand ihn wie gewohnt an seinem Computer vor. Etliche Tabs waren wieder geöffnet. Doch diesmal blieb den beiden etwas im Auge hängen. Maarten hielt einen kurzen Smalltalk mit Matze und schloss kurz darauf wieder rasch die Tür hinter sich. „Hast du das auch gesehen?“ fragte er Marlen besorgt, mit großen Augen. Das hatte sie wohl. Eine Träne der Unverständnis rann ihr über die Wange. Sie nahm beide Koffer in die Hand und flüsterte Maarten zu „nur raus hier“.

Sie verließen die Wohnung und Maarten begleitete sie noch bis zum Bahnhof. Diese Bilder wird Marlen wohl niemals wieder vergessen können. Grausame Bilder zeigten wehrlose Frauen, gefesselt, zerstückelt und all das live vor der Kamera, von einem kranken Auftragskiller hingerichtet, bis zu ihrem Tode. <<The Customer is always right<< Natürlich versuchte Matze die Seite noch rechtzeitig zu schließen, aber diesmal gab es einen lebenden Beweis. Maarten. Sie haben es beide gesehen. „Matze hat dem krisengebeutelten Club hier in Koblenz übrigens eine Millionen Euro gespendet. Hast du davon eigentlich schon etwas gehört? Über Crowdfunding oder so. Wo hat er bitte all das ganze Geld her? Ich meine er ist Zocker und studiert Informatik?!“ Marlen lief schweigend neben ihrem besten Freund her. „Ich hab gehört, er soll wohl krumme Dinger im Darknet treiben.. abgesehen von der Dealerei…“ Dies genügte Marlen um ein weiteres gruseliges Szenario in ihrem völlig irritierten Köpfchen hervorzurufen. >>Vielleicht filmt er mich und verkauft mich quasi im Internet?<< Maarten entfloh ein Lachen, verstummte aber sofort wieder, als er sah, dass es sich hierbei wohl ausnahmsweise mal nicht um einen schlechten Witz handelte, sondern es seiner besseren Hälfte, wohl wirklich ernst war. „Jetzt male doch mal nicht gleich wieder den Teufel an die Wand, Liebes. Ich glaube zwar langsam aber sicher auch, dass die beiden nicht ganz koscher sind aber das da ist ein hartes Stück, was du ihnen da anhängst. Ich möchte jetzt nicht sagen, dass ich dir nicht glaube oder du gar überteibst oder lügst… Aber du bist nun mal auch nicht immer nüchtern gewesen, manchmal wirkt die eigentlich so gemütliche Droge dann eben doch unangenehm psychoaktiv. Vielleicht warst du einfach auch nur viel zu breit und hast dir diese Vorfälle und Gespräche in der Wg nur eingebildet. Du hattest einen Bad Trip quasi?!“ Marlen wollte gerade ansetzen um ihren Freund noch über weitere seltsame Beobachtungen in der WG zu berichten, doch diesmal fiel Maarten ihr wieder ins Wort. „Ich schlage vor, wir gehen jetzt erst Mal zu mir, da nimmst du dann mal eine ausgiebig heiße Dusche und dann, liebe Marlen, verspreche ich dir, sieht die Welt auch wieder ganz anders aus.“ Zuversichtlich lächelte Maarten seiner guten Freundin zu. Da Marlen nicht schnell genug eine Ausrede parat hatte, wurde die kurz aufkommende Stille mit einem „ja“ bewertet, sodass sie sich kurz darauf nackt in Maartens Badezimmer wiederfand. So oft schon hatte sie sprichwörtlich das Handtuch geschmissen und sich zurückgezogen und aufgegeben, dieses Mal würde sie sich nicht vertreiben lassen. Heißes Wasser erreichte ihren Körper und Marlen brauste sich die Nacht von ihrer Haut. Sie griff zur Handseife, welche sie in Maartens Dusche vorfand und merkte plötzlich mit dem Prasseln des Wassers, dass ihre Blase wieder einmal zu platzen drohte. Normalerweise, ließ sie ihr beim Duschen immer freien Lauf. So sparte sie sich die Kosten der Klospülung. Doch jetzt hielt sie inne. Sowohl mental als auch körperlich. <<Was, wenn Maarten, eben als er wie die Jungs in der WG auch immer, nochmal kurz ins Badezimmer huschte, ebenfalls eine Kamera platzierte noch bevor ich ins Bad verschwinden konnte? Nur nicht durchdrehen Marlen, kühlen Kopf bewahren. Maarten ist dein sicherer Hafen. Nicht jede fremde Dusche wird heimlich gefilmt.<< Doch dieser schockierende Verdacht wollte sich nicht mehr verdrängen lassen. Fortan glaubte sie also, heimlich überwacht und oder gefilmt zu werden. Selbst ihrem besten Freund schenkte sie kein Vetrauen mehr.

Marlen zog letztlich doch wieder um. Diesmal zurück zu ihren Eltern, nachdem sie ihr Mietverhältnis in der WG fristlos gekündigt hatte. Natürlich konfrontierte sie die beiden Mitbewohner mit ihren Anschuldigungen. Die beiden lachten laut und führten diesen „Schwachsinn“, ebenfalls auf Marlens Drogenkonsum zurück. „Kiff mal weniger und komm mal klar“ hörte sie Matze sagen. „Kümmere dich um offene Rechnungen. Egal ob Mietkaution oder auf zwischenmenschlicher Basis. Wieso sollten wir dir so etwas antun?“ „Na weil ich vielleicht meine Miete nicht zahlen konnte, ihr deshalb Probleme mit dem Vermieter bekommen habt und meinen Mietanteil letztlich für mich mit gezahlt habt? Weil ich für ausreichend gebrochene Herzen gesorgt habe? Weil ich nicht unbedingt unansehlich bin und man im Dark Net ganz gutes Geld mit meinem Körper machen könnte? Oder weil ich euch vielleicht selbst als Vorlage für einsame Stunden dienen sollte? Was weiß denn ich?“ Das Mädchen überschlug sich fast mit ihren Worten. „Es gibt da so eine rote Liste, Marlen. Da steht dein Name aber „noch“ nicht drauf.“ Linus betonte das Wort für ihren Geschmack etwas unpassend. „Es bedarf einen kurzen Anruf und dann werden diese Leute die dort aufgelistet sind von einem von mir extra dafür gekauften Freund, Zuhause einfach spontan weggesprengt. Der Koffer mit dem Dynamit ist bereits gepackt. Dann klingelt es einmal und bum – sind alle tot. Egal wer dann noch so da ist. Wenn ich weiß, der Bastard ist zuhause und mir ist sowas von schnurz egal ob dann da noch das Patenkind rumhuscht oder der Pizzabote noch auf sein Wechselgeld wartet – dann sind alle weg. Also klar, mit mir sollte man es sich besser nicht verscherzen. Ich habe sowieso keinen Grund anders, vielleicht sogar wertschätzend zu handeln. Denn wer wertschätzt mich denn? Ich bin doch allen scheißegal. Selbst meinen eigenen Eltern. Aber nur weil du deine Miete nicht zahlst oder jedem schöne Augen machst um ihn dann schmerzlich alleine zurück zu lassen, juckt mich das herzlich wenig. Weil das eben deine Probleme sind. Thilo tut mir zwar wirklich leid aber Maarten soll sich mal schön selbst weiter was vormachen. Das geht auch nicht auf Dauer mit euch gut. Das weiß ich jetzt schon. Du weißt das eigentlich auch bereits.“ Marlen baute mit ihrem letzten Gras einen dicken Joint, hinterließ ihn den Jungs, ohne selbst davon noch einmal zu profitieren und verschwannt, den eigenen Herzschlag in den Ohren vernehmend, in der dunklen Nacht über Koblenz. Ihr Handy klingelte, Maarten wollte sie am Bahnhof noch verabschieden. >>Aber woher weiß er eigentlich, dass ich vorhatte exakt diesen Zug zu nehmen?>> Ihr blieb keine Zeit weiter darüber nachzudenken. Da tippte ihr bereits jemand von hinten auf die Schulter. „Hey, kann ich dir tragen helfen?“ Immer war es Maarten, der genau im richtigen Moment zur Stelle war. „Du bist ein Schatz.“ Marlen lächelte Maarten dankend an und schulterte sich ihre Sporttasche neu. „Ich dachte mir, dass du den Zug jetzt nach Hause nehmen wirst, irgendwie“ erklärte sich Maarten dann schließlich, ohne das seine bessere Hälfte überhaupt danach fragte. „Hatte das irgendwie im Gefühl“.. schnaufend liefen sie nebeneinander her, bis sie den Bahnhof erreichten. „Pass auf dich auf Marlen“ flüsterte Maarten fast und schaute ihr mal wieder etwas zu lang für ihren Geschmack, in ihre Augen. „Mach ich, wie immer.“ antwortete sie ihm ironisch ohne, dass er ihre Ironie bemerkte. Maarten winkte ihr nach, bis sie der fahrende Zug schließlich von einander trennte. Sie warf einen Blick auf ihr Handy. In der letzten Zeit vernahm sie häufiger ein verschwimmendes Bild auf ihrem Display. Die Apps schienen sich zu bewegen, als ob man sie länger angedrückt hätte um sie anschließend zu bearbeiten oder löschen zu wollen. Ihr war mittlerweile eigentlich schon relativ klar, dass sie nicht nur beim Duschen ausspioniert wurde sondern wohl auch ihr Mobiltelefon nicht unbewacht blieb. Egal ob Maarten, Matze oder Linus. Die Jungs waren informierter als sie es eigentlich sein konnten. Sie wussten Informationen, die Marlen mit niemandem teilte. Sie erinnerte sich daran, dass Matze damals allein mit ihrem Handy nach möglichen Hackerangriffen suchte. Vielleicht hat er sich dabei selbst einen unerlaubten Zugang auf ihr Handy verschaffen können? Vielleicht hat sie ihm das Handy selbst in die Hand gegeben, damit er es anschließend mit seinem Handy koppeln konnte. Egal worüber Marlen sich auch Gedanken machte, alles war möglich. Erstmal würde sie aber einen Aidstest machen, sobald sie Zuhause wäre. Marlen schluckte schwer. Wie oft schon, wünschte sie sich an einer bösen Krankheit zu erkranken um dann endlich etwas mehr Verständnis und Einfühlungsvermögen von ihren Mitmenschen zu erfahren. Wie oft hoffte sie, dass dieses unangenehme Pochen in ihrem Kopf, keine Migräne sondern einfach ein schöner, unoperapler, böser Tumor sei. Doch scheinbar lieferte ihr Schutzengel ganze Leistung und der Mann mit dem Rauschebart, manche nennen ihn Gott, dort oben auf den Wolken, wollte sie einfach noch nicht zu sich nehmen. Schlagartig wurde ihr klar, wie krankhaft dieser Wunsch doch eigentlich war. Sie ist jung, grade mal ein viertel Jahrhundert alt. Sie lernt gerade erst das Leben richtig zu schätzen. „Leben ist lebensgefährlich“, sagte sie sich immer. Aber das ist so oder so, auch ohne jegliches fremdes Beitun.

 

Marlen erreichte ihr Ziel. Immer wieder war sie auf der Suche nach der großen Liebe. Mittlerweile wäre sie froh, die Liebe gäbe es nicht. Immerhin geschehen nunmal die meisten Verbrechen aus Liebe. Ihr Handy vibrierte erneut. Maarten. >Schön, dass du gut angekommen bist“ schrieb er, noch ehe sie aus dem Zug ausstieg. „Die Zeit Zuhause wird dir sicherlich gut tun.“ Die junge Frau schauderte. Einerseits fand sie es rührend, dass Maarten sich so umfangreich um sie sorgte… aber woher wusste er, dass sie bereits Zuhause war? >>Wahrscheinlich besuchte er einfach die Homepage der deutschen Bahn, überprüfte wann sie Zuhause ankommen soll und sandt ihr dann die Kurznachricht auf Whatsapp.<< Beruhigte sie sich schließlich selbst. Doch die Ruhe sollte nicht lange wahren.. Maarten ergänzte „ du hast auf jedenfall einen bleibenden Eindruck hinterlassen.“ >>Bei wem? Bei ihm oder bei den Jungs?<< Marlen war sich überhaupt nichts mehr sicher. Als sie endlich in ihrer Heimat, bei ihren Eltern ankam, verkroch sie sich sofort nach oben ihr vertrautes, altes, liebevoll eingereichtetes Kinderzimmer. Wenigstens das blieb ihr sicher. Auf ihrem Nachttisch stand noch immer der Aschenbecher, ungeleert, von vor paar Wochen. Das letzte Mal war sie hier Zuhause bei ihren Eltern, als sie Stress mit Henry hatte. Während sie sich in der Nacht in den Schlaf weinte, übermannte sie die Müdigkeit schneller, als sie ihren angefangenen Joint aufrauchen konnte. So lag ein großzügiges Überbleibsel dessen bis dato unangerührt, auf ihrem Nachttisch liegen. Marlen steuerte geradewegs darauf zu, öffnete passenderweise die unterste Schublade ihrer Kommode und kramte schließlich ein Clipper mit unleserlichem Schriftzug hervor. Sie schmunzelte. Ein weiteres Geschenk, eine weitere Erinnerung an Thilo… Nach nur einem Versuch brannte die Marihuanazigarette und Marlen atmete den Rauch genüsslich, mit geschlossenen Augen, tief ein. Schwankend öffnete sie wieder ihre Augenlider, zog die Rolladen ihrer Balkontür gleichermaßen nach oben und erschrak. Das war kein Vogel. Auch kein Meteorid. Vor ihr schwebte eine Drohne, so groß wie ihr Computerbildschirm. Daran hing an einer Kordel aus rotem Samt ein kleiner abgerissener Zettel. Mit zittrigen Händen erreichte sie die Kordel und entriss der Drohne ihre Botschaft. „Wir wissen wer du bist. Jeder weiß, was für eine Hure du bist. Jeder ist Zeuge. Niemand kennt dich. Die rote Liste wurde aktualisiert. Du erinnerst dich? Ein Anruf und zack – sind sie alle weg. Ich liebe Dich, Marlen. Ich habe das alles Nur aus Liebe zu dir getan..

 

….und wenn sie nicht gestorben sind, dann filmen sie noch heute…

 

30 thoughts on “Was sich liebt, das hackt sich!

    1. Liebe Dani,
      Ich danke dir für dein positives Feedback!
      Schön, dass ich dir mit meiner Geschichte mal etwas anderes bieten konnte 🙂
      Danke, dass du die Zeit aufgebracht hast, sie unbekannterweise bis zum Ende zu lesen!:)

    2. Hey ich hab es endlich geschafft deine Geschichte komplett zu lesen mir gefällt sie gut du hast ein Händchen dafür auszuschmücken was die Geschichte spannender und fesselnder macht. Anfangs erscheint es etwas viel aber je mehr man liesst um so interessanter wird es . Im großem und ganzen hast du die Geschichte sehr lebendig und facettenreich erzählt was Lust auf mehr macht weiter so 🙂

      1. Hallo Tobi!
        Ich danke dir für deine wirklich nette Bewertung! Ich hoffe, dass ich dir bald Etwas Neues liefern kann und dich vielleicht auch direkt von Anfang an versichern kann.
        Grüße 🙂

      1. Guten Abend

        Okay, ich kann mich meinem “Vorredner” nicht zu 100 Prozent anschließen.

        Denn es ist nicht “Alles perfekt”.

        Es haben sich da und dort Wiederholungen, Rechtschreibfehler und Zeichensetzungsfehler in deine Geschichte eingeschlichen.
        Das macht aber bei einer super Geschichte nicht viel aus.

        Sorge dafür, dass du in Zukunft immer noch einmal einen Gegenleser über deine Werke schauen lässt. Der findet Fehler sofort und dann kannst du dich sicherer fühlen.

        Nun zum Wichtigsten:

        Wie ich bereits sagte:
        Deine Geschichte ist super.

        Mir gefiel sie unheimlich gut.

        Ich mag deine Grundhandlung, die Charaktere, deinen Schreibstil und das gute Ende.
        Respekt.
        Du hast mich berührt und abgeholt.

        Deine Geschichte hätte jetzt schon mindestens 3x so viele Likes haben müssen.
        Und das ärgert mich ein wenig.

        Ich habe viele Geschichten gelesen, die nicht so gut wie deine waren, jedoch mehr Likes hatten.

        Es sollte hier um die Kunst, die besten Leistungen gehen, nicht darum, wer die meisten Folower hat.

        Du hast eine großartige Geschichte geschrieben, eine gute Spannung erzeugt und somit eine gute Leistung erbracht.

        Ich wünsche dir von ganzem Herzen noch mindestens 50 Likes mehr.

        Auf dass deine Geschichte ihren Weg ins EBook schafft.

        Mein Like hast du natürlich.
        Und mein Herz(chen).

        Ich wünsche dir und deiner Geschichte alles Gute.

        Schreib weiter.
        Du hast es in dir.

        Liebe Grüße, Swen Artmann
        (Artsneurosia)

        Vielleicht hast du ja Lust und Zeit, meine Geschichte auch zu lesen.
        Über einen Kommentar würde ich mich sehr freuen.

        Meine Geschichte heißt:
        “Die silberne Katze”

        Ich danke dir.
        Pass auf dich auf.
        Swen

    1. Hey ich hab es endlich geschafft deine Geschichte komplett zu lesen mir gefällt sie gut du hast ein Händchen dafür auszuschmücken was die Geschichte spannender und fesselnder macht. Anfangs erscheint es etwas viel aber je mehr man liesst um so interessanter wird es . Im großem und ganzen hast du die Geschichte sehr lebendig und facettenreich erzählt was Lust auf mehr macht weiter so 🙂

  1. Moin Moin,

    das ist ja mal was komplett anderes! Sehr komplex erzählt und wirkt eher auf mich wie eine Sozialstudie. Was aber nicht bedeuten soll das es mir nicht gefallen hat. Am Anfang wirkt es sehr langatmig erzählt und man fragt sich unweigerlich…“ wo willst du mit uns hin?“ Aber umso länger man liest werden die Knoten der Geschichte gelöst und am Ende kommt das worauf man beim
    Lesen immer hofft..

    Mein Like lass ich dir gerne da und wünsche dir alles Gute für‘s Voting.

    LG Frank aka leonjoestick ( Geschichte: Der Ponyjäger)

    1. Das mit der Sozialstudie darfst du mir gerne nochmal etwas genauer erklären 🙂
      Ich glaube den Rest deiner Bewertung hätte ich genauso formuliert kann ich auf jeden Fall Wort für Wort nachvollziehen! Und dankbar bin ich dir dafür natürlich auch!
      Ganz liebe Grüße – Lia 🙂

      1. Moin Lia,

        die „Sozialstudie“ sollte ein wenig flappsig die vielen, verschiedenen Charaktere deiner Geschichte kennzeichnen. Ich hab jetzt über 140 Geschichten gelesen und in keiner kamen so viele verschiedene Namen vor, wie in deiner… 😉

        LG Frank

  2. Hallo Lia,

    puh, nen ganz schönen Brocken hast du uns da hiergelassen (an dieser Stelle möchte ich gleich darauf hinweisen, dass du unbedingt Absätze einfügen solltest. Das würde das Lesen um ein Vielfaches leichter machen).
    Ich habe ihn aber vollständig hinter mich gebracht. Ne ganze Weile habe ich mich gefragt, was das alles zu bedeuten hat, wo das hinführen sollte. Jetzt im Nachhinein muss ich sagen, dass die Geschichte als Ganzes durchaus ihren Reiz hat. Es ist zwar alles andere, als eine Kurzgeschichte (und das aus meinem Mund ;-)), aber von diesem Umstand mal abgesehen, toll geschrieben. Diese schleichende, unterschwellige, langsam ansteigende Bedrohung – erst mal nur eingebildet, oder vielleicht doch real? Das fand ich wirklich gut. Du hast offensichtlich ’ne Menge Zeit und Arbeit investiert. Herausgekommen ist eine interessante, mit leisen Tönen erzählte böse Geschichte.
    Für all diese kleinen und großen Einzelteile lasse ich dir hier und heute meine Stimme hier.

    Schau doch auch mal bei mir vorbei, wenn du Zeit hast und lass mich deine Meinung wissen. Würde mich freuen.

    Viele Grüße
    J. D.
    https://wirschreibenzuhause.de/geschichten/das-leben-eines-toten-mannes

  3. Hallo Lia,
    endlich habe ich Deine Geschichte gelesen und war wieder mal sehr erstaunt darüber, wie unterschiedlich man doch schreiben kann, obwohl man sich inhaltlich an Vorgaben halten musste. Ja, die Story ist wirklich spannend! Mach weiter so!
    Mein “Like” hast Du!

  4. Guten Abend,

    ich bin über wir schreiben zuhause auf deine Geschichte aufmerksam geworden. Ich kann mich den vorherigen Kommentaren nur anschließen. Es ist zwar am Anfang sehr viel Information aber es lohnt sich bis zum Ende zu lesen.

    Ich gebe dir gern ein Herzchen.

    Vielleicht möchtest du auch meine Geschichte lesen und bewerten. Ich würde mich sehr freuen.

    https://wirschreibenzuhause.de/geschichten/das-zerstoerte-band

    Liebe Grüße Sandra (Das zerstörte Band)

    1. Liebe Sandra,
      Wie schön – das freut mich wirklich sehr zu lesen! Irgendwie habe ich sogar ein bisschen gewonnen – mit jedem solcher Kommentare!
      Hoffentlich schaff ich es noch bis Montag deine Geschichte zu lesen, da brennst mir nämlich jetzt in den Fingern 🙂
      Herzlich – die Lia 🙂

  5. Liebe Lia!

    Puuuuuh, ich glaube, ich habe an noch keiner Geschichte so lange gelesen, wie an Deiner.
    Eins vorweg, bevor jetzt gleich ein paar Kritikpunkte kommen:
    Ich gab Dir mein Like. Aber eines ausschließlich für die Grundidee.

    Die Perlen:
    “Alles wirklich Böse beginnt in Unschuld. Das Böse ist nichts anderes als unsoziale Haltung.”
    “Die Hoffnung stirbt zuletzt aber sie sollte sterben.”
    “Dies trug jedoch wahrscheinlich auch größtenteils dazu bei, dass Matze immer schon besser Mitmenschen umgehen konnte, als mit Menschen umgehen zu können … ”

    -> diese Sätze fand ich richtig gut! Damit hast Du das Rad zwar nicht neu erfunden, aber das muss man ja auch nicht immer. Hier passten sie sehr gut rein.

    Ansonsten:
    Das war echt hart: Zehn ellenlange Blöcke! Keine Absätze. Alles hintereinander weg. Da fällt es schwer, dranzubleiben. Dazu sehr, sehr wilde Kommasetzung.

    Zum sprachlich-grammatikalischen Teil (ich habe irgendwann begonnen, Passagen rauszukopieren):
    “Als Marlen das Ende der Straße erreichte und somit auch an ihrer neuen Wohnung angekommen war, suchte sie vergeblich nach dem passenden Schlüssel.”
    -> das ist etwas zu verschwurbelt. Sie kann doch auch einfach vor ihrer Wohnung stehen und den Schlüssel einmal mehr nicht wiederfinden.
    “Die Tür rechts neben ihr schwang auf und damit ein unglaublich angenehmer, sehr penetranter aber dennoch vertrauter Duft gleich mit und ließ Marlens anfänglichen Unmut, beim Betreten der Wohnung,gleich wieder verschwinden.”
    -> Duft schwang auf? Wie geht das?
    “Hat er mal ein bisschen mehr Verständnis seinerseits aufbringen können?“
    -> das “seinerseits” ist an der Stelle überflüssig – da steht ja schon “er”: Von wem, wenn nicht ihm, soll das Verständnis denn sonst kommen?
    “Ich habe sogar im Gefühl, dass Thilo mir mehr Liebe entgegenete als Henry es jemals bisher tat.”
    -> sie hatte sicher das Gefühl, dass Thilo ihr gegenüber mehr Liebe empfand oder ihr mehr Liebe entgegenbrachte. Entgegnen tut man Sätze, Gefühle gemeinhin nicht.
    “Dramas” > ein Drama, zwei Dramen. Dramas gibt es nicht.
    “schon wieder bereits” -> siehe auch “neu renovieren” (hast Du nicht gebraucht, ist aber ein schönes Beispiel)-> “schon” und “bereits” sind ein und dasselbe. “Neu” und “renovieren” auch, das eine Deutsch, das andere Latein.
    “… und verhaarte noch für einen kurzen Moment …” -> sicherlich eine haarige Angelegenheit, irgendwo lange verHARREN zu müssen, weil einen jemand warten lässt. 😉
    “lieblings Rockband, lieblings Tasse” -> Lieblingsrockband, Lieblingstasse ….
    “… kein Liebesdrama zwischen ihr und ihm beschreien wollte…” -> sicherlich wollte sie keines hochbeschwören; wenn ich etwas beschreie, dann hat das etwas mit einer selbsterfüllenden Prophezeiung zu tun; Beispiel: Das Wetter ist schon wochenlang superschön. Nicht beschreien, sonst regnet es ab morgen!
    “… in ihre WG zurückkehrte, empfang sie wieder …” -> empfangen = Präsenz; empfingen = Imperfekt
    ” … das Absurdeste, dass …” -> hier schloss sich ein Relativsatz an, weswegen das Das hier mit nur einem S geschrieben wird.
    “ausversehen” wird aus Versehen nie zusammengeschrieben. 😉
    Informartionen -> Informationen
    “Maarten entfloh ein Lachen” -> entfleuchte, oder?
    verschwannt -> verschwinden -> verschwand
    “Sie wussten Informationen …” -> also, entweder weiß ich Dinge oder ich habe Informationen. Beides zusammen geht in der schriftlichen Sprache nicht.
    “Doch scheinbar lieferte ihr Schutzengel ganze Leistung…” -> Der Schutzengel ist bestimmt super, aber er liefert keine Leistung, sondern er leistet ganze Arbeit.
    “ein viertel Jahrhundert” -> ein Vierteljahrhundert eben.
    “auf jedenfall” schreibt man auf jeden Fall getrennt 🙂
    “von vor paar Wochen” -> von vor ein paar Wochen, meintest Du sicher. Könnte man aber schöner formulieren, etwa sinngemäß so: “… als sie vor ein paar Wochen das letzte Mal hier war.”

    Inhaltlich:
    bevor sie wieder zitternd in den Schlaf finden konnte. Sie wurde von Stimmen geweckt.
    -> diese Stelle finde ich unübersichtlich. Da verstehe ich nicht, ob sie nun schläft oder nicht und überhaupt.
    “wie Schuppen von den Augen.” -> ist mir einfach zu umgangssprachlich
    “Es war Mitte August und die runde Kugel am Himmel strahlte und ballerte.”
    -> ich verstehe, was Du meinst, keine Frage. Aber ich störe mich einmal mehr an dem “ballern”. Dass es heiß ist, kann man doch auch schreiben. Sagen kann man dann wieder “ballern” 😉
    “Normalerweise, ließ sie ihr beim Duschen immer freien Lauf. So sparte sie sich die Kosten der Klospülung.” -> keine Informationen, die ich in irgendeiner Geschichte benötige.

    Generell:
    Tempuswechsel von Präsenz zu Imperfekt
    Zeichensetzung!
    Umgangssprache.

    Nochmal inhaltlich:
    Wieso gibt sie ihrem neuen WG-Kumpel ihr Handy, wenn sie sonst niemandem traut???

    “Aber hey, immerhin ist es nicht zwingend tödlich. Man nimmt dann jeden Tag eine Tablette und dann lebt es sich auch mit Aids ganz gut. Hab das eben schnell einmal für dich bereits recherchiert.“ -> Das ist dieses plötzlich auftauchende und nicht mehr verschwindene AIDS-Thema, das ich überhaupt nicht einordnen kann.

    Die Leute, die in Deiner Geschichte vorkommen, scheinen sich ja alle irgendwie mehr oder minder gut zu kennen. Den Leser (Frank hat`s angedeutet) verwirrt das aber! Zumal irre viele M-Namen vorkommen: Marlen, Maarten, Malte …. nicht zu vergessen: Matze. Find ich zu viel.

    Sie fährt zu ihren Eltern und kifft gleich weiter. Wo sind sie, die Eltern?

    Der letzte Satz (“Und wenn sie nicht gestorben sind, dann filmen sie noch heute.”) – meintest Du den ernst? Das hört sich irgendwie an, als machtest Du Dich im Nachhinein über Deine eigene Geschichte lustig.

    Für mich ist die Geschichte auch zu komplex. Auch das hat Frank schon angedeutet: Wo will sie mit uns hin? Genau! Das habe ich mich auch gefragt. Zehn kilometerlange Absätze und keiner, wirklich keiner, der irgendwie das Thema aufgreift. Erst gegen Ende kommt mal eine Stelle, wo sie, vom Kiffen umnebelt, ihre PIN mehrmals hintereinander falsch eingibt. Da keimt Hoffnung auf, dass es nun endlich losgeht. Aber dann klappt es ja doch und es ist wieder vorbei. Dass Matze sie gehackt hat (oder Linus? Oder doch Maarten?) kommt nirgendwo klar raus. Man kann es erahnen, weil sie ihm das Handy in die Hand drückt und dann auch noch damit alleine lässt (siehe oben). Auch kein Motiv. Außer, dass sie und Maarten Matze kurz auf diesen seltsamen Splatter-Seiten im Darknet gesehen haben. Und Linus ist der Superkiller, der alle einfach wegsprengt, die ihm nicht passen? Ernsthaft jetzt? Also, eine echte Lösung finde ich nirgends. Man fragt sich mehrmals: Man, wann passiert da mal was? Sie zieht aus der einen Wohnung aus, in die andere ein, kifft Unmengen Zeug, mal mit dem, mal mit dem, beschreibt stundenlang deren Charkteristika – aber im Grunde passiert nichts. Gar nichts.

    Und nenn mich “naiv”, aber ich kenne diese Dinge hier nicht – was sind oder ist:
    Fixie
    MDMA
    Go-Pro
    Clipper ???

    Liebe Lia! Ich hab hier ganz schön herumgemotzt, oder? Geliked hab ich Deine Story aber dennoch, weil ich finde, dass der Kern der Story das irgendwie auch verdient hat. Aber es ist eben keine Kurzgeschichte (Du könntest etwas Längeres daraus machen). Testleser hätten dem Ganzen auch sehr gutgetan, ich denke, dann hätten wir mindestens Absätze bekommen 😉 .

    Was man Dir natürlich auch zugute halten muss, ist: Du bist sehr jung mit Deinem Vierteljahrundert! Das merkt man Deinem Stil an: Der ist frisch, der ist unverbraucht, der ist nicht verkehrt. Manches gehört eben aber nur in die gesprochene Sprache. Wenn es einem dann in einer Thriller-Kurzgeschichte über den Weg läuft ( 😉 ) stutzt man erst einmal. Wenn Du nicht nur Deine Altersgruppe erreichen willst, die ganz bestimmt sogar weiß, was ein Go-Pro ist, dann solltest Du Dir Testleser in mehreren, auch höheren, Altersstufen aussuchen. Das hilft sicher 🙂

    Da Du schreibst, dass Dir schreiben spaßmacht, bin ich mir sicher, dass Du weitermachst – und das ist auch gut so, mach das! Du bist kreativ, Du hast Ideen und Du hast Humor – dass sind gute Voraussetzungen, also bleib dran! Ich bin mir sicher, dass Du Dich noch entwickeln wirst!

    Viel Glück dabei! Ich wünsche Dir alles Gute!
    Kathrin aka Scripturine / https://wirschreibenzuhause.de/geschichten/die-nacht-in-der-das-fuerchten-wohnt , falls Du mal vorbeilesen möchtest 🙂

    1. Wow! Was soll ich sagen?
      Vielen lieben Dank!!! Das mal zu allererst!
      Auch wenn dein Kommentar gewiss nicht durchweg positiv war, war es doch der Kommentar der mich letztlich doch noch hier gewinnen lassen hat. Wahnsinn!
      Du hast meine Geschichte nicht nur gelinde, überflogen, gelesen oder bewertet. Du hast sie völlig zerpflückt, durchkämmt und aufgesaugt.
      Danke alleine schon dafür!
      Bis auf ein paar wirklich wenige Ausnahmen kann ich dir auch bei all deiner Punkte gänzlich zustimmen.. und oder dankend zu Herzen nehmen. (Meine Zeichensetzung ist wirklich ein Krampf 😂)
      So Menschen/Leser wie du, sind es dann aber letztlich, die einen weiter schreiben lassen. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Und ich weiß auch, dass ich die vielen Worte die ich im Sinn habe nicht zu reduzieren weiß. Aber – was nicht ist kann ja noch werden! 🙂
      Ich sage danke & hoffe bis Montag noch deine Geschichte lesen zu können!
      Herzlich – die Lia 🌿☀️

  6. Liebe Lia,
    also am Anfang dachte ich mir:”Puh, auf was will sie raus?” Aber man kann deine Geschichte nicht einfach abbrechen, dein Schreibstil fesselt trotzdem. Ich lasse dir mein Like da und hoffe, dass du noch viel schreibst und dir diesen erfrischenden Schreibstil beibehältst.
    Viele liebe Grüße, Sandra
    P.S.: Du hast meine Geschichte “Die Staatsanwältin” schon gelesen, kommentiert und geliked und ich bin so froh, endlich deine Kurzgeschichte gefunden zu haben 😊

    1. Wie schön! Das freut mich wirklich! Schöner kann man jemanden nicht kennenlernen als durch Geschichten die einen verbinden. Stelle ich gerade so für mich fest… 🙂
      Danke für dein Feedback!
      Und vor allem für die Zeit, die du dir für meine Worte nehmen musstest..
      Herzlich – die Lia ☺️

  7. Hallo Lia,
    ich versuche zum Ende hin noch viele Geschichten zu lesen und einen kleinen Kommentar zu hinterlassen. Bei einer Geschichte war ich der einzige Kommentar und dann habe ich vorhin die Nachricht erhalten, dass du diese ebenfalls kommentiert hast. Das hat mich für die andere Person so gefreut, denn ich fand’s traurig, dass kaum jemand vorbeigeschaut hatte. So bin ich durch deinen Kommentar bei jemand anders, bei dir gelandet 😊.

    Ich musste bei deiner Geschichte sooo schmunzeln: „gehe mal für kleine Königstiger“. Das kannte ich nicht.

    Vielleicht machst du aus deiner Kurzgeschichte noch einen Roman, denn im Text stecken bereits viele Ideen.
    Alles Gute (Like anbei 😊)
    Jana („Strafe“)

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